1. Die Union und die Republik Moldau führen ein Frühwarnsystem ein, das praktische Maßnahmen zur Vermeidung akuter beziehungsweise drohender Notsituationen und zur schnellen Reaktion auf derartige Situationen vorsieht. Es soll außerdem eine frühzeitige Bewertung potenzieller Risiken und Probleme im Zusammenhang mit dem Angebot an und der Nachfrage nach Erdgas, Öl oder Strom sowie die Ergreifung von Vorbeugungsmaßnahmen und schnelle Reaktionen im Fall einer akuten beziehungsweise drohenden Notsituation ermöglichen.
2. Für die Zwecke dieses Anhangs bezeichnet der Ausdruck „Notsituation“ eine Lage, die zu einer erheblichen Störung oder einer physischen Unterbrechung der Versorgung mit Erdgas, Öl oder Strom zwischen der Union und der Republik Moldau führt.
3. Für die Zwecke dieses Anhangs fungieren der für Energie zuständige Minister der Regierung der Republik Moldau und das für Energie zuständige Mitglied der Europäischen Kommission als die Koordinatoren.
4. Potenzielle Risiken und Probleme im Zusammenhang mit dem Angebot an und der Nachfrage nach Energieträgern und -erzeugnissen sollten von den Vertragsparteien regelmäßig gemeinsam bewertet und den Koordinatoren gemeldet werden.
5. Erhält eine Vertragspartei Kenntnis von einer Notsituation oder einer anderen Situation, die ihrer Ansicht nach eine Notsituation herbeiführen könnte, so benachrichtigt sie unverzüglich die andere Vertragspartei.
6. Unter den unter Nummer 5 genannten Umständen setzen die Koordinatoren einander so rasch wie möglich von der Notwendigkeit in Kenntnis, das Frühwarnsystem zu aktivieren. Dabei sind unter anderem auch die Personen anzugeben, die von den Koordinatoren ermächtigt wurden, ständigen Kontakt zueinander zu halten.
7. Bei einer Notifizierung im Sinne der Nummer 6 teilen die Vertragsparteien einander ihre Lageeinschätzung mit. Diese Lageeinschätzung hat auch eine Einschätzung des Zeitrahmens zu beinhalten, innerhalb dessen eine akute Notsituation bereinigt beziehungsweise eine drohende Notsituation abgewendet werden könnte. Die Vertragsparteien reagieren unverzüglich auf die Lageeinschätzung der anderen Vertragspartei und ergänzen sie durch ihnen vorliegende Zusatzinformationen.
8. Kann eine Vertragspartei die Lageeinschätzung der anderen Vertragspartei oder deren Einschätzung des Zeitrahmens zur Bereinigung einer akuten beziehungsweise zur Abwendung einer drohenden Notsituation nicht angemessen beurteilen oder nicht teilen, so kann der entsprechende Koordinator um Konsultationen ersuchen, die spätestens drei Tage nach Zuleitung der Notifikation nach Nummer 6 beginnen müssen. Die Konsultationen finden innerhalb einer Expertengruppe statt, die sich aus von den Koordinatoren bevollmächtigten Vertretern zusammensetzt. Die Konsultationen haben folgende Zielsetzung:
a) Ausarbeitung einer gemeinsamen Einschätzung der Lage und der etwaigen Weiterentwicklung,
b) Ausarbeitung von Empfehlungen zur Bereinigung der akuten beziehungsweise zur Abwendung der drohenden Notsituation,
c) Ausarbeitung von Empfehlungen für einen gemeinsamen Aktionsplan zwecks Minimierung der Folgen und, wenn möglich, Bereinigung der Notsituation; dies schließt die Möglichkeit der Einsetzung einer Monitoring-Sondergruppe ein.
9. Bei den Konsultationen, gemeinsamen Lageeinschätzungen und Empfehlungsvorschlägen sind die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
10. Die Koordinatoren setzen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Bereinigung der akuten beziehungsweise zur Abwendung der drohenden Notsituation ein, wobei sie den Empfehlungen Rechnung tragen, die aus den Konsultationen hervorgegangen sind.
11. Die Expertengruppe nach Nummer 8 erstattet den Koordinatoren Bericht über ihre Tätigkeit, sobald ein vereinbarter Aktionsplan umgesetzt wurde.
12. Tritt eine Notsituation ein, so können die Koordinatoren eine Monitoring-Sondergruppe einsetzen, deren Aufgabe es ist, die aktuellen Umstände und die Entwicklung der Ereignisse zu untersuchen und objektiv zu dokumentieren. Der Monitoring-Sondergruppe können folgende Personen angehören:
a) Vertreter beider Vertragsparteien,
b) Vertreter von Energieversorgungsunternehmen der Vertragsparteien,
c) Vertreter internationaler Energieorganisationen, die von den Vertragsparteien vorgeschlagen und in gegenseitigem Einvernehmen hinzugezogen werden,
d) unabhängige Experten, die von den Vertragsparteien vorgeschlagen und in gegenseitigem Einvernehmen hinzugezogen werden.
13. Die Monitoring-Sondergruppe nimmt ihre Arbeit unverzüglich auf und tut das Nötige, bis die Notsituation bewältigt ist. Der Beschluss über die Beendigung der Arbeit der Monitoring-Sondergruppe wird von den Koordinatoren gemeinsam gefasst.
14. Ab dem Zeitpunkt, an dem eine Vertragspartei die andere Vertragspartei über die unter Nummer 5 genannten Umstände benachrichtigt hat und bis zum Abschluss der in diesem Anhang beschriebenen Verfahren und der Bereinigung der akuten beziehungsweise der Abwendung der drohenden Notsituation setzt sich jede Vertragspartei im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach besten Kräften dafür ein, etwaige negative Folgen für die andere Vertragspartei auf das Mindestmaß zu beschränken. Die Vertragsparteien arbeiten gemeinsam darauf hin, im Geiste der Transparenz unverzüglich eine Lösung zu erzielen. Die Vertragsparteien unterlassen jegliche Maßnahmen ohne Bezug zur aktuellen Notsituation, die negative Auswirkungen auf die Erdgas-, Öl- oder Stromlieferungen zwischen der Union und der Republik Moldau haben oder die negativen Auswirkungen verstärken könnten.
15. Jede Vertragspartei trägt für sich die Kosten, die ihr durch Maßnahmen im Rahmen dieses Anhangs entstehen.
16. Die Vertragsparteien wahren die Vertraulichkeit aller zwischen ihnen ausgetauschten und als vertraulich eingestuften Informationen. Die Vertragsparteien treffen alle Maßnahmen, die zur Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen nach Maßgabe der einschlägigen Rechts- und Normativakte der Republik Moldau beziehungsweise der Union und/oder gegebenenfalls ihrer Mitgliedstaaten erforderlich sind, und zwar im Einklang mit den geltenden internationalen Übereinkünften.
17. Die Vertragsparteien können in gegenseitigem Einvernehmen Vertreter dritter Parteien zu den Konsultationen oder Monitoringverfahren der Nummern 8 und 12 hinzuziehen.
18. Die Vertragsparteien können vereinbaren, die Bestimmungen dieses Anhangs anzupassen, um ein Frühwarnsystem zwischen ihnen und anderen Parteien einzurichten.
19. Eine Nichtbeachtung des Frühwarnsystems darf nicht als Auslöser für Streitbeilegungsverfahren nach Titel V (Handel und Handelsfragen) dieses Abkommens dienen. Außerdem sehen die Vertragsparteien davon ab, in derartigen Streitbeilegungsverfahren Folgendes als Beweismaterial vorzulegen oder sich darauf zu stützen:
a) Positionen oder Vorschläge, welche die andere Vertragspartei im Verfahren nach diesem Anhang vertritt beziehungsweise vorlegt, oder
b) Absichtserklärungen der anderen Vertragspartei, eine Lösung für die dem Frühwarnsystem unterliegende Notsituation zu akzeptieren.
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