BundesrechtInternationale VerträgeErleichterung von Ambulanz- und Rettungsflügen (Schweiz)

Erleichterung von Ambulanz- und Rettungsflügen (Schweiz)

In Kraft seit 01. November 2011
Up-to-date

Artikel 1

Art. 1 Gegenstand

Dieses Abkommen regelt die Rahmenbedingungen für die Durchführung grenzüberschreitender Ambulanz- und Rettungsflüge unter Einbezug von Außenlandeplätzen.

Artikel 2

Art. 2 Definitionen

Im Sinne dieses Abkommens bedeuten die Begriffe:

1. „Ambulanzflug“: ein Flug zum Zwecke eines Transports von bereits ärztlich versorgten Verletzten oder Kranken;

2. „Rettungsflug“: ein Flug zur Auffindung, zur Bergung, Versorgung und Beförderung von in lebensbedrohlichen Situationen befindlichen, kranken oder verletzten Personen sowie zur Heranbringung von Rettungs- bzw. Bergungspersonal und medizinischen Gütern;

3. „Entsendestaat“: derjenige Vertragsstaat, von dessen Gebiet ein Ambulanz- oder Rettungsflug ausgeht;

4. „Einsatzstaat“: derjenige Vertragsstaat, in dem ein vom Entsendestaat ausgehender Ambulanz- oder Rettungsflug durchgeführt wird und

5. „Leitstelle“: diejenige Einsatzstelle, welche mit der Leitung und Koordination des Ambulanz- oder Rettungsflugs betraut ist.

Artikel 3

Art. 3 Verwendung von Luftfahrzeugen

(1) Die für Ambulanz- oder Rettungsflüge zum Einsatz kommenden Luftfahrzeuge müssen gemäß den im Entsendestaat für diesen Einsatz jeweils anwendbaren innerstaatlichen Vorschriften ausgerüstet und zugelassen sein.

(2) Luftfahrzeuge, die im Militär-, Zoll- und Polizeidienst verwendet werden, können die Grenze mit ihrer Bewaffnung, jedoch ohne Munition, überqueren.

Artikel 4

Art. 4 Verzeichnisse der Luftfahrtunternehmen

Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten tauschen die Verzeichnisse der Luftfahrtunternehmen aus, die ermächtigt sind, Ambulanz- und/oder Rettungsflüge jenseits der Grenze gemäß diesem Abkommen durchzuführen. Diese Verzeichnisse werden regelmäßig überprüft und auf den neusten Stand gebracht.

Artikel 5

Art. 5 Außenlandeplätze

Luftfahrzeuge dürfen bei Ambulanz- und Rettungsflügen auch außerhalb von Zollflugplätzen, genehmigten Flugplätzen und Militärflugplätzen starten und landen.

Artikel 6

Art. 6 Koordination von Ambulanz- und Rettungsflügen

Die Koordination und Gesamtleitung von Ambulanz- und Rettungsflügen obliegt in jedem Fall der Leitstelle des Einsatzstaates.

Artikel 7

Art. 7 Grenzübertritt und Aufenthalt

(1) Für den Grenzübertritt zwischen den Vertragsstaaten im Rahmen von Ambulanz- und Rettungsflügen benötigen Besatzung, medizinisches Begleitpersonal und beförderte Personen keine Reisedokumente.

(2) Die Begleitung der Verunglückten oder Verletzten durch Familienangehörige oder sonstige Begleitpersonen ist zulässig.

(3) Jeder Vertragsstaat nimmt alle in den anderen Vertragsstaat beförderten Personen ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit zurück, auch wenn sie nicht im Besitz eines Reisedokuments sind, ausgenommen jene Personen, die Staatsangehörige des anderen Vertragsstaats sind oder die dort zum Zeitpunkt des Ambulanz- oder Rettungsfluges eine gültige Aufenthaltsberechtigung hatten.

(4) Gehört die Besatzung eines Luftfahrzeuges den Sicherheits- oder Zollbehörden oder den Streitkräften eines Vertragsstaates an, so dürfen diese Personen ihre persönliche Bewaffnung samt Munition mitführen. Die Beamten sind befugt, ihre Dienstkleidung zu tragen.

Artikel 8

Art. 8 Grenzübergang des Materials

(1) Die Vertragsstaaten werden gegenseitig die notwendigen Ausrüstungsgegenstände im Einsatzstaat ohne förmliches Verfahren und ohne Leistung einer Sicherheit zur abgabenfreien vorübergehenden Verwendung zulassen und diese frei von allen Eingangsabgaben lassen, soweit sie verbraucht sind.

(2) Die in Artikel 7 genannten Personen dürfen außer den bei Einsätzen notwendigen Ausrüstungsgegenständen und abgabenfreiem Reisegut keine Waren mitführen. Militärische und polizeiliche Luftfahrzeuge dürfen mit üblicher Ausrüstung, jedoch ohne Munition, die Grenze überqueren und im Einsatzgebiet operieren.

(3) Für die bei Einsatzflügen notwendigen Ausrüstungsgegenstände finden die Verbote und Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr keine Anwendung. Soweit diese Ausrüstungsgegenstände nicht verbraucht werden, sind sie wieder auszuführen.

(4) Absatz 3 findet auch Anwendung auf die Einfuhr von Betäubungsmitteln bzw. Suchtgiften und psychotropen Stoffen in den Einsatzstaat und die Wiederausfuhr der nicht verbrauchten Mengen in den Entsendestaat. Betäubungsmittel bzw. Suchtgifte und psychotrope Stoffe dürfen nur nach Maßgabe des dringlichen medizinischen Bedarfs mitgeführt und nur durch qualifiziertes medizinisches Personal eingesetzt werden.

Artikel 9

Art. 9 Flugdurchführung

(1) Vor dem Überfliegen der Staatsgrenze müssen zumindest folgende Angaben fernmündlich, fernschriftlich, elektronisch oder per Flugfunk der Flugsicherungsdienststelle des Einsatzstaates bekannt gegeben werden:

a) Art und Kennzeichen des Luftfahrzeugs,

b) Namen der Mitglieder der Besatzung, sofern es sich um Staatsluftfahrzeuge handelt,

c) Abflugzeit,

d) Flugweg, voraussichtliche Flughöhe, Flugziel und Grenzüberflugstellen,

e) Landeort, voraussichtlicher Zeitpunkt von Abflug und Ankunft am/vom geplanten Landeplatz,

f) Zweck des Fluges und

g) Transpondercode.

(2) Die zuständigen Flugsicherungsdienststellen sind:

a) in der Republik Österreich: Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, ACC Wien

b) in der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Skyguide, Schweizerische Aktiengesellschaft für militärische und zivile Flugsicherung, ACC Zürich

Eine Zuständigkeitsänderung wird im Rahmen eines Notenwechsels bekannt gegeben.

(3) Soweit sich aus diesem Abkommen nichts anderes ergibt, sind die luftfahrtrechtlichen Verkehrsvorschriften jedes Vertragsstaates anwendbar.

Artikel 10

Art. 10 Haftung und Gerichtsbarkeit

Soweit Angehörige der Streitkräfte in Ausübung hoheitlicher Rechte an Aktivitäten gemäß diesem Abkommen beteiligt sind, richten sich die Haftung sowie die Strafgerichtsbarkeit und die Disziplinargewalt nach dem Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen und dem dazugehörenden Zusatzprotokoll.

Artikel 11

Art. 11 Zusammenarbeit der Behörden

Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten arbeiten nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts zusammen und treffen in gegenseitigem Einvernehmen die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen Vereinbarungen und Maßnahmen.

Artikel 12

Art. 12 Aussetzen des Abkommens

Jeder der beiden Vertragsstaaten kann mit Rücksicht auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder aus militärischen Gründen die Anwendung dieses Abkommens ganz oder teilweise vorübergehend aussetzen. Hiervon ist der andere Vertragsstaat unverzüglich auf diplomatischem Weg in Kenntnis zu setzen.

Artikel 13

Art. 13 Inkrafttreten

Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation. Es tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Artikel 14

Art. 14 Kündigung

Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann jederzeit auf diplomatischem Weg gekündigt werden. Es tritt in diesem Fall sechs Monate nach dem Zugang der Kündigungsnote beim anderen Vertragsstaat außer Kraft.

GESCHEHEN ZU Wien, am 03.03.2011, in zwei Urschriften in deutscher Sprache.