JudikaturBFG

RV/7101558/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***** in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers, mit der Adresse X, über die Beschwerde vom 29. April 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 28. April 2025 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2024 Steuernummer XXXXX zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist, ob die vom Beschwerdeführer (kurz BF) in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung begehrten Unterhaltsleistungen im Jahr 2024 im Zuge einer Veranlagung zu berücksichtigen sind.

Im Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung vom 15.4.2025 begehrte der BF die Kosten für Unterhaltsleistungen im Jahr 2024. Ergänzend teilte er mit, dass die Zahl der gehaltsauszahlenden Stellen von 1 auf 0 zu korrigieren sei.

Mit Bescheid vom 28.4.2025 wurde der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung von der Abgabenbehörde abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht elektronisch eingebrachte Beschwerde, in welcher der BF erneut die im Jahr 2024 bezahlten Unterhaltsbeträge begehrte.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 15.5.2025 teilte die Abgabenbehörde begründend mit, dass keine steuerpflichtigen Einkünfte im Jahr 2024 bezogen wurden. Vom Arbeitslosengeld und von der Notstandshilfe werden weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern einbehalten. Daher könne auch keine Steuer bzw. Negativsteuer rückerstattet werden.

Im elektronisch eingebrachten Vorlageantrag führt der BF zur Arbeitnehmerveranlagung 2024 aus: "In der ArbeitnehmerInnenveranlagung aus dem Jahr 2023 wurden ebenso Unterhaltszahlungen geleistet und ebenso keine Einkünfte generiert, was aber dennoch zu einer Steuergutschrift geführt hat. Fragestellung: warum sollte es jetzt bei der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2024 anders sein? Diese Entscheidung vom 15.05.2025 wird daher nicht zur Kenntnis genommen. Bitte um weitere Bearbeitung und Erledigung."

Mit Vorlagebericht vom 22.5.2025 wurde der elektronische Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und von der Abgabenbehörde erneut und ergänzend zusammengefasst ausgeführt, dass der BF in diesem Veranlagungszeitraum keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte bezogen habe. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe seien von der Einkommensteuer befreit. Es könne keine Veranlagung erfolgen, da die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 nicht vorliegen würden. Es bestehe kein Anspruch auf Negativsteuer und werde die Abweisung beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung vom 15.4.2025 begehrte der BF Unterhaltsleistungen für seine Tochter, X, geboren am X.X.X, in Höhe von gesamt € 1.848,- (monatlich € 154,-).

Der BF bezog vom 01.01. bis 06.03. Arbeitslosengeld (Gesamtbetrag der Leistungen € 2.743,62) und vom 7.3. bis 31.12.2025 Notstandshilfe (Gesamtbetrag der Leistungen € 11.862,00).

Mit Bescheid vom 28.4.2025 wurde der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung von der Abgabenbehörde mit der Begründung, dass im Veranlagungszeitraum keine steuerpflichtigen Bezüge vorliegen, abgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten und aus den im Verfahrensverlauf angeführten elektronischen Verwaltungsakten sowie den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Einkommensteuer wird gemäß § 39 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, das die Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.

Hat die Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt die Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 vorliegen. Voraussetzung für eine Veranlagung ist, dass im Einkommen der Steuerpflichtigen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Nur dann ist die Steuerpflichtige gemäß § 41 EStG 1988 zu veranlagen.

Gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen, wenn die Voraussetzungen der Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht vorliegen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden. Mit der Veranlagung auf Antrag kann der Steuerpflichtige Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen auch nachträglich geltend machen, wenn solche Ausgaben im Rahmen des Lohnsteuerabzuges nicht berücksichtigt wurden. Der Arbeitnehmer wird eine Veranlagung auch dann beantragen, wenn die Summe der anderen Einkünfte einen Verlust ergeben (Verlustveranlagung) oder der Arbeitnehmerabsetzbetrag zu einer negativen Einkommensteuer führt (vgl. Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (20. Lfg 2018) § 41 EStG - Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften Rz 7, 36 und 38).

Dies bedeutet, dass nur dann, wenn steuerpflichtige Einkünfte vorliegen, sich aus dem Steuertarif und aus den Absetzbeträgen (wie zB Verkehrsabsetzbetrag, Arbeitnehmerabsetzbetrag) bei niedrigem Einkommen eine negative Steuerschuld ergeben kann.

Bei Steuerpflichtigen, die kein Einkommen erzielt haben, erfolgt eine Veranlagung nur zur (Rück-)Erstattung von Beträgen nach § 33 Abs 8 EStG 1988, da diese bei einem bestehenden Anspruch auf Alleinverdienerabsetzbetrag oder auf den Alleinerzieherabsetzbetrag die Erstattung dieses Absetzbetrages beantragen können. In allen anderen Fällen ist mit "Nichtveranlagungsbescheid" abzusprechen (Jakom/Peyerl EStG, 2024, § 39 Rz 6).

§ 33 Abs. 8 EStG 1988 in der für das Jahr 2024 geltenden Fassung laute auszugsweise:"Ist die nach Abs. 1 und 2 errechnete Einkommensteuer negativ, so ist insoweit der Alleinverdiener oder der Alleinerzieherabsetzbetrag gutzuschreiben […]"

Der Verfassungsgerichtshof führt im Erkenntnis vom 28.09.2018, G 261/2017 zur "Negativsteuer" Folgendes aus:

"Ferner wird bemerkt, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Idee der 'negativen Einkommensteuer' eine integrative Betrachtung von Einkommensteuer und Transferleistungen zugrunde liegt, die von der Finanzwissenschaft als Konzept zur Lösung sozialpolitischer Probleme diskutiert wird und die im österreichischen Einkommensteuerrecht in der Form der Gutschreibung von Absetzbeträgen bei negativer Einkommensteuer seit vielen Jahren ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. VfSlg. 16.026/2000). Konkret ist diese 'Negativsteuer' primär auf die Abgeltung des Alleinverdienerabsetzbetrages oder des Alleinerzieherabsetzbetrages gerichtet (die Absetzbeträge können unabhängig von einer Erwerbstätigkeit beantragt werden). Weiters kann es auch zu einer - mit Höchstbetrag beschränkten - Rückerstattung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung kommen (vgl. auch EB ME 324 BlgNR 28.GP 142). Eine der wesentlichen Funktionen der Negativsteuer aus sozialpolitischer Sicht ist es, eine Erwerbstätigkeit gegenüber einem Transferbezug bzw. einer staatlichen Leistung attraktiver zu gestalten. Die Negativsteuer erhöht das Erwerbseinkommen und setzt dabei Anreize, anstelle einer Sozialleistung (z.B. Mindestsicherung) oder einer Versicherungsleistung (z.B. Arbeitslosengeld) ein Einkommen aus Erwerbsarbeit zu beziehen. Zudem soll die Negativsteuer durch eine teilweise Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen Niedriglohnbezieher, die durch indirekte Steuern stärker belastet sind, entlasten und damit einen Beitrag zur Armutsvermeidung leisten."

Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall:Der BF hat im gesamten Jahr 2024 Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 sind das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen (zB Krankengeld während Arbeitslosigkeit, Weiterbildungsgeld bei Bildungskarenz und bei Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts, sowie Übergangsgelder) von der Einkommensteuer befreit (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (18. Lfg 2016) § 3 EStG - Steuerbefreiungen Rz 23). Krankengelder (nach den Bestimmungen des ASVG) sind grundsätzlich steuerpflichtig (Jakom/Ehgartner EStG, 2024, § 3 Rz 15; Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (18. Lfg 2016) § 3 EStG - Steuerbefreiungen Rz 18).

Da der BF wie ausgeführt zwar Leistungen bezog, jedoch diese zur Gänze steuerfrei belassen wurden und auch tatsächlich steuerfrei sind, liegen keine steuerpflichtigen Einkünfte des BF vor.

Der BF bezog im Jahr 2024 keine unter die Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zu subsumierenden Einkünfte. Die oben genannten Bezüge stellen keine steuerpflichtigen Bezüge gemäß § 41 EStG 1988 dar. Der BF hat im beschwerdegegenständlichen Jahr kein steuerpflichtiges Einkommen.

Die vom BF beantragten Unterhaltsleistungen würden durch den Unterhaltsabsetzbetrag die zuvor berechnete Steuerlast reduzieren. Dies jedoch nur im Fall des Vorliegens von steuerpflichtigen Einkünften.

Im Falle des Beziehens ausschließlich steuerfreier Einkünfte im Veranlagungszeitraum - wie im gegenständlichen Fall - besteht jedoch kein Anspruch auf Veranlagung und auf Negativsteuer.

Die Abgabenbehörde hat somit im Ergebnis den Antrag des BF auf eine Veranlagung jeweils zu Recht abgewiesen, da keine Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988 vorlagen.

Angemerkt sei, dass auch wenn die Voraussetzung des Vorliegens von steuerpflichtigem Einkommen erfüllt wäre und eine Berechnung einer Negativsteuer möglich wäre, nach dem Gesetzestext des § 33 Abs 8 EStG 1988 nur die im Gesetz genannten Absetzbeträge zu einer Negativsteuer führen können. Der Unterhaltsabsetzbetrag mindert die zu berechnende Steuer, er führt per se zu keiner Negativsteuer (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 110).

Aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist klar abzuleiten, dass ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass keine Veranlagung durchzuführen ist, in derselben Sache ergeht, in der der Abgabenbescheid ergangen wäre, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Durchführung einer Veranlagung bejaht hätte (vgl. VwGH 24.11.1998, 98/14/0144 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Die Abgabenbehörde hat zu Recht mit einem sogenannten "Nichtveranlagungsbescheid" abgewiesen und insoweit von einer (Neu-)Berechnung und Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2024 Abstand genommen.

Der angefochtene Bescheid ist mit keiner inhaltlichen Rechtwidrigkeit behaftet.

Der Beschwerde konnte aus den dargelegten Gründen kein Erfolg beschieden sein.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die entscheidungswesentlichen Fragen ergeben sich aus den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der angeführten Rechtsprechung. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Salzburg, am 28. Mai 2025