IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am 20. Jänner 2025 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2023 zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin hat mit der am 10. Jänner 2025 elektronisch bei der belangten Behörde eingelangten Erklärung die Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 beantragt.
2. Die belangte Behörde hat mit dem am 20. Jänner 2025 ausgefertigten Bescheid den Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 abgewiesen. weil die Beschwerdeführerin im Veranlagungszeitraum keine steuerpflichtigen Bezüge gehabt habe.
3. Mit dem am 23. Jänner 2025 elektronisch über FinanzOnline eingereichten Schreiben hat die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben und die Erstattung des Alleinverdienerabsetzbetrages beantragt.
4. Die belangte Behörde hat mit der am 11. Februar 2025 ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Ein Alleinerzieherabsetzbetrag stehe nur dann zu, wenn Alleinerziehende im Kalenderjahr für mehr als sechs Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag hätten. Dieser werde mit der Familienbeihilfe ausbezahlt. Da die Beschwerdeführerin "im Veranlagungsjahr 2023 mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einer Ehepartnerin/einem Ehepartner oder einer Partnerin/einem Partner gelebt habe und nur für sechs Monate Alleinerzieherin gewesen" sei, könne der Absetzbetrag nicht berücksichtigt werden.
5. Die Beschwerdeführerin hat mit dem am 24. Februar 2025 elektronisch im Wege von FinanzOnline eingereichten Schreiben die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
6. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom 8. Juli 2025 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Sachverhalt
1. Die Beschwerdeführerin hat vier Kinder für die ihr mehr als sechs Monate im Jahr 2023 ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zustand.
2. Die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern hat im Jahr 2023 nicht mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit ihrem Partner, Herrn ***1***, gelebt.
III. Beweiswürdigung
1. Punkt II.1. ist nach der Aktenlage erwiesen und unstrittig.
2. Punkt II.2. ergibt sich aus der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde im Vorlagebericht, wo festgehalten ist:
"Im gegenständlichen Fall bestand im Zeitraum 1.1.2023-11.6.2023 der gemeinsame Familienwohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr***."
Zudem ist aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich, dass Herr ***1*** sich am 12.06.2023 von der genannten Adresse abgemeldet hat. Damit ist die Sachlage zu Punk II.2. für das Bundesfinanzgericht erwiesen. Die Annahme der belangten Behörde im Vorlagebericht, die Beschwerde sei deshalb abzuweisen, weil die Beschwerdeführerin mehr als sechs Monate im Jahr 2023 in einer Gemeinschaft mit ihrem Partner gelebt habe, widerspricht ihrer eigenen Tatsachenfeststellung.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei zwei Kindern € 704,00 und erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind um jeweils € 232,00 Euro jährlich ( § 33 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 153/2022 iVm § 124b Z 437 EStG 1988). Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind ( § 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
2. Als Kinder gelten gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht.
3. Ergibt sich nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG 1988 eine Einkommensteuer unter null, ist gemäß § 33 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten. Gemäß § 33 Abs. 8 Z 5 EStG 1988 erfolgt die Erstattung im Wege der Veranlagung. Dies gilt unabhängig davon, ob im relevanten Zeitraum überhaupt veranlagungsfähiges Einkommen erzielt worden ist (ErlRV 684 BlgNr XXV. GP, 22; Jakom/Peyerl EStG, 2025, § 4 Rz 2, Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2025, § 33 Rz 110 f; Kirchmayr/Sturma in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 40 Tz 2).
4. Der Gesetzgeber fordert für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages einerseits das Zustehen des Kinderabsetzbetrages für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr, andererseits, dass mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner gelebt wird. Da für das Bundesfinanzgericht im Veranlagungsjahr 2023 das Vorliegen beider Anspruchsvoraussetzungen erwiesen ist (Punkt II.), war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid abzuändern (VwGH 22.09.1987, 86/14/0178; Stoll, BAO-Kommentar, 2802).
V. Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 2023 betragen:
IV. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtslage zur Erstattung des Alleinverdienerabsetzbetrages ist eindeutig, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich im Beschwerdefall nicht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
Wien, am 15. Juli 2025