I415 2206879-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , vom 01.08.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.07.2022, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden DR Kongo), reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 15.01.2018 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 16.01.2018 wurde der BF von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei führte der BF im Wesentlichen hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, er habe in Kinshasa eine Demonstration gegen die Regierung Kabilas organisiert. Deshalb sei er am 27.11.2017 von einer Spezialeinheit der Polizei festgenommen worden. Am 30.11.2017 sei er heimlich aus dem Gefängnis herausgebracht worden und habe danach beschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Er habe auch ein Video gedreht. Aufgrund seiner politischen Tätigkeiten und seiner Opposition zur Regierung sei sein Leben in Gefahr. Bei einer Rückkehr in die DR Kongo fürchte er, wieder festgenommen zu werden.
3. Am 13.06.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde / BFA) im Beisein einer Dolmetscherin für die französische Sprache. Eingangs bestätigte der BF der Einvernahme in gesundheitlicher Hinsicht folgen zu können und die Dolmetscherin gut zu verstehen. Befragt nach seinen Flucht- und Asylgründen führte der BF zusammengefasst aus, dass er politischer Aktivist sei, der gegen die Ungerechtigkeit und für wahre Demokratie kämpfe. Er sei damals bei der Partei MLC Jean Pierre Bemba gewesen, den er für die Wahlen 2006 auch unterstützt habe. Das Wahlergebnis sei aber gefälscht worden und Joseph Kabila sei Präsident geworden. Dagegen haben sie als Anhänger der Partei MLC protestiert. 2006 habe es dann Unruhen gegeben und das Haus von Jean Pierre Bemba sei bombardiert worden. Es seien dann alle, die Jean Pierre Bemba nahegestanden seien, gesucht worden. 2007 sei der BF dann verhaftet worden. Er sei dann freigelassen worden, und 2008 erneut verhaftet worden. Im August 2008 sei er nach Spanien gegangen. Dort und in Irland habe er ebenfalls einen Asylantrag gestellt. 2015 habe er sich entschieden, in sein Heimatland zurückzukehren, weil 2016 Wahlen bevorstanden. Gleich am Flughafen sei er von Beamten des nationalen Sicherheitsdienstes verhaftet und verhört worden. Kurz darauf habe er aber gehen können und sei nach Hause zu seinem Vater gefahren. Er habe dann zwei LKWs verkauft, um seine politischen Tätigkeiten finanzieren zu können. Die Wahlen seien dann verschoben worden, was zu Demonstrationen geführt habe. Er habe junge Leute in seinem Stadtviertel zusammengerufen, um gemeinsam zu demonstrieren. Er habe T-Shirts, Spruchbänder und Flyer drucken lassen. Am 4. oder 5. Oktober 2016 seien Leute in Zivil in der Nacht zum BF gekommen und haben ihn aufgefordert, mit in ihre Büros zu kommen. Sie haben in dann in einen dunklen Raum gesperrt. Der BF wisse nicht, wie lang er in dem Raum gewesen sei. Dann seien sie gekommen und hätten ihn gehen lassen. Der BF wisse nicht, warum sie ihn haben gehen lassen. Bei einem Protestmarsch am 30.11.2017 sei der BF erneut verhaftet geworden, jedoch am gleichen Tag wieder freigelassen worden, da seine damalige Freundin den General der Präsidentengarde gekannt habe. Der BF sei dann für einen Monat nach Brazzaville gefahren und von dort Richtung Europa aufgebrochen.
4. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 01.08.2018, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat DR Kongo (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die DR Kongo zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die in vollem Umfang fristgerecht durch die Rechtsvertretung des BF erhobene Beschwerde vom 26.09.2018.
6. Mit Schriftsatz vom 27.09.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 03.10.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2020, XXXX , wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, da seit 23.10.2019 keine Meldeadresse des BF mehr bekannt war.
8. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des BF vom 10.03.2020 wurde mitgeteilt, dass der BF nun wieder über einen behördlich gemeldeten Hauptwohnsitz verfügt und ersucht wird, das Verfahren fortzusetzen.
9. Mit Nachricht des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.07.2020 wurde das Verfahren fortgesetzt.
10. Am 01.07.2022 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des BF, seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch abgehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist der mündlichen Verhandlung entschuldigt ferngeblieben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zu der Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF ist Staatsbürger der DR Kongo. Er ist ledig. Er gehört der Volksgruppe der Mongala an und bekennt sich zum christlichen (katholischen) Glauben. Neben seiner Muttersprache Lingala spricht er auch Französisch, Englisch und Spanisch. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF hat drei volljährige Kinder, für die keine Unterhaltszahlungen leistet. Zu seinen zwei Töchtern, die in der DR Kongo leben, besteht seit Jahren kein Kontakt seitens des BF. Sein Sohn ist irischer Staatsangehöriger, lebt mit seiner Mutter in London und besucht den BF regelmäßig in Österreich.
Der BF stammt aus Kinshasa in der DR Kongo und lebte dort bis zum Jahr 2008 mit seinem Vater und seinen zwei Neffen in einem Haus. Mit seinen Töchtern bestand nie ein gemeinsamer Haushalt. 2008 verließ der BF die DR Kongo und lebte bis 2015 – mit Ausnahme von drei Monaten, die er in Irland verbrachte – in Spanien. Anfang 2015 kehrte der BF in die DR Kongo zurück und lebte abermals mit seinem Vater in Kinshasa. Der BF verließ die DR Kongo erneut im Dezember 2017 und reiste mit dem Flugzeug über Äthiopien nach Österreich. Er reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte schließlich am 15.01.2018 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF hielt sich seit seiner Antragstellung durchgehend in Österreich auf und ist auch seit 13.03.2018 melderechtlich erfasst, wobei er im Zeitraum von 23.10.2019 bis 10.03.2020 nicht im Melderegister aufscheint.
Der BF hat 2008 in Spanien und 2009 in Irland ebenso Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Jener in Spanien wurde abgewiesen, bei jenem in Irland wurde die Zuständigkeit Spaniens festgestellt.
Der BF besuchte sechs Jahre lang die Grundschule und sechs Jahre lang die Hauptschule in seiner Heimat. Danach begann er ein technisches Studium an der Université de Kinshasa, brach dieses jedoch bald ab. Danach studierte er vier Jahre lang Kommunikation und Internationale Beziehungen an der Université protestante de Kinshasa und schloss dieses Studium positiv ab. Vor seiner Ausreise war der BF als Berater tätig. Dabei unterstützte der BF Leute, die investieren wollten, z.B. in den Bereichen Diamanten, Gold oder Holz. Aufgrund seiner umfassenden Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung hat der BF nach wie vor die reale Chance, in der DR Kongo einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich dadurch eine – zumindest bescheidene – Existenz zu sichern.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Der BF fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.
In seiner Heimat leben nach wie vor sein Vater und die beiden Töchter des BF. Die Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern des BF leben in Belgien, sein Sohn in England. Ein Bruder des BF lebt in Kanada. Der BF pflegt zu all seinen Verwandten regelmäßigen telefonischen Kontakt. In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
Seit Jänner 2022 verkauft der BF regelmäßig eine Straßenzeitung in Österreich. Ansonsten geht er keiner Beschäftigung im Bundesgebiet nach.
Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des BF nicht festgestellt werden, dass dieser in der DR Kongo einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war oder sein wird.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die DR Kongo, konkret nach Kinshasa, eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der BF verfügt über ein Familiennetzwerk und ist im erwerbsfähigen Alter. Der BF ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Der gesunde und arbeitsfähige BF, der über eine schulische und universitäre Ausbildung und Arbeitserfahrung verfügt, wird im Falle seiner Rückkehr in die DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3. Zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo:
Zur aktuellen Lage in der DR Kongo werden folgende (allgemeinen) Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem BF offengelegten Quellen getroffen:
Die folgenden Feststellungen wurden dem aktuellen Länderinformationsblatt (Stand: 17.12.2020) der Staatendokumentation zur Demokratischen Republik Kongo entnommen.
COVID-19
In der DR Kongo ist mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben bis auf weiteres zu rechnen. Es besteht hohes Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19). Mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist bis auf weiteres zu rechnen (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020). Seit 15.6.2020 sind die Außengrenzen des Landes wieder offen und auch Binnenreisen sind wieder möglich (FD 25.11.2020).
Der internationale Flugverkehr (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020) und auch der nationale Flugverkehr wurde wieder aufgenommen (AA 18.11.2020). Bei der Einreise ist ein negativer COVID-19 Tests bzw. die direkte Durchführung eines COVID-19 Tests am Flughafen und bei der Ausreise die Vorweisung eines negativen Tests vorgeschrieben (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020, FD 25.11.2020). Um innerhalb der Demokratischen Republik Kongo reisen zu können, muss den Grenzbehörden vor Antritt der Reise am Flughafen ein negativer Test vorgelegt werden (AA 18.11.2020; vgl. FD 25.11.2020).
Das Tragen eines Nasen-Mundschutzes in der Öffentlichkeit ist verpflichtend. Vielfach kommt es zu Straßensperren und Polizeikontrollen mit Temperaturmessungen (BMEIA 16.10.2020). Im gesamten Stadtgebiet Kinshasas gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes (AA 18.11.2020).
Das Gesundheitssystem ist auf die Pandemie nicht vorbereitet. Im Falle einer Infektion mit dem Virus kann nicht von einer angemessenen Behandlung ausgegangen werden (AA 18.11.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (18.11.2020): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 14.12.2020
- BMEIA - Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (16.10.2020): Reiseinformationen: Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 15.12.2020
- FD - France Diplomatie (25.11.2020): Conseils aux voyageurs - République démocratique du Congo, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/republique-democratique-du-congo/, Zugriff 15.12.2020
Politische Lage
Die seit dem 18.2.2006 geltende Verfassung bestimmt eine gemäßigte präsidiale Regierungsform. Das System wird sowohl von zentralistischen als auch föderalistischen Elementen geprägt (GIZ 10.2020a). Die DR Kongo ist seit 2015 in 26 Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen gegliedert. Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird für fünf Jahre direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse (AA 28.8.2019a; vgl. GIZ 10.2020a). Durch eine Verfassungsänderung wurde 2011 der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Dabei wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 28.8.2019a).
In der DR Kongo fanden mit mehr als zweijähriger Verspätung am 30.12.2018 Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzratswahlen statt. Diese liefen verhältnismäßig friedlich und organisiert ab (AA 17.2.2020). Nachdem die Regierung alle sozialen Netzwerke stilllegte und eine massive Militär- und Polizeipräsenz keine kritischen Bewegungen erlaubte, verliefen die Wahlen relativ ruhig. Doch sowohl die gut organisierte katholische Kirche als auch der südafrikanische Staatenverband SADC bestätigten viele Unregelmäßigkeiten während der Wahlen (GIZ 10.2020a).
Das von der nationalen Wahlkommission CENI verkündete Ergebnis der Präsidentschaftswahlen wies überraschend den Führer der oppositionellen UDPS-Partei Félix Tshisekedi als Wahlsieger aus, womit er seine Konkurrenten Martin Fayulu (Oppositionsbündnis Lamuku) und Emmanuel Ramazani Shadary (bisheriges Regierungsbündnis FCC) auf den zweiten bzw. dritten Platz verwies. Das Wahlergebnis gilt weiterhin als umstritten, da die informellen Ergebnisse ziviler Wahlbeobachter für Fayulu als Wahlsieger sprachen (AA 17.2.2020).
Am 26.8.2019 benannte Ministerpräsident Sylvestre Ilunga die neuen Minister. Insgesamt 67 Mitglieder umfassend zeichnet das Kabinett sich u.a. dadurch aus, dass drei von vier Ministern keine Regierungserfahrung besitzen und 42 Plätze dem Front Commun pour le Congo (FCC) zukommen. Deren sogenannte „moralische Autorität“ ist Ex-Präsident Joseph Kabila. Der Frauenanteil stieg von 10% auf 17% an (AA 17.2.2020).
Am 6.12.2020 verkündete Staatspräsident Félix Tshisekedi nach mehrwöchigen Verhandlungen das Ende der Zusammenarbeit zwischen seiner Parteikoalition Cap pour le Changement (CACH) und der seines Vorgängers Joseph Kabila, Front commun pour le Congo (FCC). Er ernannte einen Beauftragten zur Herstellung einer neuen Mehrheit. In der Regierungskoalition der beiden Lager sei sein Reformprogramm blockiert gewesen. Der FCC stellt die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Auch die Ernennung von Sylvestre Ilunga zum Premierminister im Mai 2019 musste auf die Mehrheit des FCC gestützt werden. Zum Koalitionsende trug ein Streit über die Ernennung dreier neuer Verfassungsrichter durch Tshisekedi bei, der sich dabei über den Premierminister hinweggesetzt haben soll. Am 10.12.2020 setzte die Nationalversammlung (Unterhaus) ihre bisherige Parlamentspräsidentin Jeanine Mabunda ab. Das Lager Kabilas, zu dem sie zählt, erhob den Vorwurf des Stimmenkaufs gegen die Seite Tshisekedis (BAMF 14.12.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019a): Kongo (Demokratische Republik): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/innenpolitik/203252, Zugriff 2.12.2012
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (14.12.2020), Briefing Notes, ecoi.net-Link zum Zeitpunkt der Fertigstellung des LIB noch nicht verfügbar - liegt bei der Staatendokumentation auf
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo – Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020
Sicherheitslage
In Kinshasa und anderen kongolesischen Städten führten in der Vergangenheit wiederholt, teilweise gewalttätige, Proteste gegen die Regierung zur Verwendung scharfer Munition, Todesopfern und Verletzten, sowie zu zahlreichen Festnahmen. Auch weiterhin kann es im ganzen Land im Zusammenhang mit Protestaktionen und Versammlungen zu Gewalt kommen. Dabei muss auch mit weitreichenden Störungen des öffentlichen Lebens sowie einer hohen Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften gerechnet werden (AA 18.11.2020).
Die Sicherheitslage ist äußerst instabil. Versammlungen, Proteste und bestimmte Veranstaltungen können, selbst ohne erkennbaren äußeren Anlass, jederzeit zu unvorhersehbaren sicherheitsrelevanten Ereignissen oder gewalttätigen Ausschreitungen führen und scharfe Gegenmaßnahmen zur Folge haben. Dies betrifft neben zahlreichen Provinzen inzwischen auch die Hauptstadt Kinshasa (AA 18.11.2020). Es kommt vor allem in der Hauptstadt, aber auch in anderen Ballungsräumen (Matadi, Bukavu, Goma, Kananga etc.), immer wieder zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Opposition und Sicherheitskräften (BMEIA 16.10.2020).
Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die maßlose Gier der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region – einschließlich Ruanda – treibt. Die Rebellengruppe M-23 hat sich nach einem Friedensvertrag Ende 2013 offiziell aufgelöst, jedoch demobilisierten einige ihrer Kämpfer nicht und kämpfen weiter. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen – allen voran die der FDLR nahestehenden – bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO [Anm. UNO Mission in der DR Kongo] haben bisher nichts an der Situation verändert (GIZ 10.2020a).
In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri, Haut-Uele, Tanganyika, Haut-Lomani, Kasai und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der MONUSCO statt (BMEIA 16.10,2020). Ende November 2019 kam es bei Protesten der Bewohner Benis zu Übergriffen auf einzelne Einheiten der UNO-Mission MONUSCO (AA 18.11.2020).
In den Provinzen Bas-Uele, Haut-Uele, Tshopo, Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Maniema, Tanganyika, Haut-Lomami, Haut-Katanga (nur nördliche Gebiete), Lomami, Kasai, Kasai-Central und Kasai Oriental kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den kongolesischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, insbesondere der Allied Democratic Force (ADF). Von der kongolesischen Armee wird derzeit eine Großoffensive gegen die ADF durchgeführt (AA 18.11.2020).
Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele und in den Provinzen der Kasai-Region (Kasai central, Kasai, Kasai oriental, Sankuru und den Lomami Provinzen) fort. Bewaffnete Gruppen wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord’s Resistance Army (LRA), aber auch indigene Gruppen, wie die lokalen Nduma Defense of Congo-Renewal (NDC-R), Kamuina Nsapu, Bana Mura und diverse Mai-Mai-Gruppen (lokale Milizen) attackieren die Zivilbevölkerung. Viele dieser Gruppen stammen ursprünglich aus dem Ausland. Die Angriffe führen zu massiven Vertreibungen der Zivilbevölkerung, und es kommt zu vielen Menschenrechtsverletzungen (USDOS 11.3.2020).
Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyar-wanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer willkürlicher Gewalttaten. Die Zahl der Binnenvertrieben bleibt auf einem hohen Niveau und Flüchtlinge müssen nicht selten ein-bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können (AA 17.2.2020).
Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem „aus dem Land“, d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. Nur ein Teil der fliehenden Bevölkerung kann von UN-Organisationen oder NGOs unterstützt werden. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen des Landes ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz der Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen (AA 17.2.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- AA - Auswärtiges Amt (18.11.2020): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 2.12.2020
- BMEIA (16.10.2020): Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 2.12.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Rechtsschutz/Justizwesen
Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 10.2020a), war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Beamte und andere einflussreiche Personen unterwarfen Richter häufig der Nötigung. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 11.3.2020).
In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Folgernd hieraus ist die Justiz in der Demokratischen Republik Kongo weitgehend blockiert. Recht hat in der Regel der, der am meisten für sein vermeintliches Recht bezahlen kann (GIZ 10.2020).
Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es noch nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert. Nach Einschätzung von nationalen und internationalen Experten, wird es noch Jahre dauern, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte. Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Reformen werden versprochen, dürften jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen (AA 17.2.2020).
Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Straftaten. Sie ist überlastet, aber bemüht, ihrer Aufgabe, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) zu bekämpfen, gerecht zu werden. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als das in der Ziviljustiz (AA 17.2.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Sicherheitsbehörden
Die primäre Verantwortung zur Rechtsdurchsetzung obliegt der kongolesischen Nationalpolizei (Police National Congolaise – PNC). Diese untersteht dem Innenministerium. Die Nationale Geheimdienstagentur (National Intelligence Agency – ANR) untersteht dem Präsidenten. Ihr obliegt die interne und externe geheimdienstliche Informationsbeschaffung. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) sowie der militärische Geheimdienst unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie haben primär Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Sicherheit, in der Praxis liegt ihr Fokus primär auf der inneren Sicherheit. Die FARDC sind geprägt von schwacher Führung, schlechter operationeller Planung, geringen administrativen und logistischen Kapazitäten, mangelnder Ausbildung und fraglicher Loyalität ihrer Soldaten, vor allem im Osten des Landes. Dem Präsidenten unterstehen die republikanischen Garden (Republican Guard – RG). Dem Innenministerium untersteht das Direktorat für Migration, das, gemeinsam mit der Polizei, für die Grenzkontrollen verantwortlich ist (USDOS 11.3.2020).
Die Kooperation der MONUSCO (UN-Friedensmission in der DR Kongo) und der kongolesischen Regierung findet im Osten weiterhin statt, mit Ausnahme der Kasai-Region (USDOS 11.3.2020). Trotz einer Truppenreduzierung stellt die MONUSCO mit über 16.000 Soldaten und über 1.300 Polizisten nach wie vor eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit dar (AA 17.2.2020).
Obwohl es zu Verurteilungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte kam, blieb die Straffreiheit ein Problem. Behörden unterließen es häufig, Missbrauch durch Beamte zu untersuchen, verfolgen oder zu bestrafen. In diesem Zusammenhang betrieben die Behörden zusammen mit der UN-Schutztruppe MONUSCO gemeinsame Menschenrechtskomitees und nutzten diesbezügliche internationale Einrichtungen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020).
Die zivilen Behörden üben keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Das Militär ist notorisch undiszipliniert. Vorfälle von Informationsaustausch zwischen kongolesischen Soldaten und Rebellengruppen gab es im Jahr 2019 weiterhin. Soldaten und Polizisten begehen regelmäßig Menschenrechtsvergehen. Hochrangige Militärs gehen bei solchen Vergehen oft straffrei aus (FH 4.3.2020).
Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gibt der Staat nur vor, eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seitdem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Ein Reformplan zur Umwandlung der Truppe in eine moderne Armee, wurde 2009 dem Parlament präsentiert. Laut MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangener Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GS o.D.).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- GS - GlobalSecurity.org (o.D.): DR Congo Army, http://www.globalsecurity.org/military/world/congo/army.htm, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz kriminalisiert zwar die Anwendung von Folter, dennoch gibt es Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass die Sicherheitskräfte weiterhin Zivilisten, vor allem Häftlinge, foltern. Während des Jahres 2019 brachten Aktivisten Videos in Umlauf, wo Polizisten unbewaffnete Demonstranten schlugen (USDOS 11.3.2020). Folter von Häftlingen kommt häufig vor (FH 4.3.2020).
Viele Beobachter (Menschenrechtsorganisationen, UN-Menschenrechtsbüro, EU-Missionen, NGOs und die Botschaft) gehen davon aus, dass – entgegen dem in Art. 16 der Verfassung statuierten ausdrücklichen Verbot – Folter in Gefängnissen, Polizeistationen und geheimen Haftanstalten (so genannte „cachots“) durch Militär und Sicherheitskräfte nach wie vor angewandt wird. Dies betrifft nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Provinzen. Am 20.7.2011 trat ein Gesetz zum Verbot der Folter in Kraft. Kongolesische Menschenrechtsorganisationen begrüßten das Gesetz und mahnten angesichts der fortgesetzten Praxis seine gewissenhafte Umsetzung an (AA 17.2.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Korruption
Gesetzlich sind Strafen für Korruption durch Beamte zwar vorgesehen, jedoch setzt die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um und korrupte Praktiken sind oft mit Straflosigkeit verbunden. Durch behördliche Korruption auf allen Ebenen sowie in Firmen in Staatsbesitz entgehen der Staatskassa hunderte Millionen US-Dollar pro Jahr. Präsident Tshisekedi startete am 11.7.2019 eine nationale Korruptions-Bewusstseins-Kampagne. 80% der Befragten gaben an, dass sie Bestechungsgelder zahlen mussten, um öffentliche Güter und Dienstleistungen wie etwa Polizeischutz, Wasser, Geburtsurkunden und Personalausweise zu erhalten. Auch Mitglieder der Sicherheitskräfte sind undiszipliniert und korrupt. Polizei- und Armeeeinheiten betreiben illegale Geldeinhebung und Erpressung von Zivilisten, oft an Checkpoints, wo sie Geld und Nahrungsmittel von Individuen forderten und jene, die nicht zahlen können, inhaftieren (USDOS 11.3.2020).
Korruption ist in der Regierung, den Sicherheitskräften und der Mineralienindustrie weit verbreitet, der öffentliche Dienst und Entwicklungshilfeversuche sind davon unterminiert. Ernennungen zu hochrangigen Positionen in der Regierung sind von Nepotismus geprägt. Rechenschafts-Mechansimen sind schwach, und Straffreiheit ist die Norm (FH 4.3.2020).
Im aktuellen Ranking von Transparency International rangiert die DR Kongo an 168. Stelle bei insgesamt 198 gereihten Ländern (TI 2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- TI - Transparency International (2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/cod, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Die Zivilgesellschaft war und ist ein sehr wichtiger Akteur in der politischen und sozialen Entwicklung des Landes. Sie verändert ihre Aufstellung und ihre Aktionen entsprechend der aktuellen politischen, sozialen und ökonomischen Situation. So wurden beispielsweise die entscheidenden Wahlen im Dezember 2018 maßgeblich von kirchlichen und genossenschaftlichen Gruppen sowie von Jugendorganisationen, Frauenverbänden und einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Zusammenschlüsse beeinflusst. Besonders in den Städten hat die breite politische Debatte, die von der Zivilgesellschaft geführt wurde, zu einer Verhinderung von exzessiver Gewalt geführt (GIZ 10.2020a).
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der Presse Rückhalt. Im Zuge der Wahlen im Dezember 2018 kam es zu massiven Einschüchterungswellen von Menschenrechtsverteidigern und aktiver Zivilgesellschaft durch staatliche Sicherheitskräfte. Versammlungen wurden verboten und gewaltsam aufgelöst, willkürliche Festnahmen und Verhöre unter Einsatz von Gewalt fanden in regelmäßigen Abständen statt. Nach Ernennung des neuen Staatspräsidenten Tshisekedi kam es zu ersten Anzeichen einer Entspannung und einem neuen, demokratischeren Umgang mit Menschenrechtsorganisationen. So ordnete der neue Präsident etwa die Entlassung einer Reihe politischer Gefangener an. NGO-Vertretern zufolge geschehen dennoch weiterhin nicht nachvollziehbare Verhaftungen von Aktivisten, insbesondere im, dem Wirkungskreis Kinshasas entzogenen, Osten des Landes (AA 17.2.2020).
Tausende von NGOs sind in der DR Kongo aktiv, aber viele sehen sich Hindernissen bei ihrer Arbeit ausgesetzt. Vor allem nationale Menschenrechtsverteidiger sind Belästigungen, willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Druck wurde vor allem im Rahmen der Wahlperiode 2018 und 2019 spürbar. Die Repressionen sind seit dem Amtsantritt von Tshisekedi etwas zurückgegangen (FH 4.3.2020). Mitarbeiter des Justizministeriums treffen sich mit nationalen NGOs und antwortet gelegentlich auf Anfragen seitens dieser NGOs. Die Regierung kooperiert gelegentlich mit internationalen NGOs und der UNO. Es gibt zwar ein interministerielles Menschenrechtskomitee, seine Effektivität ist aber begrenzt (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
In der DR Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Im Zuge der Krise um die Wahlen kam es zu massiven Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Medienfreiheit. Darüber hinaus steigt die Zahl der von internen bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen an. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 17.2.2020). Bedeutende Menschenrechtsprobleme sind willkürliche Tötungen, darunter ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, usw. (USDOS 11.3.2020).
Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). ARTICLE 19 berichtet im November 2020, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Journalisten in Verbindung mit ihrer Tätigkeit festgenommen wurden; Aktivisten und Bürger wurden nach kritischen Äußerungen eingeschüchtert, geschlagen, festgenommen und / oder strafrechtlich verfolgt (A19 27.11.2020).
Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Unter Präsident Tshisekedi kam es zwar diesbezüglich zu Verbesserungen, aber Einschränkungen bestehen weiterhin (USDOS 11.3.2020). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 4.3.2020).
Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 11.3.2020).
Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Oppositionsparteien konnten im Jahr 2019 freier operieren. So wurde ihnen auch mediale Präsenz durch neu gegründete Radiosender ermöglicht. Unter der Regierung Tshisekedi wurden einige Oppositionsmitglieder aus der Haft entlassen. Einige im Ausland lebende Politiker konnten zurückkehren (FH 4.3.2020).
NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus (AA 17.2.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019): Kongo (Demokratische Republik): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/innenpolitik/203252, Zugriff 2.12.2012
- A19 - Article 19 (27.11.2020): Democratic Republic of Congo: Arrest for criticizing the president is an affront to the freedom of expression, 27.11.2020
- https://www.ecoi.net/de/dokument/2041608.html, Zugriff 11.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Haftbedingungen
Der Zustand der Gefängnisse ist – auch im Vergleich zu anderen Staaten in Afrika – sehr schlecht (AA 17.2.2020). Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen sind hArt.und lebensbedrohend (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020) und durch Nahrungsmittelmangel, starke Überbelegung, unangemessene sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung gekennzeichnet (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 17.2.2020). Die Behörden inhaftieren Männer üblicherweise getrennt von Frauen, Jugendliche hingegen werden gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 11.3.2020).
Folter von Häftlingen ist weit verbreitet (FH 4.3.2020). Die meisten Gefängnisse sind unterbesetzt, schlecht versorgt und die Gebäude in schlechtem Zustand. Dies führt zu Korruption und mangelnder Kontrolle der Insassen. Es kommt zu Gefängnisausbrüchen (USDOS 11.3.2020).
Üblicherweise erlaubte die Regierung dem Roten Kreuz, der UN-Mission MONUSCO und NGOs den Zugang zu offiziellen Haftanstalten des Innenministeriums, jedoch nicht zu Gefängnissen, die von der Republikanischen Garde und vom Geheimdienst betrieben wurden (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Todesstrafe
Das Strafgesetzbuch sieht in Art. 5 die Todesstrafe vor, u.a. bei Mord, Hochverrat und Spionage. Das Militärstrafgesetzbuch sieht ebenfalls in Art. 26 die Todesstrafe vor. Seit 2004 ist diese jedoch nicht mehr vollstreckt worden. Laut Art. 16 der Verfassung von 2006 ist die Persönlichkeit des Menschen unverletzlich, und der Staat hat die Pflicht, sie zu respektieren und zu schützen (AA 17.2.2020). Die DR Kongo gilt als „Abolitionist de facto“. Die Letzte Exekution fand im Jahr 2003 statt. Auch im Jahr 2020 gab es keine Hinrichtungen (Stand 22.10.2020) (CLS 22.10.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- CLS - Cornell Law School (22.10.2020): Cornell Database - Democratic Republic of the Congo, https://www.deathpenaltyworldwide.org/database/, 7.12.2020
Bewegungsfreiheit
Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Regierung schränkte diese Rechte manchmal ein. Sicherheitskräfte und Rebellengruppen richteten Checkpoints auf Straßen, Flughäfen und Märkten ein, und belästigten routinemäßig Zivilisten bzw. fordern Geld. Die Regierung unterwarf Reisende Immigrationsprozeduren bei Inlandsreisen am Flughafen, in Häfen, und beim Verlassen oder Betreten von Städten bzw. verlangten lokale Behörden illegale Steuerzahlungen und Gebühren für Reisen am Fluss Kongo (USDOS 11.3.2020).
Die Bewegungsfreiheit ist gesetzlich gewährleistet, wird in der Praxis aufgrund von bewaffneten Konflikten und anderen Sicherheitsproblemen stark eingeschränkt. Verschiedene bewaffnete Gruppen und Regierungskräfte erlegen Reisenden illegale Zölle bei der Durchreise durch von ihnen kontrolliertes Gebiet auf (FH 4.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020
Grundversorgung und Wirtschaft
Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land (AA 28.8.2019b; vgl. GIZ 10.2020b). Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40% des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Demokratische Republik Kongo ist sehr schwach industrialisiert. Die Rohstoffindustrie ist ein wachsender Wirtschaftszweig, besonders der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold, Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden). Weite Teile der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Schätzungen der Weltbank zufolge leben 77% der kongolesischen Bevölkerung von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Im „Human Development Index“ der Vereinten Nationen belegt die DR Kongo Platz 176 von 199 betrachteten Ländern (AA 28.8.2019b).
Die Demokratische Republik Kongo ist ein reiches – armes Land. Reich an Rohstoffen profitiert nur eine sehr kleine Minderheit von den Schätzen des Bodens und der Natur. Zwei Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Mangel- und Fehlernährung sind an der Tagesordnung. In den Städten fehlt es an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln, Wasser und der elementarsten sanitären Versorgung. Auf dem Land fehlt es an Straßen zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Zusätzlich behindern die innenpolitischen Konflikte und die allgegenwärtige Korruption eine erfolgreiche Armutsbekämpfung (GIZ 10.2020b).
Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt Kinshasa ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Die Zentral- und Provinzregierungen versuchen mit agro-industriellen Projekten gegenzusteuern (AA 17.2.2020).
Auch im Sektor Ernährung und Landwirtschaft sind grundlegende Reformen und Investitionen notwendig. Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen, da die Vertriebenen oft keine Möglichkeit haben, sich neu anzusiedeln und zumindest eine Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben. Ferner können sie von internationalen Hilfsorganisationen wegen der Aktivitäten vieler bewaffneter Gruppen immer noch nicht auf dem gesamten Territorium der DR Kongo versorgt werden. MONUSCO sowie der Staat sind bemüht, die staatliche Autorität flächendeckend zu etablieren. Diese Bemühungen haben auch 2019 erhebliche Rückschläge erlitten (AA 17.2.2020).
In der DR Kongo gibt es ein formelles System für soziale Sicherheit, von dem jedoch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitieren kann. Seit 2016 sind mehrere Neuerungen eingeführt worden, die unter anderem Familienzulagen und Tagsätze für Frauen während des Mutterschaftsurlaubs umfassen, um Verdienstausfälle auszugleichen. Auch die Gleichstellung der Geschlechter wurde berücksichtigt. Ungeachtet dieser Reformen gilt das System aber nur für Bürger, die im formellen Sektor beschäftigt sind und schließt den beträchtlichen Bevölkerungsteil aus, der im informellen Sektor Geld verdient. Mehr als 80% der aktiven Berufstätigen arbeiten im informellen Sektor. Viele Kongolesen können sich das Überleben nur durch Subsistenzlandwirtschaft und informellen Kleinhandel sichern. Kirchen und Familienangehörige leisten oft eine gewisse soziale Unterstützung. Dabei hat Armut wenig systematischen Bezug zur ethnischen Zugehörigkeit, sondern diejenigen, die Zugang zur Macht hätten, führen ein relativ komfortables Leben (BS 29.4.2020)
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt in einem Situationsbericht vom 3.12.2020, dass die Zahl der von einer akuten Nahrungsmittelunsicherheit betroffenen Menschen in der DR Kongo dramatisch steigt. 2019 seien 15,6 Millionen Menschen betroffen gewesen, 2020 bereits 21,8 Millionen, insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und Kasai-Central. Besondere Schwierigkeiten erfahren intern Vertriebene sowie an ihre Heimatorte Rückkehrende. Zum Anstieg der Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hätte neben den herrschenden Konflikten auch die COVID-19-Pandemie beigetragen, die zu höheren Nahrungsmittelpreisen geführt habe. Weitere Gründe seien eine Abwertung der Währung, ein sinkendes Wirtschaftswachstum sowie Überschwemmungen oder Tierseuchen (BAMF 7.12.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019b): Kongo (Demokratische Republik): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/wirtschaft/203188, Zugriff 10.12.2012
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (7.12.2020): Briefing Notes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041897/briefingnotes-kw50-2020.pdf, Zugriff 11.12.2020
- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Congo, DR, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029559/country_report_2020_COD.pdf, Zugriff 16.12.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020b): Kongo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kongo/gesellschaft/, Zugriff 7.12.2020
Medizinische Versorgung
Das mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO / OMS) aufgebaute Gesundheitssystem der Demokratischen Republik Kongo ist sehr gut durchdacht. Zentralen Krankenhäusern (Hôpital de Reference) sind sekundäre Gesundheitsstrukturen (Zone de Santé, Centre de Santé, Poste de Santé), entsprechend der Bevölkerungszahl und Siedlungsdichte, zugeordnet. Jede Gesundheitszone versorgt ca. 150.000 Menschen. Es gibt grundsätzlich keine Doppelung von Krankenhäusern im Einzugsgebiet der Referenzkrankenhäuser. Das System ist kostengünstig und könnte eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung garantieren. In der Realität zeigen sich vielerorts die Defizite der Umsetzung. In einem großen Teil der DR Kongo sind die Gesundheitseinrichtungen in den 306 Gesundheitszonen sehr unzureichend ausgestattet. Es fehlt an Geldern für Medikamente, Ausrüstung und qualifiziertem medizinischem und administrativem Fachpersonal. Die meisten der 400 Krankenhäuser wurden in der Kolonialzeit gebaut und befinden sich in einem schlechten Zustand. Das Personal ist extrem schlecht bezahlt, man arrangiert sich durch Korruption und private Dienstleistungen, die aber häufig nur für Wohlhabende zugänglich sind. So kommt es, dass der öffentliche Haushalt mit bis zu 2% des BIP nur spärliche Mittel für das Gesundheitswesen verwendet. Durch das Zusammenbrechen der Infrastruktur ist die medizinische Versorgung im Landesinneren oft nur noch in kirchlichen Gesundheitseinrichtungen vorhanden. Viele Menschen sterben an behandelbaren Krankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Malaria. In den meisten ländlichen Regionen kann meist nur eine Notfallmedizin betrieben werden (GIZ 10.2020b).
Der Großteil der Bevölkerung kann nicht ausreichend versorgt werden. UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Nur im formellen Sektor (1,5 Mio. Beschäftigte) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, allerdings mit eingeschränktem Leistungsspektrum. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa mehrere Apotheken, die gegen Bezahlung binnen weniger Tage so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern können. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Viele Krankheiten können zwar behandelt werden, sind aber für die meisten Kongolesen unbezahlbar (AA 17.2.2020).
Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 18.11.2020).
Fast alle Geberorganisationen, die in der DR Kongo aktiv sind, fördern medizinische Einzelprojekte. In der Regel übernehmen sie direkt oder in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Trägerstruktur ganze Gesundheitszonen, einschließlich die Referenzkrankenhäuser. Andere Geber, wie beispielsweise die EU, sichern für mehrere Jahre die Versorgung mit Medikamenten für mehrere Gesundheitszonen. In den vergangenen Jahren wurde die Ausbildung von Krankenpflegepersonal, Gesundheitsarbeitern und Ärzten im ganzen Land intensiviert. Traditionelle Medizin und auch Heilung durch Wunderheiler sind weit verbreitet. Ursache sind Armut, Unwissenheit aber auch der mangelnde Dialog zwischen lokalem Wissen und moderner westlicher Medizin (GIZ 10.2020b).
Die DR Kongo ist wieder Ebola-frei. Das geht aus einer offiziellen Erklärung des kongolesischen Gesundheitsministeriums vom 18.11.2020 hervor. Der erste Fall des inzwischen elften Ebola-Ausbruchs in der jüngeren Geschichte des zentralafrikanischen Landes wurde am 1.6.2020 aus der nordwestlichen Provinz Équateur gemeldet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben bei dem jüngsten Ausbruch 55 Menschen. Insgesamt seien 119 Fälle registriert worden. Die DR Kongo erlebte zuletzt drei Ebola-Epidemien kurz hintereinander. Der zehnte Ausbruch, der von August 2018 bis Juni 2020 den Osten des Landes betraf, kostete mehr als 2.200 Menschen das Leben. Mehr als 3.400 hatten sich infiziert. Wegen Instabilität und Kämpfen unter Milizen in den östlichen Provinzen war der zehnte Ausbruch besonders schwer in den Griff zu bekommen gewesen. Beobachter hoffen, dass die Expertise, die im Kampf gegen Ebola aufgebaut wurde, auch zur Eindämmung anderer Infektionskrankheiten eingesetzt werden kann. So könnte die Technik, mit der der Ebola-Impfstoff gekühlt wird, auch bei der Kühlung eines künftigen COVID-19-Impfstoffs zum Einsatz kommen (BAMF 30.11.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (18.11.2020): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 2.12.2020
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (30.11.2020): Briefing Notes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041720/briefingnotes-kw49-2020.pdf, Zugriff 17.12.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020b): Kongo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kongo/gesellschaft/, Zugriff 7.12.2020
Rückkehr
Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe (AA 17.2.2020).
Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N’Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, „Direction Générale de Migration“(DGM), befragt. Ebenfalls werden ankommende Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die aufliegenden Fahndungslisten abgeglichen. Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert (AA 17.2.2020).
Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den ANR („Agence Nationale de Renseignement“, ziviler Nachrichtendienst) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Gegenteilige Berichte einiger Menschenrechtsorganisationen und die von ihnen genannten Referenzfälle wurden geprüft, konnten aber in keinem Fall bestätigt werden (AA 17.2.2020).
Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen besuchen in besonders gelagerten Fällen im Auftrag des Auswärtigen Amts zurückgekehrte Personen an ihren Wohnadressen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation kann sich jedoch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen. Insbesondere, wenn sie oppositionellen Bewegungen angehören bzw. mit ihnen sympathisieren, können sie relativ schnell zum Beobachtungsobjekt für die Sicherheitsdienste werden (AA 17.2.2020).
OFII, die Organisation Française de l’Immigration et de l’Intégration, ist eine staatliche Einrichtung Frankreichs. Diese betreibt in vielen (vorwiegend frankophonen afrikanischen) Staaten Büros zur Reintegrationen von Rückkehrenden aus Frankreich. Ab September 2018 können französische Reintegrationsbüros auch für Rückkehrende aus Österreich mitgenutzt werden (BMI/OFII 8.2018)
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (6.9.2015): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Zugriff 5.5.2017
- IOM - International Organization for Migration (10.2014): Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo
Dokumente
Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann eine Vielzahl an Dokumenten (Reisepass, Personalausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung, Scheidungsurteil, Haftbefehl, offizielle Bestätigungsschreiben jeglicher Art) mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle käuflich erworben werden. Zudem werden viele Personenstandsfälle nicht ordnungsgemäß bei den Standesämtern registriert, selbst wenn die Registrierung erfolgt ist, sind ältere Personenstandsregister oft zerstört, da insbesondere während der Plünderungen Anfang der 90er Jahre die Register vieler Standesämter vernichtet wurden (AA 17.2.2020).
Quelle:
- AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und Abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_ Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_Abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen _Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), der Grundversorgung (GVS) sowie dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger (AJ-WEB) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zur DR Kongo und die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu „DR KONGO Gefangenenlager Tshatshi“ vom 07.04.2020.
Weiters konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Da der BF entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den persönlichen Verhältnissen, zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit sowie zur Herkunft des BF stützen sich insbesondere auf seine Angaben gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht, sowie auf die unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Dass der BF drei Kinder hat, ergibt sich aus den Ausführungen des BF bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA (Protokoll vom 13.06.2018, AS 74) sowie jenen im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 4).
Hinsichtlich der Reiseroute gilt es, auf die glaubhaften Angaben des BF im Zuge seiner Erstbefragung (Protokoll vom 16.01.2018, AS 7) zu verweisen.
Die Feststellung, dass der BF in Irland und Spanien ebenso Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat, beruht auf den entsprechenden EURODAC-Treffern der Kategorie 1 und seinen Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seit Jänner 2018 ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt. Die Feststellung, dass der BF von 23.10.2019 bis 13.03.2020 über keine Meldedresse verfügte, ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Zentralen Melderegisters. Der BF erklärte diesen Umstand in der mündlichen Beschwerdeverhandlung damit, dass er sich in dieser Zeit auf Wohnungssuche befand.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde sowie auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF zu Protokoll, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, welche den BF an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden, und keine Medikamente einzunehmen. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, zumal auch aus dem unbestrittenen Akteninhalt nichts Gegenteiliges entnommen werden konnte. Damit ergeben sich auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202. Aufgrund dessen konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF nicht unter die COVID-19-Risikogruppe fällt.
Aufgrund des Gesundheitszustandes lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit des BF schließen. Auf den Angaben des BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde beruhen die Feststellungen zum Bildungsgang und zu seiner beruflichen Tätigkeit in der DR Kongo. Er hat war als Investment-Berater tätig (Protokoll vom 13.06.2018, AS 76). Der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet, abgesehen vom Verkauf der Straßenzeitung, keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF sowie dessen Angaben. Die Feststellung zur Tätigkeit des BF als Zeitungsverkäufer ergibt sich aus dem Empfehlungsschreiben vom 22.06.2022 (Beilage C) und seinen Angaben.
Die Feststellungen zu den in der DR Kongo lebenden Familienangehörigen des BF beruhen ebenfalls auf den Angaben des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 13.06.2018, AS 76) sowie auf den Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 4f). Auch die Feststellung zu den in Belgien und Kanada lebenden Familienangehörigen beruht auf den Angaben des BF, wobei er hinsichtlich seines in Kanada lebenden Bruders in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zunächst angab, dass dieser ebenfalls in Brüssel, Belgien lebe, auf Vorhalt des Richters dann aber sogleich bestätigte, dass dieser doch in Kanada lebe (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 5).
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 11.05.2022.
Dass der BF trotz bereits vier Jahre und sechs Monate andauernden Aufenthalts über kein soziales Umfeld im Bundesgebiet verfügt und keine familiären Anknüpfungspunkte oder relevanten privaten Beziehungen in Österreich hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben und dem Akt.
Der BF brachte weder vor der belangten Behörde, noch in der gegenständlichen Beschwerde oder im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konkrete Angaben oder Unterlagen vor, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Zu seiner Integration legte der BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 01.07.2022 die folgenden Unterlagen vor: Teilnahmebestätigung Deutsch AI - VHS XXXX , vom 23.06.2022 (Beilage A), eine Kirchenbesuchsbestätigung vom 27.06.2022 (Beilage B) und ein Empfehlungsschreiben der Straßenzeitung vom 22.06.2022 (Beilage C). Weitere Unterlagen vermochte der BF diesbezüglich nicht vorzulegen.
Insbesondere konnte er auch kein Zertifikat über die Absolvierung eines Deutsch-Sprachkurses vorlegen. Auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung war der BF nicht in der Lage ein Gespräch auf Deutsch zu führen. Es konnte deswegen die Feststellungen getroffen werden, dass keine sprachliche Integration des BF vorliegt.
Die Feststellungen, wonach der BF Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergeben sich aus einem aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte vor Ort zu verifizieren, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153; 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der Glaubhaftmachung im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften im Sinn der Zivilprozessordnung zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der BF die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht setzt dabei positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058 mwN). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenso wie die Beweisführung den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 27.05.1998, Zl. 97/13/0051). Im Falle der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers sind positive Feststellungen von der Behörde nicht zu treffen (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).
Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht (VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).
Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein Vorbringen im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden kann, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650).
Das Bundesverwaltungsgericht hält im gegebenen Zusammenhang fest, dass eine besondere Auseinandersetzung mit der Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des Staates einschließlich diesbezüglicher Feststellungen nur dann erforderlich ist, wenn eine Verfolgung durch Privatpersonen bzw. private Gruppierungen festgestellt wird (vgl. VwGH 02.10.2014, Ra 2014/18/0088). Da der BF jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehende Verfolgung zu gewärtigen hatte, sind spezifische Feststellungen zum staatlichen Sicherheitssystem sowie zur Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit im Herkunftsstaat nicht geboten.
Das Vorbringen des BF hinsichtlich seiner Fluchtgründe sowohl vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch vor der belangten Behörde wurde bereits oben unter „I. Verfahrensgang“ – zusammengefasst – wiedergegeben.
Das Vorbringen des BF gestaltet sich hinsichtlich einiger Punkte als widersprüchlich:
Der BF brachte bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde zunächst vor, ein Mitglied der Partei MLC (Mouvement de Libération du Congo) zu sein und deswegen politisch verfolgt zu werden (Protokoll vom 13.06.2018, AS 79 bis 88). Später in der Einvernahme wandelte er sein Vorbringen dergestalt ab, dass er selbst eine Widerstandsbewegung gegen die Regierung gegründet habe bzw. im Begriff gewesen sei zu gründen und Demonstrationen und Märsche organisiert habe (Protokoll vom 13.06.2018, AS 92). Nachdem er dies bei der initialen Frage nach seinen Fluchtgründen nicht erwähnt hat, liegt der Verdacht nahe, dass er dadurch sein Fluchtvorbringen intensivieren wollte und ist das Vorbringen in dieser Hinsicht nicht glaubhaft. Auch bezüglich der Finanzierung seiner Parteigründung steigerte der BF sein Vorbringen während seiner Einvernahme. Zunächst sprach er lediglich vom Verkauf zweier LKWs, dann behauptete er auch das Geld aus dem Verkauf eines Teiles des Hauses seines Vaters zur Gründung der Partei nutzen zu wollen (Protokoll vom 13.06.2018, AS 92). Wenige Minuten zuvor, als er über den geplanten Verkauf berichtete, erwähnte der BF mit keinem Wort, dass dies zum Zwecke der Parteifinanzierung geschehen sollte (Protokoll vom 13.06.2018, AS 78).
Ein starkes Indiz dafür, dass dem BF in seiner Heimat keine gezielt gegen ihn gerichtete Verfolgung droht, ist auch die Tatsache, dass er nach seiner Rückkehr aus Spanien im Jänner 2015 bis Dezember 2017 in der DR Kongo leben konnte. Zwar brachte er vor, zweimal in dieser Zeit verhaftet worden zu sein, jedoch wurde er nach seinen Angaben beide Male sofort wieder freigelassen. Würde dem BF tatsächlich staatliche Verfolgung in seinem Heimatstaat drohen, wäre er wohl nicht jeweils sofort wieder freigelassen worden und hätte er auch kaum über seinen Heimatflughafen problemlos einreisen können. Nach seinen Angaben konnte er jedoch nach einer kurzen Anhaltung und Überprüfung durch die Sicherheitsbeamten am Flughafen einreisen.
Der BF brachte vor, insgesamt fünf Mal von der Spezialgarde des Präsidenten bzw. des nationalen Sicherheitsdienstes verhaftet worden zu sein. Das erste Mal bei den Unruhen um Jean Pierre Bemba 2007, dann 2008, dann als er 2015 aus Spanien zurückkehrte direkt am Flughafen, dann im Oktober 2016, als Leute in Zivil ihn zu Hause aufsuchten und schlussendlich am 30.11.2017, kurz vor seiner Ausreise. Bei all diesen Verhaftungen gab der BF an, er habe nach kurzer Zeit – zumeist am gleichen Tag – wieder gehen können. Eine Erklärung dafür konnte der BF nicht liefern. Lediglich bezüglich der letzten Inhaftierung brachte der BF vor, seine damalige Freundin habe den General gekannt und um ihr einen Gefallen zu erweisen, habe ihn der General gehen lassen. Dem erkennenden Richter ist nicht nachvollziehbar, warum der staatliche Sicherheitsdienst den BF wiederholt anhalten, aber gleich wieder gehen lassen sollte. Jedenfalls spricht dies nicht für eine Verfolgung des BF im Herkunftsstaat.
Vor dem BFA erwiderte der BF auf die Frage seines damaligen Fluchtgrundes bei der Asylantragstellung in Spanien, wortwörtlich: „Es waren dieselben politischen Gründe wie heute.“ (AS 79) Dies wiederum verneinte der BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 01.07.2022 auf explizite Nachfrage (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 9):
„RI: Wann haben Sie in Spanien einen Asylantrag gestellt?
BF: Das war 2008.
RI: Haben Sie auch in Irland einen Asylantrag gestellt?
BF: Ich hatte ursprünglich nicht vor, in Spanien zu bleiben, da ich ja bereits meinen Sohn in Irland hatte. Damals war ich auch noch in Kontakt mit der Kindesmutter. Aufgrund der Dublin-Verordnung wurde ich dann aber nach Spanien zurückgeschickt.
RI: Wie lange hat Ihr Asylverfahren in Spanien gedauert?
BF: Ich glaube, das waren sechs Jahre.
RI: Was haben Sie in Spanien gemacht?
BF: Ich habe dort Schulen besucht und eine Ausbildung im Hotelgewerbe gemacht. Außerdem habe ich mich mit Informatik beschäftigt.
RI: Was haben Sie in Spanien als Asylgründe vorgebracht?
BF: Dort habe ich meine Zusammenarbeit mit dem Vizepräsidenten Jean Pierre BEMBA als Grund vorgebracht, der später Probleme mit Kabila bekam.
RI: Also im Wesentliche die Gründe, die Sie auch in Österreich vorgebracht haben?
BF: Nein, in Österreich habe ich andere Gründe vorgebracht.“
In diesem Zusammenhang fällt zudem auf, dass der BF in seinem Asylverfahren in Spanien nach negativer erstinstanzlicher Entscheidung nicht einmal ein Rechtsmittel eingelegt hat und sogar freiwillig in seinen Herkunftsstaat ausgereist ist, was wiederum auch nicht auf eine persönliche Verfolgungsbefürchtung des BF in seinem Herkunftsstaat schließen lässt (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 10):
„RI: Was haben Sie nach der negativen Asylentscheidung in Spanien gemacht?
BF: Davon habe ich ja gerade gesprochen. Nach den sechs Jahren in Spanien wollte ich eigentlich wieder in die Heimat zurück. Ich habe dort auch keine Beschwerde eingelegt und sah keinerlei Perspektiven für die Zukunft.
RI: Sind Sie in die DR Kongo abgeschoben worden oder freiwillig ausgereist?
BF: Ich bin freiwillig ohne Mitwirkung der spanischen Regierung ausgereist.
RI: Wie lange waren Sie nach der negativen Asylentscheidung in Spanien in Ihrem Herkunftsland DR Kongo?
BF: Ich habe Spanien 2014 verlassen und war dann bis 2017 in der Heimat.“
Durch diese widersprüchlichen Angaben erscheint das Fluchtvorbringen des BF insgesamt nicht glaubhaft. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass Abweichungen, die lediglich Details der Fluchtgeschichte betreffen, für sich allein genommen nicht geeignet sind, das gesamte Fluchtvorbringen als unglaubwürdig erscheinen zu lassen (VfGH 22.11.2012, U615/12). Die Gesamtbetrachtung der widersprüchlichen und nicht plausiblen Aussagen des BF lassen dem Bundesverwaltungsgericht jedoch Zweifel über den tatsächlichen Verlauf der Dinge entstehen. Dass der BF ein Gegner der Regierung Kabilas war, erscheint dem erkennenden Gericht wahrscheinlich und glaubhaft. Die weiteren Angaben des BF zu den fluchtkausalen Ereignissen sind jedoch nicht glaubhaft. Insbesondere die fünf Verhaftungen des BF ohne erkennbaren Grund und die darauffolgenden sofortigen Freilassungen, sind dem Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar. Auch der BF konnte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung keine plausible Erklärung dafür geben, warum der Geheimdienst gerade ihn im Visier habe (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 14):
„Rl: Was wirft man Ihnen vor, weshalb werden Sie verfolgt?
BF: Das kann ich nicht genau sagen. Der Geheimdienst kommt aber heute noch zum Haus meines Vaters und fragt nach mir.
Rl: Womit wird Ihr Vater dann konfrontiert?
BF: Sie sagen ihm lediglich, dass sein Sohn Ihren Informationen zufolge vor Ort sei.
Rl: Der Geheimdienst geht davon aus, dass Sie nach wie vor in Kinshasa sind?
BF: Ja, sie denken, dass ich zwar ausgereist bin, mich jetzt aber irgendwo in Kinshasa versteckt halte.
Rl: Sonderlich gut scheint dieser Geheimdienst dann nicht zu funktionieren oder was sagen Sie dazu?
BF: Sie haben ihre Informationen offensichtlich aus verschiedensten Quellen. Wie genau das funktioniert, weiß ich nicht.“
Dem Bundesverwaltungsgericht ist – selbst wenn der Fluchtgeschichte des BF Glauben geschenkt wird – keine individuelle Verfolgung des BF ersichtlich. Die – wahrunterstellte – letzte Verhaftung des BF liegt bereits über viereinhalb Jahre zurück und ist es sehr unwahrscheinlich, dass der BF bei einer Rückkehr erneut vom staatlichen Sicherheitsdienst aufgesucht wird. In Kinshasa, der Heimatstadt des BF, leben siebzehn Millionen Menschen. Hier wird es dem BF möglich sein, unbehelligt und unerkannt zu leben.
Zuletzt ist auch unter Verweis auf die getroffenen Länderfeststellungen festzuhalten, dass vor rund drei Jahren ein friedlicher Machtwechsel in der DR Kongo stattgefunden hat. Der damalige Präsident Joseph Kabila, dessen Regime der BF kritisierte, wurde im Amt abgelöst. Der Oppositionskandidat der UDPS, Felix Tshisekedi, gewann am 10.01.2019 die Präsidentschaftswahlen. Der Regierungskandidat Emmanuel Ramazani Shadary hingegen erzielte bei den Wahlen lediglich den dritten Platz.
Die vom BF geltend gemachte Verfolgungsgefahr wäre selbst bei Wahrunterstellung vor dem Hintergrund der dargelegten Entwicklungen und des Machtverlustes des einstigen Präsidenten mittlerweile weggefallen, nachdem sich die behaupteten Inhaftierungen des BF auf seine Einstellung gegenüber dem damaligen Präsidenten Kabila begründete.
So hat der BF schon aufgrund der mangelnden Aktualität seines Fluchtvorbringens keine Verfolgung aufgrund seiner politischen Gesinnung mehr zu befürchten.
Der BF erklärte gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht auf die Frage, ob sich durch den Machtwechsel an seiner Situation etwas geändert habe, dass sich die Situation eher sogar verschlechtert habe, obwohl die Leute damit gerechnet haben, dass sich das Land mit dem neuen Präsidenten öffnen und es demokratischer werden würde. Stattdessen gebe es keine freie Meinungsäußerung, sondern Verhaftungen und tägliche Morde (Verhandlungsprotokoll vom 01.07.2022, S 14).
Diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass Staatspräsident Félix Tshisekedi am 06.12.2020 nach mehrwöchigen Verhandlungen das Ende der Zusammenarbeit zwischen seiner Parteikoalition und der seines Vorgängers Joseph Kabila verkündete (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt II.1.3 – Politische Lage), sodass von einer weiteren Einflussnahme Kabilas in der vom BF behaupteten Intensität nicht mehr ausgegangen werden kann.
Insgesamt kommt daher das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass es dem BF nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, aufgrund welcher Umstände er in seinem Heimatland verfolgt werde, und er im Falle einer Rückkehr in die DR Kongo keine Verfolgung zu fürchten hat.
Die vom BF vorgelegten Bescheinigungsmittel (drei Lichtbilder, auf denen der BF jeweils in einer Gruppe von Personen zu sehen ist, wobei auf zwei Bildern die Flagge des DR Kongo zu sehen ist – AS 113ff) vermochten auch nicht von Gegenteiligem zu überzeugen, zumal die Lichtbilder einerseits nicht sehr aussagekräftig sind und andererseits die regimekritische Einstellung des BF vom Bundesverwaltungsgericht ohnedies als glaubhaft empfunden wird. Diese erreicht jedoch keine Intensität von asylrechtlicher Relevanz.
Eine sonstige besondere Gefährdung wurde nicht substantiiert dargelegt. Der BF ist im arbeitsfähigen Alter, verfügt in der DR Kongo über familiären Anschluss und ist in der Lage, sich bei einer Rückkehr eine neue Existenz aufzubauen, zumal er über eine zwölfjährige Schulbildung und einen Universitätsabschluss verfügt und in der DR Kongo bereits als Berater gearbeitet hat. Es wurde im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert dargelegt, dass der BF im Falle einer Rückkehr Opfer eines Konfliktes oder einer Hungersnot werden könnte. Ebenso wenig liegen bei ihm besondere Verletzlichkeiten, etwa im Sinne einer schweren Erkrankung, vor, welche ihm eine berufliche Tätigkeit verunmöglichen würden. Daher droht ihm im Falle einer Rückkehr keine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung.
Daher war festzustellen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die DR Kongo in keine die Existenz bedrohende Notlage geraten wird.
2.4. Zu den Länderfeststellungen
Zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210). Der Ansicht des BF, das BFA hätte weitere Berichte über die soziale Lage in der DR Kongo heranziehen müsse, kann somit nicht beigewohnt werden.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Im Sinne des Art.1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. ausführlich dargestellt, konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass ihm aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention Verfolgung droht; es ist nicht glaubhaft, dass er in der DR Kongo aufgrund seiner politischen Gesinnung persönlich verfolgt werde. Zudem fand in der DR Kongo zwischenzeitlich ein Regierungswechsel statt, sodass schon aufgrund mangelnder Aktualität des Fluchtvorbringens keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die DR Kongo eine gegen ihn als Einzelperson gerichtete Verfolgung zu erwarten hätte.
Soweit der BF in seiner Beschwerde vom 26.09.2018 behauptet, das BFA habe den Sachverhalt nicht vollumfänglich ermittelt, da nicht umfassend auf die Situation im Herkunftsstaat eingegangen wurde, sei gesagt, dass das BFA die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuellste Länderinformation vollumfänglich zitiert und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Der inzwischen aktualisierte Länderinformationsbericht, der dem BF mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt wurde, untermauert die Aussage der Behörde, dass der BF bei seiner Rückkehr in die DR Kongo keine asylrechtsrelevante Verfolgung zu befürchten hat, da inzwischen ein Regierungswechsel stattgefunden hat.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Dem BF droht in der DR Kongo - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass er im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat eine langjährige schulische und universitäre Ausbildung genossen und war bereits als Berater für Investoren tätig. Durch die Ausübung dieser oder einer ähnlichen Tätigkeit wird er eine Lebensgrundlage sichern können bzw. zum Familieneinkommen beitragen können. Sein Vater, zu dem er nach wie vor regelmäßigen Kontakt pflegt, und seine zwei Töchter leben weiterhin in der DR Kongo und kann davon ausgegangen werden, dass zumindest sein Vater ihn wieder aufnehmen würde.
Damit ist der BF durch die Abschiebung in seinen Herkunftsstaat nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in der DR Kongo bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass die wirtschaftliche Lage und die Grundversorgung in der DR Kongo prekär ist, ganz allgemein besteht im Herkunftsstaat derzeit aber keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).
Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, d.h. auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, ist weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:
„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Der BF verfügt über kein Familienleben in Österreich. Da vom BF weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie Heirat oder Vaterschaft) in Österreich behauptet wurden, liegt kein hinreichend intensives Familienleben im Sinne der EMRK vor und stellt somit die Ausweisungsentscheidung schon aus dieser Erwägung keine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (AsylGH 03.12.2009, A2 253.985-0/200853). Nicht verkannt wird, dass der Sohn des BF irischer Staatsangehöriger ist und in London lebt und der BF nach seinen Angaben in regelmäßigem Kontakt mit diesem steht.
Zu prüfen ist daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des BF. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Im Hinblick auf die Zeitspanne, die sich der im Jänner 2018 eingereiste BF in Österreich aufhält, kann eine von Art. 8 EMRK geschützte Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden.
Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 15.01.2018 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung der belangten Behörde am 01.08.2018 eine knapp siebenmonatige Dauer. Der nunmehr viereinhalbjährige Aufenthalt des BF beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer seines Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. So hat der Verwaltungsgerichtshof erst in drei jüngst ergangenen Entscheidungen, bei sogar längerer Aufenthaltsdauer wie im Fall des BF und bei deutlich gewichtigeren Integrationsschritten wie im vorliegenden Beschwerdefall (Deutschkenntnisse auf Niveau B1, Ausbildung in Sozial- und Pflegeberuf, Lehre zum Bäcker), ausführlich dargelegt, dass es maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und eine zuvor ergangene Rückkehrentscheidung bestätigt (vgl. VwGH 06.05.2020, Ra 2020/20/0093; 27.02.2020, Ra 2019/01/0471; 28.02.2019, Ro 2019/01/0003).
Hinweise, dass der BF in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen nicht vor. Der BF verkauft seit Jänner 2022 Zeitungen. Ansonsten ist er im Bundesgebiet bisher keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen, ist nicht selbsterhaltungsfähig und nach wie vor auf Leistungen aus der Grundversorgung angewiesen. Er ist weder Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig. Er besucht lediglich die Kirche. Er verfügt trotz der langen Aufenthaltsdauer nur über Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Seine privaten Kontakte entsprechen, selbst wenn sie vorhanden und für den BF von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.
Ein allfälliges besonders zu berücksichtigendes Integrationsverhalten des BF kann daher im konkret vorliegenden Sachverhalt in der Gesamtschau nicht erblickt werden. Auch wird das Gewicht seiner ohnehin als gering zu wertenden privaten Interessen dadurch gemindert, dass sie allesamt über einen Zeitraum entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov).
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen, wobei im Rahmen der Gesamtabwägung einem solchen Vorbringen nicht in jeder Konstellation Relevanz zukomme (vgl. dazu VwGH, 30.06.2016, Zl Ra 2016/21/0076-10 und VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Vulnerabilität liegt gegenständlich aber nicht vor.
Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Er spricht durchaus noch seine Muttersprache und es kann davon ausgegangen werden, dass er nach wie vor die lokalen Eigenheiten und Gebräuche seines Herkunftsstaates kennt. Zudem leben sein Vater und seine Töchter nach wie vor in der DR Kongo. Somit kann nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des BF ausgegangen werden.
Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")
Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass eine Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in die DR Kongo erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.
3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Derartige "besondere Umstände" wurden vom BF nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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