IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Patrick Weber, Schloßgraben 16 Tür Top 11, 6800 Feldkirch, und Allgäuer & Partner Wirtschafts- prüfungs und Steuerberatungs GmbH, Schloßgraben 10, 6800 Feldkirch, über die Beschwerde vom 15. Juni 2018 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 22. Mai 2018 betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführer (Bf) erwarben mit Kaufvertrag vom 24.04.2017 eine Wohnung in ***1***, ***2*** zu einem Kaufpreis samt Nebenkosten von € 148.440,00. Die Wohnung wurde zur Einkünfteerzielung durch Vermietung und Verpachtung angeschafft.
Im Zuge der Erklärung der Einkünfte für Pesonengesellschaften/-gemeinschaften 2017 wurde eine Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Gebäude geltend gemacht. Den Grundanteil setzten die Bf mit 9 % der Anschaffungskosten an. Als Gebäudeanteil wurden somit € 135.882,00 angenommen.
Mit Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO des Jahres 2017 vom 22. Mai 2018 setzte das Finanzamt gemäß der Grundanteilsverordnung 2016 (BGBl. II Nr. 99/2016) bei der Ermittlung des Grund- und den Grundanteil mit 30 % der Anschaffungskosten an.
Mit Beschwerde vom 14. Juni 2018 erhob der steuerliche Vertreter der Bf. form- und fristgerecht Beschwerde. Zusammengefasst brachte er vor, dass sich die pauschale Ermittlung des Grund- und Bodenanteils gemäß der Grundanteilsverordnung 2016 (BGBl. II Nr. 99/2016) und der damit verbundenen Ansetzung des Grundanteils mit 30 % der Anschaffungskosten im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung käme. In der Feststellungserklärung sei die Ermittlung des Grundanteiles mit € 344,00/m2 (insgesamt € 12.558,00 bzw. 8,49%) in einer gesonderten Beilage zur Steuererklärung offengelegt worden. Laut GrundanteilsV 2016 könne als Nachweis für einen abweichenden Grundanteil ein geeigneter Immobilienpreisspiegel dienen. Dies sei mittels Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich sowie auf der Grundstückspreisübersicht der Zeitschrift "Gewinn" (Ausgabe - Mai 2018) möglich. Diese Quellen würden differenzierte Werte auf Basis realer Marktpreise bieten und regionale Unterschiede, insbesondere die Lagequalität und Erschließung, berücksichtigen. Es werde hervorgehoben, dass die von der Zeitschrift "Gewinn" angeführten Preise üblicherweise bereits die Erschließungskosten enthielten, während das Finanzamt pauschal von nicht erschlossenem Rohbauland ausgehe. Der Aussage des BFG (Entscheidung vom 21.2.2018, RV/1100449/2017), wonach der Wert von Rohbauland im Allgemeinen nur ca. 50 % bis 70 % der Preise für baureifes Land betrage, sowie der Aussage, dass es sich bei den in der Zeitschrift "Gewinn" genannten Grundstückswerten um Rohbaulandpreise handle, werde widersprochen. Es sei stattdessen ein Mittelwert von EUR 440/m² anzusetzen. Daher werde beantragt, den Grundanteil mit einem Betrag von € 16.063,00 festzusetzen. Die AfA-Bemessungsgrundlage betrage somit € 132.377,00.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juni 2018 wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies im Wesentlichen mit einem Verweis auf § 2 GrundanteilV 2016. Danach ist in Gemeinden mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von mindestens € 400,00 für voll aufgeschlossene, als Bauland gewidmete Grundstücke und bei Gebäuden mit mehr als 10 Einheiten ein Grundanteil von pauschal 30 % der Anschaffungskosten anzusetzen. Daraus ergebe sich ein Grundanteil in Höhe von € 44.532,00 und eine AfA-Bemessungsgrundlage von € 103.918,00 für das Gebäude. Ein Nachweis für ein abweichendes tatsächliches Aufteilungsverhältnis könne nur dann berücksichtigt werden, wenn eine offenkundig erhebliche Abweichung (mindestens 50 %) vom pauschalen Anteil vorliegt (§ 3 Abs. 2 GrundanteilV 2016). Dies sei hier nicht der Fall. Es seien keine ausreichenden Nachweise für ein abweichendes tatsächliches Aufteilungsverhältnis erbracht worden und somit komme nach der GrundanteilV 2016 der pauschale Grundanteil von 30 % zur Anwendung. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen.
Mit Vorlageantrag vom 16. August 2018 beantragte die steuerliche Vertretung den Ansatz eines Grundanteils von € 440 €/m², die Entscheidung durch den Senat (§ 272 BAO) sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 BAO) vor dem Bundesfinanzgericht. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Anwendung der Grundanteilsverordnung 2016 (BGBl. II Nr. 99/2016) und die daraus resultierende pauschale Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Gebäude strittig sei. Der Bf. habe den tatsächlichen Anteil des Grund und Bodens abweichend vom gesetzlichen Pauschalsatz durch Heranziehung der Grundstückspreisübersicht der Zeitschrift "Gewinn" (Ausgabe - Mai 2018) nachgewiesen. Aus der ergebe sich für ***3*** ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 440 €/m². Die pauschale Annahme eines 30%-Anteils sei im gegenständlichen Fall daher nicht sachgerecht, insbesondere da der Grund seit über 100 Jahren erschlossen sei und das Gebäude mehrheitlich modernisiert wurde.
Mit Vorlagebericht vom 4. April 2025 wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Darstellung der Sach- und Rechtslage beantragte die belangte Behörde gegenständliche Beschwerde abzuweisen.
Mit Schreiben vom 28. April 2025 wurden die Anträge auf Entscheidung durch den Senat sowie einer mündlichen Verhandlung durch den steuerlichen Vertreter der Bf. zurückgenommen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Zwischen den Parteien ist die Aufteilung der Anschaffungskosten von Boden und Gebäude an der vermieteten Wohnung strittig.
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2. Beweiswürdigung
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den durch die belangte Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen, sowie vom Bundesfinanzgericht durchgeführte Abfragen des Grundbuches sowie der Grundstückspreisübersicht der Zeitschrift "Gewinn" (Ausgabe 5/2018). Der Sachverhalt ist zwischen den Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens unstrittig und konnte daher vom erkennenden Gericht ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sind abzugsfähige Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8).
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Ohne Nachweis eines anderen Aufteilungsverhältnisses sind von den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes 40% als Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden. Dies gilt nicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, an Hand geeigneter Kriterien (z. B. Lage, Bebauung) abweichende Aufteilungsverhältnisse von Grund und Boden und Gebäude im Verordnungswege festzulegen.
Die auf Grund dieser Ermächtigung ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Festlegung des Grundanteils bei vermieteten Gebäuden im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 (GrundanteilV 2016, BGBl. II Nr. 99/2016) normiert auszugsweise:
"§ 1. Für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung von den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes ist der Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden. Ohne Nachweis ist der auszuscheidende Anteil des Grund und Bodens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ermitteln.
§ 2. (2) In Gemeinden mit mindestens 100 000 Einwohnern und in Gemeinden, in denen der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 Euro beträgt, sind als Anteil des Grund und Bodens 30 % auszuscheiden, wenn das Gebäude mehr als 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst, oder 40 % auszuscheiden, wenn das Gebäude bis zu 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst.
Eine eigene Geschäftseinheit liegt jedenfalls pro angefangenen 400 m2 Nutzfläche vor. […]
§ 3. (1) Der auszuscheidende Anteil des Grund und Bodens ist nicht nach § 2 pauschal zu ermitteln, wenn er nachgewiesen wird. Der Nachweis kann beispielsweise durch ein Gutachten eines Sachverständigen erbracht werden. Ein vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde.
(2) Der Anteil des Grund und Bodens ist gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d dritter Satz EStG 1988 dann nicht nach § 2 pauschal auszuscheiden, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen. Eine erhebliche Abweichung ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Anteil des Grund und Bodens um zumindest 50% abweicht.
[…]"
Mit dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, wurde in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 eine (nur) für den außerbetrieblichen Bereich geltende gesetzliche Regelung bezüglich des auf Grund und Boden entfallenden Anteils an den Anschaffungskosten einer bebauten Liegenschaft geschaffen. Grundsätzlich ist dieser Anteil mit 40 % festgelegt. Ein anderes Aufteilungsverhältnis ist nur dann zulässig, wenn ein Pauschalsatz nach der auf Grundlage des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 ergangenen GrundanteilV 2016 zur Anwendung kommt oder wenn ein Nachweis über die tatsächlichen Verhältnisse erbracht wird bzw. die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig von den gesetzlich bzw. im Verordnungswege festgelegten Aufteilungsverhältnissen abweichen.
Die GrundanteilV 2016 stellt auf den durchschnittlichen Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) ab. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für baureifes Land ist nach den Erläuterungen zur GrundanteilV 2016 anhand eines geeigneten Immobilienpreisspiegels festzusetzen bzw. nachzuweisen (vgl. vgl. Jakom, EStG17, § 16 Rz 40). Aus einem für diese Zwecke geeigneten Immobilienpreisspiegel müssen daher jedenfalls die Quadratmeterpreise für baureifes Land im Sinne der GrundanteilV 2016 hervorgehen bzw. sich zumindest daraus ableiten lassen.
Im Beschwerdefall beantragte der steuerliche Vertreter der Bf. ausdrücklich die Heranziehung des in der Zeitschrift "Gewinn" - Ausgabe Mai 2018 - veröffentlichten Immobilienpreisspiegels. Für den Stadtteil "Zentrum" in ***3*** wird darin ein Grundstückspreis in der Höhe von € 450-600 €/ m2 angeführt. Selbst wenn man der Berechnungsmethode des steuerlichen Vertreters folgt und den durchschnittlichen Quadratmeterpreis für baureifes Land heranzieht, der auf Basis der Preise im gesamten Stadtgebiet ermittelt wird, ergibt sich ein Wert von € 440,00/m2. Auch dieser Betrag liegt über dem in der Grundanteilsverordnung 2016 vorgesehenen Höchstwert von € 400,00.
Gemäß der Grundanteilsverordnung 2016 ist in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern, in denen der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 Euro beträgt grundsätzlich ein Anteil von 30 % für Grund und Boden anzunehmen, sofern die Einheit mehr als 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor.
Ein abweichendes Sachverständigengutachten wurde nicht vorgelegt. Ein abweichender Aufteilungsmaßstab kann nur dann angewendet werden, wenn durch geeignete Nachweise - insbesondere Sachverständigengutachten - dargelegt wird, dass der Anteil für Grund und Boden wesentlich weniger ist. Eine "erhebliche Abweichung" wird angenommen, wenn der tatsächliche Anteil mindestens 50 % vom Pauschalwert abweicht. Es ist daher der Aufteilung des Finanzamtes zu folgen. Es ergibt sich somit ein Grundanteil in Höhe von € 44.532,00 und eine AFA-Bemessungsgrundlage in Höhe von € 103.918,00.
Die Beschwerde war somit abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, welcher grundsätzliche Bedeutung zukam. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am 24. Juni 2025