IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am 27. Mai 2024 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2023 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit € 2.008,00 festgesetzt. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt werde, weil die Beschwerdeführerin im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate "in einer Gemeinschaft mit einer Ehepartnerin/einem Ehepartner oder einer Partnerin/einem Partner gelebt" habe.
2. Mit dem am 28. Mai 2024 eingereichten Schreiben hat die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Dass sie im Jahr 2023 mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem Partner gelebt habe, treffe nicht zu.
3. Mit der am 2. Dezember 2024 ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen.
4. Mit dem am 9. Dezember 2024 elektronisch über FinanzOnline eingereichten Schreiben hat die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
5. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom 14. Mai 2025 die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Sachverhalt
Folgender Sachverhalt für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen.
1. Die zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn ***Partner1*** vor dem Standesamt ***Behörde1*** am ***Datum1*** geschlossene Ehe wurde am 28. Juni 2023 geschieden.
2. Die Beschwerdeführerin und Herr ***Partner1*** haben zwei Kinder, ***Kind1*** (geboren am ***Datum2***) und ***Kind2*** (geboren am ***Datum3***), für die ihnen mehr als sechs Monate im Jahr 2023 ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zustand.
3. Die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern hat im Jahr 2023 nicht mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit Herrn ***Partner1*** gelebt.
III. Beweiswürdigung
1. Die Sachlage zu Punkt. II.1. ergibt sich aus dem Beschluss des ***BG1*** zu ***GZ1*** und ist unstrittig.
2. Die Sachlage zu Punkt II.2. ist nach der Aktenlage erwiesen und ist unstrittig.
3. Strittig ist die Sachlage zu Punkt II.3.
3.1. Die belangte Behörde vertritt in der Begründung zum angefochtenen Bescheid ohne weitere Ausführungen die Ansicht, die Beschwerdeführerin habe "im Veranlagungsjahr mehr als 6 Monate "in einer Gemeinschaft mit einer Ehepartnerin/einem Ehepartner oder einer Partnerin/einem Partner gelebt". In der Beschwerdevorentscheidung führt sie aus, die Beschwerdeführerin sei "im Kalenderjahr nur 6 Monate und nicht mehr als 6 Monate alleinerziehend" gewesen. Ihr Ehegatte habe eidesstattlich bestätigt, dass er mit 30.06.2023 die Wohnung verlassen habe. Im Vorlagebericht verweist die belangte Behörde zudem darauf, dass sich der (geschiedene) Gatte der Beschwerdeführerin erst am 31. Juli 2023 von der gemeinsamen Wohnung abgemeldet habe.
3.2. Die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerdeschrift sowie im Vorlageantrag aus, sie habe sich Mitte Mai 2023 von ihrem damaligen Mann und Vater der Kinder scheiden lassen. Sie habe auf jeden Fall mit ihren zwei Kindern allein in ihrem Haushalt gelebt. Ihr Mann habe sich leider nicht sofort beim Stadtmagistrat abgemeldet. Er habe eine neue Freundin gehabt und bei ihr gelebt. Hie und da sei er zu ihrer Unterkunft zurückgekehrt und habe seine Sachen ausgeräumt. Er habe sie in dieser Zeit nicht finanziell unterstützt (außer geringe Alimente für Kinder), habe also nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt und auch nicht dazu beigetragen. Er sei bereits vor der Scheidung ausgezogen, etwa vier bis fünf Monate vorher. Sein Ausräumen der Unterkunft habe er in etwa mit Ende Juni (2023) abgeschlossen. Vielleicht habe er dies deswegen so eidesstattlich unterschrieben.
3.3. Für das Bundesfinanzgericht ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin glaubwürdig, ihr damaliger Ehemann sei bereits vor der Scheidung, etwa vier bis fünf Monate davor, aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Sie deckt sich mit ihrer Aussage und jener ihres geschiedenen Gatten bei der mündlichen Verhandlung vor dem ***BG1*** vom 28. Juni 2023, wo festgehalten ist, dass ihre eheliche Lebensgemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben war und wegen Zerrüttung mit einer Wiederherstellung nicht mehr gerechnet werden konnte. Die Angaben der Beschwerdeführerin, dass der geschiedene Gatte eine neue Freundin gehabt und bei ihr gelebt habe, nur gelegentlich in ihre Unterkunft zurückgekehrt sei und seine Sachen abgeholt habe, zweifelt das Bundesfinanzgericht nicht an, sie sind verständlich. Aktenkundig ist zudem, dass der ehemalige Gatte der Beschwerdeführerin einen Nebenwohnsitz an der Adresse ***1*** gemeldeten hatte (seit 24.01.2014), den er mit seiner Abmeldung an der Adresse ***Bf1-Adr*** zum Hauptwohnsitz erklärte. Ihm stand daher im Zeitraum der Zerrüttung der Ehe jederzeit eine Wohnstätte außerhalb der ehelichen Wohnung zur Verfügung. Im Ergebnis ist das Bundesfinanzgericht überzeugt, dass die Beschwerdeführerin bereits vor der Scheidung, also noch in der ersten Hälfte des Jahres 2023, nicht mehr in Gemeinschaft mit ihrem damaligen Ehemann gelebt hat. Die Tatsache, dass er gelegentlich zur gemeinsamen Unterkunft zurückkehrte und seine Sachen ausräumte, steht dem nicht entgegen. Seine "Eidesstattliche Erklärung" vom 9. Juli 2024, dass er "die ehemalige Wohnung in der ***Bf1-Adr*** am 30. Juni verlassen habe", ist so zu verstehen, dass er die Wohnung, wie im Scheidungsbeschluss vorgesehen, an diesem Tag endgültig geräumt hatte, nicht aber so, dass erst zu diesem Zeitpunkt die eheliche Gemeinschaft beendet war. Ebenso belegt die formelle Bekanntgabe des Wohnsitzwechsels am 31. Juli 2023 nicht deren Ende.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei zwei Kindern € 704,00 ( § 33 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 153/2022 iVm § 124b Z 473 EStG 1988). Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind ( § 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
2 Als Kinder gelten gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht.
3. Da für das Bundesfinanzgerichts erwiesen ist (oben Punkt III.), dass die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern im Streitjahr nicht mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit Herrn ***Partner1*** lebte, war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.
V. Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 2023 betragen:
VI. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Revision ist nicht zulässig, da für den Beschwerdefall im Wesentlichen Tatfragen zu klären waren und die zugrundeliegende Rechtslage sich eindeutig aus dem Gesetz ergibt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Innsbruck, am 10. Juli 2025