JudikaturBFG

RV/7101902/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
25. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerden vom 12. Juli 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 13. Juni 2024 betreffend Anspruchszinsen und Umsatzsteuerzinsen für das Jahr 2022, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin (Bf.) hat das Finanzamt Feststellungen hinsichtlich der Körperschaft- und Umsatzsteuer 2022 getroffen und diesbezügliche Bescheide erlassen. Mit Bescheiden vom 13.06.2024 wurden für das Jahr 2022 weiters Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO iHv 13.652,30 € und Umsatzsteuerzinsen gemäß § 205c BAO iHv 2.448,22 € festgesetzt und vorgeschrieben.

Gegen den Anspruchszinsen- und Umsatzsteuerzinsenbescheid 2022 wurden fristgerecht Beschwerden erhoben und ausgeführt, dass sowohl die Festsetzung der Körperschaftsteuer als auch der Umsatzsteuer 2022 unrichtig erfolgt, der nachgeforderte Betrag daher unrichtig festgesetzt und dementsprechend keine Verzinsung vorzunehmen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 12.09.2024 wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen, da mit diesen keine Rechtswidrigkeit des Anspruchszinsen- und Umsatzsteuerzinsenbescheides aufgezeigt worden sei.

Dagegen brachte die Bf. jeweils am 14.10.2024 einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein.

Mit Vorlagebericht vom 20.06.2025 legte das Finanzamt den Akt der zuständigen Gerichtsabteilung vor.

Mit Schreiben vom 23.06.2025 zog die Bf. ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom 13.06.2024 wurden Anspruchszinsen iHv 13.652,30 € für das Jahr 2022 vom Finanzamt festgesetzt. Diese Abgabenschuld ergibt sich aufgrund der Verzinsung des Differenzbetrages iHv 329.949,00 €, der sich aufgrund der Gegenüberstellung des bisher vorgeschriebenen Körperschaftsteuerbetrages und der am 13.06.2024 festgesetzten Körperschaftsteuer ergab.

Mit Bescheid vom 13.06.2024 wurden Umsatzsteuerzinsen iHv 2.448,22 € für das Jahr 2022 vom Finanzamt festgesetzt. Diese Abgabenschuld ergibt sich aufgrund der Verzinsung des Differenzbetrages iHv 59.168,56 €, der sich aufgrund der Gegenüberstellung der bisher erklärten Umsatzsteuer (Jahreserklärung eingereicht am 28.09.2023) und der am 13.06.2024 festgesetzten Umsatzsteuer ergab.

Die Festsetzung der Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2022 mit Bescheiden vom 13.06.2024 geht auf Feststellungen des Finanzamtes aufgrund einer bei der Bf. durchgeführten Betriebsprüfung zurück. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer kam es zu einer Abgabennachforderung iHv 329.949,00 €. Hinsichtlich der Umsatzsteuer kam es zu einer Abgabennachforderung iHv 59.168,56 €, verglichen mit der am 28.09.2023 von der Bf. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2022.

Die gegen den Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2022 am 12.07.2024 erhobenen Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom 22.04.2025 abgewiesen. Dagegen wurden keine weiteren Rechtsmittel ergriffen. Sowohl der Körperschaftsteuer- als auch der Umsatzsteuerbescheid 2022 ist somit in Rechtskraft erwachsen.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***Datum 2024***, AZ ******, wurde über das Vermögen der Bf. das Konkursverfahren eröffnet und ***X*** als Masseverwalter eingesetzt.

Mit Schreiben vom 23.06.2025 wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes bezogenen Dokumenten. Dass über das Vermögen der ***Bf*** ein Insolvenzverfahren eröffnet und ***X*** als Masseverwalter eingesetzt wurde, ist dem Beschluss des HG Wien vom ***Datum 2024*** zur AZ ****** zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1 Anspruchszinsen

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Die Anspruchszinsen betragen gemäß § 205 Abs. 2 BAO zwei Prozent über dem Basiszinssatz.

Die Festsetzung von Anspruchszinsen hat mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) zu erfolgen, wobei als Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift heranzuziehen ist.

Es kann daher jede Nachforderung bzw. Gutschrift (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid auslösen. Der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden.

Der Zinsenbescheid ist grundsätzlich mit Bescheidbeschwerde anfechtbar, etwa mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)bescheid sei nicht zugestellt worden oder der im Zinsenbescheid angenommene Zeitpunkt seiner Zustellung sei unzutreffend. Aufgrund der Bindung an den Abgabenbescheid ist der Zinsenbescheid jedoch nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)bescheid sei inhaltlich rechtswidrig.

Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid; es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 205 Rz 32 ff und die dort wiedergegebene Literatur und Judikatur).

Dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2022 liegt die im Körperschaftsteuerbescheid 2022 vom 13.06.2024 ausgewiesene Abgabennachforderung zugrunde. Die Bf. bekämpft den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen mit der Begründung, dass die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2022 unrichtig erfolgt sei.

Wie oben dargelegt, ist der Anspruchszinsenbescheid an die Höhe der im - rechtskräftigen - Bescheidspruch des Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden, daher war die Beschwerde über den Anspruchszinsenbescheid als unbegründet abzuweisen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.2 Umsatzsteuerzinsen

Gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c BAO ist eine Nachforderung aufgrund einer Abgabenfestsetzung infolge der Umsatzsteuererklärung ab dem 1. Oktober des Folgejahres bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw. Erkenntnisses mit Umsatzsteuerzinsen zu verzinsen (in Analogie zu den Anspruchszinsen gemäß § 205 Abs. 1).

Die Umsatzsteuerzinsen betragen gemäß § 205c Abs. 5 BAO pro Jahr zwei Prozent über dem Basiszinssatz.

In § 3 Abs. 2 lit. b BAO, in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2022, ist festgelegt, dass Umsatzsteuerzinsen zu den Nebenansprüchen gehören.

Gemäß § 323 Abs. 75 BAO tritt § 205c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 108/2022 mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und ist auf Nachforderungen auf Grund der Veranlagung gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c sowie § 205c Abs. 2 Z 2 lit. b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 108/2022 erstmalig auf Jahresumsatzsteuerbescheide betreffend das Jahr 2022 anzuwenden.

Die Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen hat mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) zu erfolgen, wobei als Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift heranzuziehen ist.

Angesichts der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage kann kein Zweifel darüber bestehen, dass jener Tatbestand erfüllt ist, an den die Regelung des § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c BAO die Vorschreibung von Umsatzsteuerzinsen knüpft.

Nach dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung ergibt sich eindeutig, dass ein aus der bescheidmäßigen Erstveranlagung der Umsatzsteuer für ein betreffendes Jahr entstehender Nachforderungsbetrag vom 1. Oktober des Folgejahres bis zur Bekanntgabe des Jahresumsatzsteuerbescheides zu verzinsen ist.

Im Beschwerdefall ergab sich auf Basis des Umsatzsteuerjahresbescheides vom 13.06.2024 eine zinsenrelevante Differenz von 59.168,56 €, die für den Zeitraum 1.10.2023 bis zum Tag der Bescheiderlassung (13.06.2024) gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c BAO zu Recht zu verzinsen war. Der angefochtene Umsatzsteuerzinsenbescheid 2022 entspricht somit der eindeutigen Gesetzeslage und erweist sich nicht als rechtswidrig.

Die Bf. stellt auch nicht das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung der beschwerdegegenständlichen Umsatzsteuerzinsen sowie deren Berechnung in Abrede, verlangt jedoch die Aufhebung des Zinsenbescheides aufgrund der Behauptung, dass sich der zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid als nicht richtig erweist.

Dem ist entgegen zu halten, dass Umsatzsteuerzinsenbescheide nicht die materielle Richtigkeit des Umsatzsteuerbescheides voraussetzen (so die Gesetzesmaterialien zu § 205c BAO bzw. Ritz/Koran, BAO8, § 205c Rz 15). Weiters wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 in § 3 Abs. 2 lit. b BAO eine ausdrückliche Klarstellung dahingehend getroffen, dass es sich bei den Umsatzsteuerzinsen um einen Nebenanspruch handelt (so Mayr, in SWK 23-24, Seite 963). Die Zinsen sind daher hinsichtlich ihrer Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer abhängig und von dieser zu berechnen. Dementsprechend ist die Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen zwar grundsätzlich selbständig anfechtbar, doch nicht mit der Begründung, der maßgebende Umsatzsteuerbescheid sei unrichtig und daher rechtswidrig erlassen (BFG vom 10.02.2025, RV/7100077/2025).

Dem angefochtenen Umsatzsteuerzinsenbescheid für das Jahr 2022 liegt die im Umsatzsteuerbescheid 2022 vom 13.06.2024 ausgewiesene Abgabennachforderung zugrunde. Die Bf. bekämpft den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen mit der Begründung, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer 2022 unrichtig erfolgt sei.

Wie oben dargelegt, ist der Umsatzsteuerzinsenbescheid an die Höhe der im - rechtskräftigen - Bescheidspruch des Umsatzsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden, daher war die Beschwerde betreffend den Umsatzsteuerzinsenbescheid als unbegründet abzuweisen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass eine gemäß § 205c Abs. 1 Z 2 lit. c BAO erfolgte Festsetzung von Umsatzsteuerzinsen nicht aufgrund der Rechtswidrigkeit des zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheides angefochten werden kann, ergibt sich aus der Zusammenschau der mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 eingefügten § 3 Abs. 2 lit. b BAO und § 205c BAO. Daher war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am 25. Juni 2025