IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Tschechien, über die Beschwerde vom 23. Jänner 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 10. Jänner 2025 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin brachte am 5. Dezember 2024 eine Erklärung L1 zur Arbeitnehmerinnenveranlagung 2023 samt ausgefüllter Beilage L1i beim zuständigen Finanzamt ein. Sie gab darin an, im Jahr 2023 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt zu haben, aber bei einem Arbeitgeber beschäftigt gewesen zu sein, der einen Lohnsteuerabzug in Österreich vorgenommen habe, sich in Karenz zu befinden und zwei Kinder zu haben, stellte einen Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4) und machte den Kindermehrbetrag für zwei Kinder für das Jahr 2023 geltend.
Mit Bescheid vom 10. Jänner 2025 wurde ihr Antrag mangels steuerpflichtiger Bezüge im Veranlagungszeitraum abgewiesen.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom 23. Jänner 2025 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. März 2025 mit der Begründung abgewiesen, gemäß § 33 Abs. 7 EStG stehe der Kindermehrbetrag zu, wenn zumindest an 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Erwerbseinkünfte erzielt werden oder wenn im gesamten Kalenderjahr nur Kinderbetreuungsgeld, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen wird. Da im Kalenderjahr 2022 (richtig: 2023) weder an zumindest 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Erwerbseinkünfte erzielt worden seien noch im gesamten Kalenderjahr nur Kinderbetreuungsgeld, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen worden sei, bestehe kein Anspruch auf den Kindermehrbetrag.
Im als Vorlageantrag gewerteten Schreiben vom 3. April 2025 gab die Beschwerdeführerin an, sie habe im Jahr 2023 den Familienbonus Plus für ihre beiden Kinder nicht erhalten, weshalb sie um einen Kindermehrbetragsabzug bitte, da sie die Voraussetzungen dafür erfülle. Sie habe im ganzen Jahr 203 Familienbeihilfe sowie eine "Karenzvereinbarung/Pflegekarenzgeld" bezogen. Sie bezog sich auch auf den Schreibfehler in der Beschwerdevorentscheidung und wies darauf hin, dass es um das Jahr 2023 gehe. In diesem Jahr habe es eine Gesetzesänderung zum Kindermehrbetrag gegeben.
Im Zuge weiterer Ermittlungen ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin um Übermittlung entsprechender Unterlagen und Nachweise über den Bezug des von ihr angeführten Pflegekarenzgeldes (Bescheid von auszahlender Stelle über Bezug, Höhe, Dauer etc.).
In Beantwortung dieses Vorhaltes legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Juni 2025 eine Bestätigung über die Inanspruchnahme einer Karenzzeit (Pauschalvariante 20+4) von 8. April 2022 bis 7. April 2024, eine Mitteilung über ihren Leistungsanspruch nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz der Österreichischen Gesundheitskasse über den Zeitraum 24. Juni 2020 bis 27. April 2021 sowie eine Mitteilung über den Bezug der Ausgleichszahlung (Differenz der österreichischen Familienbeihilfe inkl. Kinderabsetzbetrag zur ausländischen Familienleistung) des Finanzamtes Österreich vom 12. August 2024 für ihre beiden Kinder für den Zeitraum April 2020 bzw. April 2022 bis Juni 2025 vor.
Am 24. Juni 2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hatte im Jahr 2023 ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Tschechien (vgl. vorgelegte Bescheinigung EU/EWR vom 5.12.2024 im Akt). Sie erzielte im Streitjahr 2023 keine Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit. Von 8. April 2022 bis 7. April 2024 in Karenz. Die Beschwerdeführerin bezog im Streitjahr 2023 weder Kinderbetreuungsgeld, Wochengeld noch Pflegekarenzgeld.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere auf die darin enthaltene Abfrage der Sozialversicherungsdaten der Beschwerdeführerin.
3. 3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 33 Abs. 7 Einkommensteuergesetz 1988 (EstG 1988) idF BGBl. I Nr. 153/2023 lautet wie folgt:
"Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die
- zumindest an 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielen, oder
- im gesamten Kalenderjahr nur Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen haben, nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 700 Euro, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:
Die Differenz zwischen 700 Euro und der Einkommensteuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten, wenn
a) der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht oder
b) sich auch beim (Ehe)Partner gemäß § 106 Abs. 3, der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielt, eine Einkommensteuer nach Abs. 1 unter 700 Euro ergibt; in diesem Fall hat nur der Familienbeihilfeberechtigte Anspruch auf den Kindermehrbetrag.
Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 700 Euro."
Gemäß § 124b Z 439 EStG 1988 ist § 33 Abs. 7, mit Ausnahme der Erhöhung des Betrages [von 550 auf 700 Euro], in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 153/2023 erstmalig anzuwenden, wenn
- die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023,
- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben wird oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2022 enden.
Die Beschwerdeführerin hat nach dem im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt im Streitjahr 2023 weder zumindest an 30 Tagen steuerpflichtige Einkünfte erzielt noch im gesamten Jahr 2023 Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen. Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 7 EStG 1988 nicht vorliegen, hat besteht schon aus diesem Grund kein Anspruch auf den Kindermehrbetrag.
Zum Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht ist Folgendes auszuführen:
§ 1 Abs. 4 EStG 1988 normiert, dass auf Antrag auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 beziehen.
Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11 000 Euro betragen.
Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen natürliche Personen, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Einkommensteuerpflicht erstreckt sich in diesen Fällen lediglich auf die in § 98 aufgezählten Einkünfte.
Beim Katalog des § 98 Abs. 1 handelt es sich um keine eigenen Einkunftsarten für beschränkt Steuerpflichtige, sondern um die Einkunftsarten des § 2, die um zusätzliche Tatbestandsmerkmale erweitert wurden. Die Aufzählung der Tatbestände in den Z 1 bis Z 8 ist abschließend (arg: "unterliegen nur" im ersten Satz). Lässt sich ein Sachverhalt nicht unter die Tatbestände des § 98 Abs. 1 subsumieren, kommt es auch zu keiner Besteuerung.
§ 3 Abs. 1 EStG 1988 regelt, welche von den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 steuerfrei sind. Vermögenszugänge, die sich unter § 2 Abs. 3 EStG 1988 nicht einreihen lassen, scheiden von vornherein von der Einkommensbesteuerung aus (vgl. VwGH 23.9.1981, 2505/79) und sind nicht steuerbar.
Das Kinderbetreuungsgeld ist eine Familienleistung, die Eltern als direkte Transferzahlung zur teilweisen Abgeltung ihres Betreuungsaufwandes (in den pauschalen Varianten) bzw. als Einkommensersatzleistung erhalten. Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens ist in § 24 KBGG bzw. Artikel 5 geregelt. Das pauschale Kinderbetreuungsgeld ist den nichtsteuerbaren Vermögenszugängen zuzurechnen, während das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld eine Einkommensersatzleistung darstellt und damit unter die Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 EStG fällt. Bezieht die Steuerpflichtige wie die Beschwerdeführerin daher allenfalls ein pauschales Kinderbetreuungsgeld, so scheidet eine Option iSd § 1 Abs. 4 EStG 1988 bereits mangels Vorliegens von Einkünften gemäß § 98 EStG 1988 aus.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus der angeführten gesetzlichen Bestimmung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war folglich nicht zuzulassen.
Wien, am 1. August 2025