1Cga30/16m – Arbeits- und Sozialgericht Wien Entscheidung
Kopf
Das Arbeits- und Sozialgericht Wien fasst durch seine Richterin Vizepräsidentin HR Dr. Patricia Wolf als Senatsvorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter KR Heinrich Frey (AG) und Viktor Czepelak (AN) in der Rechtssache der Klägerin T***** S***** GmbH , vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei DI R***** D***** , vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, wegen Elternteilzeit, den
Spruch
B E S C H L U S S :
1) Das Klagebegehren, das Ausmaß der vom Beklagten zu leistenden Arbeitszeit werde auf 22 Stunden pro Woche geändert, diese Wochenarbeitszeit werde an drei Tagen (nach Wahl des Beklagten) zwischen Montag und Freitag am Standort der klagenden Partei geleistet, dabei seien aus betrieblichen Gründen und zur Gewährleistung des Arbeitsfortschritts pro Arbeitstag jeweils mindestens fünf zusammenhängende Arbeitsstunden vom Beklagten zu leisten sowie der Beklagte habe spätestens eine Woche im Voraus die von ihm für die Folgewoche gewünschten Zeiten schriftlich per E-Mail bekannt zu geben, wird als verspätet zurückgewiesen.
2) Der Antrag des Beklagten auf Unterbrechung des Verfahrens wegen Präjudizialität bis zur rk. Beendigung der zu hg.1 Cga 51/16z anhängigen Widerklage wird abgewiesen.
Text
Der Beklagte ist seit 1. Juli 1999 als Leiter der Entwicklungsabteilung bei der klagenden Partei angestellt. Er ist Vater eines Sohnes P*****, der am 22.10.2010 geboren ist, und einer Tochter S*****, die am 3.12.2012 geboren ist.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 31.7.2013 mit, dass er ab 1.11.2013 bis 2.12.2019 eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 38 Wochenstunden mit folgender Aufteilung in Anspruch nehmen möchte (Beil./C):
„ wobei diese z.B. an vier oder fünf Tagen in der Zeit von Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag zwischen 7.00 Uhr und 18.30 Uhr und Mittwoch zwischen 7.00 Uhr und 14.00 Uhr bei freier Zeiteinteilung geleistet werden können. Der bisher übliche Dienstort und die bisher übliche Arbeitseinteilung werden beibehalten. “
Diese Elternteilzeitvereinbarung wurde von der beklagten Partei am 29.11.2013 zur Kenntis genommen und bestätigt.
Außer Streit steht, dass die Streitparteien damit eine gültige Elternteilzeitvereinbarung nach § 8a VKG getroffen haben.
Bereits seit 1.1.2012 bestand anlässlich der Geburt des ersten Kindes des Beklagten eine Elternteilzeitvereinbarung.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11.2.2016 mit, die Elternteilzeit wie nachstehend zu ändern:
„ 1. Ab 11.5.2015 wird das Ausmaß der Wochenstunden auf 22 Stunden geändert.
2. Diese Wochenarbeitszeit wird an drei Tagen – weiterhin nach Deiner Wahl – zwischen Montag und Freitag geleistet. Dabei sind aus betrieblichen Gründen und zur Gewährleistung des Arbeitsfortschritts pro Arbeitstag jeweils mindestens 5 zusammenhängende Arbeitsstunden zu leisten.
3. Du bleibst in der Zeiteinteilung innerhalb dieser Grenzen frei. Du bist verpflichtet, zur Sicherstellung des Projektfortschritts, der Erreichbarkeit für Kunden und Planbarkeit der Geschäftsführung jeweils spätestens eine Woche im Voraus die von Dir für die Folgewoche gewünschten Zeiten schriftlich (per email) bekannt zu geben. Aus betrieblichen Gründen behält sich die Gesellschaft vor, Änderungsvorschläge zu unterbreiten. Einseitige Änderungen der von Dir gemeldeten und vom Dienstgeber akzeptierten Zeiten sind nur im Einvernehmen möglich.
4. Der gewöhnliche Dienstort ist die Räumlichkeit der Gesellschaft in Wien. Du bist weiterhin, wie vertraglich vereinbart, bereit, an anderen Dienstorten im In- und Ausland Deine Dienste zu erbringen. Hingewiesen wird explizit darauf, dass Arbeit im Home Office ausnahmslos nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung zulässig ist.
5. Du erhältst für Deine Tätigkeit im Ausmaß von 22 Stunden/Woche das fiktive Vollzeitgehalt für 38,5 Stunden (derzeit EUR 4.800,75 Brutto) aliquot zum Stundenausmaß von 22 Stunden gekürzt. Vorbehaltlich etwaiger gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Änderungen beträgt dieses Gehalt daher ab 11.5.2015 EUR 2.787,40 brutto pro Monat.
6. Mehrarbeit und Überstunden sind nur auf ausdrückliche Anordnung und mit Genehmigung des Dienstgebers zu leisten.
7. Wir weisen darauf hin, dass jede entgeltliche Nebentätigkeit unzulässig ist und der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Dienstgebers bedarf. “
Mit E-Mail vom 24.2.2016 teilte der Beklagte der klagenden Partei mit, mit diesem Änderungsvorschlag nicht einverstanden zu sein.
Die Klägerin reichte am 17.3.2016 die vorliegende Klage ein und brachte vor, dass der Beklagte seit einiger Zeit gegen seine dienstlichen Pflichten verstoßen und sich weigern würde, zwei Tage pro Woche in Belgrad anwesend zu sein. Dies sei mit den betrieblichen Erfordernissen nicht vereinbar und würde der zwischen den Streitparteien getroffenen Vereinbarung widersprechen. Der Beklagte habe bis zu seiner Teilzeit und auch danach die Aufgabe gehabt, das Entwicklungspersonal in Belgrad vor Ort zu führen, sämtliche Abläufe dort zu koordinieren und technische Probleme direkt vor Ort zu lösen. Da der Beklagte seine Verantwortung nicht ausreichend wahrgenommen habe, hätten andere Mitarbeiter zunehmend mehr Aufgaben des Beklagten übernehmen müssen.
Aus diesen Gründen sei die klagende Partei veranlasst, eine Änderung des Ausmaßes der Teilzeitbeschäftigung zu verlangen.
Die Klägerin führte weiters aus, dass die betrieblichen Erfordernisse und Interessen der klagenden Partei an dem Änderungsersuchen gegenüber allfälligen Interessen des Beklagten überwiegen würden. Es sei dringend notwendig, dass ein Mitarbeiter wöchentlich an mindestens zwei Tagen vor Ort in Belgrad anwesend sei, um die Entwicklungsabteilung zu führen und bei der Lösung der akuten technischen Probleme fachlich zu unterstützen. Es seien Aufenthalte des Beklagten in Belgrad mit zwei Arbeitstagen pro Woche vereinbart, weshalb seine Dienstzeit um 16 Stunden pro Woche zu reduzieren wäre. Die sonstigen dienstvertraglichen Aufgaben könnte er in 22 Stunden pro Woche in Wien, an seinem Dienstort am Sitz der klagenden Partei, wahrnehmen.
Der Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und brachte vor, dass die Klägerin nie Beanstandungen hinsichtlich der Inanspruchnahme der Elternteilzeitvereinbarung zum Ausdruck gebrachte habe. Es sei anstandslos ein monatliches Gehalt für das Ausmaß von 38 Wochenstunden zur Auszahlung gelangt.
Die Leitung, Koordination, Kontrolle und Schulung des Entwicklungspersonals habe nur punktuell eine Aufgabe des Beklagten dargestellt.
Von Beginn des Dienstverhältnisses sei ein Reiseintervall von 3-6 Wochen mit 2-3 Tagen in Belgrad gelebte Praxis gewesen. Daraus würde sich eine konkludente Anpassung der Arbeitsortvereinbarung ergeben. Aus der gelebten betrieblichen Praxis sei überdies keine Notwendigkeit zu erkennen, dass der Beklagte mehrere Tage pro Woche in Belgrad arbeitet. Zudem würde eine im Ausmaß von zwei Arbeitstagen pro Woche in Belgrad geforderte Anwesenheit des Beklagten mit der derzeit rechtswirksamen Elternteilzeitvereinbarung nicht im Einklang stehen. Eine „unbedingt betriebliche Notwendigkeit“ sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht vereinbart worden, dass zwei Tage hintereinander in Belgrad zu verbringen sind. Höhere Kosten wären der Klägerin zumutbar.Der Beklagte habe gegenüber der klagenden Partei mehrmals angeboten, öfters tageweise Reisen nach Belgrad durchzuführen, was jedoch explizit abgelehnt worden wäre.
Die Lage der Arbeitszeit sei für den Beklagten ein essentielles Thema, damit dieser die Flexibilität besitzt, seine Kinder zu betreuen. Die Beibehaltung des bisherigen Dienstortes sowie die freie Arbeitseinteilung sei ein wesentlicher Aspekt dieser Vereinbarung gewesen.
Auch unter der Annahme, dass der Beklagte aufgrund seiner dienstvertraglichen Vereinbarung zu einer zweitägigen Anwesenheit in Belgrad verpflichtet gewesen wäre, würde diese Verpflichtung aufgrund der Elternteilzeitvereinbarung nicht gelten. Dies vor allem auch deshalb, weil sie mit den Betreuungspflichten des Beklagten nicht in Einklang zu bringen wäre.
Insgesamt würde eine Reduktion der Arbeitsstunden weder im Interesse des Beklagten noch im Interesse der klagenden Partei liegen. Eine weitere Verminderung des Personalstandes nach derzeitiger Auslastung aller Mitarbeiter am Standort Wien würde im krassen Gegensatz zum Ziel eines reibungslosen Betriebes stehen. Eine Herabsetzung auf 22 Stunden würde es dem Beklagten unmöglich machen, den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich in jenem Ausmaß weiter zu betreuen, wie er es bisher getan habe. Er könnte seine Führungsposition nicht mehr ausüben. Schon bisher sei es dem Beklagten nur mühevoll möglich gewesen, seine Aufgaben in 38 Arbeitsstunden zu erledigen, weshalb er regelmäßig Überstunden geleistet habe.
Zudem würde eine Verringerung dazu führen, dass der Beklagte aufgrund der Entgeltverkürzung nicht mehr fähig wäre, seine Lebenskosten zu bestreiten. Er habe monatliche Ausgaben in Höhe von 3.354,50 Euro, weshalb er auf sein Gehalt im Ausmaß von 38 Wochenstunden angewiesen wäre.
In der Tagsatzung vom 30.5.2016 brachte der Beklagte vor, dass die gegenständliche Klage verspätet eingebracht worden sei. Überdies sei das Verfahren zu unterbrechen, da er eine Widerklage eingebracht habe.
Feststellungen:
Der Beklagte ist Vater des am 22.10.2010 geborenen P***** und der am 3.12.2012 geborenen S*****. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und Mutter der beiden Kinder M***** L***** K***** im gemeinsamen Haushalt. Beide Kinder besuchen den Kindergarten und werden von Montag bis Freitag abwechselnd von beiden Elternteilen zwischen 8.45 und 9.00 Uhr in den Kindergarten gebracht. Allenfalls wird eine Großmutter darum gebeten, die Kinder zu fahren. Der Beklagte übernimmt am Mittwochnachmittag die Betreuung der Kinder, wenn es keine Fremdbetreuung gibt. Außerdem übernimmt er am Abend die Kinderbetreuung, wenn seine Lebensgefährtin nicht da ist. Der Beklagte verdient ca € 4.900 Euro brutto monatlich (Beil./G). M***** L***** K***** ist ebenfalls berufstätig. Sie arbeitet zwischen 50 und 60 Stunden die Woche und verdient ca 15.000 Euro brutto monatlich. Sie kann den Beklagten bei der Kinderbetreuung unterstützen. Der Beklagte und seine Lebensgefährtin tragen jeweils die Hälfte der Haushaltskosten. Die monatlichen Ausgaben des Beklagten betragen ca. 3.300 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus der Hälfte der Ausgaben des Haushalts und persönlichen Ausgaben zusammen. Letztere umfassen einen Betrag in Höhe von ca. 860 Euro.
Der Beklagte ist seit 1. Juli 1999 bei der klagenden Partei angestellt.
Im Dienstvertrag vom 30.5.2000 werden unter anderem nachstehende Punkte geregelt (Beil./A):
„ 1.1. Der Dienstnehmer wird als Leiter der Entwicklungsabteilung angestellt. Seine Aufgaben umfassen insbesondere folgende Bereiche:
(i) übergeordnete Projektleitung für alle Entwicklungsaufträge und T***** S*****-Produkte; dazu gehört die Planung und Koordination aller Abläufe bei der Programmentwicklung, insbesondere die Erstellung von Pflichtenheften, die Einteilung der Planungs- und Entwicklungsphasen sowie die Source-Code-Kontrolle.
(ii) Leitung, Koordination und Schulung des Entwicklungspersonals; diese Aufgabe umfasst u.a.:
- Einteilung der Arbeitszeit, Anordnung von Überstunden, Regelung der Urlaubszeiten
- die Zuweisung konkreter Aufgaben an die einzelnen Mitarbeiter
- allgemeine Überwachung des Personals, insbesondere in Bezug auf Einhaltung der Arbeitszeiten, fachlich einwandfreie Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben, persönliches Verhalten gegenüber Kunden und Geschäftspartnern
- Einschulung, Aus- und Weiterbildung des Personals; bei der Aus- und Weiterbildung ist besonderes Gewicht auf die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet von Software-Produkten und Programmiertechniken zu legen;
- Akquisition von Mitarbeitern; der Abschluss und die Auflösung von Dienstverhältnissen bleibt der Geschäftsführung vorbehalten.
T***** beauftragt mit einem Teil der anfallenden Entwicklungstätigkeit ihre Schwestergesellschaft in Belgrad. Der Dienstnehmer wird die in Punkt (ii) genannten Leistungen auch gegenüber dem Entwicklungspersonal dieser Schwestergesellschaft erbringen. […]
1.3. Der Dienstnehmer übt seine Funktionen eigenverantwortlich aus. Er teilt seine Arbeitszeit nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der unternehmerischen Interessen von T***** ein. […]
2. Dienstort
Der gewöhnliche Dienstort sind die Räumlichkeiten von T***** in Wien. Der Dienstnehmer ist mit einer teilweisen Dienstverwendung an anderen Dienstorten im In- und Ausland, insbesondere in den Räumlichkeiten der Schwestergesellschaft von T***** im Belgrad, einverstanden. Eine Dienstverwendung in Belgrad wird in einem Ausmaß von etwa 2 Arbeitstagen pro Woche erfolgen. “
Eine nachträgliche Änderung der dienstvertraglichen Verpflichtungen, wie sie aus dem Dienstvertrag vom 30.5.2016 hervorgehen, insbesondere der Verpflichtung des Beklagten nach Belgrad zu fahren (Punkt 2.), erfolgte nie.
Vor der ersten Elternteilzeitvereinbarung war der Beklagte dennoch durchschnittlich nur alle 5 bis 6 Wochen für ein bis drei Tage in Belgrad.
Der Beklagte ist für Projekte zuständig, deren Mitarbeiter sich in Belgrad befinden. Ab Beginn 2014 wollte die Klägerin, dass der Beklagte entsprechend der dienstvertraglichen Vereinbarung wieder mehr Zeit in Belgrad ist, um dort die Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen. Mit Schreiben vom 4.12.2015 wies die klagende Partei den Beklagten daher an, zwei Arbeitstage pro Woche nach Belgrad zu fahren (Beil./11). Der Beklagte fuhr weiterhin nur alle 5 bis 6 Wochen nach Belgrad. Aus diesem Grund wurden die Aufsicht der Mitarbeiter in Belgrad und die Reisen nach Belgrad von einem anderen Mitarbeiter der Klägerin, nämlich Dr. J***** O*****, übernommen. Dr. O***** übernahm folglich einige Aufgaben des Klägers in Belgrad. Überdies wurde die Struktur in Belgrad verändert und einigen Mitarbeitern Verantwortung übertragen. Dr. O***** ist ca 10 Tage im Monat in Belgrad. Die Tätigkeiten in Belgrad kann man nicht über Videokonferenzen abklären, da die Aufsicht der Mitarbeiter vor Ort erfolgen soll.
Mit Schreiben vom 11.2.2016 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die Elternteilzeit, wie im Klagebegehren enthalten, zu ändern (Beil./G). Daraufhin teilte der Beklagte mit Mail vom 24.2.2016 der klagenden Partei mit, mit dem Vorschlag nicht einverstanden zu sein (Beil./H).
Die Klägerin reichte schließlich am 17.3.2016 die vorliegende Klage ein. Grund für die Klage war, dass der Beklagte seine Dienstpflicht, nämlich zwei Tage in Belgrad zu sein, nicht erfüllt hat.
Der Einhaltung der Teilzeitvereinbarung an sich , also der Reduktion der AZ des
Klägers von 38,5 auf 38 Stunden, stehen keine betrieblichen Interessen entgegen. Die betrieblichen Interessen der Klägerin sind nur deshalb nachteilig berührt, da der Beklagte seiner Verpflichtung zwei Tage nach Belgrad zu reisen trotz Weisung der Klägerin nicht nachkommt.
Am 30.05.2016 brachte der Beklagte eine Widerklage gegen die Klägerin zu 1 Cga 51/16z ein und begehrt die Feststellung des Bestehens der vorliegenden Elternteilzeitvereinbarung. Die Klage wurde der klägerin als beklagter am 6.6.2016 durch Hinterlegung zugestellt.
Rechtliche Beurteilung
Rechtlich folgt:
zu 1:_
Von den Streitparteien wurde in der Tagsatzung vom 30.5.2016 außer Streit gestellt, dass es sich bei der gegenständlichen Elternteilzeitvereinbarung um eine vereinbarte Elternteilzeitvereinbarung nach § 8a VKG handelt.
Nach § 8a VKG idF BGBl I 2004/64 kann der Arbeitnehmer, der keinen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nach § 8 Abs 1 oder 4 VKG hat, mit dem Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung einschließlich Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage längstens bis zum Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes vereinbaren.
Nunmehr möchte die Klägerin mit der vorliegenden Klage eine Änderung der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung erwirken. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine Änderung der Teilzeitbeschäftigung und kommt binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe keine Einigung zu Stande, kann der Arbeitgeber binnen einer weiteren Woche Klage auf eine Änderung oder vorzeitige Beendigung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht erheben, andernfalls die Teilzeitbeschäftigung unverändert bleibt (§ 8d Abs 4 VKG).
Im vorliegenden Fall teilte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 11.2.2016 mit, die Elternteilzeit zu ändern. Mit E-Mail vom 24.2.2016 teilte der Beklagte der klagenden Partei mit, mit dem Vorschlag nicht einverstanden zu sein. Eine Einigung kam folglich nicht zustande. Die Klägerin hätte spätestens am 3.3.2016 die gegenständliche Klage einbringen müssen.
Die Klage war somit als verspätet zurückzuweisen.
Selbstwenn die Klage nicht verspätet eingebracht worden wäre, wäre sie nicht berechtigt:
Die Bestimmungen in §§ 8 ff VKG vermitteln den Rechtsanspruch auf Herabsetzung der Normalarbeitszeit sowie einen Anspruch auf Änderung der Lage der Arbeitszeit. Sinn und Zweck bestehen darin, dass die zu leistende Arbeitszeit mit den Betreuungspflichten des Elternteils in Einklang zu bringen ist. Auf Seite des Arbeitgebers ist das Interesse auf die möglichst reibungslose und wirtschaftliche Aufrechterhaltung seines Betriebes gerichtet (ASG 5.9.2008, 9 Cga 84/08z).
Beabsichtigt die Klägerin mit ihrer Klage eine Änderung der Teilzeitbeschäftigung, hat das Gericht nach § 8d Abs 4 VKG der Klage dann stattzugeben, wenn die betrieblichen Erfordernisse gegenüber den Interessen der Dienstnehmerin überwiegen.
Bei den betrieblichen Interessen muss es sich um Umstände handeln, die negative Auswirkungen auf den Betrieb in seiner Eigenschaft als eine dem Zweck der Leistungshervorbringung gewidmete Organisation haben. Ein betriebliches Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn die Teilzeitbeschäftigung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt und Maßnahmen zur Verhinderung dieser Beeinträchtigung, insbesondere die Aufnahme von Ersatzkräften nicht möglich sind oder unverhältnismäßige Kosten verursachen (ErläutRV 399 BlgNR XXII. GP 5).
Die dienstlichen Interessen der Klägerin sind dadurch beeinträchtigt, dass der Beklagte seinen dienstvertraglichen Pflichten, nämlich zwei Tage pro Woche nach Belgrad zu reisen, nicht erfüllt, nicht jedoch durch die ohnehin geringe Reduktion der Arbeitszeit des Beklagten von 38,5 Stunden auf 38 Stunden.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nach Elternteilzeit kann jedoch nur die Änderung des Ausmaßes und der Lage der Arbeitszeit sein, nicht aber das Erwirken der Einhaltung der dienstvertraglichen Pflichten. Aus diesem Grund wäre das Klagebegehren auch nicht berechtigt.
Der Beklagte brachte zur Frage, ob er seinen dienstvertraglichen Pflichten erfüllt, vor, dass von Beginn des Dienstverhältnisses ein Reiseintervall von 3-6 Wochen mit 2-3 Tagen in Belgrad gelebte Praxis gewesen sei, sodass es zu einer konkludenten Anpassung der Arbeitsortvereinbarung gekommen wäre.
Auch wenn diese Frage aus rechtlichen Gründen nicht von Relevanz war, ist aus Gründen der Vollständigkeit darauf hinzuweisen, dass sich die dienstvertraglichen Pflichten nach dem schriftlichen Dienstvertrag richten. Durch die bloße Berufung auf den objektiv zu beurteilenden Wert eines Erklärungsverhaltens kann sich der Beklagte jedoch nicht seiner Beweislast, die Änderung der vertraglichen Vereinbarung erfolgreich zu beweisen entledigen.
Bei der Auslegung ist vielmehr der Sinn der Vereinbarung zu beachten, der nach redlicher Verkehrsübung den Inhalt der Dienstpflicht von den jeweils gegebenen Umständen abhängig machen kann (DRdA 1989/25 [Apathy]; DRdA 1997/44 [Schwarz]). Wenn der Beklagte auch zeitweise nicht in dem Ausmaß wie im Dienstvertrag festgehalten nach Belgrad reiste, müsste es jedem redlichen Erklärungsempfänger klar sein, dass dadurch keine Änderung des Dienstvertrages erfolgte.
Dazu bedürfte es eines zusätzlichen Erklärungsverhaltens der Vertragsparteien, welches vom Beklagten nicht vorgebracht wurde und auch nicht festgestellt werden konnte (vgl OGH 8.8.2007, 9 ObA 51/07a).
Zu 2.
Zum Unterbrechungsantrag:
Mangels einer sondergesetzlichen Bestimmung für das arbeitsgerichtliche Verfahren sind für die Frage der Verfahrensunterbrechung wegen Präjudizialiät die Bestimmungen der §§ 190 ff ZPO maßgeblich (§ 2 ASGG). Gemäß § 190 Z 1 ZPO kann der Senat dann, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand eines anderen anhängigen gerichtlichen Verfahrens ist, anordnen, dass das Verfahren auf so lange Zeit unterbrochen werde, bis in Ansehung dieses Rechtsverhältnisses eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Da im vorliegenden Fall die Klage als verspätet zurückzuweisen war und folglich die Entscheidung des Rechtsstreits nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsstreits abhängt, liegen die Voraussetzungen des § 190 Z 1 ZPO nicht vor.
Aus Gründen der Vollständigkeit ist anzumerken, dass auch der Antrag auf Unterbrechung inhaltlich nicht berechtigt ist.
Nach § 190 Z 1 ZPO ist eine Unterbrechung nicht zwingend vorgesehen (arg.: „kann“). Von Gesetzes wegen ist für arbeitsgerichtliche Verfahren wie das vorliegende keine zwingende Unterbrechung vorgesehen. Das Gericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände nach freiem Ermessen vor allem unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu beurteilen, ob die Unterbrechung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Erledigung des anderen Rechtsstreits nach Lage des Falles gerechtfertigt ist (RIS-Justiz RS0036765).
Die Frage ob der in der Widerklage geltend gemachte Feststellungsanspruch zu Recht besteht ist hier jedoch keine präjudizielle Rechtsfrage, da das Bestehen im vorliegenden Verfahren ohnedies außer Streit steht.
Auch eine – nicht beantragte – Verbindung der Klagen gemäß §187 ZPO war nicht vorzunehmen, weil die Widerklage zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung noch nicht streitanhängig war, und überdies Präjudizialität nicht vorlag. Die Verbindung von Klage und Widerklage ist im übrigen nicht zwingend (vgl. Mayr in Rechberger, RZ 1 zu §96 JN mwH).
Kostenersatz wurden weder geltend gemacht noch findet ein Kostenersatz im vorliegenden Verfahren statt.