JudikaturBFG

RV/7104246/2018 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
23. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat unter der Senatsvorsitzenden ***M***, dem Richter ***Ri***, sowie der fachkundigen Laienrichterinnen L1 und L2 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PSG Steuerberatung-Kammerer & Co KG, Schamborgasse 14, 1140 Wien, über die Beschwerde vom 6. Mai 2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes (heute Finanzamt neu) vom 8. April 2013 betreffend Umsatzsteuer 2006 - 2010, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Aufgrund einer anonymen Anzeige erlangte die Finanzverwaltung Kenntnis, dass Frau Bf1 die Begleitagentur "XY" alias "U" in A********** seit zumindest 2006 betreibt, ohne die Ausübung dieser Tätigkeit dem Finanzamt bekannt gegeben bzw. die Einnahmen versteuert zu haben. Wegen des begründeteten Verdachtes des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a Fin StrG durch die Bf. wurde die Steuerfahndung vom damaligen FA als Finanzstrafbehörde 1. Instanz mit den abgaben- und finanzstrafrechtlichen Sachverhaltsermittlungen beauftragt und daraufhin ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien eingeleitet . Bei einer Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der Bf. wurden Unterlagen sichergestellt, die belegen, dass die Bf. nachweislich seit August 2006 das Gewerbe zur Vermittlung von selbständigen Escort-Begleitpersonen betreibt. In der daran anschließenden Außenprüfung folgte daher eine Schätzung durch die Abgabenbehörde und wurden dementsprechende Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide erlassen. Die Schätzung erfolgte durch Hochrechnung der einzelnen monatsweisen vorgefundenen handschriftlichen Umsatzaufzeichnungen auf den Gesamtzeitraum der Betriebsprüfung. Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2006 - 2010 wurde fristgerecht Berufung erhoben und darin gerügt, dass als Bemessungsgrundlage der zu besteuernden Umsätze nicht vom gesamten Entgelt, welches der Kunde der Begleitdame bezahlte, sondern nur von jenem Teil, welcher auf die Provision der Vermittlung der Begleitdame entfällt, heranzuziehen sei, da lediglich die Vermittlung beworben worden sei und die gesamte Leistung nicht im eigenen Namen der Bf. erbracht worden wäre. Die Einkommensteuerbescheide blieben unbeanstandet. Die Zahlen bezüglich der Berechnungen Gesamtumsatz und Provisionsanteil wurden von der Bf. nicht bestritten. In der Beschwerdevorentscheidung vom 19.05.2016 wurde die Beschwerde durch das Finanzamt abgewiesen und hielt dieses an seiner Rechtsmeinung fest, dass die Bf. die Umsatzsteuer nicht nur für den Provisionsanteil schuldet, welcher ihr verblieben war, sondern für das gesamte Entgelt, welches der Kunde für die Begleitung an die Escortdame bezahlte. Ergänzend zum fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom 23.06.2016 wurde das im Finanzstrafverfahren ergangene Gutachten zur Frage der Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit der strafbestimmenden Wertbeträge bezüglich der Umsatzsteuer 2006 -2010 vorgelegt. Darin kam der Gutachter zum Schluss, dass mehr Anhaltspunkte dafür als dagegen sprachen, dass der Auftritt der Bf. gegenüber dem Kunden als Vermittlung zu qualifizieren sei (siehe Gutachten v.a. Seite 37). Ebenso wurde die Einstellung des diesbezüglichen Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wien am 21.07.2016 auf Grund des cit. Gutachtens übermittelt. Das BFG übermittelte dieses sodann zur Stellungnahme an das Finanzamt, welches in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 12.09.24 dem Gutachten widersprach und darin weiterhin die Ansicht vertrat, dass die Bf. aus Kundensicht keine Vermittlungsleistung, sondern die gesamten Leistungen im eigenen Namen erbracht hätte. Diese Vorhaltsbeantwortung wurde der Bf. übermittelt. Da zum ersten Erörterungstermin lediglich die steuerliche Vertretung und der Vertreter des Finanzamtes erschienen, die Bf. jedoch nicht, wurde lediglich der Sachverhalt festgestellt, nämlich, dass die Bf. seit 2006 das Gewerbe zur Vermittlung von selbständigen Escort-Begleitpersonen betreibt. Zum vertagten Termin am 09.12.24 erschien die Bf. und gab im Wesentlichen bekannt, dass sie immer nur eine Vermittlung betrieben und auch den Kunden diesbezüglich auch informiert habe. Die Vermittlung erfolgte von ihrer Privatwohnung aus, wofür sie nach eigenen Angaben einen Raum (Telefonvermittlung) benötigte.

Mit Schreiben vom 23.12.24 zog die steuerliche Vertretung die mündliche Verhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. betrieb im Beschwerdezeitraum August 2006 - 2010 von Ihrer damaligen Wohnung aus, das Gewerbe der Vermittlung von selbständigen Escort-Begleitpersonen. Sie bewarb die Begleitdamen mittels Zeitungsinserat und Homepage. Sowohl in den Zeitungsinseraten, als auch auf ihrer Homepage (www) war die Telefonnummer der Bf. angeführt, unter der der Kunde zunächst den Kontakt zur Bf. herstellen konnte. Falls der Kunde die Bf. ausnahmsweise schriftlich per Email kontaktierte, wurde um Anruf gebeten. Wenn der Kunde über einen Internetzugang verfügte, konnte er sich vorab die Damen mit Foto unter Anführung eines Alias-Namen anschauen. Auf der Homepage wurde unter dem deutlich sichtbaren Menüpunkt AGB hingewiesen, dass es sich um eine Vermittlung handelt, ebenso wurde der Richtsatz pro Stunde für die Begleitdamen bekannt gegeben, gleichzeitig jedoch hingewiesen, dass es zu unterschiedlichen Stundensätzen kommen kann, da die Damen ihre Preise selbst bestimmen. Die telefonische Vermittlung fand in einem Raum vorwiegend durch die Bf. in ihrer Wohnung statt. Der Kunde gab zuvor seinen gewünschten Termin und Ort bekannt bzw. fragte, wann die Dame Zeit hätte. Die Bf. teilte dem Kunden telefonisch mit, dass es sich um Vermittlung handle und sie über Zeit, Ort und Preis mit dem Mädchen rücksprechen müsse. Nach der Rücksprache mit der Begleitdame teilte die Bf. dem Kunden den Stundensatz des Mädchens, Ort und Zeitpunkt mit. Die "Damenbegleitung" fand vorwiegend entweder in der Wohnung des Kunden, oder in einem Hotel statt, welches der Kunde bezahlen musste. Die Bf. verfügte über keine Räumlichkeiten für die Begleitung. Die Damen konnten auch für andere Agenturen arbeiten. Die Kunden zahlten vorwiegend bar bei der Begleitdame. Die Begleitdame traf die Bf. wöchentlich und übermittelte ihr davon die Vermittlungsprovision. Bei der Begleitung handelte es sich hauptsächlich um Sexdienstleistungen. Wie lange diese dauerten, stand nicht im Einfluss der Bf.. Aufgrund des Auftretens als Vermittlerin gegenüber dem Kunden, musste der Kunde davon ausgehen, dass die Bf. als Vermittlerin aufgetreten ist und keine Besorgungsleistung erbrachte.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt sowie die durch das BFG aufgenommenen Beweise (Vorhaltsbeantwortung Finanzamt neu vom 12.09.2024, Niederschriften der Erörterungstermine 09.11 und 09.12.2024).

Das Finanzamt führte im Abschlussbericht der Betriebsprüfung (OZ 15), im Folgenden kurz "Bp-Bericht" selbst aus, dass die Bf. selbständige Begleitpersonen vermittelte. So ist auf Seite 2 unter Betriebsgegenstand / Art der Tätigkeit die Vermittlung von selbständigen Begleitpersonen (Begleitagentur) angeführt. Auch wenn der Vertreter des Finanzamtes beim Erörterungstermin am 09.12.24 aussagte, es wäre damit nur das Gewerbe gemeint, so geht aus diesem Bericht klar hervor, dass die Bf. dieses Gewerbe auch so betrieben hat, da unter Punkt 2.1. auf Seite 3 nochmals unter Betriebsgegenstand angeführt wurde, dass die Einzelunternehmerin nachweislich seit Ende August 2006 das Gewerbe zur Vermittlung von selbstständigen Begleitpersonen betreibt.

Die steuerliche Vertretung beharrte im gesamten Abgabenverfahren darauf, dass die Bf. selbständige Begleitpersonen vermittle.

Auch den vorgelegten AGB´s der Homepage sowie dem Ausdruck der Startseite der Homepage ist eindeutig zu entnehmen, dass es sich um Vermittlung von Dienstleistungen handelt. Im Ausdruck der AGB der Homepage "www" (OZ 12) ist Folgendes angeführt:

"XY vermittelt für ihre Kunden ausschließlich auf Grundlage dieser Vereinbarung eine Dienstleistung … Vertragsgegenstand ist die Vermittlung von Dienstleistungen …. . Eine ersatzweise Erbringung der Leistung durch die vermittelte Person ist nicht mehr erforderlich…."

Unter Würdigung der vorgelegten Unterlagen und der vorliegenden Aussagen der Bf. sieht es das Gericht als erwiesen an, dass hier tatsächlich lediglich eine Vermittlung seitens der Bf. stattgefunden hat.

Ausdruck Website Preise (OZ 13). Unter Preis ist auf der Homepage zunächst ein Fixpreis angeführt (1. Stunde EUR 120,-, Verlängerungsstunde EUR 95,-). Nach diesem Preis befindet sich jedoch die Angabe, dass da die Damen ihre Preise und Leistungen selbst bestimmen, es gelegentlich zu unterschiedlichen Stundenpreisen kommen kann. Für nähere Auskünfte steht die Telefonistin zur Verfügung. Durch den Hinweis, dass die Damen den Stundensatz selbst bestimmen können, wird eine Vermittlungstätigkeit festgestellt .

Dass es sich zunächst um einen Richtwert handelte und die Damen die Preise selbst bestimmen konnten, bestätigte die Bf. auch beim Erörterungtermin am 09.12.24.

"Die Mädchen haben den Preis selber entschieden. Es war ein Richtwert, ….."

Auch wurden die Preise nicht von der Bf. ausgehandelt, sondern gab es lediglich sogenannte "Richtpreise", die tatsächlichen Stundenpreise wurden jeweils von den Damen selbst festgelegt, was auch von der Bf. glaubwürdig ausgesagt wurde (Erörterungstermin 09.12.2024).

Die Bestimmung, dass die Damen ihre Preise selbst bestimmen konnten, wurde auch gelebt, denn aus den Umsatzlisten der Anzeige (OZ 17) geht hervor, dass die Damen zum Teil unterschiedliche Preise hatten (zB für die Dame B am 02.11.07 EUR 120, für die Dame V EUR 150).

Dass die Kunden vom Preis der Damen per Rückruf erfuhren geht aus der Beschuldigteneinvernahme vom 23.12.12 durch die Steuerfahndung Wien im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien (OZ 15 als Beilage zum Bp-Bericht) hervor.

Ausdruck der Startseite der Website (OZ 14). Die Homepage schreibt: "Unsere Damen begleiten Sie zu Geschäftsessen, Messen,…. Reservierung bitte rechtzeitig mit der Telefonistin vereinbaren!"

Dieses vom Finanzamt vorgelegte Beweismittel würdigt das BFG wie folgt:

Die Bf. antwortete beim Erörterungstermin am 09.12.24, dass mit "Unsere Damen" gemeint war, die Damen die sie vermittelten. Dass auf der Homepage stand: "reservieren" weist bloß darauf hin, dass die gewünschte Dame auch Zeit haben muss, was aus der diesbezüglichen Nachfrage der Bf. bei der Dame und dem darauffolgenden Rückruf beim Kunden zu schließen ist. Dass die Damen hauptsächlich die Kunden zu Geschäftsessen, Messen, … begleiteten, wurde nicht festgestellt, da die Damen auf der Homepage in Reizwäsche bzw. "Oben Ohne" abgebildet waren, womit das Gericht in freier Beweiswürdigung davon ausgeht, dass sexuelle Handlungen im Vordergrund gestanden sind und somit Ort der Begleitung die Wohnung des Kunden bzw. ein Hotel gewesen ist.

Die Vorgangsweise der telefonischen Vermittlung erfolgte wie in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung dargestellt und durch die dort ersichtlichen Beweismittel belegt sowie gemäß den Aussagen der Bf. im Erörterungstermin vom 09.12.24.

So wurde in der BVE vom 19.05.2016 auf Seite 2 ausgeführt, dass der Kunde auf jeden Fall mit der Betreiberin der Agentur entweder telefonisch oder Online-Kontakt aufnehmen musste und seine begehrte Leistung (gewünschte Begleitperson, Zeitpunkt, Ort und Dauer des Treffens) konkretisierte.

Dass die telefonische Vermittlung in der Wohnung der Bf. stattfand ergibt sich aus dem Abschlussbericht der Betriebsprüfung Tz 2.3 "an der Wohn- und Betriebsanschrift der Bf". Nach Angaben der Bf. beim Erörterungstermin vom 09.12.24 bestand die Wohnung insgesamt aus drei Zimmern, wobei für die telefonische Vermittlung ein Zimmer benötigt wurde. Das Gericht hegt keinerlei Zweifel daran, weswegen dies als gegeben angenommen wird.

Dem Einwand des Finanzamtes, dass bei den geschalteten Zeitungsinseraten nicht auf den ersten Blick erkenntlich sei, dass es sich um eine bloße Vermittlungsleistung handelt, kann nicht gefolgt werden.

Beim sehr knapp gehaltenen Zeitungsinserat in der Kronen Zeitung, das nicht direkt von "Vermittlung" spricht, erklärte die Bf. dies beim Erörterungstermin am 09.12.24 wie folgt: Der Hinweis "Vermittlung" sei deshalb in dem mit wenigen Worten ausgestatteten Inserat nicht erfolgt, da die Einschaltung in der umsatzstärksten Zeitung Österreichs, "Kronen Zeitung" sehr teuer ist, womit zunächst nur das Notwendigste inseriert wurde. Da direkt darunter die Homepage bzw. Telefonnummer angeführt ist und auf der Homepage sehr wohl der Hinweis auf die Vermittlung zu finden ist (und beim telefonischen Anruf wurde der Kunde laut Aussage der Bf. auf die Vermittlung hingewiesen), ist es für das Gericht nachvollziehbar und glaubhaft, dass die Nichtanführung der Vermittlung nur aus Kostengründen erfolgte. Dass die Damen für mehrere Agenturen tätig sein konnten, gab die Bf. beim Erörterungstermin am 09.12.24 an und wird dieser Aussage seitens des Gerichts Glauben geschenkt. Dass der Kunde das gesamte Entgelt an die Begleitdame bezahlte ergibt sich aus dem Bp. Bericht Seite 6 Punkt 3.4.:

"Nach erbrachter Dienstleistung erfolgte die Bezahlung des Entgeltes durch den Kunden an die jeweilige Dame."

Diese Aussage wurde auch von der Bf. beim Erörterungstermin am 09.12.24 bestätigt, sodass das Gericht daran keinen Zweifel hat.

Unter Berücksichtigung und Würdigung sämtlicher vorliegender Beweise, erachtet es das Gericht es als unzweifelhaft, dass es sich um eine Vermittlungsleistung der Bf. handelt, bei der sie selbständige Begleitpersonen lediglich vermittelte (u.a. Bp Bericht: Betriebsgegenstand, Website zB AGB, Hinweis der Bf. auf Vermittlungsleistung am Telefon sowie Rückruf der Bf. beim Kunden nach Rücksprache mit der zu vermittelnden Dame betreffend Verfügbarkeit sowie Preis der Dame pro Stunde) und dass ein Kunde daher auch den Eindruck hatte, nur einen Vermittlungsvertrag mit der Bf. abgeschlossen zu haben.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtliche Erwägungen

Der Umsatzsteuer unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 Lieferungen und sonstige Leistungen die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Der Umsatz wird gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Nicht zum Entgelt gem § 4 Abs. 3 UStG gehören jene Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten).

Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn sind jenem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer das unternehmerische Risiko aus dem Geschäft trägt, ob er also auf eigene oder auf fremde Rechnung tätig wird. Entscheidend dafür, ob der Unternehmer im eigenen oder fremden Namen tätig wird, ist sein Auftreten nach außen.

Daher ist entscheidend, welche Leistungen die Bf. dem jeweiligen Kunden erbracht hatte, welche Leistung sie mit ihm vereinbart hatte und mit Entrichtung des Entgelts abgelten wollte.

Sowohl seitens der Abgabenbehörde als auch seitens der steuerlichen Vertretung wird als Betriebsgegenstand die Vermittlung von selbständigen Personen angegeben.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes geht das Gericht davon aus, dass die Bf. lediglich die Vermittlung der selbständigen Dame durchführte, nach Rücksprache mit den jeweiligen Damen die Termine vereinbarte bzw. die von den Damen festgelegten Preise an die Kunden weitergab.

Dem Einwand der Abgabenbehörde (unter Heranziehung des Judikates des VwGH zu 2002/13/0199), dass die Bf. als Erfüllungsgehilfin tätig war, kann das Gericht nicht folgen.

Das oben cit. VwGH Erkenntnis vom 25.01.2006, 2002/13/0199 sagt aus, dass wenn die Behörde von einer von der Bf. beworbenen und vermittelten Dienstleistung ausgeht (siehe Bp Bericht: Vermittlung von selbständigen Personen) dies dagegenspricht, dass die Bf. gegenüber dem Kunden hinsichtlich des gesamten Entgelts eine sonstige Leistung erbringe und sich dabei eines Erfüllungsgehilfen bediene. Es seien daher Feststellungen über das Auftreten der Bf. gegenüber dem Kunden erforderlich. Auch seien Feststellungen zu treffen, wie die Kontaktaufnahme zwischen dem Kunden und dem Escort erfolgte und welche Rolle die Homepage und die Bf. spielte. In diesem Erkenntnis hat der VwGH mangels ausreichender Feststellungen den USt Bescheid, welcher das gesamte Entgelt eines Escorts verustete, aufgehoben. Ebenso hatte der UFS in Erkenntnis Gz.: RV/2889-W/06 anhand der cit. VwGH Judikatur entschieden, dass die vom VwGH verlangten Feststellungen bezüglich des Auftretens fehlten, nachdem die Behörde selbst von einer der Bf. beworbenen vermittelten Dienstleistung ausgegangen ist.

Da auch im vorliegenden Fall detaillierte Feststellungen über das Auftreten der Bf. gegenüber dem Kunden fehlen geht diese Argumentation der Abgabenbehörde ins Leere.

Das BFG konnte auf Grund des langen Zeitraumes, nur mehr die Bf. selbst befragen. Es wäre in der Hand der Abgabenbehörde gelegen, damals aktenkundige Beweise über das Auftreten der Bf. gegenüber dem Kunden am Telefon einzuholen.

Ebenso ist auf Grund der Art der erbrachten Leistung davon auszugehen, dass den Kunden keinerlei Rechnungsbelege ausgestellt worden sind, womit daraus keine Schlüsse gezogen werden können.

Festgestellt werden konnte seitens des Gerichts jedoch, dass die Damen die Preise selbst bestimmt hatten und nicht einheitlich der Stundensatz von EUR 120,- für die erste Stunde zu entrichten war. Das Gericht geht auf Grund der Aussage (OZ 15) auch davon aus, dass die Bf. dem Kunden entweder den Richtsatz (EUR 120,- für die erste Stunde) durch Rückruf bestätigte, oder den abweichenden Stundensatz der Dame mitgeteilt hatte. Somit wurde aber letztendlich der Preis von der Dame bestimmt und nicht von der Bf.

Betreffend den Einwand der Abgabenbehörde, dass wesentliche Bedingungen mit der Bf. und nicht mit den Damen selbst vereinbart wurden, ist entgegenzuhalten, dass aus dem vorliegenden Sachverhalt für das Gericht eindeutig hervorgeht, dass sehr wohl die Damen selbst hier die Entscheidungen trafen.

Bereits im Bp-Bericht wurde festgestellt, dass es sich um Vermittlung von selbstständigen Begleitpersonen handelt. Sie legten den Preis ihrer Leistung fest, konnten ihre Zeit frei einteilen (die Dame teilte mit ob sie verfügbar war) und konnten auch Kunden ablehnen (Erörterungstermin am 09.12.24, siehe Niederschrift Seite 6).

Dass es sich bei der "Begleitleistung" hauptsächlich um sexuelle Handlungen handelte, geht das Gericht in freier Beweiswürdigung deshalb davon aus, da die Damen auf der Homepage in Reizwäsche bzw. "Oben Ohne" abgebildet waren. Den Damen stand es frei ihre Leistung auch zu beenden bzw. Einfluss auf das tatsächliche Zustandekommen und die ausgeübte Tätigkeit zu nehmen. Somit wurden aber wesentliche Bedingungen nicht über die Agentur der Bf., sondern von den Damen selbst festgelegt.

Der Verweis des Finanzamtes auf das Erkenntnis des VwGH vom 28.01.2015 zu Gz 2010/13/0012, dass auch Künstleragenturen und Immobilienmakler Besorgungsleistungen erbringen können, geht insofern ins Leere, als der VwGH in diesem Erkenntnis lediglich die Frage zu beurteilen hatte, in welchem Staat der Leistungsort einer erbrachten Leistung als steuerbar anzusehen war und nicht die Qualität bzw. Art der Leistung beurteilte.

Auch aus der Entscheidung des BFG vom 27.05.2021 zu RV/2100841/2019 als weiteres Argument der Abgabenbehörde ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, handelt es sich in dem dortigen Fall um ein Bordell und Nachtklub, also um Räumlichkeiten die zur Verfügung gestellt wurden. Damit ist aber der beschwerdegegenständliche Fall nicht vergleichbar, wurden von der Bf. keinerlei Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.

Die Bf. verfügt selbst über keine Räumlichkeiten wie Bordelle oder Separees. Sie organisiert auch keine Reisen mit Damen und benötigt über das Zustandekommen auch einen Anruf bei der Dame selbst.

Die ebenfalls argumentativ zitierten UFS Erkenntnisse vom 18.10.2013 zu RV/0281-I/09 sowie vom 30.04.2008 zu RV/0791-G/06 sind für den vorliegenden Sachverhalt ebenfalls nicht anwendbar, da in beiden entweder die Gestaltung des Leistungsangebotes im allgemeinen Einflussbereich der Agentur stand (RV/0281-I/09), welche auch einen Fixpreis für die Escortstunde vorgab, bzw. die Tätigkeiten der Agentur weit über jene des hier vorliegenden Sachverhaltes hinausgehen (RV/0791-G/06), sodass hier nicht von vergleichbaren Fällen ausgegangen werden kann.

Angemerkt sei auch, dass sich das Finanzamt in seiner Begründung auch wesentlich auf die Gestaltung der Homepage stützt.

Aber gerade auf der Homepage steht in den AGB deutlich sichtbar, dass es sich um Vermittlung handelt und unter dem Menüpunkt Preise, dass die Damen ihre Preise und Leistungen selbst bestimmen, es gelegentlich zu unterschiedlichen Stundensätze kommt.

Bezüglich der vom VwGH in Erkenntnis vom 25.01.2006, 2002/13/0199 zu treffenden Feststellungen, welche Rolle die Homepage spielte, finden sich keine Angaben im Bp-Bericht. Das Gericht stellt fest, dass im Beschwerdezeitraum noch kein verbreiteter Zugang der Kunden zur Homepage stattfand. Die ersten I-Phones in Österreich kamen erst 2008 auf den Markt. Für den Zugang zu dieser Website wäre damals ein PC mit Internetzugang erforderlich gewesen. Somit ist der Großteil der Kunden damals durch Zeitungsinserate und dem Hinweis der Telefonnummer aufmerksam geworden. Und laut Aussage der Bf. beim Erörterungstermin vom 09.12.24 hat diese beim Telefonat mit dem Kunden auch hingewiesen, dass es sich um Vermittlungsleistung handelt.

In Anbetracht der dargestellten Sach- und Rechtslage war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Grund des o.a. Erkenntnisses des VwGH liegt nach Ansicht des BFG im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Der Bf. steht daher die Revision an den VwGH nicht zu.

Wien, am 23. April 2025