Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Hans Blasina, die Richterin Mag. Monika Ahorn sowie die fachkundigen Laienrichter Dip.Ing. Thomas Hrdinka und Manfred Fiala in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Praterstraße 38, 1020 Wien, über die Beschwerde vom 29. November 2023 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 10. November 2023 betreffend Einkommensteuer 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. September 2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Sabine Steger zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abgeändert. Das Einkommen beträgt 75.075,36 Euro. Die Einkommensteuer beträgt nach Anrechnung von Lohnsteuer und Rundung 4.194 Euro.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
In der Beschwerde gegen die zunächst antragsgemäße Veranlagung wird vorgebracht, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei eine Rechnung vergessen worden. Zudem werde die Entscheidung durch den Senat und eine mündliche Verhandlung beantragt.
Im weiteren Verfahren ist zwischen den Parteien strittig, ob der Grundanteil an der vermieteten Immobilie mit 20 oder mit 30 % der Anschaffungskosten anzusetzen ist.
Der Beschwerdeführer (Bf) bringt für einen 20%igen Ansatz vor, bei dem Grundstück handle es sich um eine Wohnhausanlage mit 33 Wohneinheiten in zwei dreistöckigen Gebäuden und 66 großteils in einer Tiefgarage gelegenen Kfz-Stellplätzen. Ein Nachweis des Grundanteils könne laut BMF-Information auch nach den Verhältnissen des Grundwertes zum Gebäudewert iSd GrundstückswertVO erbracht werden. Der Wert von Grund und Boden werde mittels Verhältnismethode ermittelt, wobei der Verkehrswert des nackten GuB mit jenem des Gebäudes in ein Verhältnis gestellt werde (zB VwGH 23.4.1998, 96/15/0063). Eine überschlagsmäßige Berechnung des "BMF-Grundstückwerts" [gemeint ist die Grundstückswert-Berechnung auf Grundlage des Pauschalwertmodells gemäß § 2 GrWV] mit einem Bodenwert von 10,90 €/m² ergebe einen Grundstückswert von 4.261.318,98 Euro, wovon3.691.850,51 Euro auf das Gebäude entfielen. Dies bedeute einen Grundanteil von 13,36 %. Auch die Bebauung mit vielen Wohnungen spreche für einen geringen Grundanteil. Der Quadratmeterpreis für den Bezirk ***Bezirk1*** betrage laut Immobilienpreisspiegel 2022 der WKO 243,78 Euro für normale Wohnlagen; die Liegenschaft befinde sich in keiner Toplage, sondern sei umgeben von stark befahrenen Straßen und einer Autobahn sowie einer mehrspurigen Bahnstrecke. Der Wert laut Statistik Austria (495,20 Euro) sei daher nicht heranziehbar. Auch der von der belangten Behörde referenzierte Grundstückspreis laut der Zeitschrift "Gewinn" sei nicht sachgerecht, weil im Beitrag stets darauf verwiesen werde, dass die Preise von schlechten Lagen bis zu 30 % darunter liegen könnten und sich überdies auf Grundstücke für Einfamilienhäuser beziehe.
Die belangte Behörde führt ins Treffen, dass laut der Zeitschrift "Gewinn" die durchschnittlichen Grundstückspreise in ***Ort1*** bei 500 bis 700 Euro gelegen seien. Gemäß § 2 Abs 2 GrundanteilsVO entfielen daher 30 % der Anschaffungskosten auf Grund und Boden. Der vom Bf errechnete Bodenwert von 10 Euro/m² erscheine keinesfalls plausibel, weil die damit errechneten 13 % Grundanteil deutlich unter 20 % liegen.
In der mündlichen Verhandlung wird vom Bf ein Artikel aus der Zeitschrift "Gewinn" (Ausgabe 5/2021) vorgelegt, in dem für ***Ort1*** eine Preisspanne von 400 bis 600 Euro/m² ausgewiesen werden und darauf verwiesen, dass dies der Preis für Einfamilienhausgrundstücke sei, bei denen ein anderes Wertverhältnis vorliege.
Der Bf hat Anfang des Jahres 2022 eine Wohnung in ***Ort1*** in einem Neubau erworben. Der Kaufpreis hat 480.000 Euro für die Wohnung und 36.000 Euro für zwei Tiefgaragen-Stellplätze betragen.
Die Anlage besteht aus zwei Häusern mit insgesamt 33 Wohneinheiten und 66 Kfz-Stellplätzen (teils auf Freiflächen, teils in Tiefgaragen) und befindet sich auf einem 2.679 m² großen Grundstück in der ***Gasse1***. Die Häuser wurden in den Jahren vor dem Erwerb nach Abbruch von Altbestand neu errichtet und haben über dem Erdgeschoß zwei Stockwerke und ein Dachgeschoß, insgesamt somit vier Wohnebenen. Der Standort ist als gut zu bezeichnen.
***Ort1*** hat deutlich unter 100.000 Einwohner. Der durchschnittliche Baulandpreis liegt über 400 €/m².
Der Bf vermietet seine Wohnung. Ein Grundanteil von weniger als 30 % der Anschaffungskosten konnte nicht nachgewiesen werden und ist auch nicht offensichtlich.
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt, insbesondere aus den vorgelegten Verträgen, Grundbuchauszügen und Immobilienpreisspiegeln sowie aus dem Ortsaugenschein des Senatsvorsitzenden.
Dass der Quadratmeterpreis in ***Ort1*** über 400 €/m² liegt, ergibt sich schon aus den vom Bf vorgelegten Beiträgen aus der Zeitschrift "Gewinn" des Jahres 2019 (im Verwaltungsverfahren) bzw 2021 (in der Verhandlung), wonach der Preis in ***Ort1*** damals bereits bei 400 - 600 €/m² betragen hat. Hingegen ist ein vom Bf vorgelegter Preisspiegel für den ganzen Bezirk ***Bezirk1*** ungeeignet, ausgerechnet für ***Ort1*** - eines der "teuersten Pflaster" im Bezirk - einen stichhaltigen Wert nachzuweisen.
Die Einstufung des Standortes als gute Lage ergibt sich aus folgenden Punkten: Schule, Kindergarten, Nahversorger, Arzt, Apotheke, Bus, Schnellbahnstation sind fußläufig unter zehn Minuten erreichbar, Bus und Schnellbahn weisen tagsüber einen Viertelstundentakt auf. Die Straßen um das Haus sind verkehrsberuhigt (30er-Zone bzw angrenzende Wohnstraße), die Schnellbahn und die 500 m entfernte Autobahn sind hinter Lärmschutzwänden. Von der 100 m entfernten Bundesstraße (Ortsgebiet, 50 km/h) trennt eine weitere Häuserzeile. Die Lärmimmission unterscheidet sich nicht von den ***Ort1***er Bestlagen am Fuß des ***Berg1***. In unmittelbarer Nähe sind Naherholungsgebiete (***Park1***, ***Berg1***).
Dass dem Bf kein Nachweis eines Grundanteils unter 30 % gelungen ist, ergibt sich aus folgenden Punkten: Der ins Treffen geführte Immobilienpreisspiegel für den gesamten Bezirk ***Bezirk1*** ist auf ***Ort1*** bezogen ungeeignet, denn wie bereits erwähnt ist der Ort eine der besten Lagen im Bezirk, und durch eine Vielzahl strukturschwacher Gemeinden im Hinterland wird der Durchschnittspreis viel zu stark verzerrt. Die Berechnung eines Verhältniswertes anhand eines vom BMF für Zwecke der Grunderwerbsteuer bereitgestellten Berechnungstools, das wiederum auf einer Pauschalwertmethode basiert, kann keinen Nachweis darstellen und ist weit entfernt von dem beispielhaft in der GrundanteilV angeführten Sachverständigengutachten.Das Argument der Grundstücksgröße ist deshalb ungeeignet, weil die mit der Grundstücksgröße und der Widmung einhergehende dichtere Bebaubarkeit sich auch auf den Wert des nackten Grund und Bodens erhöhend gegenüber Einfamilienhäusern auswirkt, wodurch sich das Verhältnis von Grund- zu Gebäudewert jedenfalls nicht in einem Ausmaß ändert, das eine offensichtliche Abweichung der tatsächlichen Verhältnisse zutage brächte. Auch das Argument eines anderen Verhältnisses bei Neubauten überzeugt nicht, weil gerade hier anhand der beim Bauträger vorhandenen Kalkulationen eine Ermittlung der Verhältnisse leicht wäre und sich das Problem der Teilung in nackten Grund und Boden und Gebäude bei Bestandimmobilien deutlich stärker stellt. Die Pauschalwerte des Gesetzgebers sind somit Annäherungswerte für den Neubau auf unbebauten Grundstücken und daher gerade für Neubauten auch nicht unplausibel.Über die bloße Behauptung hinaus wurden keine stichhaltigen Beweise - wie sie aus einem Gutachten erschlossen werden könnten - vorgelegt.
Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 sind bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis eines anderen Aufteilungsverhältnisses von den Anschaffungskosten eines bebauten Grundstückes 40% als Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden. Dies gilt nicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich davon abweichen.
Gemäß der dazu ergangenen GrundanteilV sind abweichend vom Gesetz 30 % als Anteil des Grund und Bodens auszuscheiden, wenn der durchschnittliche Quadratmeterpreis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke (baureifes Land) mindestens 400 Euro beträgt und das Gebäude mehr als 10 Wohn- oder Geschäftseinheiten umfasst (§ 2 Abs 2 TS 1 GrundanteilV).
Der auszuscheidende Anteil des Grund und Bodens ist nicht nach § 2 pauschal zu ermitteln, wenn er nachgewiesen wird (§ 3 Abs 1 GrundanteilV), oder wenn die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig erheblich (zu mindestens 50 %) davon abweichen (§ 3 Abs 2 GrundanteilV).
Der Bf hat den Grundwert nach der Pauschalwertmethode des § 2 GrWV ermittelt, der auf § 4 Abs 1 GrEStG fußt. § 3 GrWV beschreibt die Ermittlung des tatsächlichen Grundwertes für Zwecke der GrESt. Die vom Bf angestrengte grunderwerbsteuerliche Pauschalwertermittlung ist untauglich, einen Grundanteil iSd § 3 GrundanteilV nachzuweisen.
Für die Ermittlung des Grundanteils für Zwecke des § 16 Abs 1 Z 8 EStG sind die Methoden der GrundanteilV heranzuziehen. Die Pauschalwerte der GrundanteilV ergeben sich aus § 2 GrundanteilV, der tatsächliche Wert aus § 3 GrundanteilV. Weder im EStG noch in der GrundanteilV findet sich ein Hinweis darauf, dass die Methoden der GrWV anwendbar wären. Jedenfalls ungeeignet zum Nachweis des tatsächlichen Grundanteils iSd GrundanteilV ist Pauschalwertmethode der GrWV, die eben keinen Wert nachweisen kann, sondern selbst nur Pauschalannahmen trifft und überdies zu einem anderen Gesetz ergangen ist.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes war pauschal ein Grundanteil von 30 % anzusetzen. Von diesem Wert weichen die tatsächlichen Verhältnisse nicht offenkundig erheblich ab, weshalb eine amtswegige Ermittlung der tatsächlichen Werte zu unterbleiben hatte. Der Nachweis eines abweichenden Wertes wurde vom Bf nicht erbracht, weshalb es bei der Pauschalwertmethode des § 2 GrundanteilV bleibt.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu Rechtsfragen der GrundanteilV fehlt bisher eine Rechtsprechung des VwGH, und die zu lösende Rechtsfrage ist über den Einzelfall hinaus bedeutend.
Wien, am 26. September 2025
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