JudikaturBFG

RV/1100249/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 12. Mai 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 14. März 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin war das gesamte Jahr 2021 als Case Managerin bei der Sozialdienste ***1*** gemeinnützige GmbH angestellt.

Da keine Abgabenerklärung für das Jahr 2021 abgegeben wurde, wurde eine antragslose Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 durchgeführt und mit Bescheid vom 02.08.2022 festgesetzt.

Am 13.12.2022 wurde eine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 von der Beschwerdeführerin elektronisch eingebracht, in welcher sie neben Gewerkschaftsbeiträgen, Kosten für Fachliteratur in Höhe von € 88,60 sowie Aus-/Fortbildungs-/Umschulungskostenbildungskosten in Höhe von € 3.032,38 als Werbungskosten geltend machte.

Der Vorhalt vom 16.01.2023 hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Sie haben Werbungskosten beantragt. Bitte schicken Sie uns dazu die Kopien der Belege und eine Kostenaufstellung mit einer genauen Aufteilung der Kosten nach Themen sortiert. Jeder Kostenpunkt muss Datum, Bezeichnung der Kostenart und den Betrag aufweisen.

Bitte teilen Sie uns auch Ihren beruflichen Aufgabenbereich mit und informieren Sie uns, wie die Ausgaben mit Ihrem Beruf Zusammenhängen. Begründen Sie daher die konkrete berufliche Notwendigkeit jeder Position in der Kostenaufstellung.

Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. Land oder Arbeiterkammer Ihre Kosten ganz oder teilweise ersetzt? Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt.

Bei beantragten Fahrtkosten benötigen wir folgende Unterlagen:

• Bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel oder einer Mitfahrgelegenheit die Anzahl der Fahrten und einen Nachweis der angefallenen Kosten. Geben Sie bitte auch die berufliche Veranlassung bekannt.

• Bei Benützung des eigenen KFZ geben Sie uns bitte den genauen Streckenverlauf inkl. Anfangs- und Endadresse, Datum, Uhrzeit und den beruflichen Zweck bekannt (z.B. Fahrtenbuch).

Bei beantragten Verpflegungsmehraufwendungen wie Tagesgelder, Diäten bzw. Nächtigungskosten (z.B. Hotel, etc.) benötigen wir:

• Einen Nachweis der Art und Dauer der beruflichen Veranlassung je Reise

• Beginn und Ende (Datum und Uhrzeit) je Reise

• Zielort/e inkl. Verweildauer an jedem Zielort

Bei beantragter Fachliteratur benötigen wir:

• Eine Aufstellung mit Anschaffungstag, Buchtitel und Einzelpreis

• Eine Erklärung der beruflichen Notwendigkeit und Verwendung je Buchtitel

Sie haben Bildungsausgaben beantragt. Bitte schicken Sie uns dazu die Kopien der Belege und eine Kostenaufstellung. Jeder Kostenpunkt muss Datum, Bezeichnung der Kostenart und den Betrag aufweisen.

Bitte beantworten Sie auch die folgenden Fragen zu Ihren Bildungskosten:

• Welche Tätigkeit haben Sie ausgeübt? Schicken Sie uns eine kurze Arbeitsplatzbeschreibung.

• Schicken Sie uns bitte das genaue Veranstaltungsprogramm (inklusive Zeittafel).

• Wie hängen die Bildungsmaßnahmen mit Ihrem Beruf, einer besseren Position oder dem nächsten Berufswunsch zusammen?

• Wie konnten Sie Ihr erworbenes Wissen in Ihrer beruflichen Tätigkeit verwenden?

• Eine umfassende Umschulung in einen anderen Beruf ist abzugsfähig, wenn Sie in absehbarer Zeit steuerpflichtige Einnahmen erzielen. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie dafür schon gesetzt? Dokumentieren Sie zudem die konkrete Absicht, einen anderen Beruf auszuüben.

Haben Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. Land oder AMS Ihre Kosten ganz oder teilweise ersetzt?

Dann geben Sie uns bitte die Höhe bekannt."

In der Vorhaltsbeantwortung vom 24.01.2023 brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Ich arbeite seit fast acht Jahren an der unten genannten Beratungsstelle für Pflege und Betreuung/vormals Case Management. Dies ist ein sehr junger Beruf in Vorarlberg der in allen 96 Gemeinden bestehend ist. Wir Case Managerinnen erbringen keine direkten Dienstleistungen im Bereich Betreuung und Pflege, sondern sind vor allem im Bereich Beratung und Begleitung tätig. Das Case Management richtet sich an Personen, die einen Bedarf an Betreuung und Pflege aufgrund einer körperlichen, psychiatrischen und/oder Suchterkrankung haben, sowie deren pflegende Angehörige. Es geht vorwiegend darum mehrere Dienstleister aufeinander abzustimmen, Bedarfsabklärungen für Aufnahmen in Pflegeheime und andere Versorgungseinrichtungen zu machen, psychosozialen Begleitung im Übergang bis eine Versorgung für die jeweilige Person besteht, anzubieten.

Durch Corona waren wir sehr gefordert, wir sind gefordert in Beratungsgesprächen mit Familien die einen palliativen Angehörigen haben, bei Begleitung von psychiatrischen und suchterkrankten Menschen. Mit dieser Ausbildung/Weiterbildung möchte ich mir Fachwissen aneignen um Menschen adäquat zu begleiten, wissen "wie" ich mit ihnen sprechen soll, wenn es um solche existenzielle Themen wie Krankheit und Tod geht.

Ich bekomme weder von meinem Dienstgeber noch vom AMS finanzielle Mittel."

Aus den beigelegten Unterlagen geht hervor, dass es sich bei der Ausbildung um ein Existenzanalytisches Fachspezifikum im Zuge einer Ausbildung zur Psychotherapeutin handelt. Diese Kosten werden als Werbungskosten geltend gemacht.

Bezüglich der Kosten für Fachliteratur wurden ebenfalls Belege vorgelegt.

Am 14.03.2023 wurde durch das Finanzamt eine Bescheidaufhebung gem. § 41 (2) EStG veranlasst und es wurde ein neuer Erstbescheid erlassen. In der Begründung des Einkommensteuerbescheides führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Fortbildungskosten führen bei einem Steuerpflichtigen nur dann zu Werbungskosten, wenn in den besuchten Seminaren berufsspezifisches Wissen vermittelt wird, bzw. wenn die erworbenen Kenntnisse nur für die Berufsgruppe des Steuerpflichtigen interessant sind (§ 16 EStG 1988).

Ihre Fortbildung "Existenzanalyse/Logotherapie" ist zwar geeignet berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern, es liegt jedoch keine berufsspezifische Fortbildung im Sinne des Gesetzes vor, da diese Kurse für Angehörige verschiedener Berufsgruppen geeignet sind und auch Anziehungskraft auf Personen haben, die sich aus privatem Interesse intensiv mit der Persönlichkeitsentwicklung beschäftigen wollen.

Stehen Aufwendungen für die private Lebensführung in unmittelbarem Zusammenhang mit Aufwendungen der beruflichen Tätigkeit und lassen sich diese nicht einwandfrei trennen, dann spricht man von einem sogenannten "Mischaufwand". Gemäß § 20 EStG 1988 ist dieser Mischaufwand der privaten Lebensführung zuzurechnen und daher konnten Ihre beantragten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden."

Nach eingebrachten Rechstmittelfristverlängerungen vom 11.04.2023, 28.04.2023 und 01.05.2023 brachte die Beschwerdeführerin am 12.05.2023 eine Beschwerde ein, in der beantragt wird die Kosten für ein psychotherapeutisches Fachspezifikum gem. § 6 des Psychotherapiegesetzes als Werbungskosten anzuerkennen. In der Begründung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus:

"Ich arbeite seit fast acht Jahren an der unten genannten Beratungsstelle für Pflege und Betreuung bei den Sozialdiensten ***1***/vormals Case Management-siehe beigelegte Stellenbeschreibung. Dieser Beruf in Vorarlberg ist nun 12 Jahre alt, in allen 96 Gemeinden von Vorarlberg bestehend und wird vom Land Vorarlberg finanziell stark gefördert. Wir Case Managerinnen sind vor allem im Bereich Beratung und Begleitung tätig.

Das Case Management richtet sich an Personen, die einen Bedarf an Betreuung und Pflege aufgrund einer körperlichen, psychiatrischen und/oder Suchterkrankung haben, sowie deren pflegende Angehörige. Es geht vorwiegend darum mehrere Dienstleister aufeinander abzustimmen, Bedarfsabklärungen für Aufnahmen in Pflegeheime und andere Versorgungseinrichtungen zu machen, psychosozialen Begleitung im Übergang bis eine Versorgung für die jeweilige Person besteht, anzubieten.

Durch Corona waren wir sehr gefordert, hatten eine enorme Arbeitsüberlastung. Mussten per Telefon mithelfen die Menschen in ihrer Not zu beruhigen, Wege und Lösungen aufzeigen, umständlich am Telefon mit Betroffenen Anträge erstellen, teilweise vor der Haustüre Anträge unterzeichnen lassen (wir hatten eine Sondergenehmigung das wir trotz Ausgehbeschränkungen auf dem Weg sein dürfen). Auch jetzt nach Corona sind wir gefordert in Beratungsgesprächen mit Familien die einen palliativen Angehörigen haben, bei Begleitung von psychiatrischen und suchterkrankten Menschen, von schwer verwahrlosten betagten Menschen.

Mit dieser Ausbildung eigne ich mir das erforderliche Fachwissen an, um Menschen adäquat zu begleiten, wissen "wie" ich mit ihnen sprechen soll, "wie" ich eine "Arbeitsbasis" mit den Menschen gemeinsam schaffen kann, damit eine Hauskrankenpflege, eine 24h Betreuung, ein Heimplatz angenommen werden kann, wenn es um solche existenziellen Themen wie Krankheit und Tod geht.

Die Ausbildung in Existenzanalyse richtet sich an Absolventen der Medizin, Pädagogik, Psychologie, Sozialarbeiter. Die Ausbildung in Existenzanalyse ist eine Berufsausbildung zur Psychotherapie und ist gemäß dem Österreichischen Psychotherapiegesetz (BGBl. Nr. 361/1990) als Fachspezifikum anerkannt.

Mit dieser Ausbildung erwerbe ich auch das nötige Rüstzeug, um mit der psychologischen Belastung, die dieser Beruf mit sich bringt, besser umgehen zu können, sie dient mir zur Sicherung und Erhaltung meines Einkommens. Den Beruf muss ich auch nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters noch ausüben können, da ich von der Rente nicht leben kann. Die gesamte Ausbildung kostet ca € 23.000 (siehe beigelegte Unterlagen), aus rein privaten Motiven würde ich weder so viel Geld ausgeben, noch so viel Zeit in Wochenenden in ***Ort*** und auf Prüfungen zu lernen, investieren.

Ich bekomme weder von meinem Dienstgeber noch vom AMS finanzielle Mittel (siehe beigelegte Bestätigung GF Mag. ***GF-Name** vom 11.5.23).

Am 27.07.2023 wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zufolge sind Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit als Werbungskosten abzugsfähig.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Das psychotherapeutische "Propädeutikum" und "Fachspezifikum" sind die in §§ 3 bis 8 des PsychotherapieG 1990 verwendeten Bezeichnungen für Lehrveranstaltungen und Praktika, deren Absolvierung Voraussetzung für die selbständige Ausübung der Psychotherapie ist (§ 2 PsychotherapieG 1990). Das Fachspezifikum "Existenzanalyse und Logotherapie" stellt die besondere Ausbildungsform gemäß § 2 1. Satz PsychotherapieG 1990 dar.

Logotherapie ist ein, vom Neurologen und Psychiater Viktor E. Frankl entwickeltes, psychotherapeutisches Verfahren, das die geistige Auseinandersetzung des Patienten mit der Frage nach dem Sinn des Daseins (Existenzialismus) betont. Die bei der Logotherapie zur Symptomreduktion angewandte Technik ist die Existenzanalyse; sie besteht darin, den Patienten zu beauftragen, sein symptomatisches Verhalten bewusst herbei zu führen (www.wissen.de - Lexika).

Den Absolventen des Ausbildungslehrganges Fachspezifikum steht damit eine Berufsmöglichkeit offen, die Absolventen anderer Lehrgänge nicht haben. Sie sind zur Ausübung des Berufes einer Case Managerin berechtigt; als Absolvent des Ausbildungslehrganges Fachspezifikum hätten sich Ihre Berufschancen um die von Psychotherapeuten erweitert. Somit liegt im vorliegenden Fall eine Bildungsmaßnahme vor, die das Erlernen eines Berufes als Ausbildungsziel hat und Ihre Berufsmöglichkeiten erweitert - und keine an der Ausübung des bisherigen Berufes als Case Managerin orientierte Bildungsmaßnahme (vgl. UFSW vom 28.5.2003, RV/0458-W/03).

Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten ist nur dann gegeben, wenn ein Zusammenhang mit der ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit vorliegt (LStR 2002 Rz 358). Von einem Zusammenhang mit einem, zum derzeitigen Beruf oder zur derzeitigen Tätigkeit verwandten Beruf ist nach der Verkehrsauffassung auszugehen, wenn diese Tätigkeiten bzw. Berufe üblicherweise gemeinsam am Markt angeboten werden oder im Wesentlichen gleich gelagerte Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordern (vgl. UFSW vom 28.5.2003, RV/0458-W/03).

Ihrer übermittelten Stellenausschreibung zufolge bestehen Ihre Aufgaben als Case Managerin unter anderem darin, in Fragen der Finanzierung der Betreuung und Pflege sowie bei Entlastungs- und Unterstützungsangeboten zu beraten, einen individuellen Hilfebedarf zu planen, koordinieren, dokumentieren und in der entsprechenden Administration sowie in der interdisziplinären regionalen und überregionalen Zusammenarbeit.

Nach der Berufsumschreibung in § 1 Abs. 1 PsychotherapieG 1990 ist die Ausübung der Psychotherapie "die nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewusste und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten und einem oder mehreren Psychotherapeuten mit dem Ziel, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern." Psychotherapeutische Arbeit zielt auf die Linderung von Belastungen und Problemen oder Heilung von seelischen Krankheiten durch die Mobilisierung der Kräfte und Fähigkeiten der behandelten Person ab (www.wissen.de - Lexikon).

Somit unterscheidet sich die Tätigkeit eines Psychotherapeuten von der Berufsgruppe der Case Manager wesentlich. Ergänzend sei anzuführen, dass Sie wesentliche Lehrinhalte des in den Seminaren des Fachspezifikums erworbenen Fachwissens bei Ihrer Tätigkeit nicht verwerten dürfen (vgl. § 17 Abs. 2 und 5 PsychotherapieG 1990). Aufgrund dessen liegen auch keine Aufwendungen für eine Ausbildung dar.

Gegen eine berufsspezifische fachliche Weiterbildung spricht, dass sich der Teilnehmerkreis offenbar aus Personen verschiedener Bildungsgrade und Berufsgruppen zusammensetzt: Das Fachspezifikum dürfen beispielsweise absolvieren, wer eine bescheidmäßige Zulassung des Bundesministeriums für Gesundheit, eine abgeschlossene Ausbildung im Krankenpflegedienst sowie ein abgeschlossenes Studium der Medizin, Pädagogik oder Theologie hat (vgl. www.existenzanalyse.at - Aufnahmebedingungen). Die geltend gemachten Aufwendungen in Bezug auf das Fachspezifikum Existenzanalyse und Logotherapie sind somit nicht steuerlich abzugsfähig.

Aufwendungen für Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre steht, sind als Werbungskosten absetzbar (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 2023, § 20 Rz 90).

Es genügt, wenn die Aufwendungen an sich - auch ohne konkret erkennbare Auswirkung auf die Auskünfte - geeignet sind, die Berufschancen zu erhalten oder zu verbessern. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitgeber die Anschaffung der Fachliteratur fordert oder daran interessiert ist (VwGH 18.3.1986, 85/14/0156).

Literatur, die auch bei nicht in der Berufssparte des Steuerpflichtigen tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist (VwGH 23.5.1984, 82/13/0184), stellt keine Werbungskosten dar.

Dies gilt selbst dann, wenn aus den betreffenden Publikationen Anregungen für die berufliche Tätigkeit gewonnen werden können (VwGH 26.4.2000, 96/14/0098).

Die von Ihnen geltend gemachte Literatur erfüllt die Kriterien einer Fachliteratur nicht, da Literatur über Existenzanalyse und Logotherapie auch für nicht als Case Manager tätige Personen von allgemeinem Interesse sind. Aufgrund dessen erfolgte keine Berücksichtigung dieser Ausgaben und die Beschwerde war abzuweisen."

Dagegen wurde mit 25.08.2023 ein Vorlageantrag und ein Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht eingebracht. In der Begründung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus:

"Ich arbeite nun im neunten Jahr als Case Managerin, zuerst acht Jahre an der "Beratungsstelle für Pflege und Betreuung" bei den Sozialdiensten ***1***, seit Juni dieses Jahres bei der "Servicestelle für Betreuung und Pflege" in der Marktgemeinde ***Gemeinde***.

Meine Grundausbildung beinhaltet den Abschluss Mag. phil. in Pädagogik, die Abschlussurkunde der Universität Innsbruck liegt bei sowie der Nachweis des Abschlusses des psychotherapeutischen Propädeutikums, die Zulassung zur Ausbildung Fachspezifikum Existenzanalyse und Logotherapie, die Heiratsurkunde mit den Ergänzungen der Scheidung und der Namensänderung (verh. ***Name-neu***, seit 2009 wieder Annahme des Mädchennamens ***Bf1***).

Die Case Management Stellen wurden vom Land Vorarlberg vor 12 Jahre in allen 96 Gemeinden implementiert und werden vom Land Vorarlberg und den Gemeinden selbst gefördert beziehungsweise finanziert. Der demographische Wandel und die damit einhergehende Zunahme an älteren und pflegebedürftigen Menschen stellte das Land Vorarlberg vor neue Herausforderungen. Infolgedessen wurden Beratungsstellen, in denen Sozialarbeiter:innen und Krankenpflegerinnen nach der Methode des Case Managements arbeiten, geschaffen. Dieses Angebot richtet sich grundsätzlich an Menschen, die einen Pflege- und Betreuungsbedarf aufgrund einer körperlichen und/oder psychischen Erkrankung aufweisen und darüber hinaus an deren Angehörige. In den Beratungsstellen oder bei einem Hausbesuch erhalten die Betroffenen und/oder die Angehörigen unter anderem Informationen über vorhandene Institutionen und Netzwerke im Sozial- und Gesundheitsbereich, über Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige sowie über finanzielle Leistungen und rechtliche Ansprüche. Befinden sich Betroffene in einer mehrfach belasteten Situation, werden mit Hilfe des Case Managements Prozesses auf den individuellen Hilfebedarf bezogene Unterstützungsleistungen geplant, umgesetzt, koordiniert und evaluiert. Im Vordergrund steht hierbei die Befähigung der Klientinnen trotz ihres Pflege- und Betreuungsbedarfs in ihrer gewohnten Umgebung leben zu können sowie ihren Bedürfnissen entsprechend ein möglich selbstständiges Leben zu führen. Dabei spielen die Klient:innenorientierung, die Ressourcenorientierung sowie die Lebensweltorientierung eine bedeutende Rolle. Die Niederschwelligkeit des Angebotes erleichtert den Betroffenen und den Angehörigen den Zugang zu diesem.

Befinden sich Menschen in komplexen Problemlagen, das heißt sind mehrere Lebensbereiche (z.B. Wohnen, Finanzen, Gesundheit, etc.) betroffen, und bedarf es zur Lösung derer die Kooperation mehrerer Akteur:innen (Leistungserbringer:innen), sind die Indikationen für ein Case Management gegeben (vgl. Fachgruppe Case Management der DGS 2004, S. 2). Case Management zeichnet sich durch die Notwendigkeit von Beziehungsarbeit, die Sensibilität bezüglich sozialer, psychischer und physischer Bedürfnisse, ein dynamisches Verständnis von Systemen, das Erkennen und Nutzbarmachen persönlicher Ressourcen seitens der Klientinnen und deren/dessen sozialen Netzes sowie die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit in der Fallarbeit aus (vgl. Neuffer 2013, S. 21). "Ziel ist es, Hilfen anzubieten, die so wenig wie möglich in die bestehende und gewohnte Lebenswelt eingreifen." (Neuffer 2013, S. 21) Case Management soll somit ein selbstständiges und menschenwürdiges Leben ermöglichen. Bedeutend hierfür ist die aktivierende Befähigung zur Selbsthilfe (Empowerment). Dies gelingt durch Bewusstwerdung eigener Fähigkeiten, Entwicklung eigener Kräfte und Nutzung individueller und kollektiver Ressourcen. (Vgl. Neuffer 2013, S. 26) Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung (soweit keine Selbst- und Fremdgefährdung vorliegt) ist die Voraussetzung für Kooperation und tatsächliche Mitwirkungsbereitschaft. (Vgl. Remmel-Faßbender 2009, S. 81). Zu Beginn des Case Management Prozesses findet die Identifizierung (intake) und damit die Klärung des Auftrages sowie der Einstieg in die Fallsituation statt. (Vgl. Neuffer 2013, S. 75). Bedeutend dafür ist, einen Zugang zu den Klientinnen zu finden, denn um wirkungsvolle Unterstützung entfalten zu können, ist eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen Case Managerinnen und Klientinnen unumgänglich. Infolgedessen geht es im Erstgespräch vorrangig darum, durch Empathie, positive Wertschätzung und Kongruenz, Vertrauen zu schaffen. (Vgl. ebd., S. 30). Diese erste Phase des Kennenlernens und des Beziehungsaufbaues ist entscheidend für die Vorbereitung und das Werden einer Arbeitsbasis, in der es darum geht mögliche und passende Hilfestellungen zu implementieren, und zwar im Idealfall so, dass die Person möglichst selbstständig ihr Leben weiterführen kann.

Exkurs: Psychosoziale Beratung bezeichnet eine professionelle Art von Beratung, die Klientinnen in ihren verschiedenen Lebensbereichen und Lebensphasen unter Einbezug ihrer persönlichen Ressourcen präventiv und entwicklungsorientiert unterstützt, damit sie spezifische alltagsrelevante Kompetenzen entwickeln können. Mit der zunehmenden Komplexität aller Lebensbereiche und der psychosozialen Aspekte findet Beratung im psychosozialen Bereich immer mehr Verbreitung. Im Vergleich dazu versteht sich Therapie eher als eine kurative Intervention, die Behandlung, Heilung und Krankheitsbewältigung beinhaltet. (V. Bamler, J. Werner, F. Nestmann: Psychosoziale Beratung. In: Entwicklungen und Perspektiven, Resonanzen-Journal. 01/2013). Psychosoziale Beratung erfolgt in Privatpraxen oder Institutionen auf der Basis einer Vereinbarung in unterschiedlichen Beratungsfeldern wie Beruf, Bildung und Beschäftigung, Persönlichkeits-,Jugend-, Erziehungs-, Partnerschafts-, Familien-, Migranten- bzw. Migrations-Beratung, Beratung bei Gesundheits- und Sucht-Problemen oder Trauerarbeit. Sie wird in der Form von Einzel-, Paar-, Familien- oder Gruppenberatung durchgeführt, (ebd.). Dieser kurze Exkurs soll darstellen, dass wir im Case Management nicht therapeutisch arbeiten, doch beratend tätig sind. Hierfür sind Kenntnisse und Wissen um innere Prozesse zweifellos hilfreich und nützlich, um für die Arbeitsbeziehung einen guten Beziehungsaufbau hersteilen zu können.

Die theoretischen Grundlagen von psychosozialer Beratung bilden Konzepte aus psychologischen Schulen wie die Individualpsychologie nach Alfred Adler, Vertreter der Ich-Psychologie wie Erik Erikson, die um 1930 von Viktor E. Frankl begründete Existenzanalyse, die von Fritz Perls entwickelte Gestalttherapie und die humanistische Psychologie, zu deren Begründern und Entwicklern Abraham Maslow und Carl Rogers gehören. Von Bedeutung ist auch die systemische Theorie, deren Anfänge in den USA liegen und die wichtige Familientherapeuten wie Virginia Satir und Paul Watzlawick hervorbrachte. Insbesondere seit den 1990er Jahren haben im Zusammenhang mit neurowissenschaftlichen Forschungsergebnissen körperorientierte Verfahren vermehrt an Einfluss gewonnen. Einen wesentlichen Diskurs über die verschiedenen Konzepte, Modelle und Disziplinen von Beratung leisten Beratungstheoretiker wie John Mc Leod, Ursel Sickendiek, Frank Engel und Frank Nestmann. Erste Beratungsangebote entstanden in Mitteleuropa in den 1920er-Jahren auch in Arbeitsfeldern wie Pädagogik, Sozialarbeit, Seelsorge und Medizin. Wesentliche Einflüsse kamen zudem von Wissenschaften außerhalb dieser Praxisfelder, beispielsweise aus der Anthropologie (vgl. Gregory Bateson zu Kommunikation), der Soziologie (vgl. Niklas Luhmann zu sozialen Systemen) oder den Neurowissenschaften (vgl. Antonio Damasio, Gerald Hüther, Manfred Spitzer zu Flirnentwicklung, Lern- und Entscheidungsprozessen). Die Konzepte und die Praxis heutiger psychosozialer Beratung sind deshalb interdisziplinär fundiert. (Psychosoziale Beratung. In: Beratungsverständnis. www.sgfb.ch). Wie im Anwortbrief des Finanzamtes angeführt, bin ich zur Ausübung des Berufes als Case Managerin berechtigt und würde die Ausbildung zur Psychotherapeutin in Existenzanalyse und Logotherapie nicht zwingend benötigen. Meine Motivation und weshalb ich mich auf den Weg gemacht habe, um mir nötiges Handwerkszeug anzueignen für eine gute Ausübung dieser, doch sehr herausfordernden Tätigkeit, ist folgender:

Durch die Corona Pandemie waren wir sehr gefordert und hatten eine enorme Arbeitsbelastung. Wir mussten am Telefon die Menschen in ihrer Not beruhigen, Wege und Lösungen aufzeigen. Teilweise vor der Haustüre mit Maske und Abstand beraten, Entlastungsgespräche mit den Betroffenen führen und unterstützend tätig sein (wir hatten eine Sondergenehmigung, dass wir trotz Ausgehbeschränkungen auf dem Weg sein dürfen). Auch jetzt nach Corona sind wir in Beratungsgesprächen mit palliativen und terminalen Menschen, bei der Begleitung von psychiatrischen und suchterkrankten Menschen, bei verwahrlosten betagten Menschen, bei Menschen mit der Diagnose Demenz, Parkinson u.a. und deren Familien gefordert.

Die Herausforderungen vor die wir gestellt sind, steigen ständig: die demographische Entwicklung und die damit einhergehenden fehlenden Angebote, überlastete pflegende Angehörige, Klientinnen, die keine Angehörigen haben oder diese im Ausland leben, etc. Wir erhalten Zuweisungen von den Pensionsversicherungsanstalten, den Gemeinden, der Polizei, von Systempartner:innen wie der Hauskrankenpflege, Ärztinnen, Krankenhäusern mit der Bitte, die betroffenen Personen sowie deren Angehörige, die augenscheinlich auffällig im Sinne einer Unterversorgung in den alltäglichen Dingen des Lebens sind, zu unterstützen.

Mit der Ausbildung möchte ich mir Fachwissen aneignen, um Menschen adäquat zu begleiten, zu wissen "wie" ich mit ihnen sprechen soll, "wie" ich eine "Arbeitsbasis" herstellen kann, was ihre inneren Prozesse sind, etc. Unsere Klientinnen sind stets mit existentiellen Themen wie Krankheit, Tod, Armut, etc. konfrontiert und belastet. Die Vertiefung der bereits in der pädagogischen Grundausbildung erworbenen Kompetenzen ist nützlich, um komplexe und herausfordernde Situationen begleiten zu können. Darüber hinaus unterstützen mich diese fachlichen Inhalte, um professionell agieren zu können, selbst gesund zu bleiben und damit nicht in eine Hilflosigkeit oder Überforderung zu gelangen. Die gesamte Ausbildung kostet ca. Euro 23.000 (siehe beigelegte Unterlagen) - rein aus privatem Interesse würde ich weder so viel Geld noch Zeit investieren.

Auszug aus der Begründung vom 27. Juli 2023:

"Gegen eine berufsspezifische fachliche Weiterbildung spricht, dass sich der Teilnehmerkreis offenbar aus Personen verschiedener Bildungsgrade und Berufsgruppen zusammensetzt: Das Fachspezifikum dürfen beispielsweise absolvieren, wer eine bescheidmäßige Zulassung des Bundesministeriums für Gesundheit, eine abgeschlossene Ausbildung im Krankenpflegedienst sowie ein abgeschlossenes Studium der Medizin, Pädagogik oder Theologie hat (vgl. www.existenzanalyse.at - Aufnahmebedingungen). Die geltend gemachten Aufwendungen in Bezug auf das Fachspezifikum Existenzanalyse und Logotherapie sind somit nicht steuerlich abzugsfähig."

Meine Stellungnahme hierzu:

Durch meinen Abschluss Mag.phil. in Pädagogik, den Abschluss des psychotherapeutischen Propädeutikums, die Zulassung der Gesellschaft für Existenzanalyse und Logotherapie habe ich die Berechtigung die Ausbildung zu absolvieren. Die zur Beurteilung stehende Ausbildung/Fachspezifikum für Existenzanalyse und Logotherapie bei der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse, Strohmayergasse 13/14 in 1060 Wien, geht weit über eine persönlichkeitsbildende Maßnahme hinaus und ist daher zumindest überwiegend von beruflichen Motiven getragen. Zudem lässt die Ausbildung nur einen eingeschränkten, gesetzlich normierten (siehe obiger Absatz) Teilnehmerkreis zu und ist somit grundsätzlich nicht für lediglich allgemein interessierte Personen zugänglich. Die Kenntnisse der Ausbildung können in der Tätigkeit, die ich ausübe, verwertet werden, sind dienlich und haben einen objektiven Zusammenhang. Zusätzlich würde in meiner Pension ab 1.10.2025 die Möglichkeit bestehen, zu meiner niedrigen Pension ein Einkommensstandbein zu schaffen.

Auszug aus der Begründung vom 27. Juli 2023:

"Ihrer übermittelten Stellenausschreibung zufolge bestehen Ihre Aufgaben als Case Managerin unter anderem darin, in Fragen der Finanzierung der Betreuung und Pflege sowie bei Entlastungs- und Unterstützungsangeboten zu beraten, einen individuellen Hilfebedarf zu planen, koordinieren, dokumentieren und in der entsprechenden Administration sowie in der interdisziplinären regionalen und überregionalen Zusammenarbeit."

Meine Stellungnahme hierzu:

Wie eingangs beschrieben, geht unsere Tätigkeit über Antragstellungen und Beratung zu Unterstützungsangeboten hinaus. Die vorliegende Stellenbeschreibung kommt aus den Anfängen der Beratungsstellen, aus dem Jahre 2011. In den Folgejahren sind viele Aufgaben dazugekommen. Wie oben schon ausführlich beschrieben, ist die Herstellung einer Arbeitsbeziehung und das daraus resultierenden Vertrauen für die weitere Arbeit mit den Klientinnen unerlässlich. Das nachfolgende anonymisierte Fallbeispiel soll dies aufzeigen:

Die Gemeinde S. wandte sich aufgrund eines verwahrlosten und unterversorgten Mannes an die Case Managerin. Jemand hatte für diesen Mann einen Pflegegeldantrag gestellt, der ärztliche Begutachter für das Pflegegeld informierte die Pensionsversicherungsanstalt, dass hier eine Unterversorgung mit Verwahrlosung vorherrscht. Diese wiederum bittet die Hauptwohnsitzgemeinde, um Abklärung der Situation und vor allem um Rückmeldung, ob Hilfe angenommen wird, damit das Pflegegeld auch seinen Zweck erfüllt.

Der Einstieg in den Fall erfolgte somit durch die Zuweisung der Gemeinde an das Case Management. Hier beginnt also unsere Tätigkeit: mit der Kontaktaufnahme, dem Beziehungsaufbau, mit einer wertschätzenden, empathischen und kongruenten Haltung, dem hilfsbedürftigen Menschen gegenüber. Diese Phase benötigt stets einen individuellen Zeitraum und ist oft die herausforderndste Phase, in der am meisten schief gehen kann, sprich die betroffene Person keine Unterstützung annimmt.

Hier fanden mehrmals Hausbesuche an der Haustüre statt oder am Fenster. Es dauerte eine ganze Weile bis ich das erste Mal ins Haus durfte und es gelang einen fixen ambulanten Dienst zu installieren. Anschließend meldete ich (nach Vereinbarung mit dem Betroffenen) der Pensionsversicherungsanstalt zurück, dass der Mann nun Hilfe annehme. In Folge wurde das Pflegegeld ausbezahlt.

Es gibt viele Beispiele aus den Jahren meiner Tätigkeit, die unterstreichen, welche Fachkenntnisse (aus unterschiedlichen Professionen) für die Arbeit im Case Management notwendig ist.

Mir persönlich machte vor allem die Beratung der Familien zu schaffen, in denen ein Mitglied eine totbringende Erkrankung hatte. Diese Familien benötigen einen spezifischeren Umgang meinerseits, bei der mich die Ausbildung sehr unterstützt und die erlernten Kenntnisse hilfreich sind und verwertet werden können, auch wenn ich in diesem beruflichen Setting nicht therapeutisch tätig bin. Gerne führe ich bei einer Einladung zur Verhandlung zusätzliche Beispiele an, bei denen die Inhalte als dienlich dargestellt werden können. Für meine berufliche Tätigkeit hat sich die Ausbildung unzweifelhaft als sinnvoll und nützlich erwiesen."

Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 21. Februar 2024 an die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrte Frau ***Bf1***!

Sie werden ersucht, nachstehende Fragen innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

1) Wann beabsichtigen Sie in Pension zu gehen?

2) Haben Sie die Höhe der zu erwartenden Pension bereits berechnen lassen? Wenn ja, werden Sie ersucht diese Pensionsberechnung dem BFG zu übermitteln.

3) Sie werden ersucht die Unterhaltsvereinbarung mit ihrem Exgatten vorzulegen.

4) Sie werden ersucht einen Businessplan betreffend der von Ihnen in der Pension beabsichtigten Psychotherapiepraxis dem BFG vorzulegen.

5) Wieviele Stunden pro Woche wollen Sie in Ihrer Pension als Psychotherapeutin tätig sein und wie hoch ist ihr Stundensatz?

6) In welchen Räumlichkeiten wollen Sie ihre Tätigkeit als Psychotherapeutin ausüben?

7) Wie hoch ist die Miete für diese Räumlichkeiten?"

In der Vorhaltsbeantwortung vom 26. April 2024 übermittelte die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen:

• Voraussichtliche Pensionshöhe PVA

• Vergleichsausfertigung vom 5.4.2006

• Businessplan

• Antrag auf Mitgliedschaft ÖBVP-Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie

• Nutzungsvereinbarung VLP-Vorarlberger Landesverband für Psychotherapie

• Info zum Seminar Praxisgründung über VLP am 19.6.24

Diese Unterlagen hat das Bundesfinanzgericht am

Am 02. Mai 2024 übermittelte das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt Österreich den Vorhalt vom 21. Februar 2024 sowie die Vorhaltsbeantwortung vom 26. April 2024 zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme.

In der Stellungnahme vom 03. Juni 2024 führte das Finanzamt Österreich im Wesentlichen aus:

"Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 26.04.2024 ausreichend nachgewiesen, dass sie im gegenständlichen Streitjahr die ernsthafte Absicht hatte, den Beruf der Psychotherapeutin tatsächlich auszuüben und aus diesem Beruf später Einnahmen zu erzielen.

Jedoch wurden in der Vorhaltsbeantwortung an das Finanzamt vom 24.01.2023 nur Aus- und Fortbildungskosten in Höhe von € 2.624,00 belegmäßig nachgewiesen. Das Finanzamt kann daher nur dem Ansatz von belegmäßig nachgewiesenen Aus-und Fortbildungskosten in Höhe von € 2.624,00 zustimmen.

Die nachgewiesenen Kosten für Fachliteratur in Höhe von € 88,60 sowie die Kosten des Gewerkschaftsbeitrages für die Mitgliedschaft in der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse in Höhe von € 93,00 wurden belegmäßig nachgewiesen. Das Finanzamt kann daher dem Ansatz dieser Kosten zustimmen.

Bei Übernahme dieser Werbungskosten für das Jahr 2021 wäre eine Erledigung des Beschwerdeverfahren gemäß § 300 BAO durchführbar.

Eine Aufstellung über die belegmäßig nachgewiesenen Kosten aus der Vorhaltsbeantwortung vom 24.01.2023 wird im Anhang übermittelt."

Diese Aufstellung umfasst im Wesentlichen folgende Positionen:

Kosten Aus- und Fortbildung
BelegNrDatumBetrag
129.07.2021100,00
208.10.2021110,00
315.12.2021120,00
401.12.2021110,00
507.12.2021120,00
614.04.2021516,00
706.08.2021516,00
812.11.2021516,00
902.12.2021516,00
138 km0,42 € pro km57,96
SummeKZ 7222.681,96
Beitrag Verein GLE
BelegNrDatumBetrag
10a06.08.202121,00
10b06.08.202172,00
SummeKZ 71793,00
Fachliteratur
BelegNrDatumBetrag
1109.06.202120,60
1204.09.202121,90
1304.09.202135,90
1317,90nicht beantragt
1313,30nicht beantragt
1428.10.202110,20
SummeKZ 72088,60

In der am 30. September 2025 abgehaltenen mündlichen Verhandlung erläuterten die Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens ihre Standpunkte; diesbezüglich wird auf die entsprechende Verhandlungsniederschrift verwiesen. Soweit die Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung ausschlaggebendes Gewicht für die getroffene Entscheidung haben und über die in der Folge dargelegten Standpunkte in rechtlicher oder sachverhaltsmäßiger Hinsicht hinausgehen, finden sie Eingang in die nachfolgenden Überlegungen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist studierte Pädagogin. Im Streitjahr arbeitete die Beschwerdeführerin in der Beratungsstelle für Pflege und Betreuung bei den Sozialdiensten ***1***/vormals Case Management.

Befinden sich Menschen in komplexen Problemlagen, das heißt sind mehrere Lebensbereiche (z.B. Wohnen, Finanzen, Gesundheit, etc.) betroffen, und bedarf es zur Lösung derer die Kooperation mehrerer Akteure (Leistungserbringer), sind die Indikationen für ein Case Management gegeben. Case Management zeichnet sich durch die Notwendigkeit von Beziehungsarbeit, die Sensibilität bezüglich sozialer, psychischer und physischer Bedürfnisse, ein dynamisches Verständnis von Systemen, das Erkennen und Nutzbarmachen persönlicher Ressourcen seitens der Klienten und deren sozialen Netze sowie die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit in der Fallarbeit aus. Ziel ist es, Hilfen anzubieten, die so wenig wie möglich in die bestehende und gewohnte Lebenswelt eingreifen. Case Management soll somit ein selbstständiges und menschenwürdiges Leben ermöglichen. Bedeutend hierfür ist die aktivierende Befähigung zur Selbsthilfe. Dies gelingt durch Bewusstwerdung eigener Fähigkeiten, Entwicklung eigener Kräfte und Nutzung individueller und kollektiver Ressourcen. Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung (soweit keine Selbst- und Fremdgefährdung vorliegt) ist die Voraussetzung für Kooperation und tatsächliche Mitwirkungsbereitschaft. Zu Beginn des Case Management Prozesses findet die Identifizierung und damit die Klärung des Auftrages sowie der Einstieg in die Fallsituation statt. Bedeutend dafür ist, einen Zugang zu den Klienten zu finden, denn um wirkungsvolle Unterstützung entfalten zu können, ist eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen Case Managern und Klienten unumgänglich. Infolgedessen geht es im Erstgespräch vorrangig darum, durch Empathie, positive Wertschätzung und Kongruenz, Vertrauen zu schaffen. Diese erste Phase des Kennenlernens und des Beziehungsaufbaues ist entscheidend für die Vorbereitung und das Werden einer Arbeitsbasis, in der es darum geht mögliche und passende Hilfestellungen zu implementieren, und zwar im Idealfall so, dass die Person möglichst selbstständig ihr Leben weiterführen kann.

Diese Aufgabe hat die Beschwerdeführerin auch schon vor Beginn des existenzanalytischen Fachspezifikums jahrelang zur vollsten Zufriedenheit der Klienten und des Arbeitgebers ausgeführt.

Die Beschwerdeführerin hat diese Ausbildung nach ihren eigenen Angaben im Vorlageantrag für die Ausübung ihres Berufs als Casemanagerin nicht zwingend benötigt.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Arbeitnehmerveranlagung Kosten für die Aus- und Fortbildung in Höhe von 3.032,38 €. Davon wurden Kosten in Höhe von 2.681,96 € belegmäßig nachgewiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragte Kosten in Höhe von 93,00 € an den Verein GLE als Werbungskosten. Diese wurden zur Gänze belegmäßig nachgewiesen.

Weiters beantragte die Beschwerdeführerin Kosten für Fachliteratur in Höhe von 88,60 €. Auch diese Kosten wurden zur Gänze belegmäßig nachgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt steht außer Streit.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG sind Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten.

Im gegenständlichen Fall steht außer Streit, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Ausbildungskosten dem Grunde nach als Werbungskosten anzuerkennen sind.

Allerdings wurden von den geltend gemachten Kosten in Höhe von 3.032,38 € nur 2.681,96 € belegmäßig nachgewiesen. Die Aus- und Fortbildungskosten können daher nur im Ausmaß von 2.681,96 € anerkannt werden.

Die übrigen geltend gemachten Werbungskosten wurden belegmäßig nachgewiesen und sind daher zur Gänze anzuerkennen.

Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2021 errechnet sich daher folgendermaßen:

Lohnzettel 125.741,79
Gewerkschaftsbeiträge-93,00
Werbungskosten mit Anrechnung auf den PB-2.770,56
Gesamtbetrag der Einkünfte22.878,23
Kirchenbeitrag-77,92
Einkommen22.800,31
0% für die ersten 11.000 €0,00
20% für die weiteren 7.000 €1.400,00
35% für die restlichen 4.800,31 €1.680,11
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge3.080,11
Verkehrsabsetzbetrag-529,98
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge2.550,13
Steuer für die sonstigen Bezüge
0% für die ersten 620 €0
6% für die restlichen 3882,18 €232,93
Einkommensteuer2.783,06
Anrechenbare Lohnsteuer-3.896,33
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG0,27
Festgesetzte Einkommensteuer-1.113,00

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da alle im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen bereits vom VwGH geklärt sind, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Feldkirch, am 2. Oktober 2025