JudikaturBVwG

W139 2278158-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. September 2023

Spruch

W139 2278158-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vertreter der Leiterin der Gerichtsabteilung W139 über den Antrag der XXXX vertreten durch die Müller Partner Rechtsanwälte GmbH, Rockhgasse 6/4, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „1210 Wien, Paukerwerkstraße 1, Universität Wien, Neubau Bücherdepot – Tiefgründung“ der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Unternehmensbereich Universitäten, Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vom 18. September 2023:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der XXXX , das Bundesverwaltungsgericht wolle „das Bundesverwaltungsgericht möge mittels Einstweiliger Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nachprüfungsverfahren Vergabeverfahren ‚Neubau Bücherdepot Wien – Tiefgründung‘, der Auftraggeberin auftragen, bei sonstiger Nichtigkeit und Exekution den Zuschlag nicht zu erteilen sowie der Auftraggeberin den Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Gebühren binnen 14 Tagen ab Zustellung der Entscheidung auftragen“, gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG 2018 statt.

Das Bundesverwaltungsgericht untersagt der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren „1210 Wien, Paukerwerkstraße 1, Universität Wien, Neubau Bücherdepot – Tiefgründung“ den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 18. September 2023 beantragte die XXXX , vertreten durch die Müller Partner Rechtsanwälte GmbH, Rockhgasse 6/4, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Akteneinsicht, den Ersatz der Pauschalgebühr sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „1210 Wien, Paukerwerkstraße 1, Universität Wien, Neubau Bücherdepot – Tiefgründung“ der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Unternehmensbereich Universitäten, Trabrennstraße 2c, 1020 Wien.

1.1 Nach Ausführungen zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und der Zulässigkeit der Anträge behauptet die Antragstellerin ihr Interesse am Vertragsabschluss und stellt den drohenden Schaden dar.

1.2 Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung gibt die Antragstellerin im Wesentlichen an, dass das Angebot die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin im Bewertungskriterium „Schlüsselpersonal“ niedriger bewertet werden und bei korrekter Angebotsprüfung die Antragstellerin den Zuschlag erhalten hätte müssen.

1.3 Nach Wiedergabe der Zuschlagskriterien und des Bewertungsschemas für das Subkriterium Berufserfahrung führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass die Berufserfahrung des zu Einsatz kommenden Schlüsselpersonals entscheidungsrelevant sei, wobei es auf die Erfahrung in der Funktion als Bauleiter bzw Polier in Hinblick auf die ausgeschriebene Leistung ankomme. Die Bewertung mit 9,5 Punkten sei nur erreichbar, wenn die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin sowohl beim Schlüsselpersonal Polier als auch beim Schlüsselpersonal Bauleiter Schlüsselpersonal mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung für die ausgeschriebene Leistung, nämlich Duktilpfähle genannt habe. Das Personal der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin mit einschlägiger Erfahrung stamme nach dem Wissenstand der Antragstellerin von der XXXX , die erst Ende 2014 mit der Herstellung von Duktilpfählen begonnen habe. Nach der Übernahme der XXXX durch die XXXX hätten alle Mitarbeiter mit einschlägiger Erfahrung zu der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin gewechselt, die erst seit 2017 derartige Leistungen ausführe. Nach der Marktkenntnis der Antragstellerin verfüge die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin nicht über entsprechend erfahrenes Personal, das eine Bewertung mit 9,5 Punkten rechtfertige. Das Angebot hätte beim Zuschlagskriterium Schlüsselpersonal mit maximal 7,5 Punkten bewertet werden dürfen, sodass es insgesamt mit 92,5 Punkten zu bewerten wäre. Das Angebot der Antragstellerin sei mit 93,7 Punkten zu bewerten und hätte für den Zuschlag ausgewählt werden müssen.

1.4 Die Rechtswidrigkeit sei für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichen Einfluss, weil anstelle des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin das Angebot der Antragstellerin für den Zuschlag hätte ausgewählt werden müssen.

1.5 Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrensverfahrens sowie in ihrem Recht auf einen fairen und lauteren Wettbewerb und auf Gleichbehandlung aller Bieter und in ihrem Recht auf vergaberechtskonforme Prüfung der Angebote und letztendlich in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung sowie korrekte Bestbieterermittlung verletzt.

1.6 Die Antragstellerin erhebt ihr Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Der Verlust der Zuschlagserteilung könne nur verhindert werden, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Hauptsache in einem Stand gehalten werde, der eine spätere Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin und Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermögliche. Der drohende Schaden würde eintreten. Einem Nachprüfungsantrag komme keine aufschiebende Wirkung zu. Der drohende Schaden der Zuschlagserteilung an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin könne nur durch die Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden. Dabei handle es sich um die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme. Nur besondere Umstände sprächen aufgrund des Vorrangs des vergaberechtlichen Rechtsschutzes vor Zuschlagserteilung gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Es würden keinerlei öffentliche Interessen oder Interessen der Auftraggeberin wesentlich beeinträchtigt oder gar verletzt. Der Auftraggeber müsse bei der Erstellung seines Zeitplans die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens berücksichtigen. Es bestehe keine Gefahr für Leib und Leben Dritter. Die Sicherstellung der Zuschlagserteilung an den tatsächlichen Best- oder Billigstbieter liege bei der Interessenabwägung im öffentlichen Interesse. Der Vorrang des provisorischen Rechtsschutzes sei zu berücksichtigen. Das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung sei im konkreten Fall als überwiegend anzusehen. Die zeitlich befristete Untersagung der Zuschlagserteilung an das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei jedenfalls die einzige und die gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme. Die Auftraggeberin treffe die Behauptungslast für allfällige, gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Pauschalgebühren seien bezahlt.

2. Mit Schriftsatz vom 22. September 2023 nahm die Auftraggeberin zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung, erteilte allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren, stellte die Vorlage der Unterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens in Aussicht, nahm zum Nachprüfungsantrag, zum Antrag auf Akteneinsicht und zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Stellung und stellte Anträge.

2.1 Die Auftraggeberin habe angesichts der Komplexität des gesamten Vergabevorhabens, zu dem das gegenständliche Vergabeverfahren zähle, und des damit einhergehenden engen Zeitplans ein erhebliches Interesse an der raschen Durchführung und Beendigung des Vergabeverfahrens und Nachprüfungsverfahrens, zumal Verzögerungen bei der Auftragsdurchführung auch zu Verzögerungen bei der Ausführung anderer Gewerke und somit zu erheblichen Mehrkosten führen würden.

2.2 Die Auftraggeberin erteilte allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

2.3 Die Auftraggeberin habe einen Zugang zum elektronischen Akt eingerichtet und übergebe die nicht darin enthaltenen Unterlagen elektronisch.

2.4 Zum Nachprüfungsverfahren führt die Auftraggeberin im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin ihr Angebotsschreiben erst nach Ablauf der Angebotsfrist über Aufforderung der Verfahrensbetreuung der Auftraggeberin nachgereicht habe. Das ursprüngliche Angebotsschreiben habe aus einem anderen Vergabeverfahren gestammt. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist sei aufgrund des objektiven Erklärungswerts kein rechtlich gültiges und verbindliches Angebotsschreiben der Antragstellerin für das gegenständliche Vergabeverfahren vorgelegen. Es sei daher ein unvollständiges, unbehebbar mangelhaftes Angebot vorgelegen, da die Antragstellerin im Angebotsschreiben auch entsprechende Angaben über die Kalkulation zu machen gehabt habe und eine diesbezügliche fehlende Angabe in einem Angebotsschreibungen dem gänzlichen Fehlen des Angebotsschreibens und damit der verfahrensrelevanten Angaben gleichzuhalten sei. Im offenen Verfahren müsse das Angebot Grundlage des Vertrags sein. Inhaltliche Änderungen des Angebots nach der Angebotsöffnung seien daher grundsätzlich ausgeschlossen. Nur weil die Auftraggeberin vom formalen Ausscheiden eines Angebots Abstand genommen haben, werde es nicht zu einem zulässigen Angebot. Gleiches gelte für das Formular „Eignungs-Zuschlagskriterien“. Darin sei das Zuschlagskriterium „Beweislastumkehr“ auszufüllen gewesen. Angaben zu einem Zuschlagskriterium seien im Nachhinein nicht verbesserbar. Die Behebung von Mängeln, die unmittelbar Auswirkungen auf die Angebotsbewertung hätten, sei nach der Angebotsöffnung ausgeschlossen. Die Vergabekontrollbehörde müsse die Antragslegitimation des Antragstellers und damit auch das Vorliegen von Ausscheidensgründen prüfen. Die Ausschreibung verlange die Beilage eines Lebenslaufs des Bauleiters bzw Poliers, aus dem die Erfahrung hervorgehe. Dieses sei dem Angebot der Antragstellerin nicht beigelegen. Das Bewertungskriterium müsse daher mit null Punkten bewertet werden.

Die ausgeschriebene Leistung sein mit „Duktilpfählen“ gleichzusetzen. Unter der ausgeschriebenen Leistung sei allgemein die Art des Auftrags „Bauauftrag“ zu verstehen. In der Ausschreibung werde durchgehen das Wort „Tiefgründung“ verwendet. Dieses lasse keinen Rückschluss auf „Duktilpfähle“ zu. Die Ausschreibung sei daher so zu verstehen, dass „ausgeschriebene Leistung“ jene der „Tiefgründung“ sei, die als technischer Oberbegriff sämtliche unterschiedlichen, gängigen Pfahlgründungsarten umfasse. Die geforderte Erfahrung des Schlüsselpersonals können maximal auf eine solche im Bereich „Tiefgründung“ reduziert werden. Die Berufserfahrung im Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei korrekt. Die Vorgängergesellschaft sei auf konstruktiven Ingenieurbau spezialisiert gewesen, bei dem bei so gut wie jedem Bauvorhaben eine Tiefgründung vorzunehmen sei. Die Personalreferenzen im Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin hätten daher Erfahrung von über zehn Jahren ergeben. Der geringe preisliche Unterschied zwischen den Angeboten der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin lasse nicht einmal den Anschein aufkommen, dass die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung nicht ausschließlich und Korrekt anhand der bestandsfesten Vorgaben der Ausschreibung getroffen habe.

2.5 Zum Antrag auf Akteneinsicht führt die Auftraggeberin aus, dass eine Reihe genannter Daten von der Akteneinsicht auszunehmen sei.

2.6 Wegen der fehlenden Antragslegitimation und des objektiven Erklärungswertes der bestandsfesten Ausschreibung in Bezug auf das Zuschlagskriterium „Schlüsselpersonal“ könne das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Aktenlage entscheiden und die mündliche Verhandlung könne entfallen.

2.7 Die Auftraggeberin beantragt, den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurück-, in eventu abzuweisen, sowie sämtliche weiteren Anträge der Antragstellerin zurück-, in eventu abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. vertreten durch die vergebende Stelle Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Unternehmensbereich Universitäten schreibt unter der Bezeichnung „1210 Wien, Paukerwerkstraße 1, Universität Wien, Neubau Bücherdepot – Tiefgründung“ einen Bauauftrag mit dem CPV-Code 45210000-2 „Bauleistungen im Hochbau“ in einem offenen Verfahren nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich, jener des gegenständlichen Loses im Unterschwellenbereich. Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte in Österreich im Wege der Kerndaten am 8. Juli 2023. Unionsweit wurde die Bekanntmachung der Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 11. Juli 2023 zur Zahl 2023/S 131-416923, abgesandt am 6. Juli 2023, veröffentlicht. Die Angebotsfrist endete am 7. August 2023. An diesem Tag öffnete die Auftraggeberin die Angebote elektronisch auf der ANKÖ-Vergabeplattform ohne Beteiligung der Bieter. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.2 Die Auftraggeberin öffnete am 7. August 2023 ohne Beteiligung von Bietern folgende Angebote elektronisch auf der ANKÖ-Vergabeplattform.

XXXX („Abänderungsangebot“ ausgeschieden als unzulässiges Alternativangebot) € 362.800,69

XXXX (Hauptangebot) € 427.079,71

XXXX € 447.251,57

XXXX €568.514,00

XXXX € 599.452,97

Das Protokoll wurde den Bietern elektronisch am selben Tag bereitgestellt. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.3 Am 8. September 2023 teilte die Auftraggeberin allen Bietern die Zuschlagsentscheidung mit, indem sie diese auf der Vergabeplattform elektronisch bereitstellte. (Angaben der Auftraggeberin; Zuschlagsentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.4 Die Auftraggeberin hat weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Auftrag erteilt. (Angaben der Auftraggeberin)

1.5 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von € 4.861,50. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte und Unterlagen der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10, idF BGBl I 2023/77 lauten:

„Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2023/88, lauten:

„Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) …

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

…“

3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl II 2019/91, lauten:

„Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) …

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig 1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie 2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) …

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern 1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und 2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) …

Antragstellung

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse, 2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen, 3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit, 4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen, 5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und 6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) …

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

§ 352. (1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Nebenintervenient beitreten; §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Bestimmungen der §§ 14 und 15 ZPO sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 10 Tagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.

(3) …“

3.2 Zu Spruchpunkt A) –Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. Sie ist nach ständiger Rechtsprechung öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 (zB BVwG 27. 1. 2020, W273 2226338-2/31E; BVwG 18. 8. 2020, W139 2231303-2/71E; BVwG 8. 8. 2022, W139 2253938-1/22E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 4 BVergG 2018, jener des verfahrensgegenständlichen Loses unterhalb dieses Werts, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt, jedoch die Pauschalgebühr gemäß § 340 Abs 1 Z 6 BVergG 2018 nach dem Wert des Loses zu bemessen ist.

3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.

3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.2.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.

3.2.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen.

3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zumindest teilweise zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Zuschlags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher – bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 – die Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und den Erhalt des Zuschlags ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige späteren Zuschlagserteilung an das Angebot der Antragstellerin ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).

3.2.2.2 Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und der Zuschlagserteilung an ihr Angebot.

3.3.2.3 Die Auftraggeberin sprach sich nicht grundsätzlich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung als solcher aus, verlangt jedoch wegen der behaupteten, aber nicht näher belegten oder konkretisierten Dringlichkeit eine möglichst rasche Durchführung des Nachprüfungsverfahrens.

3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; BVwG 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, ECLI:EU:C:2003:213 = Slg 2003, I-3249).

3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Fortsetzung des Vergabeverfahrens erforderlich machen würden, machte keine Verfahrenspartei geltend und diese kann auch das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen.

3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und die Zuschlagserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin, ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags ist die Auftraggeberin verpflichtet, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen. Eine besondere Dringlichkeit hat die Auftraggeberin lediglich für eine sechs Wochen übersteigende Dauer der einstweiligen Verfügung behauptet jedoch nicht belegt. Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Rechtsmittelrichtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 29, ECLI:EU:C:2003:213 = Slg 2003, I-3249). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor. Die Rechtmäßigkeit der Prüfung und Bewertung der Angebote sowie der Durchführung des Vergabeverfahrens kann angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden, vielmehr ist sie Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens (zB BVwG 10. 8. 2022, W187 2257846-1/2E; BVA 14. 11. 2012, N/0103-BVA/10/2012-EV12; BVA 18. 3. 2013, N/0020-BVA-07/2013-EV8).

3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

3.2.2.8 Bei einer bevorstehenden Zuschlagserteilung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die vorläufige Untersagung derselben (zB BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E; BVwG 17. 11. 2017, W187 2175977-1/3E; BVwG 10. 4. 2018, W187 2190113-1/3E; BVwG 28. 4. 2022, W187 2254118-1/2E). Es soll somit lediglich der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert wird, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; BVwG 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).

3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2; Pimmer in Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 § 391 [Stand 1.7.2021, rdb.at]). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. Eine Begrenzung der Dauer der angeordneten Maßnahme könnte mit einer besonderen Dringlichkeit des Auftraggebers begründet werden, wurde aber nicht belegt. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt jedoch keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung derzeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Wenn die Auftraggeberin nun eine Befristung von sechs Wochen ab der Erlassung der einstweiligen Verfügung begehrt, ist dem zu entgegnen, dass zu erwarten ist, dass das Bundesverwaltungsgericht innerhalb dieser Frist entscheiden wird, und das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 jederzeit über Antrag oder von Amts wegen über die Dauer der einstweiligen Verfügung neu entscheiden kann. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

3.2.2.10 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) – Nichtzulassung der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138; 30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254; 29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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