Spruch
W245 2255957-1/29E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHILDBERGER, LL.M. als Vorsitzenden sowie Mag.a Viktoria HAIDINGER als fachkundige Laienrichterin und Mag. Thomas GSCHAAR als fachkundigen Laienrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Wolfgang HAUPTMANN, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen das Straferkenntnis der Datenschutzbehörde vom 03.05.2022, Zl. 2021-0.896.080 (DSB-D550.459), wegen unzulässiger Bildverarbeitung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängte Strafe teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe wird auf 300,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) herabgesetzt. Korrespondierend dazu reduziert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 VStG auf 30,- Euro.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgegenstand:
Verfahrensgegenstand ist die Videoüberwachung durch den Beschwerdeführer XXXX (in der Folge auch „BF“) von allgemeinen Bereichen eines Mehrparteienhauses (Stiegenaufgang, Laubengang), weil er von einem Nachbarn bedroht wurde.
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Schreiben vom 25.12.2020 (VWA ./1, siehe Punkt II.2) wurde durch den Nachbarn des Beschwerdeführers XXXX (in der Folge der Mitbeteiligte, auch „MB“) folgender Sachverhalt bei der Datenschutzbehörde (in der Folge „belangte Behörde“, auch „bB“) angezeigt:
Der BF terrorisiere ihn seit Jahren mit Musik und zwar immer dann, wenn er alleine nach Hause komme. Er habe bereits der Polizei mitgeteilt, dass der BF wissen dürfte, wann er nach Hause komme, wann er weggehe und wann er alleine sei. Die Polizei habe ihn als paranoid bezeichnet und gemeint, er solle anrufen, wenn Lärm sei; sie könnten nichts hören. Er habe daraufhin einen Fehler gemacht und habe dem BF eine Patronenhülse vor die Tür gelegt. Seither wisse der MB, warum der BF immer wisse, wann er nachhause komme – der BF filme den Gangbereich. Der BF habe Strafanzeige gegen ihn erstattet (siehe dazu auch Punkt II.1.12.2).
I.2. Mit Schreiben der bB vom 17.06.2021 wurde der MB dazu aufgefordert, mitzuteilen, welche Polizeiinspektion die von ihm erwähnte Strafanzeige bearbeitet habe.
I.3. Mit Eingabe vom 18.06.2021 (VWA ./2, siehe Punkt II.2) teilte der MB der bB mit, es handle sich um die Polizeiinspektion XXXX . Die Kamera sei nach wie vor installiert, Musik spiele er aber seit drei Wochen nicht mehr. Der BF habe in einer Strafverhandlung (siehe dazu auch Punkt II.1.12.3) bereits die Frage bejaht, ob ihm bewusst sei, dass die Überwachung des Gangbereichs unzulässig sei. Er vermute auch, dass der BF etwas an der Wand habe, weil er auf Geräusche, beispielsweise Telefonate, reagiere. Er werde seit drei Jahren vom BF und drei weiteren Nachbarn terrorisiert.
I.4. Am 14.07.2021 erging ein Amtshilfeersuchen der bB an die Polizeiinspektion XXXX (VWA ./3, siehe Punkt II.2). Diese verwies in der Folge an die Staatsanwaltschaft XXXX beziehungsweise das Landesgericht XXXX .
I.5. Am 16.07.2021 wurde ein Amtshilfeersuchen der bB an das Landesgericht XXXX übermittelt (VWA ./4, siehe Punkt II.2).
I.6. In einem E-Mail des Landesgerichts XXXX vom 30.07.2021 wurden die im Akt mit der Zahl XXXX vorhandenen Lichtbilder an die bB übermittelt (VWA ./5, siehe Punkt II.2).
I.7. Am 03.08.2021 wurde der bB seitens des Landesgericht XXXX eine Kopie einer CD betreffend das Verfahren mit der Zahl XXXX übermittelt (VWA ./6, siehe Punkt II.2).
I.8. Mit Schreiben der bB vom 18.11.2021 wurde der BF zur Rechtfertigung aufgefordert (VWA ./7, siehe Punkt II.2). Der BF reagierte darauf nicht und erstattete keine Stellungnahme (siehe auch I.12).
I.9. Aus einem am 04.04.2022 eingeholten ZMR-Auszug ergibt sich, dass der BF seit 21.07.2016 an derselben Adresse ( XXXX ) gemeldet ist (VWA ./8, siehe Punkt II.2).
I.10. Mit Straferkenntnis der bB vom 03.05.2022 wurde ausgesprochen, der BF habe im Zeitraum von 21.09.2020 bis 25.12.2020 unrechtmäßig personenbezogene Daten verarbeitet, indem er eine Bildverarbeitungsanlage (Videoüberwachung) an seiner Wohnadresse betrieben habe, wobei der Aufnahmebereich Teilbereiche des Stiegenhauses (Laubengangs) beziehungsweise Stiegenaufgangs des Mehrparteienhauses erfasst habe. Die Datenverarbeitung sei nicht dem Zweck angemessen und nicht auf das notwendige Maß beschränkt. Die Verarbeitung im Tatzeitraum habe im Ergebnis auf keine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO gestützt werden können. Dadurch, dass die gegenständliche Videoüberwachungsanlage zur Tatzeit auch nicht gekennzeichnet gewesen sei, habe der BF zudem gegen seine Informationspflicht als Verantwortlicher nach Art. 12 und 13 DSGVO verstoßen. Über den BF wurde eine Geldstrafe von 400,- Euro zuzüglich 40, -Euro Kosten und Ersatz für Barauslagen verhängt (VWA ./9, siehe Punkt II.2).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Aufnahmebereich der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage einen Teil des Stiegenhauses (Laubengangs) beziehungsweise Stiegenaufgangs erfasse; die Anlage sei über mehrere Monate zum Zweck der Beweismittelbeschaffung betrieben worden. Einwilligungen zu der durchgeführten Videoüberwachung würden nicht vorliegen. Der BF habe am Ermittlungsverfahren nicht mitgewirkt, da er es unterlassen habe, trotz nachweislicher Hinterlegung des behördlichen Schriftstückes, das Schreiben der bB zu beheben.
In rechtlicher Hinsicht wurde zu Spruchpunkt I. festgehalten, durch die Bildaufzeichnung sei jedenfalls eine Erhebung von personenbezogenen Daten erfolgt; der BF sei als Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren. Der BF habe zwar berechtigte Interessen, jedoch sei die gegenständliche Datenverarbeitung (in diesem Ausmaß) nicht zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich. Es würden die Grundrechte der Betroffenen den Interessen des Beschuldigten überwiegen. Konkret hätte die Kamera auch unmittelbar über dem Eingang zur Wohnung montiert werden können, sodass ausschließlich die Wohnungstüre erfasst worden wäre. Die Ausrichtung der Kamera hin zum Treppenaufgang und Stiegenhaus (Laubengang) sei weder nötig noch zulässig gewesen. Darüber hinaus seien die Betroffenen nicht über die konkrete Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten informiert worden. Insgesamt habe die gegenständliche Datenverarbeitung damit nicht auf berechtigte Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden können.
Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass der BF gar keine Hinweisschilder oder sonstige Kennzeichnung in Bezug auf die Videoüberwachungsanlage angebracht und somit gegen das Transparenzverbot nach Art. 5 Abs. 1 lit. a iVm Art. 12 und Art. 13 DSGVO verstoßen habe.
Bezüglich der Strafzumessung wurde festgehalten, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, mangels Angabe des BF im Rahmen des Verfahrens, nicht berücksichtigt hätten werden können, sodass die bB daher mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzugehen gehabt habe. Erschwerend sei die Art, Dauer und Schwere sowie der Vorsatz gewertet worden; als mildernd sei der Umstand herangezogen worden, dass der BF bislang keine einschlägigen Vorstrafen aufweise. Betreffend die finanzielle Situation des BF sei auch die COVID-19 Pandemie als strafmildernd berücksichtigt worden.
I.11. Gegen das Straferkenntnis der bB richtete sich die im Wege seines Rechtsvertreters am 30.05.2022 fristgerecht erhobene Beschwerde (VWA ./10, siehe Punkt II.2). In der Beschwerde führte dieser im Wesentlichen aus, dass der BF erstmals durch Zustellung des nun bekämpften Straferkenntnisses von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Kenntnis erlangt habe. Ein im Straferkenntnis genanntes Schreiben der bB vom 18.11.2021 sei dem BF nie zugestellt worden und habe er auch keine Verständigung über eine Hinterlegung erhalten. Zudem habe es die bB zur Gänze unterlassen, die zur Erforschung der materiellen Wahrheit notwendigen Beweise aufzunehmen. Der MB habe beginnend mit Juni 2020 sowohl den BF als auch weitere Bewohner des Hauses wiederholt mit dem Umbringen gefährlich bedroht und sei deshalb zumindest zweimal rechtskräftig verurteilt worden. Ebenfalls im Juni 2020 habe der MB den BF im Stiegenhaus körperlich attackiert und erneut gefährlich bedroht, wobei dieses Verfahren aufgrund mangelnder Beweise eingestellt worden sei. Aufgrund dessen habe der BF dann in der Folge die gegenständliche Videoüberwachungsanlage gekauft und im Inneren seiner Wohnung so montiert, dass diese durch die Oberlichte über der Wohnungseingangstüre den unmittelbar vor der Wohnungstür befindlichen Bereich filme. Die Kamera habe technisch beziehungsweise baulich nicht anders montiert werden können. Es seien nur Aufnahmen von strafbaren Handlungen gespeichert worden; alle übrigen Aufnahmen seien automatisch nach 24 Stunden gelöscht worden. Der BF habe vor der Montage der Videoüberwachungsanlage auch sämtliche Mitbewohner des Hauses nachweislich davon verständigt. Dem MB habe dieser Umstand überdies deshalb bekannt sein müssen, da ab September 2020 angefertigte Lichtbilder beziehungsweise Videosequenzen in polizeilichen Ermittlungsverfahren beziehungsweise gerichtlichen Strafverhandlungen als Beweis vorgelegt worden seien. Der MB habe sich dem BF gegenüber niemals gegen den Betrieb der Videoüberwachungsanlage ausgesprochen. Der MB habe auch in bewusster Kenntnis der Kamera beim Vorbeigehen an der Wohnung des BF mehrmals provozierende Gesten gemacht. Ein Schuldspruch sei daher jedenfalls zu Unrecht erfolgt. Wäre der BF vor Erlassen des gegenständlichen Straferkenntnisses davon in Kenntnis gesetzt worden, dass von einem Verstoß gegen die DSGVO ausgegangen werde, so hätte er darauf reagiert und eine allfällige Rechtsverletzung umgehend beseitigt. Wenn die bB in der rechtlichen Beurteilung davon ausgehe, der BF habe die Videoüberwachungsanlage ausschließlich zum Schutz seines Eigentums betrieben, so sei dies unrichtig; vielmehr sollten dadurch auch strafbare Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit des BF, die in der Vergangenheit bereits stattgefunden hätten, dokumentiert werden. Zudem habe es die bB unterlassen, zu recherchieren, ob es baulich beziehungsweise technisch überhaupt möglich gewesen wäre, die Videoüberwachungsanlage so zu montieren, dass ausschließlich die Wohnungseingangstüre und nicht auch ein Teil des Stiegenhauses erfasst werde. Schon der Umstand, dass die bB festgestellt habe, der BF habe die Kamera an der Wohnungstüre montiert, obwohl diese eigentlich im Inneren der Wohnung angebracht sei, zeige, dass die Behörde nicht das zur Ermittlung der materiellen Wahrheit notwendige Beweisverfahren durchgeführt habe, sondern von rein willkürlichen Annahmen ausgegangen sei. Die Positionierung beziehungsweise Ausrichtung der Kamera sei so erfolgt, dass dadurch das berechtigte Interesse des BF an der Dokumentation strafbarerer Handlungen mit dem geringst möglichen Eingriff in Rechte anderer verfolgt werde. Was die Strafhöhe und den als erschwerend gewerteten Umstand betreffe, es sei eine große Zahl von Personen durch den Betrieb der Videoüberwachungsanlage betroffen, so sei dies unrichtig, zumal sämtliche Bewohner nicht nur Kenntnis vom Betrieb der Videoüberwachungsanlage gehabt hätten, sondern diese, mit Ausnahme des MB, auch eingewilligt hätten. Unabhängig davon werde der Bereich nur von drei weiteren Parteien genutzt. Der BF sei bemüht gewesen, dass der Betrieb der Videoüberwachungsanlage eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Interessen der übrigen Bewohner bewirke und sei die Tat zudem aus achtenswerten Beweggründen begangen worden. Sollte das weitere Verfahren ergeben, dass die Kamera anders positioniert beziehungsweise der Aufnahmebereich anders gewählt hätte werden können, sodass der Eingriff in Rechte Dritter noch geringer gewesen wäre, was ausdrücklich bestritten werde, so erfolge die dem BF vorzuwerfende Übertretung lediglich aus Fahrlässigkeit, jedoch nicht vorsätzlich. Zudem hätten die überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer von siebzehn Monaten sowie der Umstand, dass die Videoüberwachungsanlage vom BF von sich aus außer Betrieb genommen worden sei, nachdem der MB seine strafbaren Handlungen eingestellt habe, bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen. Es werde daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, eine mündliche Verhandlung durchzuführen in eventu das Straferkenntnis aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung an die bB zurückverweisen, in eventu die verhängte Strafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß herabzusetzen.
I.12. Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch „BVwG“) am 08.06.2022 von der bB vorgelegt und wurde im Zuge dessen auch eine Stellungnahme erstattet (VWA ./11, siehe Punkt II.2 sowie OZ 1). Zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei zunächst festzuhalten, dass dem BF die Aufforderung zur Rechtfertigung mittels RSa-Zustellung übermittelt worden sei; der entsprechende Rückschein befinde sich im Akt. Dennoch habe der BF die Abholfrist fruchtlos verstreichen lassen, sodass die Aufforderung zur Rechtfertigung letztlich mit dem Hinweis „nicht behoben“ retourniert worden sei. Der BF habe im Zuge seiner Beschwerde keine weiteren Beweise in Bezug auf die mangelnde Verständigung über die Hinterlegung vorgebracht. Zum Aufnahmebereich der Anlage und der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung sei festzuhalten, dass der Aufnahmebereich der gegenständlichen Anlage unbestritten sei, zumal der BF selbst in seiner Beschwerde ausführe, dass die Anlage im Innenraum montiert gewesen sei und sowohl den unmittelbaren Bereich vor der Wohnungseingangstüre als auch einen „allgemein zugänglichen Bereich“ aufgenommen habe. Der Aufnahmebereich hätte zumindest technisch eingeschränkt werden können, indem der BF diesen beispielsweise standardgemäß derart hätte konfigurieren können, dass die Fläche über seinen Eingangsbereich hinaus mittels „Blurring“ beziehungsweise Verpixelung oder schwarzen Balken nicht aufgezeichnet beziehungsweise unkenntlich gemacht werde. Eine solche Konfiguration wäre ebenfalls ein gelinderes sowie zumutbares Mittel und keinesfalls unmöglich für den BF. Darüber hinaus sei es unbestritten, dass der BF keine Kennzeichnung der Anlage im Tatzeitraum vorgenommen habe. Dem Vorbringen des BF, wonach der MB auch durch die Einleitung der Strafverfahren darüber informiert worden sei, dass der BF eine derartige Überwachungsanlage betreibe, sei zu entgegnen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 DSGVO die Informationen zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten mitgeteilt werden müssen. Hinsichtlich der behaupteten Einwilligung der übrigen Bewohner werde ausdrücklich bestritten, dass es sich hierbei um zulässige Einwilligungen im Sinne des Art. 4 Z 11 iVm Art. 7 DSGVO gehandelt habe. Der BF habe in seiner Beschwerde in dem Zusammenhang nicht ausgeführt, dass er die Betroffenen über die Kategorien der verarbeiteten Daten sowie das Recht, die Einwilligung jederzeit widerrufen zu können, vorab informiert habe, so wie dies vom Europäischen Datenschutzausschuss vorgesehen sei. Unabhängig davon sei jedenfalls die Einwilligung des MB nicht vorgelegen. Eine, wie vom BF dargestellte, konkludente Einwilligung widerspreche dem klaren Wortlaut des Art. 4 Z 11 DSGVO, wonach die Einwilligung eine unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung darstelle, mit der die betroffene Person zu verstehen gebe, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden sei. Zudem habe der BF auch keine Einwilligung von Personen, die andere Parteien im Haus besucht hätten und hierfür den Aufnahmebereich der Anlage hätten betreten müssen, nachweisen können. Zu verweisen sei in dem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des BVwG vom 12.10.2021, W176 2239662-1. Wenn der BF vorbringe, die bB habe den Zweck der Anlage nicht festgestellt und bei der Interessenabwägung nicht berücksichtigt, so sei auf die Feststellungen und die rechtliche Beurteilung im Straferkenntnis zu verweisen. Auch unter Einbeziehung der Ausführungen in der Beschwerde vertrete die bB weiterhin die Ansicht, die Verarbeitung könne auf keine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO im Tatzeitraum gestützt werden. Auch das Vorbringen des BF, wonach er seine Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO erfüllt habe, indem er die vier von ihm genannten Personen allgemein über den Betrieb der Anlage informiert habe, laufe ins Leere; so seien die Betroffenen beispielsweise nicht über Empfänger, Rechtsgrundlage, Speicherdauer, Betroffenenrechte und Beschwerderecht informiert worden. In Bezug auf die Strafhöhe sei auszuführen, dass es nicht nachvollziehbar sei, inwieweit die behauptete lange Verfahrensdauer einen Milderungsgrund im konkreten Fall darstellen solle, zudem der BF ohnehin nicht am Verfahren mitgewirkt habe. Der vom BF herangezogene § 24 Abs. 6 DSG, wonach er die vorgeworfenen Rechtsverletzungen hätte beseitigen können, wenn er über das Verfahren rechtzeitig informiert worden wäre, sei nicht für Verwaltungsstrafverfahren einschlägig und werde dadurch außerdem der Verstoß nicht per se beseitigt. Die bB könne auch nach erfolgter Einstellung nach § 24 Abs. 6 DSG ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten und den Verstoß allenfalls mit einer Geldstrafe ahnden. Es werde daher beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zur Kostentragung nach § 52 VwGVG zu verpflichten.
Im Zuge der Aktvorlage wurde ein RSa-Kuvert beigelegt, welches, nachdem die Sendung vom BF nicht behoben wurde, an die bB retourniert wurde (VWA ./12, siehe Punkt II.2).
I.13. Am 01.03.2023 wurden nach entsprechender Anforderung seitens der bB drei Videosequenzen an das BVwG übermittelt (siehe OZ 5).
I.14. Am 01.03.2023 erging seitens des BVwG außerdem ein Erhebungsauftrag an die Polizeiinspektion XXXX (VWA ./14, siehe Punkt II.2), die dann in der Folge zuständigkeitshalber an die Polizeiinspektion XXXX weitergeleitet wurde (siehe OZ 6).
I.15. Am 02.03.2023 langte ein Bericht sowie eine Lichtbildbeilage (siehe OZ 7 und OZ 8) der Polizeiinspektion XXXX beim BVwG ein. In diesem wurde im Wesentlichen festgehalten, dass an der Adresse des BF Nachschau gehalten worden und bei seiner Wohnungseingangstüre, Top 25, keine Kamera wahrgenommen worden sei. Mit dem BF sei dann, da dieser zunächst nicht anwesend gewesen sei, telefonisch Kontakt aufgenommen worden, wobei dieser bekannt gegeben habe, dass er die Kamera, nachdem der MB aus der Wohnung Top 26 ausgezogen sei, entfernt habe. In der Folge sei auch der Vorraum der Wohnung des BF besichtigt worden und könne bestätigt werden, dass dort keine Kamera mehr montiert sei. Was die Frage, ob es möglich wäre, eine Videokamera so anzubringen, dass nur der unmittelbare Eingangsbereich aufgenommen würde, betreffe, so wurde seitens der Polizeiinspektion festgehalten, dass dies nach deren „laienhaften Dafürhalten“ nicht möglich sei, da durch den starken Winkel von oben durch die Oberlichte wohl unweigerlich auch ein Teil des allgemeinen Gangbereichs mitumfasst wäre. Dies dürfte auch für eine Anbringung außerhalb der Wohnung gelten. Die dem Bericht beigelegten Lichtbilder bilden den Stiegenaufgang sowie die Wohnungstüre des BF und die Oberlichte ab.
I.16. Seitens des BVwG ergingen Ersuchen um Übermittlung der Akten betreffend den MB zu den Aktenzeichen XXXX und XXXX an das Landesgericht XXXX (siehe OZ 9 und OZ 11).
I.17. In der Folge wurden die angeforderten Strafakten durch das Landesgericht XXXX an das BVwG übermittelt (vgl OZ 9, OZ 11 und OZ 13) sowie die Abschlussberichte der PI XXXX vom 18.06.2020, vom 23.11.2020 sowie vom 12.02.2021 (vgl OZ 17, OZ 18 und OZ 19) vorgelegt.
I.18. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 08.05.2023 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF, dessen Rechtsvertreter (beide via Zoom zugeschaltet) sowie Vertreter der bB teilnahmen (siehe OZ 23). Seitens des Rechtsvertreters des BF wurden am Beginn der mündlichen Verhandlung der Mietvertrag, die Hausordnung sowie ein Schreiben der Hausverwaltung des Wohnhauses, das der BF bewohnt, übermittelt (ebenfalls OZ 23).
I.19. Mit Eingabe vom 09.05.2023 reichte der Rechtsvertreter des BF die Rechnung für die verfahrensgegenständliche Kamera nach (OZ 24).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
II.1.1. Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.
II.1.2. Zum Wohnort des BF und des MB:
Der BF ist Bewohner der Wohneinheit Top 25 des Mehrparteienhauses in XXXX 2. Stock. Das gegenständliche Wohnhaus hat drei Stockwerke und wird von elf Parteien bewohnt. Die Türnummern in XXXX beginnen mit 18.
Der MB hat von 17.10.2017 bis zum 22.09.2021 Top 26 an derselben Adresse bewohnt. Die Wohnungen des MB (TOP 26) und des BF (TOP 25) liegen nebeneinander.
II.1.3. Zum Betrieb der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
II.1.3.1. Zum Ort der Videoüberwachung:
Der BF betrieb eine Videoüberwachungsanlage, die Videoaufnahmen ausgehend von seiner Wohnung, Top 25, anfertigte.
Die Entscheidung, die Videoüberwachungsanlage am genannten Ort zu positionieren, traf der BF.
Die Kamera war im Inneren seiner Wohnung montiert und fertigte durch die Oberlichte Videoaufnahmen an.
Die Kamera war ganz oben an der Oberlichte, konkret im oberen linken Eck, ungefähr 15 cm vom Rand, montiert gewesen. Siehe dazu folgende Darstellung:
Der Eingangsbereich vor der Wohnungstüre des BF (Top 25) stellt sich wie folgt dar:
II.1.3.2. Zur Dauer der Videoüberwachung:
Der BF betrieb die Videoüberwachungsanlage jedenfalls im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 21.09.2020 bis 25.12.2020.
Darüber hinaus hat der BF die Videoüberwachungsanlage im Juni 2020 in Betrieb genommen. Der BF hat im Jahr 2021 die Kamera wieder entfernt. Ein genauer Zeitpunkt betreffend der Demontage der Kamera konnte nicht festgestellt werden.
II.1.3.3. Zur verfahrensgegenständlichen Kamera:
Bei der Kamera handelte es sich um eine Panamalar Outdoor WLAN Kamera, XXXX Diese wurde am 16.06.2020 vom BF erworben.
Der BF konnte auf die Kamera zugreifen, wenn er in demselben WLAN war. Außerdem konnte er auch von unterwegs auf die Kamera zugreifen und hatte die Möglichkeit eines Echtzeitmonitorings.
Mit der Kamera wurde der Aufnahmebereich durchgehend aufgenommen. Die Aufnahmen wurden für ca. 24 Stunden gespeichert, da auf der Speicherkarte nur ungefähr 24-25 Stunden aufgezeichnet werden. Danach wurden die alten Aufnahmen durch neue überschrieben. Die Aufnahmen der strafbaren Handlungen wurden vom BF von der Speicherkarte kopiert und gesondert gespeichert.
Nach der Demontage hat der BF alle Daten gelöscht.
II.1.4. Zum Zweck der Videoüberwachung:
Mit Hilfe der Videoüberwachung verfolgte der BF das Ziel, mögliche Straftaten des MB gegen sich bildlich und akustisch zu dokumentieren.
Der BF hatte auch das Ziel, mit der Videoüberwachung auch allgemeine Teile (Stiegenaufgang und Laubengang) aufzunehmen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF auch das Ziel verfolgte, mögliche Straftaten des MB gegen weitere Bewohner des Hauses zu dokumentieren.
II.1.5. Zum Aufnahmebereich der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
Der konkrete Aufnahmebereich der Videoüberwachungsanlage erfasste den Bereich vor der Wohnungstür des BF, wobei der Bereich unmittelbar vor der Wohnungstür (zB die Fußmatte, siehe Eingangsbereich Punkt II.1.3.1) nicht aufgenommen wurde. Der unmittelbare Eingangsbereich wird durch die untere Fensterkante der Oberlichte des Top 25 abgedeckt. Im Aufnahmebereich befinden sich überwiegend allgemeine Bereiche, wie Stiegenaufgang zum 2. Stock (in der Folge auch „Stiegenaufgang“ bezeichnet) sowie der Gang zur Stiege, welcher zum 3. Stock führt (in der Folge auch „Laubengang“ bezeichnet“). Hinter dem Geländer befindet sich die Rückwand eines Wohnhauses in der XXXX , links unten sieht man den straßenseitigen Zugang zu XXXX .
Der Aufnahmebereich stellt sich wie folgt dar:
Der BF hat deshalb allgemeine Bereiche aufgenommen, um Aufnahmen zu erhalten, die strafbare Verhaltensweisen des Nachbarn gegenüber ihn beweisen.
Durch technische Maßnahmen (zB „Blurring“, Verpixelung, schwarzer Balken, anderer Einstellwinkel) wäre es möglich gewesen, den Aufnahmebereich auf den unmittelbaren Bereich vor der Wohnungstür des BF zu beschränken.
Der aufgenommene allgemeine Bereich wurde nicht von einer Vielzahl an Menschen genutzt.
II.1.6. Zu den erfolgten bildlichen Aufnahmen:
Aufgrund des Aufnahmebereiches zeichnete der BF über einen Tagesablauf von 24 Stunden allgemeine Bereiche von seiner Wohnungstür, den Stiegenaufgang und Laubengang auf. So wurde auch aufgezeichnet, welche Partei vom zweiten bzw. dritten Stock das Haus betreten bzw. verlassen hat bzw. welche Personen die Parteien im zweiten und dritten Stock besucht (wie Angehörige, Freunde, Zustelldienste, etc) haben.
II.1.7. Zu den erfolgten akustischen Aufnahmen:
Der BF war in der Lage, eine alltagsübliche Kommunikation vor seiner Wohnungstür aufzuzeichnen. Ebenso war der BF in der Lage, eine alltagsübliche Kommunikation vor der Wohnungstür seiner unmittelbaren Nachbarn (Top 24) aufzunehmen.
II.1.8. Zur Zustimmung von Nachbarn und weiteren Personen:
Die Nachbarn XXXX und XXXX des Wohnhauses XXXX haben gegenüber dem BF zu Folgendem zugestimmt: Das der BF eine Kamera aufhängt, um zu dokumentieren, wenn etwas Strafrechtliches passiert und dass die sonstigen Aufnahmen dann wieder sofort gelöscht werden. Die Mitbewohner wurden vom BF über Vorfälle in Kenntnis gesetzt, welche sich unmittelbar vor seiner Wohnungstür ereignet haben.
Über weitere Informationen bzw. Rechte der Nachbarn (wie z.B. Recht auf Widerspruch) klärte der BF nicht auf.
Von weiteren Bewohnern im Wohnhaus, Besuchern und Dienstleistern hat der BF keine Zustimmung eingeholt.
II.1.9. Zur Informationspflicht und Kennzeichnung der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
Der BF hat gegenüber den Bewohnern XXXX und XXXX des XXXX bekanntgegeben, dass er eine Videoüberwachungsanlage betreibt. Weiters wird festgestellt, dass der BF die vier Mitbewohner über den Zweck – zur Dokumentation von strafbaren Handlungen des MB gegenüber dem BF – in Kenntnis gesetzt hat.
Weitere Bewohnern im Wohnhaus sowie weitere Personen (Besucher, Dienstleister, etc.) hat der BF über die Videoüberwachungsanlage nicht in Kenntnis gesetzt.
Die Videoüberwachungsanlage war nicht gekennzeichnet.
Eine Montage einer Überwachungskamera beziehungsweise Videokamera in allgemeinen Teilen des Stiegenhauses wurde von der Hausverwaltung nicht bewilligt.
II.1.10. Zu den Ausführungen des BF bei der PI XXXX am 21.09.2020
Der BF hat schon öfters Streit mit seinem Nachbarn, dem MB, gehabt. Deshalb hat er seine Wohnungstüre mit einer Videoüberwachungsanlage ausgestattet. Es ist zu sehen, wie der MB zur Wohnungstüre geht und etwas ablegt. Es ist nicht zu erkennen was er dort ablegt. Der BF geht davon aus, dass es die abgefeuerte Patronenhülse (siehe Abschlussbericht vom 23.11.2020, Seite 3, zum Gerichtsakt zur Zahl XXXX ) war, die er vor seiner Wohnungstür gefunden hat.
II.1.11. Zu den Aufnahmen des Beschwerdeführers, welche der PI XXXX am 23.11.2020 übermittelt wurden:
Es ist ersichtlich, wie der MB am 23.11.2020 um 17:01:24 Uhr seinen Mittelfinger in die Kamera des BF hält. Um 17:01:34 Uhr beginnt der MB mit einem Schlagring aus Holz in der Hand mit dem Schattenboxen vor der Wohnungstür des BF. Zwischen 17:38:21 Uhr und 17:38:31 Uhr ist zu sehen, wie der MB mit einem Messer auf einen Autoreifen einsticht. Zwischen 17:46:51 Uhr und 17:46:55 Uhr ist zu sehen, wie der MB mit einem schwarzen Schlagstock in der Hand direkt vor der Wohnungstüre des BF Schlagbewegungen durchführt.
II.1.12. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Mitbeteiligten:
Der MB wurde dreimal strafgerichtlich verurteilt:
II.1.12.1. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.07.2020:
Der MB hat am 16.06.2020 in XXXX den BF gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sinngemäß ankündigte, er werde ihm wehtun, er werde ihn umbringen.
Am 29.07.2020 (rechtskräftig am 04.08.2020) wurde er vom Landesgericht XXXX , Zl XXXX wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 4,00 Euro (400,- Euro), im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Vom erhobenen Vorwurf, der MB habe am 17.06.2020 den BF durch Würgen am Hals am Körper zu verletzen versucht, wurde er freigesprochen.
II.1.12.2. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.01.2021:
Der MB hat am 21.09.2020 in XXXX den BF und seine Nachbarin Alexandra XXXX gefährlich zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er Munitionsteile vor deren Wohnungstüren platzierte.
Mit Urteil des Landesgericht XXXX vom 08.01.2021 (rechtskräftig am 12.01.2021), Zl XXXX , wurde der MB wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten, Probezeit drei Jahre, verurteilt.
II.1.12.3. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.03.2021:
Der MB hat am 23.11.2020 den BF gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen indem er vor dessen Wohnung mit einem Schlagring bewaffnet Schattenboxbewegungen ausgeführt hat, mit einem Messer auf Autoreifen eingestochen hat und mit einem Schlagstock Schlagbewegungen durchgeführt hat sowie am 23.11.2020 und davor, obwohl ihm der Besitz von Waffen gemäß § 12 WaffG verboten war, einen Schlagring, sohin eine verbotene Waffe, einen Schlagstock, wenn auch nur fahrlässig, besessen.
Am 24.03.2021 (rechtskräftig an demselben Tag) wurde der MB vom Landesgericht XXXX , Zl XXXX , wegen § 50 Abs. 1 Z 2 und 3 (unbefugter Besitz von verbotenen Waffen oder Munition und unbefugter Besitz von Waffen oder Munition, obwohl ihm dies nach § 12 WaffG verboten ist) und § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG (unbefugter Besitz von Waffen oder Munition, obwohl ihm dies nach § 12 WaffG verboten ist) sowie wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat, Probezeit drei Jahre, verurteilt. Es handelte sich um eine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgericht XXXX zu XXXX , rechtskräftig am 12.01.2021.
II.1.13. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des BF:
Der BF bezieht ein Einkommen von 2.500,- bis 2.600,- Euro netto monatlich und hat keine Sorgepflichten.
II.2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der bB [in der Folge kurz „VWA“ mit den Bestandteilen ./1 – Anzeige vom 25.12.2020 (siehe Punkt I.1), ./2 – Ergänzung der Anzeige vom 18.06.2021 (siehe Punkt I.3), ./3 – E-Mail der PI XXXX betreffend Amtshilfeersuchen vom 14.07.2021 (siehe Punkt I.4), ./4 – Amtshilfeersuchen der bB an LG XXXX vom 16.07.2021 (siehe Punkt I.5), ./5 – E-Mail des LG XXXX vom 30.07.2021 (siehe Punkt I.6), ./6 – Übermittlung des LG XXXX vom 03.08.2021 (siehe Punkt I.7), ./7 – Aufforderung zur Rechtfertigung an BF vom 18.11.2021 samt Beilage (Bekanntgabe Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten) (siehe Punkt I.8), ./8 – ZMR Auszug BF vom 04.04.2022 (siehe Punkt I.9), ./9 – Straferkenntnis vom 03.05.2022 (siehe Punkt I.10), ./10 – Beschwerde vom 30.05.2022 (siehe Punkt I.11), ./11 – Aktenvorlage der bB vom 08.06.2022 (siehe Punkt I.11), ./12 – retourniertes RSa Kuvert (nicht behoben von BF) (siehe Punkt I.12)] sowie in den Gerichtsakt des BVwG (Aktenbestandteile werden mit Ordnungszahl, kurz „OZ“ gekennzeichnet).
Vorweg wird darauf hingewiesen, dass nach Art. 5 DSGVO der Verantwortliche (im gegenständlichen Fall der BF) die Beweislast dafür trägt, dass die Daten u. a. für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Außerdem obliegt es nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c DSGVO, wenn personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben werden, dem Verantwortlichen, diese Person über die Zwecke, für die diese Daten verarbeitet werden sollen, sowie über die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung zu informieren (EuGH 04.07.2023, C-252/21 (Meta Platforms Inc.), Rn 95).
II.2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des Gerichtsaktes des BVwG.
II.2.2. Zum Wohnort des BF und des MB:
Die Feststellungen zur Wohnadresse des BF und MB sowie zum Standort, an dem die Kamera betrieben wurde, beruhen auf den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen des BF und MB sowie auf den im Akt befindlichen eigeholten aktuellen ZMR-Auszügen.
II.2.3. Zum Betrieb der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
II.2.3.1. Zum Ort der Videoüberwachung:
Der Umstand, dass von der Wohnung des BF ausgehend Videoaufnahmen angefertigt wurden, wurde vom BF nie bestritten; vielmehr führte er in der Beschwerde vom 30.05.2022 (vgl VWA ./10, Seite 4) selbst aus, die verfahrensgegenständliche Videoüberwachungsanlage angekauft und im Inneren seiner Wohnung montiert zu haben und damit den vor der Wohnungseingangstüre befindlichen Bereich aufgenommen zu haben. Diese Angaben hielt er auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht (siehe insbesondere Verhandlungsprotokoll Seite 10).
Die Feststellung, wonach die Entscheidung, die Videoüberwachungsanlage am genannten Ort zu positionieren, vom BF getroffen wurde, gründet auf dessen eigener Aussage, sowohl in der Beschwerde (vgl VWA ./10, Seite 4) als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (siehe dazu ebenso insbesondere Verhandlungsprotokoll Seite 10).
Aus dem vorliegenden Bildmaterial ergibt sich zweifelslos, dass die Kamera im Inneren der Wohnung montiert war und sie durch die Oberlichte Videoaufnahmen anfertigte (OZ 5). Die Feststellungen betreffend die genaue Stelle, wo die Kamera montiert war, ergibt sich aus den Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung (vgl Verhandlungsschrift Seite 12, OZ 7). Den Ausführungen im Abschlussbericht der PI XXXX vom 12.02.2021, Seite 4 kann nicht gefolgt werden, da diese Ausführungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Es gibt kein Fenster nächst der Eingangstüre (Verhandlungsprotokoll, Seite 12).
Die Feststellungen zum Eingangsbereich ergeben sich aus dem vorliegenden Bildmaterial (OZ 7).
II.2.3.2. Zur Dauer der Videoüberwachung:
Die verfahrensgegenständliche Dauer der Videoüberwachung ergibt sich zweifelsfrei aus dem bekämpften Straferkenntnis (VWA ./9, Seite 1).
Der Zeitpunkt des Aufbaus der Kamera ergibt sich aus dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung, wonach er die Videoüberwachungsanlage nach einem Vorfall, bei dem er vom MB bedroht worden sei, konkret einige Tage nach dem 16.06.2020 installiert habe. Diese Ausführungen decken sich auch mit dem Datum des Kaufs der Kamera, dem 16.06.2020 (vgl dazu die vorgelegte Rechnung OZ 24). Es konnte daher festgestellt werden, dass der BF im Juni 2020 die Kamera in Betrieb genommen hat.
Jedoch konnte auf Basis der Angaben des BF kein konkreter Zeitpunkt hinsichtlich der Entfernung der Kamera festgestellt werden (Verhandlungsprotokoll, Seite 10). Dahingehend liegen nur vage Angaben des BF vor: So erklärte er in der Beschwerdeverhandlung zunächst selbst, dass er einige Wochen nach dem 24.03.2021 die Kamera entfernt habe. Auf Nachfrage gab er an, dass es möglich sei, dass die Kamera noch im Juni 2021 in Betrieb gewesen sei. Damit bestätigte er die Angaben des MB gegenüber die bB (VWA ./2). Zudem führte der Rechtsvertreter des BF aus, dass der BF die Kamera demontiert und alle Daten gelöscht habe, nachdem der MB delogiert worden sei (Verhandlungsprotokoll, Seite 10 und 24). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der MB bis zum 22.09.2021 an der Adresse XXXX gemeldet war. Vor dem Hintergrund der unstimmigen Angaben des BF bzw. seines Vertreters konnte ein genauer Zeitpunkt hinsichtlich der Demontage der Kamera nicht festgestellt werden.
II.2.3.3. Zur verfahrensgegenständlichen Kamera:
Die Feststellungen hinsichtlich des Kameramodells sowie des Datums des Erwerbs der Kamera durch den BF konnten aufgrund der vom BF (im Wege seines Rechtsvertreters mit Eingabe vom 09.05.2023) vorgelegten Rechnung (OZ 24) getroffen werden.
Die technische Funktionsweise der Videoüberwachungsanlage (Aufnahmedauer, Speicherdauer, Verknüpfungsmöglichkeit) ergibt sich ebenfalls aus dem soweit unbestrittenen Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung (vgl dazu insbesondere die Seiten 11f der Verhandlungsschrift). Auch in der Beschwerde (VWA ./10, Seite 4) brachte der BF vor, dass Aufnahmen strafbarer Handlungen gespeichert worden seien; alle anderen Aufnahmen seien nach 24 Stunden automatisch gelöscht worden.
Dass die Daten nach der Demontage durch den BF gelöscht wurden, ergibt sich aus den Erklärungen seines Vertreters (Verhandlungsprotokoll, Seite 24).
II.2.4. Zum Zweck der Videoüberwachung:
Die Feststellungen zum Zweck der Videoüberwachung basieren auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des BF in der Beschwerde und auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG, denen zufolge es ihm darum ging, Straftaten des MB zu dokumentieren. Er brachte im Verfahren gleichbleibend vor, die Videokamera zu seinem Schutz und zur Dokumentation allfälliger Straftaten des MB installiert zu haben (vgl dazu auch insbesondere Seite 18 des Verhandlungsprotokolls). Der MB wurde mehrmals strafgerichtlich aufgrund von gefährlichen Drohungen gegenüber dem BF verurteilt. Insofern bestand für das erkennende Gericht kein Grund, an den Angaben des BF hinsichtlich des Zwecks der Videoüberwachung zu zweifeln.
Aus seiner Bescheidbeschwerde war zudem zu entnehmen, dass der BF bestrebt war, auch strafrechtliche Verhaltensweisen des MB ihn gegenüber auch akustisch zu dokumentieren (VWA ./10, Seite 4).
Es ist in der Verhandlung klar das Ziel des BF hervorgekommen, auch Teile des allgemein zugänglichen Gangbereichs aufzunehmen. So gab der BF nachgefragt, weshalb er den übrigen Aufnahmebereich nicht verpixelt / unkenntlich gemacht habe, an, er hätte die Aufnahme so machen müssen, da er sonst die strafbaren Verhaltensweisen des Nachbarn nicht hätte beweisen können (vgl Verhandlungsprotokoll, Seite 14).
Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF das Ziel verfolgte mögliche Straftaten des MB gegen weitere Bewohner des Hauses zu dokumentieren. Zwar führte der BF im Verfahren aus, dass er bestrebt gewesen sei, auch strafbare Handlungen des MB gegen weitere Bewohner des Hauses zu dokumentieren (so zum Beispiel VWA ./10, Seite 4). Diesen Ausführungen des BF stehen seine Erklärungen in der Beschwerdeverhandlung diametral entgegen. So führte der BF zu möglichen Milderungsgründen wörtlich aus: „Dass ich mich selber schützen wollte, damit ich als Beweis etwas in der Hand habe. Es steht auch in der Anklage drinnen. Es ist um mein Eigenwohl gegangen. Das war alles.“ (Verhandlungsprotokoll, Seite 21). Vor diesem Hintergrund war entsprechende Feststellung zu treffen. Auch erklärte der BF zum Zweck der Verarbeitung befragt, dass diese zu seinem Eigenschutz erfolgt sei (Verhandlungsprotokoll, Seite 18). Insgesamt konnte aus den Erklärungen des BF nicht gewonnen werden, dass er die Videoanlage auch im Interesse Dritter betrieb.
II.2.5. Zum Aufnahmebereich der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
Die dahingehenden Feststellungen ergeben sich aus den Ausführungen des BF im Verfahren (Verhandlungsprotokoll, Seite 14) sowie aus dem Akt einliegenden Bildmaterial.
Die Feststellung, dass der BF gerade deshalb allgemeine Bereiche aufgenommen hat, um Aufnahmen zu erhalten, um strafbare Verhaltensweisen des MB beweisen zu können, ergeben sich aus den eigenen Erklärungen des BF in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsprotokoll, Seite 14). [Es wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass durch die großräumige Aufnahme (Stiegenaufgang und Laubengang) Interessen Dritter maßgeblich berührt und verletzt werden, siehe Punkt II.3.2.2.1.1]
Durch einfache technische Maßnahmen wäre es möglich gewesen, den Aufnahmebereich derart zu gestalten, dass nur der (allgemeine) Bereich unmittelbar vor der Wohnungstür des BF aufgenommen worden wäre. So wurde die Kamera vom BF bewusst schräg ausgerichtet, um weitere allgemeine Bereiche (Stiegenaufgang, Gangbereich in Richtung zur Stiege, welche zum dritten Stock führt („Laubengang“)) aufzunehmen. Insgesamt erfolgten weitreichende Aufnahmen von allgemeinen Bereichen. Es ist zwar zutreffend, dass auch der Bereich unmittelbar vor dem Eingangsbereich des BF ein allgemeiner Bereich darstellt, es ist aber nicht ersichtlich, warum es notwendig war, weitere allgemeine Bereiche, zB den Gang zum dritten Stock (Laubengang, ab der Höhe der Betonsäulen vor der Wohnungstür des BF bis zur Stiege, die in den dritten Stock führt) aufzunehmen. Dadurch wurden Sachverhalte z.B am Laubengang aufgezeichnet, welche in keinem Zusammenhang mit dem intendierten Zweck der Videoüberwachung durch den BF stehen.
Wenn man den Angaben des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung folgt, wonach die Kamera an der Oberlichte, eher links an der Decke montiert gewesen sei, so hätte man diese auch mittiger positionieren können. So hätte man den Aufnahmebereich so gestalten können, dass nur der Bereich unmittelbar vor der Wohnungseingangstüre aufgenommen worden wäre und nicht auch Teile des Stiegenhauses beziehungsweise den Gang zur Stiege zum dritten Stock („Laubengang“). Auch hätte der Aufnahmebereich technisch eingeschränkt werden können, indem der BF diesen beispielsweise derart hätte konfigurieren können, dass die Fläche über seinen Eingangsbereich hinaus mittels „Blurring“ beziehungsweise Verpixelung oder schwarzen Balken nicht aufgezeichnet beziehungsweise unkenntlich gemacht wird. In diesem Zusammenhang kommt den Ausführungen des BF kein Begründungswert zu, dass die vom BF gekaufte Kamera nicht die technische Möglichkeit gehabt hätte (Verhandlungsprotokoll, Seite 13). Er hätte ein technisch geeignetes Modell verwenden können.
Auch bauliche Einschränkungen können nicht zur Begründung herangezogen werden, dass über das erforderliche Ausmaß hinaus, allgemeine Bereiche in den Aufnahmebereich einer Kamera einbezogen werden müssen. Wenn bauliche Einschränkungen zB dazu führen, dass eine Aufnahme des unmittelbaren Bereichs vor der Wohnungstür überhaupt nicht möglich ist, dann kann dies nicht dazu führen, dass eine Videoaufnahme von anderen Bereichen begründet werden könnte. Bauliche Einschränkungen legitimieren in keiner Weise einen großflächigen Aufnahmebereich. In diesem Zusammenhang haben sich die aufgezeichneten strafrechtlich relevanten Ereignisse unmittelbar vor der Wohnungstür des BF ereignet und nicht zB auf dem Gang zur Stiege, die in den dritten Stock führt („Laubengang“) oder im Stiegenaufgang.
Soweit der BF in der Beschwerdeverhandlung erklärte, dass die Kamera deshalb nicht auf der anderen Seite der Oberlichte installiert werden konnte, da dadurch auch der Eingangsbereich der Nachbarin der Wohnung Nr. 24 aufgenommen wäre (Verhandlungsprotokoll, Seite 13), so kommt diesen Ausführungen kein Begründungswert zu: Bereits auf dem festgestellten Aufnahmebereich ist ersichtlich, dass die Fußmatte vor der Wohnungstür 24 erfasst wurde (siehe Punkt II.1.5). Auch hat nach den eigenen Erklärungen des BF die Nachbarin sogar der Aufnahme zugestimmt (siehe Verhandlungsprotokoll, Seite 20). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass aufgrund weiterer Angaben des BF im Verfahren, eine Zustimmung durch die Nachbarin (Top 24) nicht belegt werden konnte (siehe Punkt II.2.8 und II.2.14). Es liegt dahingehend ein unstimmiges Erklärungsverhalten des BF vor.
Zudem kommt den Erklärungen des BF bzw. seines Vertreters, dass ein Anbringen der Kamera im Außenbereich (also außerhalb der Wohnung des BF) nicht möglich gewesen wäre, kein Begründungswert zu: So hatte der BF hierfür schon keine Bewilligung der Hausverwaltung bzw. seines Vermieters (OZ 23, vorgelegtes E-Mail des BF). Außerdem sind die weiteren Ausführungen des BF, dass aus praktischen Gründen ein Anbringen der Kamera im Außenbereich nicht möglich gewesen sei (Verhandlungsprotokoll, Seite 23), gehaltslos: Einerseits begründete der BF dies damit, dass aufgrund eines mangelnden Stromanschlusses ein Anbringen im Außenbereich nicht möglich gewesen wäre. Es ist allgemein bekannt, dass Videokameras auch mit Batterien betrieben werden können. Auch die Erklärungen, dass ein Anbringen im Außenbereich zur Folge hätte, dass ein noch viel umfangreicher Bereich der allgemeinen Flächen aufgenommen worden wäre, ist nicht nachvollziehbar: So kann ein Aufnahmebereich mit Hilfe „Blurring“ beziehungsweise Verpixelung oder eines schwarzen Balkens (siehe oben) individuell eingeschränkt werden.
Insgesamt kann daher die Aufnahme von nicht erforderlichen allgemeinen Bereichen (Stiegenaufgang und Laubengang) nicht mit technischen Einschränkungen der verwendeten Kamera und/oder mit einer mangelhaften Handhabung begründet werden. Soweit der BF in der Beschwerdeverhandlung ausführte, dass er versucht habe, die Kamera so aufzuhängen, dass nur soweit wie möglich der Bereich unmittelbar vor seiner Tür aufgenommen werde (Verhandlungsprotokoll, Seite 13), so sind diese Erklärungen nicht mit seinen weiteren Angaben in der Beschwerdeverhandlung vereinbar, wo er ausführte, dass er allgemeine Bereiche, die den Großteil der Aufnahmen ausmachen würden deshalb nicht verpixelt oder unkenntlich gemacht habe, um strafbare Verhaltensweisen des MB zu dokumentieren (Verhandlungsprotokoll, Seite 14). In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass je größer der Aufnahmebereich gewählt wird, desto mehr Verhaltensweisen von Dritten aufgezeichnet werden, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem BF bzw. der Aufnahme von Straftaten des MB stehen.
Vor dem Hintergrund der relativ geringen Anzahl von Parteien im 2. und 3. Stock des Wohnhauses des BF ist davon auszugehen, dass – entgegen der Annahme der bB – zahlreiche Menschen den aufgenommenen allgemeinen Bereich nicht genutzt haben. Die Erklärungen des Rechtsvertreters des BF, nachdem die Briefkästen im Eingangsbereich hängen und auch dort sämtliche Pakete zugeliefert worden seien und sich deshalb im Aufnahmebereich keine haushaltsfremden Personen befunden hätten (Verhandlungsprotokoll, Seite 24), kommt kein Begründungswert zu. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Post und private Zustelldienste auch Zustellungen bis zur Wohnungstür vornehmen. Zudem übersieht der BF bzw. sein Rechtsvertreter, dass auch davon auszugehen ist, dass die weiteren Nachbarn auf dem zweiten und dritten Stock wohl auch von Familienangehörigen bzw. Freunden und sonstigen Dienstleistern besucht worden sind.
II.2.6. Zu den erfolgten bildlichen Aufnahmen:
Die dahingehenden Feststellungen ergeben sich aus den Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsprotokoll, Seite 15 f).
Dass Videoaufzeichnungen stattfanden, die auch Teile des allgemein zugänglichen Gangbereichs des Mehrparteienhauses erfassten, ergibt sich zweifelsfrei aus der dem Gericht vorliegenden Videoaufzeichnungen (siehe VWA ./9, Seite 4 und OZ 5) und wurde dies vom BF auch in keiner Form bestritten. Vielmehr führte der BF in der Beschwerde selbst aus, dass durch die im Inneren seiner Wohnung montierte Videokamera der vor der Wohnungseingangstüre befindliche Bereich aufgenommen worden sei (vgl VWA ./10, Seite 4), wobei auch ein allgemein zugänglicher Teil des Stiegenhauses davon erfasst gewesen sei (vgl insbesondere VWA ./10, Seiten 5f). Auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bejahte der BF die Frage, ob es zutreffend sei, dass sich im Aufnahmebereich der Kamera der Bereich vor der Wohnungstüre Top 25 und darüber hinaus überwiegend allgemeine Bereiche, wie der Stiegenaufgang zum zweiten Stock sowie der Gang zur Stiege, welche zum dritten Stock führt, befänden (vgl insbesondere Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).
II.2.7. Zu den erfolgten akustischen Aufnahmen:
In seiner Bescheidbeschwerde führte der BF aus, dass er bestrebt war, Verhaltensweisen des MB bildlich und akustisch zu dokumentieren (VWA ./10, Seite 4). Ferner ist aus dem vorliegenden Video („Reifenstechen“) deutlich das Einstechen mit dem Messer in einem Reifen akustisch wahrzunehmen. Als der MB in der Folge von der Wohnungstür des BF weggeht, sind selbst die – normalen – Schritte des MB akustisch wahrnehmbar (OZ 5). Vor diesem Hintergrund konnte festgestellt werden, dass der BF in der Lage war, eine alltagsübliche Kommunikation jedenfalls vor dem Eingangsbereich seiner Wohnung aufzuzeichnen.
Soweit der BF in der Beschwerdeverhandlung ausführte, dass seine Kamera keine technische Möglichkeit bot, eine nicht akustische Aufnahme durchzuführen, so ist zu beachten, dass er selbst in seiner Bescheidbeschwerde ausführte, dass er den Zweck verfolgte, Verhaltensweisen des MB auch akustisch zu dokumentieren. Auch die Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung, dass die akustische Aufnahme nur sehr eingeschränkt möglich gewesen sei, da die Kamera im Innenbereich hängte, ist nicht nachvollziehbar, zumal auf einer Videoaufnahme selbst – normale – Schritte des MB wahrnehmbar waren (OZ 5 sowie Verhandlungsprotokoll, Seite 19).
Insgesamt waren die Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung als Schutzbehauptung zur werten. Insbesondere war er in der Beschwerdeverhandlung, entgegen seinen Ausführungen in der Bescheidbeschwerde, bestrebt, die erfolgten akustischen Aufnahmen zu relativieren.
Da der Eingangsbereich der Nachbarn (Top 24) unmittelbar an die Wohnungstür des BF angrenzt, war der BF auch in der Lage, die Kommunikation vor der Wohnungstür seiner Nachbarn aufzunehmen.
II.2.8. Zur Zustimmung von Nachbarn und weiteren Personen:
Die dahingehenden Feststellungen beruhen auf den Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsprotokoll, Seite 7 und 20).
Auch aus den Ausführungen zu Punkt II.2.14 ist zu entnehmen, dass der BF neben XXXX und XXXX keine weiteren Zustimmungserklärungen von weiteren Bewohnern im Haus eingeholt hat.
Das der BF von seiner unmittelbaren Nachbarin (Top 24) für die Videoüberwachung eine Zustimmung eingeholt hat (Verhandlungsprotokoll, Seite 20), ist nicht glaubhaft. So kann der BF sie namentlich nicht genau nennen. Dies deutet schon darauf hin, dass er kaum Kontakt zu ihr hat. Auch wird in diesem Zusammenhang auf die sehr widersprüchlichen Angaben des BF unter Punkt II.2.14 verwiesen.
II.2.9. Zur Informationspflicht und Kennzeichnung der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage:
Dass der BF die vier in den Feststellungen genannten Hausbewohner darüber informierte, dass er eine Videokamera installieren möchte, um den Bereich vor seiner Wohnung zum Zweck der Dokumentation von strafbaren Handlungen des MB aufzunehmen, ergibt sich aus seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Im Zuge dieser wurde der Beweisantrag auf Befragung dieser Personen als Zeugen abgelehnt und der beantragte Beweis als wahr festgestellt (vgl insb Verhandlungsschrift Seite 7 bzw. Seite 21 f).
Aus den Ausführungen zu Punkt II.2.14 ist zu entnehmen, dass der BF XXXX und XXXX keine weiteren Bewohner im Haus über die Videoüberwachung in Kenntnis gesetzt hat.
Dass der MB über die Montage der Kamera nicht vom BF informiert wurde, ergibt sich klar aus seiner Anzeige an die bB (vgl VWA ./1). Den Ausführungen des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl dazu Seite 19 des Verhandlungsprotokolls), wonach er die Installation der Kamera mit dem MB besprochen habe (vor dem Fall „Patrone“ im September 2020), kann daher kein Glauben geschenkt werden und sind diese als Schutzbehauptung zu werten. Auch die vorliegenden Aufnahmen im Zusammenhang mit dem Vorfall „Patrone“ (OZ 5) sprechen dafür, dass der MB keine Kenntnis von der Videoaufnahme gehabt hatte. Die Erklärungen des MB in seiner Anzeige (VWA ./1) und die vorliegenden Videoaufnahme im Zusammenhang mit dem Vorfall „Patrone“ vermitteln ein stimmiges Bild.
Das der BF seine unmittelbare Nachbarin (Top 24) über die Videoüberwachung informiert hat, ist nicht glaubhaft (Verhandlungsprotokoll, Seite 20). So kann der BF sie namentlich nicht genau nennen. Dies deutet schon darauf hin, dass er kaum Kontakt zu ihr hat. Auch wird in diesem Zusammenhang auf die sehr widersprüchlichen Angaben des BF unter Punkt II.2.14 verwiesen.
Dass die Videoüberwachungsanlage nicht gekennzeichnet war, ist unstrittig, zumal dies vom BF zu keinem Zeitpunkt behauptet wurde. Vielmehr verneinte der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl Verhandlungsprotokoll Seite 21) die Frage, ob die Videoaufnahme für Dritte erkennbar gekennzeichnet gewesen sei.
Die Feststellung, wonach die Montage einer Überwachungskamera in allgemeinen Teilen des Stiegenhauses von der Hausverwaltung nicht genehmigt wurde, konnte aufgrund des vorgelegten Schreibens der Hausverwaltung vom 03.05.2023 und den damit in Einklang stehenden Angaben des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung getroffen werden (OZ 23).
II.2.10. Zu den Ausführungen des BF bei der PI XXXX am 21.09.2020
Die Feststellungen konnten auf Grundlage des Abschlussberichtes der PI XXXX vom 23.11.2020 (Seite 3 zum vorgelegten Berichtsakt zu Zahl XXXX ) getroffen werden.
II.2.11. Zu den Aufnahmen des Beschwerdeführers, welche der PI XXXX am 23.11.2020 übermittelt wurden:
Die dahingehenden Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Abschlussbericht der PI XXXX vom 12.02.2021 (Seite 5 zum vorgelegten Gerichtsakt zu Zahl XXXX
II.2.12. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Mitbeteiligten:
II.2.12.1. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.07.2020:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem beigeschafften Akt des Landesgerichtes XXXX mit dem Aktenzeichen XXXX , insbesondere aus dem einliegenden Protokollsvermerk und gekürzten Urteilsausfertigung vom 29.07.2020 sowie aus dem einliegenden Abschlussbericht der PI XXXX vom 18.06.2020.
II.2.12.2. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.01.2021:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem beigeschafften Akt des Landesgerichtes XXXX mit dem Aktenzeichen XXXX , insbesondere aus dem einliegenden Urteil vom 08.01.2021 sowie aus dem einliegenden Abschlussbericht der PI XXXX vom 23.11.2020.
II.2.12.3. Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.03.2021:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem beigeschafften Akt des Landesgerichtes XXXX mit dem Aktenzeichen XXXX , insbesondere aus dem einliegenden Protokolls-und Urteilsvermerk vom 24.03.2021 sowie aus dem einliegenden Abschlussbericht der PI XXXX vom 12.02.2021.
II.2.13. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des BF:
Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen basieren auf den Angaben des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
II.2.14. Zum Beweisantrag des BF:
In seiner Bescheidbeschwerde beantragte der BF zum Beweis der Tatsache, dass den Bewohnern XXXX und XXXX des Wohnhauses XXXX der Betrieb der Videoüberwachungsanlage des BF bekannt war bzw. ihrerseits dazu sogar eine Zustimmung zum Betrieb der Videoüberwachungsanlage erfolgte, die Befragung dieser Personen als Zeugen. Dieser Antrag wurde abgelehnt und der beantragte Beweis als wahr festgestellt (VWA ./10, Seite 4 sowie Verhandlungsprotokoll, Seite 7).
Jedoch kann den Ausführungen des Rechtsvertreters des BF nicht gefolgt werden, dass der Beweisantrag auch beweisen soll, dass alle Bewohner über den Betrieb der Kamera in Kenntnis gesetzt worden wären bzw. alle der Videoaufnahmen zugestimmt hätten. Nachvollziehbar ist, dass XXXX und XXXX als Zeugen über eigene Wahrnehmungen berichten können. Sie sind jedoch nicht in der Lage, Angaben darüber zu tätigen, ob auch andere Mitbewohner vom BF über die Videoaufnahmen in Kenntnis gesetzt wurden bzw. ob der BF auch tatsächlich von diesen eine Zustimmung dafür eingeholt worden ist. Dahingehend wurde auch kein entsprechender Beweisantrag vom BF gestellt. Auch kann aus der Zustimmung von vier Bewohnern des Hauses nicht auf die Zustimmung anderer geschlossen werden.
Entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters des BF ist auszuschließen, dass alle Bewohner eine Zustimmung zur Videoaufnahme erteilt haben. Schon liegt eine Zustimmungserklärung des MB liegt nicht vor.
Auch die Ausführungen des Rechtsvertreters, dass neben der Nennung der vier Personen die weitere Namhaftmachung nicht möglich sei, weil diese Personen mittlerweile verzogen seien und eine zustellfähige Adresse nicht bekannt sei (Verhandlungsprotokoll, Seite 7), trifft nicht zu. Diese Erklärung des BF bzw. seines Rechtsvertreters wurde durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister am 01.06.2023 verifiziert: So sind eine Bewohnerin und ein Bewohner von Top 18 durchgehend seit 26.06.2014 gemeldet, die Bewohnerin auf Top 19 ist durchgehend seit 26.06.2014 gemeldet, die Bewohnerin auf Top 20 ist durchgehend seit 26.06.2014 gemeldet, ein Bewohner auf Top 24 ist durchgehend seit 04.09.2017 und die Bewohnerin auf Top 24 ist seit 07.01.2020 durchgehend gemeldet. Die Bewohner auf Top 24 sind unmittelbare Nachbarn des BF. Insgesamt bedient sich der BF bzw. sein Rechtsvertreter evident unwahrer Tatsachen.
Ferner ergibt sich aus den Erklärungen des BF in der Beschwerdeverhandlung, dass er offenbar neben XXXX und XXXX zu den weiteren Personen im Haus kaum oder keinen Kontakt hat, obwohl er schon seit 21.07.2016 dort wohnt. Die Angaben des BF zu weiteren Bewohnern im Haus sind sehr dürftig (Verhandlungsprotokoll, Seite 15), bzw. war der BF nicht in der Lage, den Namen seiner unmittelbaren Nachbarin (Top 24) zu nennen (Verhandlungsprotokoll, Seite 13).
Vor dem Hintergrund dieser sehr widersprüchlichen Erklärungen im Verfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF neben XXXX und XXXX weiteren Bewohnern im Haus über Videoüberwachung in Kenntnis gesetzt hat bzw. von weiteren Bewohnern hierfür eine Zustimmung eingeholt hat. In diesem Zusammenhang wird auf die Beweislast des Verantwortlichen (BF) für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung hingewiesen (siehe oben, Punkt II.2).
II.2.15. Zum Vorbringen, wonach dem BF im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Möglichkeit zur Stellungnahme zukam:
Dem Vorwurf in der Bescheidbeschwerde, wonach der BF keine Möglichkeit zur Stellungnahme im verwaltungsbehördlichen Verfahren gehabt habe, ist zu entgegnen, dass dem BF die Aufforderung zur Rechtfertigung zugestellt wurde, er diese jedoch aufgrund von eigener Unachtsamkeit (vgl. dazu Verhandlungsprotokoll Seite 10) missachtetet hat und diesbezüglich auch keine weiteren Beweise erbracht hat (siehe dazu auch die Ausführungen der bB in der Stellungnahme im Zuge der Aktenvorlage vom 08.06.2022).
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zur Zuständigkeit:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der bB durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
II.3.2. Zu Spruchpunkt A) – teilweise Stattgabe:
II.3.2.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:
Art. 4 DSGVO – Begriffsbestimmungen – lautet:
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
1. „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann
2. „Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung; […]
7. „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden; […]
Art. 5 DSGVO – Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten – lautet:
1) Personenbezogene Daten müssen
a) auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“);
b) für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden; eine Weiterverarbeitung für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gilt gemäß Artikel 89 Absatz 1 nicht als unvereinbar mit den ursprünglichen Zwecken („Zweckbindung“);
Art. 6 DSGVO – Rechtmäßigkeit der Verarbeitung – lautet:
(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. […]
Art. 12 DSGVO – Transparente Information, Kommunikation und Modalitäten für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person – lautet:
(1) Der Verantwortliche trifft geeignete Maßnahmen, um der betroffenen Person alle Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 und alle Mitteilungen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34, die sich auf die Verarbeitung beziehen, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln; dies gilt insbesondere für Informationen, die sich speziell an Kinder richten. Die Übermittlung der Informationen erfolgt schriftlich oder in anderer Form, gegebenenfalls auch elektronisch. Falls von der betroffenen Person verlangt, kann die Information mündlich erteilt werden, sofern die Identität der betroffenen Person in anderer Form nachgewiesen wurde.
(2) Der Verantwortliche erleichtert der betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte gemäß den Artikeln 15 bis 22. In den in Artikel 11 Absatz 2 genannten Fällen darf sich der Verantwortliche nur dann weigern, aufgrund des Antrags der betroffenen Person auf Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß den Artikeln 15 bis 22 tätig zu werden, wenn er glaubhaft macht, dass er nicht in der Lage ist, die betroffene Person zu identifizieren.
(3) Der Verantwortliche stellt der betroffenen Person Informationen über die auf Antrag gemäß den Artikeln 15 bis 22 ergriffenen Maßnahmen unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zur Verfügung. Diese Frist kann um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Komplexität und der Anzahl von Anträgen erforderlich ist. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags über eine Fristverlängerung, zusammen mit den Gründen für die Verzögerung. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so ist sie nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts anderes angibt.
(4) Wird der Verantwortliche auf den Antrag der betroffenen Person hin nicht tätig, so unterrichtet er die betroffene Person ohne Verzögerung, spätestens aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags über die Gründe hierfür und über die Möglichkeit, bei einer Aufsichtsbehörde Beschwerde einzulegen oder einen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen.
(5) Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 sowie alle Mitteilungen und Maßnahmen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34 werden unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person kann der Verantwortliche entweder
a) ein angemessenes Entgelt verlangen, bei dem die Verwaltungskosten für die Unterrichtung oder die Mitteilung oder die Durchführung der beantragten Maßnahme berücksichtigt werden, oder
b) sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden.
Der Verantwortliche hat den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags zu erbringen.
(6) Hat der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person, die den Antrag gemäß den Artikeln 15 bis 21 stellt, so kann er unbeschadet des Artikels 11 zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich sind.
(7) Die Informationen, die den betroffenen Personen gemäß den Artikeln 13 und 14 bereitzustellen sind, können in Kombination mit standardisierten Bildsymbolen bereitgestellt werden, um in leicht wahrnehmbarer, verständlicher und klar nachvollziehbarer Form einen aussagekräftigen Überblick über die beabsichtigte Verarbeitung zu vermitteln. Werden die Bildsymbole in elektronischer Form dargestellt, müssen sie maschinenlesbar sein.
(8) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 92 delegierte Rechtsakte zur Bestimmung der Informationen, die durch Bildsymbole darzustellen sind, und der Verfahren für die Bereitstellung standardisierter Bildsymbole zu erlassen.
Art. 13 DSGVO – Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person – lautet:
(1) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit:
a) den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters;
b) gegebenenfalls die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten;
c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung;
d) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden;
e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten und
f) gegebenenfalls die Absicht des Verantwortlichen, die personenbezogenen Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation zu übermitteln, sowie das Vorhandensein oder das Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von Übermittlungen gemäß Artikel 46 oder Artikel 47 oder Artikel 49 Absatz 1 Unterabsatz 2 einen Verweis auf die geeigneten oder angemessenen Garantien und die Möglichkeit, wie eine Kopie von ihnen zu erhalten ist, oder wo sie verfügbar sind.
(2) Zusätzlich zu den Informationen gemäß Absatz 1 stellt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten folgende weitere Informationen zur Verfügung, die notwendig sind, um eine faire und transparente Verarbeitung zu gewährleisten:
a) die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
b) das Bestehen eines Rechts auf Auskunft seitens des Verantwortlichen über die betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrechts gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf Datenübertragbarkeit;
c) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a beruht, das Bestehen eines Rechts, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird;
d) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
e) ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die betroffene Person verpflichtet ist, die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche mögliche Folgen die Nichtbereitstellung hätte und
f) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
(3) Beabsichtigt der Verantwortliche, die personenbezogenen Daten für einen anderen Zweck weiterzuverarbeiten als den, für den die personenbezogenen Daten erhoben wurden, so stellt er der betroffenen Person vor dieser Weiterverarbeitung Informationen über diesen anderen Zweck und alle anderen maßgeblichen Informationen gemäß Absatz 2 zur Verfügung.
(4) Die Absätze 1, 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn und soweit die betroffene Person bereits über die Informationen verfügt.
Art. 83 DSGVO – Allgemeine Bedingungen für die Verhängung von Geldbußen – lautet:
(5) Bei Verstößen gegen die folgenden Bestimmungen werden im Einklang mit Absatz 2 Geldbußen von bis zu 20 000 000 EUR oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängt, je nachdem, welcher der Beträge höher ist:
a) die Grundsätze für die Verarbeitung, einschließlich der Bedingungen für die Einwilligung, gemäß den Artikeln 5, 6, 7 und 9,
b) die Rechte der betroffenen Person gemäß den Artikeln 12 bis 22; […]
§ 5 VStG – Schuld – lautet:
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
§ 10 VStG – Strafen – lautet:
(1) Strafart und Strafsatz richten sich nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
(2) Soweit für Verwaltungsübertretungen, insbesondere auch für die Übertretung ortspolizeilicher Vorschriften, keine besondere Strafe festgesetzt ist, werden sie mit Geldstrafe bis zu 218 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen bestraft.
§ 16 VStG – Ersatzfreiheitsstrafe – lautet:
(1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.
(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
§ 19 VStG – Strafbemessung – lautet:
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
II.3.2.2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:
II.3.2.2.1. Erfüllung des objektiven Tatbestandes
Die belangte Behörde kam zu dem Ergebnis, dass der BF den Grundsatz der Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf rechtmäßige Weise nach Treu und Glauben in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise sowie den Grundsatz der dem Zweck angemessenen und erheblichen sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkte Verarbeitung von personenbezogenen Daten verletzt und darüber hinaus gegen die Informationspflicht verstoßen hat.
II.3.2.2.1.1. Tatbestand (Betrieb der Kamera):
Die belangte Behörde ging im Rahmen des von ihr festgestellten Sachverhalts davon aus, dass die vom BF ausgehende Videoüberwachung eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Z 1 und 2 DSGVO darstellen würde und der BF als Verantwortlicher dieser Datenverarbeitung im Sinne des Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren sei.
Nach den getroffenen Feststellungen hatte der BF im Inneren seiner Wohnung eine Videokamera montiert und nahm durch die Oberlichte über der Wohnungseingangstüre den vor der Wohnungstüre befindlichen Bereich auf, wobei vom Aufnahmebereich auch Teile des Stiegenaufganges zum 2. Stock ( „Stiegenaufgang“) und des Laubengangs umfasst waren.
Dass eine Bildaufnahme, wie die gegenständliche, eine Verarbeitung im Sinne von Art. 4 Z 2 DSGVO personenbezogener Daten im Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 1 DSGVO darstellt, wurde nicht bestritten und steht auch für den erkennenden Senat nicht in Frage, ebensowenig der Umstand, dass der BF in rechtlicher Hinsicht als Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren ist.
Art. 5 DSGVO sieht als Grundsatz für eine allfällige Verarbeitung personenbezogener Daten vor, dass diese nur rechtmäßig, nach Treu und Glauben und für die betroffene Person nachvollziehbar verarbeitet werden (vgl. lit. a), diese nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden (vgl. lit. b), dass die konkrete Datenverarbeitung dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke notwendige Maß beschränkt ist (vgl. lit. c). Dafür trägt der Verantwortliche (BF) die Beweislast (EuGH 04.07.2023, C-252/21 (Meta Platforms Inc.), Rn 95).
Die Anforderungen für eine rechtmäßige Datenverarbeitung sind in Art. 6 DSGVO konkretisiert. Danach erfordert die Rechtmäßigkeit jeder Verarbeitung, dass die Verarbeitung – kumulativ zu den anderen in Art. 5 Abs. 1 geregelten Grundsätzen – mindestens einem der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO abschließend festgelegten Rechtsgründe genügen muss.
Im vorliegenden Fall kommt der Rechtfertigungstatbestand nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO in Frage.
Zur Rechtmäßigkeit von Verarbeitungsvorgängen im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO führt Erwägungsgrund 47 der DSGVO unter anderem erläuternd aus, dass diese durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen begründet sein kann, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Art 6 Abs. 1 lit. f der DSGVO gestattet die Verarbeitung demnach unter drei kumulativen Voraussetzungen: a) Wahrnehmung eines berechtigten Interesses; b) Erforderlichkeit der Verarbeitung und c) kein Überwiegen der Rechte und Freiheiten anderer (vgl. Urteil des EuGH vom 11.12.2019, Rs C-708/18, Rz 36 mwN).
Im vorliegenden Fall hat der BF im Verfahren durchgehend vorgebracht, die Videokamera zu dem Zweck installiert zu haben, strafrechtlich relevantes Verhalten des MB aufzuzeichnen. Insbesondere auch unter Einbeziehung des Umstandes, dass der MB wiederholt aufgrund von gefährlichen Drohungen gegenüber dem BF verurteilt wurde, kann aus Sicht des BF sein Interesse an der Durchführung der Videoüberwachung zum festgestellten Zweck durchaus nachvollzogen werden.
Dennoch ist der bB Recht zu geben, wenn diese aufgrund des Umstandes, dass die Videoüberwachungsanlage Bereiche des allgemein zugänglichen Stiegenhauses (Stiegenaufgang und Laubengang) erfasste, davon ausging, dass die gegenständliche Datenverarbeitung in diesem Ausmaß nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen des BF erforderlich war.
Die konkrete Datenverarbeitung mittels der Bildverarbeitungsanlage war aufgrund des eingestellten Aufnahmebereichs nicht dem Zweck angemessen und nicht auf das notwendige Maß beschränkt, sodass von einem berechtigten Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht ausgegangen werden konnte.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der BF, wie festgestellt, mit der installierten Kamera über mehrere Monate hindurch über einen Tagesablauf von 24 Stunden allgemeine Bereiche des Stiegenaufgangs und Laubengangs aufgenommen hat und somit über Aufzeichnungen, wer innerhalb dieser 24 Stunden vom zweiten beziehungsweise dritten Stock aus das Haus betreten beziehungsweise verlassen hat, welche Personen die Parteien im zweiten oder dritten Stock besucht haben oder beispielsweise von Dienstleistungspersonen, die zB Pakete geliefert haben, verfügte. Die genannten Bereiche wurden durchgehend überwacht, ohne, dass der BF in irgendeiner Form zwischen Anlassfällen und persönlichen Angelegenheiten differenziert hätte (vgl hierzu insbesondere das Verhandlungsprotokoll Seite 17).
Wie bereits die bB im Straferkenntnis zutreffend argumentiert hat, stellte die gegenständliche Datenverarbeitung nicht das gelindeste Mittel dar, um die Interessen des BF zu wahren. So hätte er, wie bereits beweiswürdigend festgehalten, die Kamera mittiger positionieren können, um zu erreichen, dass nur der unmittelbar vor seiner Wohnungstüre gelegene Bereich aufgezeichnet wird und nicht auch Teile des allgemein zugänglichen Stiegenhauses (Stiegenaufgang und Laubengang). Die Position der Kamera beziehungsweise deren Aufnahmebereich war in diesem Ausmaß nicht erforderlich, um Beweismittel von vermeintlichen Rechtsverstößen zu dokumentieren. Die Ausrichtung der Kamera hin zum Stiegenaufgang und Laubengang war dazu weder nötig noch zulässig. Insbesondere ist zu beachten, dass der umfassende Aufnahmebereich (dh die unmittelbaren Aufnahmen vor der Wohnungstür des BF sowie darüber hinaus Aufnahmen vom Stiegenhaus und Laubengang) zu einer massiven Beeinträchtigung der Grundrechte Dritter führt. Damit diente die Videoüberwachung nicht mehr dem ausschließlichen Schutz des Eigentums, der körperlichen Unversehrtheit des Beschuldigten bzw. zur Aufzeichnung von Straftaten des MB, sondern konnte auch zum Zwecke der dauerhaften Überwachung des Zugangs zu den anderen Wohneinheiten genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass mit verfahrensgegenständlicher Videoüberwachung nicht nur durchgehende Bildaufnahme erfolgte, sondern insbesondere vor dem Eingangsbereich des BF und seiner Nachbarin (Top 24) eine durchgehende akustische Aufnahme möglich war. Da aufgrund der räumlichen Nähe zur Nachbarin Top 24 durchgehend bildliche und akustische Aufnahmen erfolgten, erfolgte ein massiver Eingriff in die Rechte dieser Nachbarin und ihrer Besucher. Dahingehend ist zu beachten, dass der BF nicht darlegen konnte, dass er von dieser Nachbarin eine Zustimmung zur Aufnahme hatte. Auch erfolgte die Aufnahme in keiner Weise im Interesse der Nachbarin (Top 24), zumal der BF auch angab, dass diese Nachbarin keine Probleme mit dem MB hatte (Verhandlungsprotokoll, Seite 18 f).
Auch kann die Aufnahme von nicht erforderlichen allgemeinen Bereichen (Stiegenaufgang und Laubengang) nicht mit technischen Einschränkungen der verwendeten Kamera und/oder mit einer mangelhaften Handhabung begründet werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass je größer der Aufnahmebereich gewählt wird, desto mehr werden Verhaltensweisen von Dritten aufgezeichnet, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem BF stehen.
Soweit der BF ausführte, dass er im Juni 2020 vom MB im Stiegenhaus körperlich attackiert worden wäre, so gab er selbst an, dass er diesen Vorfall nicht beweisen konnte (VWA ./10, Seite 3). Wenn der BF vor diesem Hintergrund bestrebt war, allgemeine Bereiche – Stiegenaufgang und Laubengang – gerade deshalb aufzuzeichnen, um auch dort allfällige Straftaten des MB aufzuzeichnen, so übersieht er, dass dadurch eine großräumige Aufnahme erfolgte und Aktivitäten von Dritten (weitere Mitbewohner die der Aufnahme nicht zugestimmt haben, sowie Besucher und sonstige Dienstleister die den Stiegenaufgang und Laubengang benutzt haben) aufgenommen worden sind, die in keinem Bezug zum Zweck – Aufnahme von Straftaten des MB gegen den BF – stehen. Durch diese großräumige Aufnahme kommt es zu einem eindeutigen Überwiegen der Interessenslagen Dritter.
Es ist insofern den Ausführungen des Vertreters der bB in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl insbesondere Verhandlungsprotokoll Seiten 22 f) beizupflichten, wonach der BF nicht dafür gesorgt hat, dass die gegenständliche Verarbeitung und der Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung auf das Notwendigste beschränkt werden.
Es muss gegenständlich insgesamt davon ausgegangen werden, dass die Datenverarbeitung nicht das gelindeste Mittel zur Zweckerreichung dargestellt hat und die Interessen der betroffenen Personen, also jener Personen, die das Stiegenhaus und Laubengang betreten haben, daran, dass ihre personenbezogenen Daten nicht in Form einer Videoüberwachung verarbeitet werden, überwogen haben.
Ein darüberhinausgehender Tatbestand für die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachungsanlage (vgl Art. 6 Abs. 1 lit. a bis e DSGVO) ergab sich im Verfahren nicht.
Wenn auch der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, dass einzelne Bewohner des gegenständlichen Wohnhauses vom BF über die Installation der Videokamera und deren Zweck informiert wurden, lag jedoch eine Einwilligung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO von allen von der Videoüberwachung betroffenen Personen nicht vor. Wie beweiswürdigend festgehalten, waren insbesondere die Ausführungen des BF dahingehend, dass der MB über die Installation der Videokamera Bescheid wusste, nicht glaubwürdig. Zu den Ausführungen des BF in der Beschwerde vom 30.05.2022, wonach dem MB dieser Umstand schon deshalb habe bekannt sein müssen, da ab September 2020 angefertigte Lichtbilder beziehungsweise Videosequenzen in polizeilichen Ermittlungsverfahren beziehungsweise gerichtlichen Strafverhandlungen als Beweis vorgelegt worden seien, ist festzuhalten, dass dies nicht als Zustimmung gewertet werden kann (vgl zu den Kriterien der Einwilligung in eine Datenverarbeitung Art. 7 DSGVO sowie ErwGr 32 DSGVO). Wie die bB in ihrer Stellungnahme im Zuge der Aktenvorlage vom 08.06.2022 zutreffend ausgeführt hat, ist außerdem Art. 13 Abs. 1 DSGVO zu beachten, demzufolge die Informationen zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten mitgeteilt werden müssen und auch nicht davon auszugehen sei, dass es sich bei der Einwilligung der Bewohner der Wohnhausanlage um zulässige Einwilligungen im Sinne des Art. 4 Z 11 iVm Art. 7 DSGVO gehandelt hat. Der BF sprach in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, dazu befragt, welche Informationen er den Mitbewohnern hat zukommen lassen, davon, dass diese zugestimmt hätten, dass eine Kamera zum Zwecke der Dokumentation von Straftaten aufgehängt werde und diese Daten nur kurzfristig gespeichert würden. Der BF hat, wie von der bB in der Stellungnahme bereits festgehalten, also die betroffenen Hausbewohner seinen eigenen Angaben zu folge, weder über die Kategorien der verarbeiteten Daten, noch über das Recht, die Einwilligung jederzeit widerrufen zu können, vorab informiert. Hinzu kommt, dass vom BF nur einzelne Bewohner des Wohnhauses, jedoch keineswegs alle Personen, die über den Zeitraum von mehreren Monaten, in dem die Kamera angebracht war, den Laubengang / den Stiegenaufgang betreten haben, informiert wurden. Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass auch eine Zustimmung der Hausverwaltung zum Betrieb der gegenständlichen Kamera nicht vorlag (vgl dazu auch das vorgelegte E-Mail OZ 23).
Insgesamt hat der BF im gegenständlichen Fall daher als Verantwortlicher gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung des Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO zu verantworten, da die verfahrensgegenständliche Datenverarbeitung auf die oben dargestellte Weise den von Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO normierten Verarbeitungsgrundsatz verletzt hat und in keinem der von Art. 6 Abs. 1 DSGVO abschließend normierten Rechtmäßigkeitstatbestände Deckung findet.
Damit ist der objektive Tatbestand einer Verletzung des Art. 5 Abs. 1 lit. a und c sowie des Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfüllt, da weder dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung gefolgt wurde noch ein ausreichend berechtigtes Interesse des BF gegeben war. Die Strafbarkeit dieses Verstoßes gründet sich auf § 83 Abs. 1 und 5 lit. a DSGVO.
Was die vom Vertreter der bB in der mündlichen Beschwerdeverhandlung angesprochene hg Entscheidung vom 13.12.2022, W252 2247268-1, betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass, wie vom Behördenvertreter vorgetragen, auch in dieser Entscheidung unter Verweis auf die EDSA Leitlinien festgehalten wurde, dass, selbst wenn eine Videoüberwachung unbedingt erforderlich erscheint, Maßnahmen zur Einschränkung des Erfassungsbereichs, wie das Anbringen einer physischen Blende oder das Verpixeln von nicht relevanten Bereichen, getroffen werden müssen.
Selbiges gilt für die in der Stellungnahme der bB vom 08.06.2022 erwähnten Entscheidung des BVwG vom 12.10.2021, W176 2239662-1. Auch in dieser Entscheidung kam der erkennende Senat zum Ergebnis, dass ein rechtfertigendes Interesse der BF im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO am Betrieb der Videoüberwachungsanlage unter Abwägung der betroffenen Interessen letztlich nicht angenommen werden könne, insbesondere, weil auch Personen, die das Haus betraten, ebenfalls Betroffene der Videoüberwachung waren und mangels Kennzeichnung nicht damit rechnen mussten, aufgenommen zu werden. Auch hier ging das Gericht davon aus, dass der Grundsatz der Datenminimierung verletzt wurde und die Speicherdauer (im konkreten Fall von sieben Tagen) zur Wahrung der berechtigten Interessen der BF nicht erforderlich war.
II.3.2.2.1.2. Tatbestand (Fehlende Kennzeichnung):
Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO sieht vor, dass personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden müssen: „Der Grundsatz der Transparenz war in der DS-RL und im DSG 2000 nicht ausdrücklich erwähnt, aber implizit in Form der Bestimmungen zur Informationspflicht enthalten. In der DSGVO wird der Grundsatz der Transparenz durch Art 13 und 14 zur Informationspflicht sowie Art 12 zu den diesbezüglichen Modalitäten konkretisiert. Diesen Bestimmungen sowie den ErwGr 39 und 58 kann somit auch der Gehalt des Grundsatzes der Transparenz entnommen werden: Für die Betroffenen muss erkennbar sein, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden, welche Daten verarbeitet werden, für welche Zwecke sie verarbeitet werden und durch wen sie verarbeitet werden (Identität des Verantwortlichen) und an wen sie ggf. übermittelt werden. Darüber hinaus sollten die Betroffenen über Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung informiert werden sowie über die Geltendmachung dieser Rechte. Diese Informationen müssen präzise, leicht zugänglich und verständlich sowie in klarer und einfacher Sprache abgefasst sein. Die Bedeutung der Transparenz der Verarbeitung und somit der Informationspflicht liegt insbesondere in ihrer Funktion als notwendige Voraussetzung für die Ausübung der Betroffenenrechte: Ist dem Betroffenen nicht bewusst, dass eine Verarbeitung seiner Daten erfolgt, und/oder nicht bekannt, wer diese durchführt, kann er seine diesbezüglichen Rechte nach Art 15–21 nicht geltend machen.“ Hötzendorfer/Tschohl/Kastelitz in Knyrim, DatKomm Art 5 DSGVO, RZ 18f (Stand 1.10.2018, rdb.at)).
Während gegenständlich anerkannt wird, dass die genannte Bestimmung der DSGVO Grundsätze der Datenverwendung aufstellt und konkret zu einer Kennzeichnung der Videoanlage keine genaueren Aussagen macht, muss dennoch ganzheitlich gesehen werden, dass es dem europäischen Datenschutzrecht bereits lange innewohnt, dass Betroffene über eine Bildaufnahme informiert sein müssen. Sie sollten detailliert über die Orte Kenntnis haben, die überwacht werden. Im Rahmen der DSGVO sind die Anforderungen an die Transparenz und Informationsverpflichtung in den Art. 12 ff angeführt. Insbesondere Art. 13 DSGVO ist anzuwenden, wenn personenbezogene Daten ua durch Bildaufnahmen verarbeitet werden. Aufgrund der Informationsmenge, die einem/einer Betroffenen zukommen soll, kann von einem/einer Verantwortlichen ein „geschichteter Zugang“ und eine Kombination aus Mitteln gewählt werden, um dem Transparenzgebot zu entsprechen. Im Rahmen einer Videoüberwachung sollte die wichtigste Information in einem Warnhinweis dargestellt werden, während die notwendigen weiteren Informationen mit anderen Mitteln zur Verfügung gestellt werden können (als zweite Schicht) (vgl. European Data Protection Board, Leitlinien, Guidelines 3/2019 on processing of personal data through video devices, 10.07.2019, S. 21ff, online abrufbar unter https://edpb.europa.eu/our-work-tools/general-guidance/gdpr-guidelines-recommendations-best-practices_de).
Aus den Ermittlungsergebnissen auch des Beschwerdeverfahrens geht hervor, dass eine geeignete Kennzeichnung zum festgestellten Betriebszeitraum der Videoüberwachungsanlage nicht angebracht war und der BF damit gegen das Transparenzverbot des Art. 5 Abs. 1 lit. a iVm Art. 12 und Art. 13 DSGVO verstoßen hat.
Der BF hat keine Hinweisschilder oder sonstige Kennzeichnung in Bezug auf die Videoüberwachungsanlage im überwachten Bereich oder in der Nähe angebracht, sodass die betroffenen Personen, abgesehen von jenen Nachbarn, die über die Installation der Videokamera informiert waren, daher nicht wussten, dass sie sich in den Aufnahmebereich der gegenständlichen Videoüberwachung begeben.
II.3.2.2.2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit und Verschulden des BF:
Nach Art. 4 Z 7 DSGVO ist „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
Daran, dass der BF „Verantwortlicher“ im datenschutzrechtlichen Sinne betreffend die in Frage stehende Videoüberwachungsanlage ist, besteht, wie bereits weiter oben festgehalten, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens kein Zweifel.
Ist nichts Abweichendes normiert, genügt zur Strafbarkeit gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG fahrlässiges Verhalten. Die anzuwendenden Bestimmungen des DSG oder der DSGVO normieren nichts Abweichendes. Für Ungehorsamsdelikte sieht § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die – widerlegliche – Vermutung der fahrlässigen Tatbegehung vor. Da bei Ungehorsamsdelikten das Vorliegen von Fahrlässigkeit gesetzlich vermutet wird, muss der/die Beschuldigte glaubhaft machen, dass ihn/sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (VwGH 30.10.1991, 91/09/0132). Diese Bestimmung ist jedoch nicht anzuwenden, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50.000 € bedroht ist (§ 5 Abs. 1a VStG).
Es ergaben sich im Laufe des Verfahrens keine Hinweise darauf, dass den BF an der Verletzung der gegenständlich anzuwendenden Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Insbesondere aus dem Zweck der Videoüberwachung, der Beweissicherung von Straftaten seines Nachbarn, ergibt sich, dass der BF die Videoüberwachung bewusst nutzte, um außerhalb seines reinen Verfügungsbereichs personenbezogene Daten von Betroffenen zu nutzen. Wie bereits weiter oben festgehalten, hat der BF bewusst auch Teile des Laubengangs beziehungsweise Stiegenaufgangs aufgenommen (vgl. insbesondere die Ausführungen unter II.2.2.). Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie gegenständlich von Vorsatz des BF ausgegangen ist. Auch in Bezug auf die fehlende Kennzeichnung handelte der BF objektiv sorgfaltswidrig, sodass auch diesbezüglich eine subjektive Vorwerfbarkeit gegeben ist. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist keinesfalls ersichtlich, dass der BF lediglich aus Unbesonnenheit beziehungsweise Fahrlässigkeit eine Videoanlage betrieben hat (so wie auf Seite 7 der Beschwerde behauptet).
II.3.2.2.3. Strafbemessung
Der BF machte in der Beschwerdeverhandlung aktuelle Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen, womit diese den Überlegungen zur Strafbemessung zugrunde gelegt werden können.
Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0106).
Der Strafrahmen reicht gemäß Art. 83 Abs. 5 DSGVO bis zu einem Betrag von 20.000.000 €.
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs. 1 VStG). Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögens-verhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 VStG).
Art. 83 Abs. 2 DSGVO sieht im Rahmen der Strafbemessung die folgenden Kriterien vor:
Geldbußen werden je nach den Umständen des Einzelfalls zusätzlich zu oder anstelle von Maßnahmen nach Artikel 58 Absatz 2 Buchstaben a bis h und i verhängt. Bei der Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße und über deren Betrag wird in jedem Einzelfall Folgendes gebührend berücksichtigt:
a) Art, Schwere und Dauer des Verstoßes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betreffenden Verarbeitung sowie der Zahl der von der Verarbeitung betroffenen Personen und des Ausmaßes des von ihnen erlittenen Schadens;
b) Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit des Verstoßes
c) jegliche von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter getroffenen Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens;
d) Grad der Verantwortung des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters unter Berücksichtigung der von ihnen gemäß den Artikeln 25 und 32 getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen;
e) etwaige einschlägige frühere Verstöße des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters;
f) Umfang der Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde, um dem Verstoß abzuhelfen und seine möglichen nachteiligen Auswirkungen zu mindern;
g) Kategorien personenbezogener Daten, die von dem Verstoß betroffen sind;
h) Art und Weise, wie der Verstoß der Aufsichtsbehörde bekannt wurde, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter den Verstoß mitgeteilt hat;
i) Einhaltung der nach Artikel 58 Absatz 2 früher gegen den für den betreffenden Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter in Bezug auf denselben Gegenstand angeordneten Maßnahmen, wenn solche Maßnahmen angeordnet wurden;
j) Einhaltung von genehmigten Verhaltensregeln nach Artikel 40 oder genehmigten Zertifizierungsverfahren nach Artikel 42 und
k) jegliche anderen erschwerenden oder mildernden Umstände im jeweiligen Fall, wie unmittelbar oder mittelbar durch den Verstoß erlangte finanzielle Vorteile oder vermiedene Verluste.
Art. 83 Abs. 1 DSGVO sieht vor, dass Geldstrafen nach dieser Bestimmung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen.
Die bB wertete fallgegenständlich die Art, Dauer und Schwere des Verstoßes als erschwerend, da der festgestellte unzulässige Betrieb der Videoüberwachungsanlage über mehrere Monate und rund um die Uhr potentiell dazu geeignet war, eine große Zahl an Betroffenen in deren grundrechtlich geschützten Rechten, insbesondere in deren Recht auf Geheimhaltung im Sinne von § 1 DSG sowie die Achtung des Privat- und Familienlebens und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten, zu verletzen.
Als mildernd wurde der Umstand angesehen, dass gegen den BF bis dato keine einschlägigen Vorstrafen vorlagen und außerdem die COVID 19 Pandemie. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die bB in ihrer Entscheidung mangels Erklärung des BF im verwaltungsbehördlichen Verfahrens ein monatliches Nettoeinkommen von € 2.059,- zugrunde legte (VWA ./9, Seite 10). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das monatliche Einkommen des BF zumindest € 2.300,- beträgt (Verhandlungsprotokoll, Seite 5).
Als weiteren Milderungsrund zieht der erkennende Senat nun die Tatsachen heran, dass im Verfahren hervorgekommen ist, dass sich der BF darum bemüht hat, eine Zustimmung der anderen Hausbewohner zum Betrieb der Videoüberwachungsanlage einzuholen. So hat der BF einzelne Bewohner des Hauses davon in Kenntnis gesetzt, dass er eine Videoüberwachungsanlage zum Zweck der Dokumentation von strafbaren Handlungen des MB gegenüber dem BF sowie den übrigen Bewohnern des Wohnhauses betreiben wolle und haben diese in der Folge auch zugestimmt. Dass der BF den MB selbst auch über die Installation der Videokamera informiert haben soll, war hingegen nicht glaubwürdig (vgl dazu die beweiswürdigenden Erwägungen unter II.2.4.).
Mildernd war auch der Umstand zu werten, dass das Verhältnis des BF zum MB bereits sehr angegriffen war, es zu Provokationen seitens des MB kam und dieser diesbezüglich auch strafgerichtlich verurteilt wurde. Keine maßgebliche Bedeutung kommt dem Umstand zu, als der MB aus dem Wohnhaus auszog, der BF selbstständig die Videoanlage wieder abmontierte (vgl dazu auch OZ 7 und OZ 8). Der Abbau der Videoanlage erfolgte nach dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum.
Festzuhalten ist in dem Zusammenhang außerdem, dass der Personenkreis, der von den Aufnahmen betroffen war, ein eingeschränkter war, da nur Personen von der Videokamera erfasst wurden, die sich im Laubengang des zweiten Stocks aufhielten beziehungsweise den Stiegenaufgang Stock benutzten. Wie sich in der Verhandlung ergeben hat, wird das gegenständliche dreistöckige Wohnhaus von insgesamt elf Parteien bewohnt. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde seitens des Rechtsvertreters des BF vorgebracht, dass sich die Briefkästen im Eingangsbereich des Wohnhauses befänden. Auch wenn Paketzulieferer immer wieder Pakte auch direkt zu den Wohnungstüren gebracht haben werden (insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Aufnahmen im Zeitraum der Corona-Pandemie und der damaligen Ausgangssperren angefertigt wurden), ist die Zahl der Personen, die von der Videokamera erfasst wurden, insgesamt trotzdem überschaubar geblieben und war auch dieser Umstand als Milderungsgrund heranzuziehen.
Dennoch bleibt, dass die weiteren Hausbewohner beziehungsweise auch Dritte über den Betrieb der Videoüberwachungsanlage nicht informiert wurden und die Videokamera über einen längeren Zeitraum durchgehend 24 Stunden in Betrieb und nicht gekennzeichnet war, sodass ein weiteres bzw. gänzliches Absehen von einer Bestrafung nicht in Betracht kam. Insbesondere ist zu beachten, dass sich der Aufnahmebereich des vor der Wohnung des BF (Top 25) mit der unmittelbaren Nachbarwohnung (Top 24) deckte. Mit der verfahrensgegenständlichen Videoanlage wurden daher sämtliche Personen aufgenommen, welche das Top 24 betraten. Ebenso wurden Gespräche aufgenommen, welche im Eingangsbereich zur Wohnung Top 24 stattfanden.
Insgesamt führen diese Erwägungen, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Vertreters der bB in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wonach die bB von einem (geschätzten) geringeren Einkommen des BF ausgegangen sei, zum Ergebnis, dass aufgrund der Berücksichtigung von weiteren Milderungsgründen die von der bB vorgesehene Strafe anzupassen und daher auf 300,- Euro herabzusetzen war.
Nur der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass dem Beschwerdevorbringen, wonach auch die überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer von 17 Monaten bei der Strafzumessung berücksichtigt hätte werden müssen, kein Begründungswert zukommt und ist insofern den diesbezüglichen Ausführungen der bB in der Stellungnahme im Zuge der Aktenvorlage vom 08.06.2022 beizupflichten.
Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist gemäß § 16 Abs. 1 VStG zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafen und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nichts anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
Zur Bemessung von Ersatzfreiheitsstrafen sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend der Schuld des Täters unter Berücksichtigung der Erschwerungsgründe und Milderungsgründe zu bemessen ist; hingegen sind – so wie hier – die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend (VwGH 28.05.2013, 2012/17/0567).
Die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe ist nun ebenfalls anzupassen, da die Geldstrafe herabgesetzt wurde; sie wird nunmehr mit 18 Stunden festgesetzt.
II.3.2.3. Ergebnis
Aus den vorgenannten Gründen war der Beschwerde hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe teilweise Folge zu geben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht waren dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 VStG nicht aufzuerlegen, weil seiner Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde.
II.3.2.4. Zahlungsinformation
Sie haben den Gesamtbetrag von 330 € (Strafe, Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens) binnen zwei Wochen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger einzuzahlen oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden wird.
II.3.3. Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.