Spruch
W226 1304618-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Paya Paya Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2022, Zl. 751786010/221595301, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.,
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), brachte am 17.05.2022 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 2 FPG ein. In einer im Zuge der Antragstellung eingebrachten Stellungnahme wurde darauf verwiesen, dass der BF die Russische Föderation bereits im Alter von sieben Jahren verlassen habe und nie einen russischen Reisepass besessen habe.
Vor der gegenständlichen Antragsstellung wurde dem BF bereits im Jahr 2015 ein Fremdenpass mit einer Geltungsdauer von zwei Jahren sowie im Jahr 2017 ein Fremdenpass mit einer Geltungsdauer von fünf Jahren ausgestellt. Dem war vorausgegangen, dass dem BF, der mittlerweile über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ verfügt, vom Generalkonsulat der Russischen Föderation in XXXX im Jahr 2014 kein Reisepass ausgestellt worden war, dies mit der Begründung, dass die Rechtsgrundlagen für die Ausstellung eines Reisepasses für den BF, dessen Identität nicht überprüft habe werden können, nicht bestehen würden.
2. Mit Schreiben vom 02.06.2022 wurde dem BF vom BFA Parteiengehör eingeräumt und wurde er aufgefordert unter anderem zur Frage, womit er das öffentliche Interesse der Republik Österreich begründe, Stellung zu nehmen.
3. Am 27.06.2022 langte beim BFA eine Stellungnahme ein. In dieser wurde ausgeführte, dass der BF im Gegensatz zu seinen Eltern und seinem Bruder nie im Besitz eines russischen Reisepasses gewesen sei. Auch wurde erneut ausgeführt, dass die Mutter des BF bereits im Jahr 2014 das russische Generalkonsulat um die Ausstellung eines Reisepasses für den damals minderjährigen BF ersucht habe. Von diesem sei ihr mitgeteilt worden, dass mangels Vorlage von Dokumenten zum Nachweis der Identität des BF weder ein Reisepass noch ein Rückkehrzertifikat ausgestellt werden könne. Somit sei es dem BF gar nicht möglich in die Russische Föderation zu reisen, um seine Identität von den dortigen Behörden bestätigen zu lassen. Anschließend wurde darauf hingewiesen, dass dem BF bereits zweimal ein Fremdenpass ausgestellt worden sei. Alleine aus diesem Umstand sei sein „öffentliches Interesse“ iSd § 88 Abs. 1 FPG abzuleiten, zumal seither keine gravierenden Änderungen hinsichtlich der Person des BF eingetreten seien. Weiters sei der BF Verkaufsleiter in einem Autohaus und erfordere diese Tätigkeit monatlich ein bis zwei Geschäftsreisen in andere Mitgliedsstaaten der EU, wofür er ein gültiges Reisedokument benötige. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der BF seinen Antrag auf § 88 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 stütze und nicht wie irrtümlich angeführt auf Z 3.
4. Mit Bescheid des BFA vom 29.07.2022 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG abgewiesen
Begründend wurde ausgeführt, die Ausstellung eines Fremdenpasses liege nicht im Interesse der Republik Österreich. Allein die Begründung, ein gültiges Reisedokument besitzen zu wollen, reiche nicht aus. Folglich erfülle der BF die formellen Voraussetzungen gemäß § 88 Abs. 1 FPG nicht. Zudem sei es unstrittig, dass der BF Staatsangehöriger der Russischen Föderation und somit nicht staatenlos sei und nicht über eine ungeklärte Staatsangehörigkeit verfüge, weswegen die Voraussetzungen für einen Antrag gemäß § 88 Abs. 2 FPG nicht vorliegen würden.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. In dieser wurde neben den bereits im Antrag und in der Stellungnahme gemachten Ausführungen angegeben, der BF habe sich im März 2022 zum russischen Generalkonsulat begeben. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass er auf konsularischem Weg keinen Reisepass erhalten werde. Eine schriftliche Bestätigung sei ihm verweigert worden. Eine Einreise in die Russische Föderation, um sich bei der zuständigen Behörde die Identität bestätigen zu lassen und anschließend einen Reisepass zu beantragen, sei ihm somit nicht möglich. Zudem sei ihm eine Einreise in die Russische Föderation nicht zumutbar, da er Repressionen sowie eine Einziehung in den Wehrdienst befürchte. Der Tatbestand des § 88 Abs. 2 FPG sei deswegen erfüllt, da auch laut der Homepage der Botschaft der Russischen Föderation in Wien für die Ausstellung eines Reisepasses über deren Konsularabteilung die Vorlage des Originals des alten Reisepasses bzw. des Originals des Inlandspasses notwendig sei. Dem BF komme weiters aufgrund seines Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ gemäß § 14 Abs. 1 bzw. 2 der Richtlinie „Drittstaatsangehörige“ das Recht der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu. Um dieses auszuüben, benötige er ein gültiges Reisedokument.
6. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 02.09.2022 zur Entscheidung vorgelegt.
7. Am 15.09.2022 reichte das BFA das erwähnte Schreiben des Russischen Generalkonsulats nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF trägt den Namen XXXX und wurde am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation.
Der am 24.10.2005 für den BF gestellte Asylantrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 03.08.2011 insoweit stattgegeben, als festgestellt wurde, dass die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation auf Dauer unzulässig ist.
Daraufhin wurde dem BF der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ für ein Jahr erteilt und in der Folge wiederholt verlängert, bis ihm schließlich im Jahr 2014 der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ erteilt wurde.
Aufgrund dieses Status, entsprechender Anträge sowie dem Umstand, dass dem BF im Jahr 2014 vom Generalkonsulat der Russischen Föderation in XXXX kein Reisepass ausgestellt wurde, da er nicht über die dafür notwendigen Dokumente zur Identifikation verfügte, wurde dem BF zweimal ein Fremdenpass, zuletzt am 08.03.2017, gemäß § 88 Abs. 2a FPG ausgestellt.
Mit am 17.05.2022 beim BFA eingelangten Schreiben beantragte der BF erneut die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 FPG.
Der BF ist seit Juni 2021 bei einem Autohaus beschäftigt, wobei seine Tätigkeit monatlich ein bis zwei Geschäftsreisen in andere Mitgliedsstaaten der EU umfasst.
Die Eltern und der Bruder des BF verfügen ebenfalls jeweils über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ und sind zudem seit langer Zeit im Besitz russischer Reisepässe.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) des BF ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere aus der sich im Verwaltungsakt des BF befindlichen beglaubigten Übersetzung seiner Geburtsurkunde. Die Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich zudem daraus, dass seine Eltern unzweifelhaft Staatsangehörige der Russischen Föderation sind, zumal sie über russische Reisepässe verfügen, und wurde im gegenständlichen und in allen weiteren Verfahren des BF vor den österreichischen Behörden angegeben, dass er Staatsangehöriger der Russischen Föderation ist. Gegenteiliges kam zu keinem Zeitpunkt hervor und bestehen somit keine Zweifel an seiner Staatsangehörigkeit.
Die Feststellungen zum Asylantrag, zu den Aufenthaltstiteln sowie den Ausstellungen der Fremdenpässe beruhen auf dem Akteninhalt, insbesondere auf einem aktuellen IZR-Auszug sowie der vom BFA auf Ersuchen des BVwG übermittelten beglaubigten Übersetzung des Schreibens des Generalkonsulats der Russischen Föderation in XXXX vom März 2014.
Dass der BF seit Juni 2021 bei einem Autohaus beschäftigt ist, ergibt sich aus dem aktuellen Auszug des Dachverbandes der Versicherungsträger sowie den damit im Einklang stehenden Ausführungen in der Stellungnahme sowie der Beschwerde. Dass er dafür ein bis zwei Mal pro Monat in andere EU-Mitgliedstaaten reisen muss, ergibt sich aus den diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme und der Beschwerde.
Die Feststellungen zu Eltern und Bruder des BF ergeben sich aus den sich im Akt befindlichen Kopien ihrer Aufenthaltstitel und russischen Reisepässen sowie den damit übereinstimmenden Ausführungen im Antrag, der Stellungnahme und Beschwerde des BF.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (im Folgenden: BFA-VG), entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden: VwGVG), geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG 2005 (im Folgenden: FPG), sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:
§ 88 FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen. Dieser lautet:
„Ausstellung von Fremdenpässen
§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.“
In der Sache folgt daraus:
Grundvoraussetzung für die Verwirklichung der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände ist, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses "im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik" gelegen sein muss. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber nämlich die Möglichkeit, grenzüberschreitend zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den potentiellen Gastländern. Diese an sich nur gegenüber eigenen Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert daher einen restriktiven Maßstab (vgl. VwGH 29.01.2008, 2007/18/0601; 19.05.2011, 2009/21/0288; 22.01.2014, 2013/21/0043, jeweils mwN). Der Umstand, dass der Fremdenpass benötigt werde, um beruflich ins Ausland zu reisen, begründet gerade kein solches Interesse (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0043).
Dementsprechend war der belangten Behörde zu folgen, wenn sie von keinem in der Person des BF gelegenen öffentlichen Interesse ausgeht. Dies deshalb, weil der BF diesbezüglich lediglich vorbrachte, aufgrund seiner Tätigkeit in einem Autohaus ein bis zwei Mal monatlich ins Ausland reisen zu müssen und dies der Rechtsprechung des VwGH folgend eben kein solches Interesse darstellt.
Ein derartiges öffentliches Interesse kann sich auch etwa aus völker- oder unionsrechtlichen Verpflichtungen ergeben (vgl. VwGH 11.05.2009, 2007/18/0659).
Hinsichtlich dessen wird in der Beschwerde ausgeführt, dem BF komme aufgrund seines langfristigen Aufenthaltsrecht in Österreich gemäß Art. 14 Abs. 1 bzw. 2 der Richtlinie „Drittstaatsangehörige“ (RL 2003/109/EG) das Recht, sich länger als drei Monate im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedsstaaten aufzuhalten sowie, das Recht der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat der EU zu und benötige er dazu dein gültiges Reisedokument. Wie bereits ausgeführt, begründen berufliche Reisen ins Ausland laut der Entscheidung des VwGH vom 22.01.2014, 2013/21/0043 kein öffentliches Interesse. Dazu ist auszuführen, dass auch der VwGH die unionsrechtlichen Bestimmungen wahren muss und hätte er folglich ein öffentliches Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses anzunehmen, wenn er eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit feststellen würde (vgl. dazu auch BVwG vom 31.03.2022, W204 2193080-2/2E).
Die allfällig erforderliche (grenzüberschreitende) Reisetätigkeit des BF zu beruflichen Zwecken ist insofern nicht geeignet, ein über das private Interesse des BF hinausgehendes „Interesse der Republik" iSd § 88 Abs. 1 FPG darzulegen. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch das Vorbringen, wonach dem BF gemäß der Richtlinie „Drittstaatsangehörige“ (RL 2003/109/EG) das Recht zukomme, sich länger als drei Monate im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten aufzuhalten sowie seine Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat der EU auszuüben, hinsichtlich eines Interesses der Republik als unzutreffend.
Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass der BF auch nicht dargelegt hat, dass die für das Autohaus im Ausland anfallenden Tätigkeiten nur vom ihm erledigt werden können sowie, dass es nicht möglich sei, ihn „nur“ in Österreich einzusetzen.
Der Antrag des BF gemäß § 88 Abs. 1 Z 2 FPG war somit schon aus diesem Grund abzuweisen, da es der BF nicht vermochte, ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses darzulegen.
Abgesehen davon ist hinsichtlich § 88 Abs. 1 Z 2 FPG, wonach Fremdenpässe für ausländische Staatsangehörige ausgestellt werden können, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auszuführen:
Zumal die Ausstellung eines Reisedokumentes durch einen anderen Staat einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaates bedeutet, ist für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen und geht das Fremdenpolizeigesetz von der Prämisse aus, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde kein Reisedokument erhält, wird bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass ausgestellt (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016], Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG § 88, E2).
Der BF legte im Zuge des gegenständlichen Verfahrens lediglich eine beglaubigte Übersetzung eines Schreibens des Generalkonsulats der Russischen Föderation aus dem Jahr 2014 vor, wonach die Rechtsgrundlagen nicht bestehen würden, um dem BF, dessen Identität vom Generalkonsulat nicht überprüft werden könne, einen Reisepass auszustellen und führte dazu in der Beschwerde aus, dass ihm aufgrund mangels Vorlage von Dokumenten, die seine Identität bestätigen, kein Reisepass ausgestellt werde. Auch gab er an, im März 2022 persönlich beim Generalkonsulat gewesen zu sein, wo ihm erneut mitgeteilt worden sei, dass er auf konsularischem Weg keinen Reisepass bekommen würde. Dem BF wurde somit vom Generalkonsulat die Ausstellung eines Reisepasses nicht per se verneint, sondern wurde ihm im Wesentlichen aufgetragen weitere Dokumente vorzulegen. Dazu ist auszuführen, dass zwischen dem Jahr 2014 und der nunmehrigen Antragstellung acht Jahre vergangen sind, während welcher der BF bzw. seine Eltern wussten, dass das Generalkonsulat dem BF aufgrund fehlender Dokumente hinsichtlich seiner Identität keinen Reisepass ausstellt. Auch wenn es dem BF selbst nicht möglich war in die Russische Föderation zu reisen und die fehlenden Dokumente zu besorgen, wäre es jedoch seinen Eltern in Anbetracht der Tatsache, dass sie über gültige Russische Reisepässe verfügen, offensichtlich sehr wohl möglich gewesen. Zudem blieb die Behauptung des BF, ihm sei auch im März 2022 mitgeteilt worden, dass ihm vom Generalkonsulat kein Reisepass ausgestellt werde, unbelegt, sodass das erkennende Gericht nicht nachvollziehen kann, warum es dem BF bzw. seinen Eltern bzw. einem damit in der Russischen Föderation beauftragten Rechtsvertreter nicht möglich gewesen sein sollte, über den Zeitraum von acht Jahren jene Unterlagen aufzubereiten, welche für die Prüfung der Identität und die Ausstellung eines Russischen Reisedokuments erforderlich wären.
Somit fehlt es auch an dieser Voraussetzung.
Gemäß § 88 Abs. 2 FPG können Fremdenpässe auf Antrag für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, ausgestellt werden.
Wie das BFA in seinem Bescheid richtig ausführte, ist der BF weder staatenlos noch ist seine Staatsangehörigkeit ungeklärt. Wie beweiswürdigend ausgeführt, bestehen keine Zweifel an der Staatsangehörigkeit des BF.
Die Beschwerde erweist sich aus all diesen Erwägungen als unbegründet und war somit abzuweisen.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien. Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen gegen die rechtliche Beurteilung. Das BVwG hat die Angaben des BF aus dem Verfahren vor dem Bundesamt, die dort vorgelegten Beweismittel sowie die Angaben aus dem Beschwerdeschriftsatz der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt. Einer Erörterung der Rechtslage im Zuge einer Verhandlung bedurfte es nicht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem ist die Rechtslage durch die genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs geklärt.