(1) Sofern in diesem Unterabschnitt nichts anderes bestimmt ist, legt jede Vertragspartei Verfahren fest, nach denen ein Rechtsinhaber, der den begründeten Verdacht hat, dass Waren, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, 1 eingeführt, ausgeführt, wiederausgeführt, in das oder aus dem Zollgebiet verbracht, in ein Nichterhebungsverfahren übergeführt oder in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden könnten, bei den zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörden schriftlich beantragen kann, dass die Zollbehörden die Überlassung dieser Waren zum zollrechtlich freien Verkehr aussetzen oder die Waren zurückhalten.
(2) Für den Fall, dass die Zollbehörden im Zuge ihrer Tätigkeit und bevor ein Rechtsinhaber einen Antrag eingereicht hat oder einem solchen stattgegeben wurde, den ausreichend begründeten Verdacht haben, dass Waren ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, stellt jede Vertragspartei sicher, dass die Zollbehörden die Überlassung der Waren aussetzen oder diese zurückhalten können, damit der Rechtsinhaber einen Antrag auf Tätigwerden der Behörden nach Absatz 1 stellen kann.
(3) Die im internen Recht vorgesehenen Rechte und Pflichten des Einführers bezüglich der Umsetzung dieses Artikels und von Teil III Abschnitt 4 des TRIPS-Übereinkommens gelten auch für den Ausführer und den Besitzer der Waren.
(4) Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass ihre zuständigen Behörden von einem Rechtsinhaber, der die in Absatz 1 beschriebenen Verfahren beantragt, die Vorlage von Beweisen verlangen, die geeignet sind, die zuständigen Behörden davon zu überzeugen, dass nach Maßgabe des Rechts der diese Verfahren bereitstellenden Vertragspartei dem Anschein nach Rechte des geistigen Eigentums des Rechtsinhabers verletzt wurden, und darüber hinaus die Bereitstellung hinreichender Informationen, in deren Besitz der Rechtsinhaber sein muss und die geeignet sind, die verdächtigen Waren für die Zollbehörden nach vernünftigem Ermessen erkennbar zu machen. Die Auflage, hinreichende Informationen bereitzustellen, darf nicht über Gebühr von der Inanspruchnahme der in Absatz 1 beschriebenen Verfahren abschrecken.
(5) Zum Zweck der Feststellung, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, teilt die Zollstelle dem Rechtsinhaber auf Antrag, sofern sie bekannt sind, Name und Anschrift des Empfängers sowie des Versenders oder des Besitzers der Waren, den Ursprung und die Herkunft der Waren mit, die im Verdacht stehen, ein Recht des geistigen Eigentums zu verletzen.
Die Zollstelle gibt dem Antragsteller auch die Möglichkeit, die Waren, deren Überlassung ausgesetzt ist oder die zurückgehalten werden, zu inspizieren. Die Zollstelle kann bei der Prüfung der Waren Proben oder Muster entnehmen und sie auf ausdrücklichen Antrag des Rechtsinhabers diesem ausschließlich zu dem Zweck, das weitere Verfahren zu erleichtern, und zum Zweck der Analyse übergeben oder übermitteln.
(6) Die Zollbehörden ermitteln und identifizieren mit Hilfe von Risikoanalysen Sendungen, die Waren enthalten, die im Verdacht stehen, Rechte des geistigen Eigentums zu verletzen. Sie richten Systeme für eine enge Zusammenarbeit mit den Rechtsinhabern ein, einschließlich wirksamer Verfahren zur Informationsgewinnung für die Risikoanalyse.
(7) Die Vertragsparteien kommen überein, mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, den internationalen Handel mit Waren, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen, zu unterbinden. Insbesondere tauschen sie zu diesem Zweck gegebenenfalls Informationen aus und sorgen für eine Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Behörden in Bezug auf den Handel mit Waren, die Rechte des geistigen Eigentums verletzen.
(8) Im Falle der Durchfuhr von Waren durch das Gebiet einer Vertragspartei in das Gebiet der anderen Vertragspartei übermittelt die erste Vertragspartei der zweiten Informationen, um diese in die Lage zu versetzen, gegen Sendungen von Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht des geistigen Eigentums zu verletzen, wirksam vorzugehen.
(9) Unbeschadet anderer Formen der Zusammenarbeit gilt Protokoll III über gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich für die Absätze 7 und 8 dieses Artikels, was Verstöße gegen die Zollvorschriften im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums angeht.
(10) Der Zoll-Unterausschuss nach Artikel 200 ist dafür zuständig, das ordnungsgemäße Funktionieren und die ordnungsgemäße Umsetzung dieses Artikels zu gewährleisten.
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1 Für die Zwecke dieses Artikels sind „Waren, die ein Recht des geistiges Eigentums verletzen,“
a) „nachgeahmte Waren“, das heißt
i) Waren einschließlich Verpackungen, auf denen unbefugt eine Marke angebracht ist, die mit einer rechtsgültig für derartige Waren eingetragenen Marke identisch ist oder die sich in ihren wesentlichen Merkmalen nicht von einer solchen Marke unterscheiden lässt und die dadurch die Rechte des Inhabers der betreffenden Marke verletzt,
ii) alle gegebenenfalls auch gesondert gestellten Kennzeichnungsmittel (wie Embleme, Anhänger, Aufkleber, Prospekte, Bedienungs- oder Gebrauchsanweisungen, Garantiedokumente), auf welche die unter Ziffer i genannten Umstände zutreffen,
iii) mit Marken nachgeahmter Waren versehene Verpackungen, die gesondert gestellt werden und auf welche die unter Ziffer i genannten Umstände zutreffen;
b) „unerlaubt hergestellte Waren“, das heißt Waren, die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers oder einer vom Rechtsinhaber im Land der Herstellung ordnungsgemäß ermächtigten Person hergestellte Vervielfältigungsstücke sind oder enthalten und die unmittelbar oder mittelbar von einem Gegenstand angefertigt wurden, dessen Vervielfältigung nach den Rechtsvorschriften des Einfuhrlandes ein Urheberrecht, ein verwandtes Schutzrecht oder ein Geschmacksmusterrecht verletzt hätte, unabhängig davon, ob es sich um ein nach den internen Rechtsvorschriften eingetragenes Recht handelt,
c) Waren, die nach den Rechtsvorschriften der Vertragspartei, in deren Gebiet der Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden gestellt wird, ein Patent, ein Sortenschutzrecht oder eine geografische Angabe verletzen.
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