IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Alexander Beißer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom 28. Oktober 2022 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 24. Oktober 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2022 wurde die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Beschwerdeführerin für das Jahr 2020 mit EUR 13,- festgesetzt. Mit Bescheid ebenfalls datiert mit 24. Oktober 2022 wurde die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Beschwerdeführerin für das Jahr 2021 mit einer Gutschrift von EUR 5,- festgesetzt.
Gegen diese Bescheide hat Beschwerdeführerin am 28. Oktober 2022 Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und die Berücksichtigung der Pendlerpauschale und des Pendlereuro beantragt. Als Nachweis legte die Beschwerdeführerin die "Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros" vor. Daraus ergab sich eine jährliche Pendlerpauschale von EUR 1.476,- sowie ein jährliches Pendlereuro von EUR 78,-.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 28. Oktober 2022 wurde den Beschwerden stattgegeben. Die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Beschwerdeführerin für das Jahr 2020 wurde mit einer Gutschrift von EUR 581,- festgesetzt. Für das Jahr 2021 wurde die Gutschrift aus der Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Beschwerdeführerin mit EUR 672,- festgesetzt.
Am 16. November 2022 stellte die Beschwerdeführerin Anträge auf Entscheidung über ihre Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht und brachte in diesen vor, dass sie mehr als 39 km fahre und nicht wie angenommen um 18:00 Uhr Dienstschluss habe, sondern später.
Mit Vorlagebericht vom 24. November 2022 legte das Finanzamt Österreich die Beschwerden an das Bundesfinanzgericht vor.
Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1030 zur Entscheidung über die Beschwerde gründet auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25. Juni 2025. Die Umverteilung trat mit 1. Juli 2025 in Kraft.
Mit Vorhalt vom 14. Juli 2025 ersuchte das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin um Vorlage eines angepassten Nachweises über die Pendlerpauschale und den Pendlereuro unter Berücksichtigung des korrekten Arbeitsendes.
Mit Schreiben vom 7. August 2025 legte die Beschwerdeführerin einen angepassten Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war in den Jahren 2020 und 2021 als ***Bf1 Beruf*** in der ***Arbeitgeber*** in ***Arbeitgeber Adr***, unselbständig beschäftigt. Der Wohnsitz der Beschwerdeführerin befand sich in diesem Zeitraum in ***Bf1-Adr***.
Der Beschwerdeführerin wurde von ihrem Arbeitgeber kein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt. Die Beschwerdeführerin legte die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsort an mehr als zehn Tagen pro Monat zurück. Die Entfernung zwischen Arbeitsort und Wohnort betrug gerundet 50 km. Arbeitsbeginn der Beschwerdeführerin in der ***Arbeitgeber*** war jeweils 7:55 Uhr. Arbeitsende in der ***Arbeitgeber*** war jeweils um 18:15 Uhr. Die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels war auf der überwiegenden Strecke möglich und zumutbar.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Die Ausführungen zum Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsort, Anzahl der monatlichen Fahrten, Nicht-Vorhandensein eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges sowie zur Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels ergeben sich aus dem vorgelegten Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales des Pendlereuro.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten "Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen."
Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Nach dieser Bestimmung gilt für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen:
a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu; (…).
c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
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d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
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e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
- Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.
f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.
g) Für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Formular eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen abzugeben oder elektronisch zu übermitteln. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden.
h) Das Pendlerpauschale ist auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder Urlaub befindet.
i) Wird ein Arbeitnehmer, bei dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales vorliegen, überwiegend auf Kosten des Arbeitgebers gemäß § 26 Z 5 befördert, steht ihm ein Pendlerpauschale nur für jene Wegstrecke zu, die nicht von § 26 Z 5 umfasst ist. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, sind diese Kosten bis zur Höhe des sich aus lit. c, d oder e ergebenden Betrages als Werbungskosten zu berücksichtigen.
j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.
Nach § 33 Abs. 5 Z. 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.
Wie im Sachverhalt ausgeführt, war die Beschwerdeführerin in den Jahren 2020 und 2021 als ***Bf1 Beruf*** in der ***Arbeitgeber*** in ***Arbeitgeber Adr***, unselbständig beschäftigt. Der Wohnsitz der Beschwerdeführerin befindet sich in ***Bf1-Adr***. Der Beschwerdeführerin wurde kein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt. Die Beschwerdeführerin legte die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsort an mehr als zehn Tagen pro Monat zurück. Die Entfernung zwischen Arbeitsort und Wohnort betrug gerundet 50 km. Die Benutzung eines Massenverkehrsmittels war zumutbar.
Für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 steht der Beschwerdeführerin nach § 16 Abs. 1 Z. 6 lit c EStG 1988 somit ein Pendlerpauschale in Höhe von EUR 1.356,- jährlich (für eine Fahrtstrecke von mehr als 40km bis 60km) sowie ein Pendlereuro von EUR 100,- jährlich zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, sondern ergab sich die Lösung der Rechtsfragen aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Aus diesem Grund ist eine Revision nicht zulässig.
Wien, am 20. August 2025