JudikaturBFG

RV/7100298/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
31. März 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***Bf KG***, letzte Geschäftsanschrift ***Bf Adr*** über die Beschwerde vom 16. August 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 27. Juli 2023 betreffend die Abweisung eines Stundungsersuchens, zu Steuernummer ***Bf StNr***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit einem am 28.06.2023 bei der belangten Behörde eingegangenen Schreiben stellte die beschwerdeführende Partei hinsichtlich eines offenen Rückstandes in Höhe von € 29.983,20 ein Stundungsersuchen.

Am 27.07.2023 wies das Finanzamt das Stundungsersuchen ab.

Am 16.08.2023 wurde Beschwerde gegen den das Stundungsersuchen abweisenden Bescheid erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.12.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Aufgrund der Betriebsaufgabe und der schlechten finanziellen Lage der ***Bf KG*** erscheine durch einen Zahlungsaufschub die Einbringlichkeit der Abgaben ohne Leistung einer entsprechenden Sicherheit gefährdet.

Dagegen ist fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht worden.

Am 29.01.2024 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg, Aktenzeichen 35 Se 353/23f vom 19.12.2023 wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der bereits am 15.12.2022 aufgelösten und am 17.12.2022 auf Antrag (wegen Einstellung des Geschäftsbetriebes) aus dem Firmenbuch gelöschten ***Bf KG*** (früher ***Firmenbuchnummer***) wegen Vermögenslosigkeit nicht eröffnet.

Am Abgabenkonto, die letzte saldowirksame Buchung erfolgte im Mai 2024, haftet ein Abgabenrückstand von € 22.039,22 unberichtigt aus. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um jene Abgaben, die auch Gegenstand des am 28.06.2023 eingebrachten Stundungsersuchens waren; ein Teil jenes Rückstandes, der Gegenstand des betreffenden Zahlungserleichterungsansuchens war, ist nicht mehr aushaftend.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Einsichtnahme in die Insolvenzdatei, ins Firmenbuch sowie auf das Abgabenkonto der ***Bf KG***.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 212 Abs 1 BAO bestimmt:

"Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. […]"

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, ist unabdingbare Voraussetzung für die Stundung aushaftender Abgabenschulden, dass deren Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet wird. Dieses Stundungshindernis liegt nicht nur dann vor, wenn die Gefährdung der Einbringlichkeit durch die Stundung selbst verursacht wird. Auch im Fall bereits bestehender Gefährdung der Einbringlichkeit ist für die Gewährung einer Stundung kein Raum (siehe etwa VwGH 07.02.1990, 89/13/0018 mwN). Für die Annahme der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben braucht es noch nicht zu einem Abgabenausfall gekommen zu sein. Es reicht, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät. Bei einer Gefährdung handelt es sich um das Vorstadium eines Abgabenausfalles, in dem eine Tendenz erkennbar ist, dass die Abgabe nicht bezahlt werden wird. Für die Gefährdung muss es Anhaltspunkte tatsächlicher Art geben; sie darf nicht nur vermutet werden (vgl schon VwGH 10.03.1988, 87/16/0156). Schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse, voraussehbar geringes künftiges Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen sind Gegebenheiten, die es im Allgemeinen rechtfertigen, eine Gefährdung der Einbringlichkeit anzunehmen (VwGH 18.09.2000, 2000/17/0094 unter Verweis auf Stoll, BAO III, 2249 f und die dort wiedergegebene Rechtsprechung und Literatur; vgl auch VwGH 11.06.1975, 0873/75, wonach die Behörde nicht rechtswidrig handelt, wenn sie aus der Einleitung des Konkursverfahrens den Schluss zieht, dass durch eine Stundung die Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes gefährdet wäre). Gerade in solchen Fällen soll den Abgabenbehörden jede Möglichkeit zur Durchführung von Einbringungsmaßnahmen gewahrt und nicht etwa durch eine Stundung verschlossen bleiben.

Angesichts des Umstandes, dass mit dem rechtskräftigen Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg, Aktenzeichen 35 Se 353/23f vom 19.12.2023 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der bereits aufgelösten und aus dem Firmenbuch gelöschten ***Bf KG*** wegen Vermögenslosigkeit nicht eröffnet wurde, ist die Einbringlichkeit jener Abgaben, die Gegenstand des Stundungsansuchens waren (soweit diese noch aushaftend sind) zweifelsohne als gefährdet anzusehen (vgl auch BFG 06.09.2016, RV/7400162/2014, BFG 29.11.2019, RV/7400182/2019, BFG 22.05.2020, RV/7100280/2020). Dass gegenständlich aus welchen Gründen auch immer keine Gefährdung der Einbringlichkeit der zum Teil nach wie vor rückständigen Abgaben vorliegt, wurde im Übrigen seitens der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Verfahren nie behauptet, obgleich aufgrund der Beschwerdevorentscheidung, aber auch aufgrund des Vorlageberichtes (beide haben Vorhaltscharakter) bekannt sein musste, dass die belangte Behörde von einer schlechten finanziellen Situation der KG ausgeht bzw aus dem Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg zu Aktenzeichen 35 Se 353/23f eine Gefährdung der Einbringlichkeit geschlossen hat. Vielmehr wurde im Vorlageantrag zum Ausdruck gebracht, dass man die offenen Abgabenschulden für uneinbringlich halte.

Eine Bewilligung einer Zahlungserleichterung scheidet damit aber schon aus Rechtsgründen aus. Eine Ermessensentscheidung war nicht mehr zu treffen (vgl VwGH 22.10.1991, 88/14/0019).

Es war spruchgemäß zu befinden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung beruht auf der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am 31. März 2025