JudikaturBFG

RV/7101207/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch ***BfStV***, über die Beschwerde vom 16. März 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 1. Februar 2023 betreffend Aufhebung eines Säumniszuschlages, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom 30.1.2023 beantragte der Beschwerdeführer, den mit Bescheid vom 9.1.2023 festgesetzten Säumniszuschlag zur Einkommensteuer 2021 gem. § 217 Abs. 5 BAO auf € 0,00 herabzusetzen. In der Einkommensteuererklärung 2021 seien zunächst pauschalierte Betriebsausgaben nicht eingegeben und daher im Einkommensteuerbescheid 2021 vom 27.10.2022 nicht berücksichtigt worden. Es sei daher - unter nunmehriger Geltendmachung der pauschalierten Betriebsausgaben - Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 erhoben worden. Hierbei sei aufgrund eines Versehens verabsäumt worden, auch einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung zu stellen. Am 29.11.2022 sei aufgrund der Beschwerde die Einkommensteuer 2021 mit Beschwerdevorentscheidung neu festgesetzt worden. Die zunächst nicht geltend gemachten Betriebsausgaben seien darin nun berücksichtigt worden. In der Kanzlei der Beschwerdeführervertreterin sei in der irrigen Meinung, es sei anlässlich der Beschwerde die Aussetzung der Einhebung beantragt worden und es stünde nun gemäß § 212a Abs. 7 BAO eine einmonatige Frist zur Bezahlung des Rückstandes zur Verfügung, der 29.12.2022 als Zahlungstermin im System eingetragen worden. Da ein Aussetzungsantrag jedoch tatsächlich nicht eingebracht wurde, habe die Zahlungsfrist bereits am 5.12.2022 geendet. Dieser Irrtum sei erst aufgefallen, als der Bescheid vom 9.1.2023 über die Festsetzung des Säumniszuschlages zugestellt wurde. Die Abgabenschuld sei am 3.1.2023 beglichen worden. Wäre der Antrag auf Aussetzung der Einhebung korrekterweise gestellt worden, wäre die Zahlung i.S.d. § 217 Abs. 5 BAO innerhalb von fünf Tagen nach Fälligkeit eingegangen. Innerhalb der letzten Monate seien alle Abgaben fristgerecht entrichtet worden. Aufgrund des aufgezeigten Nichtvorliegens eines groben Verschuldens werde daher beantragt, den Säumniszuschlag auf € 0,00 herabzusetzen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1.2.2023 wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. § 217 Abs. 5 BAO könne nicht zur Anwendung kommen, da die Einkommensteuer 2021 am 5.12.2022 fällig geworden sei und die Säumnis daher mehr als fünf Tage betragen habe. Auch § 217 Abs. 7 BAO, der eine Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen bei fehlendem grobem Verschulden an der Säumnis ermöglicht, sei nicht anwendbar, da der in dieser Gesetzesbestimmung verwendete Begriff der "Säumnis" nur eine verspätete Tilgung umfasse, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie etwa verspätete oder nicht eingebrachte Aussetzungsanträge.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 16.3.2023, in der geltend gemacht wird, dass aufgrund eines Irrtums einer stets zuverlässigen Mitarbeiterin in der Kanzlei der Beschwerdeführervertreterin ein falsches Datum für die Zahlungsfrist im System eingetragen und dementsprechend dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei. Es liege daher kein grobes Verschulden vor, weshalb beantragt werde, den Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 7 BAO auf € 0,00 herabzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.3.2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Sie führte aus, dass im Rahmen der allgemeinen Dienstaufsicht eine angemessene Kontrolle der Kanzleimitarbeiterinnen vorausgesetzt werde und eine entsprechende Wahrnehmung dieser Aufsichtspflicht nicht nachgewiesen worden sei, sodass ein der Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO entgegenstehendes grobes Verschulden vorliege. Zudem hätte der irrtümlich unterbliebene Aussetzungsantrag lediglich einen Betrag von € 2.446,00 betroffen, der auch vor dem Fälligkeitstag gutgeschrieben worden sei. Es habe daher keinen Grund für eine abweichende Zahlungsfrist gegeben.

Mit Schriftsatz vom 20.4.2023 stellte der Beschwerdeführer Vorlageantrag gemäß § 264 BAO, in dem auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde. Ergänzend wurde darin ausgeführt, dass sich aufgrund der COVID-19-Maßnahmen sowie aufgrund zahlreicher krankheitsbedingter Ausfälle von Mitarbeiterinnen umfangreiche Rückstände in der Kanzlei der Beschwerdeführervertreterin aufgebaut hätten, an deren Abbau nach wie vor gearbeitet werde. Zudem habe sich aufgrund der COVID-19-Pandemie auch ein intensiver Beratungsaufwand im Zusammenhang mit Förderungsanträgen und Förderungsprüfungen für Klienten ergeben. Die Kanzlei sei ständig auf Personalsuche gewesen, um die angespannte Arbeitssituation abzumildern; es sei aber schwierig gewesen, qualifiziertes Personal zu finden. Hinzu komme, dass verschiedene Dienststellen des Finanzamtes Österreich Einreichfristen nicht verlängern wollten und auch noch viele Jahresabschlüsse zum 31.12.2022 beim Firmenbuchgericht einzureichen waren. Deshalb habe rund um die Zahlungsfrist eine große Hektik und extreme Stresssituation in der Kanzlei geherrscht, was dazu geführt habe, dass trotz des in der Kanzlei herrschenden 4-Augen-Prinzips einer grundsätzlich immer sehr zuverlässigen und genauen Mitarbeiterin, welche für die Verwaltung der Zahlungsfristen und die entsprechenden Informationen an die Klienten zuständig war, ein Versehen ("Black out") unterlaufen und aus den im Antrag vom 31.1.2023 und in der Beschwerde vom 16.3.2023 angeführten Gründen eine unrichtige Zahlungsfrist eingetragen und dem Beschwerdeführer bekannt gegeben worden sei. Die erforderlichen Sorgfaltsmaßnahmen sowie die Dienstaufsicht seien immer eingehalten worden. Im betroffenen Zeitraum sei auf ein verbessertes EDV-System umgestellt worden und seien die Kanzleimitarbeiter darin geschult worden. Im vorliegenden Fall sei es nur durch die genannte Extremsituation aus Arbeitsüberforderung bei den in das 4-Augen-Prinzip involvierten Mitarbeiterinnen zu einem "Black out" gekommen und sei dadurch die Zahlungsfrist versehentlich nicht richtig erkannt worden. Es liege daher kein grobes Verschulden vor, weshalb der Säumniszuschlag zu stornieren sei. In diesem Zusammenhang sei auch mildernd zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in den letzten zwei Jahren seine Abgaben immer fristgerecht entrichtet habe.

In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend, dass die Fristenverwaltung durch das Kanzleipersonal der steuerlichen Vertretung erfolge, wobei dem Personal vom zuständigen Steuerberater bzw. der zuständigen Steuerberaterin mitgeteilt werde, bis wann welcher Betrag gegebenenfalls an die Steuerbehörde zu bezahlen ist. Im vorliegenden Fall sei dem Kanzleipersonal anlässlich der Beschwerdeeinbringung mitgeteilt worden, dass vorerst nichts zu bezahlen ist, und anlässlich der Beschwerdevorentscheidung, dass die Zahlung nun bis zum 29.12.2022 zu erfolgen hat, dies in der irrigen Meinung, es sei anlässlich der Beschwerdeeinbringung auch die Aussetzung der Einhebung beantragt worden. Im Normalfall werde vom zuständigen Steuerberater bzw. der zuständigen Steuerberaterin kontrolliert, ob Fristen vom Kanzleipersonal korrekt eingetragen wurden. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch aufgrund eines enormen Arbeitsanfalls und der dadurch verursachten Stresssituation unterblieben. Zum Beweis hierfür wurde die zeugenschaftliche Einvernahme der Kanzleimitarbeiterin, die für die Fristenverwaltung im gegenständlichen Fall zuständig war, beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom 27.10.2022 setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer 2021 mit € 301.677,00 fest. Gegenüber dem bisher vorgeschriebenen Betrag von € 13.531,00 (ESt-Vorauszahlungen) ergab sich dadurch eine Nachforderung i.H.v. € 288.146,00. Gegen diesen Bescheid erhob die ***BfStV*** in Vertretung des Beschwerdeführers am 7.11.2022 Beschwerde und begehrte dahin die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass auch (in der ursprünglichen Steuererklärung nicht enthaltene) pauschalierte Betriebsausgaben i.S.d. § 17 EStG 1988 i.H.v. € 5.825,00 berücksichtigt werden. In der Meinung, gleichzeitig mit der Beschwerde sei auch ein (die Einbringung gemäß § 230 Abs. 6 BAO hemmender) Antrag auf Aussetzung der Einhebung eingebracht worden, teilte die zuständige Steuerberaterin und Geschäftsführerin der ***BfStV***, Mag. ***A***, der für die Fristenverwaltung zuständigen Kanzleimitarbeiterin mit, dass zunächst keine Zahlung an die Abgabenbehörde zu leisten ist. Die Kanzleimitarbeiterin informierte herauf den Beschwerdeführer in diesem Sinne. Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung wurde jedoch tatsächlich nicht eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.11.2022 gab die belangte Behörde der Beschwerde vollinhaltlich statt und setzte die Einkommensteuer 2021 unter nunmehriger Berücksichtigung der pauschalierten Betriebsausgaben mit € 299.231,00 fest. In der irrigen Meinung, es sei anlässlich der Beschwerde vom 7.11.2022 auch die Aussetzung der Einhebung beantragt worden und es stünde nun gem. § 212a Abs. 7 BAO eine einmonatige Nachfrist zur Verfügung, teilte die zuständige Steuerberaterin der für die Fristenverwaltung zuständigen Kanzleimitarbeiterin mit, dass die Zahlung an die Abgabenbehörde nun bis 29.12.2022 zu leisten ist. Die Kanzleimitarbeiterin leitete diese Information an den Beschwerdeführer weiter, der den nunmehr zu zahlenden Betrag von € 285.700,00 (neu festgesetzte ESt 2021 € 299.231,00 abzügl. ESt-Vorauszahlungen € 13.531,00) am 3.1.2023 entrichtete.

Üblicherweise wird im Sinne des Vieraugenprinzips vom zuständigen Steuerberater bzw. der zuständigen Steuerberaterin kontrolliert ob Fristen vom Kanzleipersonal korrekt eingetragen wurden, bevor sie dem Mandanten mitgeteilt werden. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch aufgrund eines enormen Arbeitsanfalls in der Kanzlei und der dadurch bedingten Stressbelastung unterblieben.

Mit Bescheid vom 9.1.2023 setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer einen ersten Säumniszuschlag i.H.v. € 5.714,00 zur Einkommensteuer 2021 i.H.v. € 285.700,00 fest.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen zum vorgelagerten Abgabenfestsetzungsverfahren gründen sich auf den Akt, insbesondere auf die genannten Bescheide und die amtswegig aus dem Abgabeninformationssystem AIS abgefragten Beschwerde vom 7.11.2022. Dass der Betrag von € 285.700,00 am 3.1.2023 entrichtet wurde, konnte dem amtswegig abgefragten Abgabenkonto entnommen werden.

Von Seiten des Beschwerdeführers wurde vorgebracht, dass die Fristenverwaltung in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung durch das Kanzleipersonal erfolge. Dieses informiere auch den Mandanten darüber, bis wann welcher Betrag gegebenenfalls an die Steuerbehörde zu bezahlen ist, wobei das Kanzleipersonal diese Information vom zuständigen Steuerberater bzw. der zuständigen Steuerberaterin erhalte, der/die zudem die korrekte Eintragung der Frist vor Bekanntgabe an den Mandanten kontrolliere. Auch im vorliegenden Fall habe die zuständige Steuerberaterin in der irrigen Meinung, es sei die Aussetzung der Einhebung beantragt worden, der Kanzleimitarbeiterin anlässlich der Beschwerde vom 7.11.2022 mitgeteilt, dass vorerst nichts zu bezahlen ist, und anlässlich der Beschwerdevorentscheidung vom 29.11.2022, dass die Zahlung nun bis zum 29.12.2022 zu erfolgen hat. Der Beschwerdeführer sei sodann von der Kanzleimitarbeiterin in diesem Sinne informiert worden. Hierbei handelt es sich um eine gängige Vorgangsweise in Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzleien, wobei es auch absolut üblich ist, dass die Beurteilung und Berechnung von Fristen bzw. welcher Betrag bis wann zu bezahlen ist, dem zuständigen Steuerberater oder Rechtsanwalt obliegt. Das juristisch nicht geschulte Kanzleipersonal wäre hierzu auch nicht in der Lage. Das Gericht geht daher davon aus, dass das diesbezügliche - von der belangten Behörde nicht bestrittene - Vorbringen des Beschwerdeführers zutreffend ist. Auch dass das grundsätzlich vorgesehene Vieraugenprinzip im vorliegenden Fall aufgrund eines enormen Arbeitsanfalls in der Kanzlei nicht eingehalten wurde, hat der Beschwerdeführer unwidersprochen vorgebracht und besteht keine Veranlassung zu der Annahme, dass dieses Vorbringen unzutreffend sein könnte. Dass Mag. ***A*** die zuständige Steuerberaterin im Beschwerdeverfahren betreffend die Einkommensteuer 2021 war, konnte der - von Mag. ***A*** verfassten - Beschwerde vom 7.11.2022 entnommen werden, dass sie Geschäftsführerin der ***BfStV*** war, dem offenen Firmenbuch.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem. § 217 Abs. 1 und 2 BAO ist, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, ein (erster) Säumniszuschlag i.H.v. 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten. Gem. § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung des (ersten) Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabeschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat ("ausnahmsweise Säumnis"). Im vorliegenden Fall wurde die Einkommensteuer 2021 gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Zustellung des Bescheides vom 27.10.2022 fällig. Das Datum dieser Zustellung ist nicht bekannt. Da mit Schriftsatz vom 7.11.2022 Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.10.2022 erhoben wurde, muss die Zustellung jedoch spätestens am 7.11.2022 erfolgt sein. Die Einkommensteuer 2021 wurde demnach spätestens am 7.12.2022 fällig (der Beschwerdeführer geht von einer Fälligkeit per 5.12.2022 und damit offenbar von einer Zustellung am 5.11.2022 aus). Tatsächlich entrichtet wurde sie am 3.1.2023 und damit mehr als fünf Tage nach Eintritt der Fälligkeit. Eine "ausnahmsweise Säumnis" i.S.d. § 217 Abs. 5 BAO liegt daher nicht vor.

Gem. § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, wobei zur Abgrenzung des groben Verschuldens vom leichten Verschulden bzw. minderen Grad des Versehens auf die zu § 308 BAO ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, Anm. 48 zu § 217). Hier führt der Beschwerdeführer ins Treffen, dass aufgrund eines Versehens in der Kanzlei seiner steuerlichen Vertretung irrtümlich davon ausgegangen wurde, dass im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom 27.10.2022 ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt worden wäre, sodass zunächst keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt werden dürfen ( § 230 Abs. 6 BAO) und dass aufgrund der Beschwerdevorentscheidung vom 29.11.2022 eine einmonatige Frist zur Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehe ( § 212a Abs. 7 BAO). Es sei daher der 29.12.2022 als Zahlungstermin im System eingetragen und dem Beschwerdeführer bekannt gegeben worden.

Hierzu ist festzuhalten, dass die Einhebung der Einkommenssteuer 2021 höchstens in jenem Ausmaß ausgesetzt hätte werden können, um das die Abgabenschuld bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung herabzusetzen wäre (§ 212a Abs. 1 erster Satz BAO). Das Begehren der Beschwerde vom 7.11.2022 lautete dahin, dass auch die zunächst nicht geltend gemachten pauschalierten Betriebsausgaben i.H.v. € 5.825,00 berücksichtigt werden. Diesem Begehren wurde vollinhaltlich stattgegeben, was eine Reduktion der ESt 2021 um € 2.446,00 bewirkte. Wäre die Aussetzung der Einhebung beantragt worden, hätte die ESt 2021 daher höchstens im Ausmaß von € 2.446,00 ausgesetzt werden können. Auch die hemmende Wirkung des Aussetzungsantrages gemäß § 230 Abs. 6 BAO hätte nur die nach Maßgabe des § 212a Abs. 1 BAO betroffenen Abgaben im Ausmaß von € 2.446,00 umfasst. Der Restbetrag von € 285.700,00, also jener Betrag, auf dessen Basis letztlich der Säumniszuschlag festgesetzt wurde, wäre von einer Aussetzung nicht betroffen gewesen und hätte damit jedenfalls innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides vom 27.10.2022 entrichtet werden müssen. Dass er nicht entrichtet wurde, beruht daher nicht auf der versehentlich unterbliebenen Einbringung eines Aussetzungsantrages, sondern offenbar auf einer unrichtigen rechtlichen Einschätzung in Bezug auf das (mögliche) Ausmaß der Aussetzung und der sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Zahlungspflicht. Diese rechtliche Fehleinschätzung ist der zuständigen Steuerberaterin und Geschäftsführerin der steuerlichen Vertretung unterlaufen, welche der für die Fristenverwaltung zuständigen Kanzleimitarbeiterin anlässlich der Beschwerdeerhebung mitgeteilt hat, dass vorerst keine Zahlung an die Abgabenbehörde zu leisten ist, offenkundig weil sie unzutreffenderweise davon ausgegangen ist, dass der - tatsächlich nicht eingebrachte - Aussetzungsantrag gem. § 230 Abs. 6 BAO eine Hemmung der gesamten ESt 2021 bewirken würde.

Ein weiterer Fehler ist anlässlich der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 29.11.2022 unterlaufen: Wäre die Aussetzung der Einhebung anlässlich der Beschwerde beantragt und bewilligt worden, wäre gemäß § 212a Abs. 5 BAO anlässlich der Beschwerdevorentscheidung der Ablauf der Aussetzung bescheidmäßig zu verfügen gewesen. Dass ein derartiger Ablaufbescheid nicht gleichzeitig mit der Beschwerdevorentscheidung bzw. in zeitlicher Nähe zu dieser eingelangt ist, hätte Zweifel daran hervorrufen müssen, dass tatsächlich ein Aussetzungsantrag eingebracht wurde. Diesbezügliche Nachforschungen hätten sodann ergeben das kein Aussetzungsantrag eingebracht wurde und hätte der Beschwerdeführer noch rechtzeitig informiert werden können, dass der Abgabenbetrag nun bis (spätestens) 7.12.2022 zu entrichten ist. Da jedoch auch anlässlich der Beschwerdevorentscheidung nicht aufgefallen ist, dass tatsächlich kein Aussetzungsantrag eingebracht wurde, erfolgte an den Beschwerdeführer die unzutreffende Information, dass der Abgabenbetrag bis 29.12.2022 zu entrichten ist.

Letztlich hätte auch anlässlich der grundsätzlich vorgesehenen, im vorliegenden Fall jedoch unterbliebenen Kontrolle der Zahlungsfrist anlässlich der Beschwerdeeinbringung und anlässlich des Eingangs der Beschwerdevorentscheidung durch die zuständige Steuerberaterin auffallen können, dass ein Aussetzungsantrag nicht eingebracht wurde und hätte die rechtzeitige Bezahlung durch den Beschwerdeführer noch veranlasst werden können. Dass die Kontrolle infolge erhöhten Arbeitsdrucks unterblieben ist, spielt hierbei grundsätzlich keine Rolle (vgl. VwGH 18.9.1990, 90/05/0136; 27.9.2012, 2009/16/0098).

Diese Versehen, die nicht als geringfügig einzuschätzen sind (vgl. etwa VwGH 19.9.1990, 90/03/0178, zum Fall einer unrichtig mit acht anstatt richtigerweise sechs Wochen angenommenen Rechtsmittelfrist; VwGH 16.3.1993, 89/14/0254; 27.1.1995, 94/17/0486, zur unterbliebenen Fristenkontrolle), sind nicht der Kanzleimitarbeiterin unterlaufen (diese hat lediglich die ihr mitgeteilten Informationen an den Beschwerdeführer weitergegeben und damit die ihr erteilten Aufträge erfüllt), sondern der zuständigen Steuerberaterin, die auch Geschäftsführerin der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers ist. Dieses Verschulden ist daher dem Beschwerdeführer zuzurechnen (VwGH 7.8.2003, 2000/16/0735; 8.10.1990, 90/15/0134) und steht einer Herabsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO entgegen.

Damit kann dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer, der den Rückstand nicht innerhalb der ihm bekannt gegebenen Frist (29.12.2022), sondern erst fünf Tage später am 3.1.2023 bezahlt hat, im Falle einer Aussetzung bzw. Hemmung des gesamten Betrages sowie eines Fristablaufes gem. § 212a Abs. 7 BAO am 29.12.2022 tatsächlich das fünftägige "Respiro" des § 217 Abs. 5 BAO zur Verfügung gestanden wäre, was angesichts dessen, dass es sich bei der einmonatigen Frist gem. § 212a Abs. 7 BAO um eine Nachfrist nach bereits eingetretener Fälligkeit handelt, zumindest fraglich sein könnte.

Da die Feststellungen i.W. dem Vorbringen des Beschwerdeführers entsprechen, war die zeugenschaftliche Einvernahme der Kanzleimitarbeiterin zum Beweis dieses Vorbringens nicht erforderlich. Zudem beruht die verspätete Zahlung nicht auf einem Versehen dieser Mitarbeiterin, sodass letztlich ohne Relevanz ist, ob diese grundsätzlich zuverlässig ist, entsprechend geschult wurde und im hier gegenständlichen Zeitraum unter besonderem Arbeitsdruck stand.

Ohne Relevanz ist auch, ob der Beschwerdeführer seine Abgaben in den letzten zwei Jahren immer fristgerecht entrichtet hat. Weder ist dies eine Voraussetzung für eine Herabsetzung nach § 217 Abs. 7 BAO, noch würde es einer Herabsetzung entgegenstehen, wenn der Beschwerdeführer in der Vergangenheit Abgaben nicht fristgerecht entrichtet haben sollte. Ebensowenig ist bei der Anwendung dieser Bestimmung ein Ermessen zu üben, bei dem dies allenfalls berücksichtigt werden könnte. Die Herabsetzung/Nichtfestsetzung hat vielmehr zwingend zu erfolgen, wenn der Abgabepflichtige dies beantragt und ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Nachdem letztere Voraussetzung nicht vorliegt, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass ein (grobes) Verschulden eines berufsmäßigen Parteienvertreters der von ihm vertretenen Partei zuzurechnen ist, wurde durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Die Frage, ob ein Verschulden grob oder bloß geringfügig ist, hängt zudem immer maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles ab. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung waren daher nicht zu lösen.

Wien, am 10. Jänner 2025