Vorwort
Artikel 1
Art. 1
Die in diesem Abkommen verwendeten Begriffe haben die folgende Bedeutung:
“South Stream-Erdgas-Pipelinenetz” bezeichnet ein neues Erdgasleitungsnetz für die Durchleitung und die Lieferung von Erdgas von der Russischen Föderation über das Schwarze Meer, das Hoheitsgebiet der Republik Österreich und die Hoheitsgebiete anderer Staaten;
“Erdgas-Pipeline” bezeichnet den Abschnitt des South Stream-Erdgas-Pipelinenetzes, der auf dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich verläuft;
“Projekt” bezeichnet die Planung, den Bau und Betrieb der Erdgas-Pipeline;
“Gründer” bezeichnet die Aktiengesellschaft “Gazprom”, mit Sitz in der Russischen Föderation, und OMV Gas Power GmbH, mit Sitz in der Republik Österreich, im folgenden einzeln der “Russische Gründer” bzw. der “Österreichische Gründer” genannt;
“Gesellschaft” bezeichnet eine von den Gründern zum Zwecke der Planung, Finanzierung, des Baus und Betriebs der Erdgas-Pipeline errichteten Gesellschaft, die Eigentümer der Erdgas-Pipeline ist;
“Verträge” bezeichnet die Verträge, die mit dem Ziel der Verwirklichung des Projekts im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung der Vertragsparteien abgeschlossen werden;
“Internationale Verträge” bezeichnet von der Russischen Föderation und von der Republik Österreich abgeschlossene Staatsverträge.
Artikel 2
Art. 2
Die Vertragsparteien unterstützen die Gründer und die Gesellschaft bei der Verwirklichung des Projekts, dazu gehört auch die Erleichterung der für den Betrieb und für die Ausstellung der erforderlichen Genehmigungen notwendigen Verfahren.
Zum Zwecke der Verwirklichung des Projekts werden die Vertragsparteien im Einklang mit ihrer nationalen Gesetzgebung die Vorschriften anwenden, die die günstigsten Bedingungen auf nicht diskriminierender Basis sicherstellen.
Diese Bestimmung gilt nicht für Begünstigungen, die in einem Vertrag zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehen sind, mit Ausnahme des zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen.
Artikel 3
Art. 3
Die Vertragsparteien werden geeignete Anstrengungen unternehmen, um den Status eines Projektes im Rahmen der transeuropäischen Energienetze für das South Stream Erdgas-Pipelinenetz zu erlangen.
Artikel 4
Art. 4
Zum Zwecke der Verwirklichung des Projekts wird die Österreichische Partei nach besten Kräften bemüht sein, im Einklang mit ihrer Gesetzgebung sicherzustellen:
a) dass die Gesellschaft die für den Bau und den Betrieb der Erdgas-Pipeline erforderlichen Genehmigungen, Bodenrechte und sonstigen Eigentumsrechte erhält;
b) die ungehinderte Gasdurchleitung durch das Hoheitsgebiet der Republik Österreich über die Erdgas-Pipeline und das South Stream-Erdgas-Pipelinenetz gemäß internationalen Verpflichtungen.
Die russische Vertragspartei wird im Einklang mit ihrer Gesetzgebung nach besten Kräften bemüht sein, durch den Abschluss langfristiger Verträge zwischen der Gesellschaft und dem russischen Gründer oder einem vom russischen Gründer bestimmten Rechtsträger über die Durchleitung von Erdgas zuverlässige Gaslieferungen über die Erdgas-Pipeline von der Russischen Föderation an die Republik Österreich sicherzustellen.
Die Gründer oder von Ihnen designierte Rechtsträger werden einen gesonderten langfristigen Gasliefervertrag über 2 Milliarden m³ pro Jahr zu Marktbedingungen abschliessen. Die Gasmengen werden an den österreichischen Gründer oder den von ihm designierten Rechtsträger an den vereinbarten Stellen übergeben.
Artikel 5
Art. 5
Betreiber der Erdgas-Pipeline ist die Gesellschaft. Die Festsetzung der Tarife für den Erdgastransport über die Erdgas-Pipeline fällt in die Zuständigkeit der Gesellschaft gemäß den Verfahren und Grundsätzen der Tariffestsetzung in der Republik Österreich.
Die Gesellschaft ist zur Vermarktung der vollen Kapazität der Erdgas-Pipeline berechtigt.
Ausnahmen von den Regelungen über den Zugang Dritter zur Pipeline-Kapazität, Tarifregelungen, Entflechtung der Fernleitungsnetzbetreiber und der Pipeline-Eigentümer in Bezug auf die Erdgas-Pipeline werden, falls erforderlich, auf Ersuchen der Gesellschaft oder der Gründer gemäß der österreichischen Gesetzgebung erteilt, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts mittels Abschluss eines langfristigen Gastransportvertrags zwischen dem russischen Gründer (oder einer von ihm bestimmten Gesellschaft) und der Gesellschaft zu gewährleisten.
Die österreichische Partei begrüßt das Ersuchen der Gesellschaft oder der Gründer um die vorerwähnten Ausnahmen und leistet entsprechende Hilfestellung.
Artikel 6
Art. 6
Die Vertragsparteien betrauen die entsprechenden staatlichen Behörden mit der Aufgabe, im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung dafür zu sorgen, dass bei der grenzüberschreitenden Verbringung der zur Durchführung der Maßnahmen für die Projektverwirklichung erforderlichen Fachleute, Materialien, Bau- und Montagegeräte und weiteres notwendiges Arbeitsgerät über die Staatsgrenzen der Parteien die einfachsten oder schnellsten Verfahren zur Anwendung kommen.
Artikel 7
Art. 7
Zur Stärkung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Projekts wird die österreichische Partei der Gesellschaft im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung die günstigsten zoll- und steuerrechtlichen Bedingungen einräumen, wobei u.a. zu erwägen ist:
Freistellung von der Umsatzsteuer auf die Einfuhr des für die Ausführung der Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb der Erdgas-Pipeline erforderlichen Arbeitsgerätes und der Ersatzteile, vorausgesetzt, dass diese wieder ausgeführt werden; größtmögliche Beschleunigung der Verfahren zur Rückerstattung von Umsatzsteuer, die auf die für den Bau und den Betrieb der Erdgas-Pipeline notwendigen Materialien, Dienstleistungen und Arbeiten entrichtet wurde.
Artikel 8
Art. 8
Die Besteuerung der Gesellschaft, der Gründer und der am Projekt beteiligten Unternehmen soll gemäß dem Recht des Staates der Partei erfolgen, auf dessen Hoheitsgebiet dieses Geschäft ausgeführt wird.
Die Besteuerung der Gesellschaft, der Gründer und der am Projekt beteiligten Unternehmen wird gemäß den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, der Fairness und der Transparenz erfolgen. Hinsichtlich der Besteuerung gewährt die österreichische Partei der Gesellschaft, den Gründern und den am Projekt beteiligten Unternehmen die günstigste steuerliche Behandlung, die nach dem Recht der Republik Österreich möglich ist.
Die Republik Österreich wird keine spezifischen gesetzlichen Maßnahmen ergreifen, welche das Projekt oder die Erdgas-Pipeline während der Amortisierungsdauer des Projekts negativ beeinflussen würde.
Sollten Änderungen in der Gesetzgebung der Republik Österreich zu einer Erhöhung der steuerlichen Belastung des Projekts oder der Gesellschaft führen, wird die österreichische Partei der russischen Partei diese Änderungen unverzüglich auf diplomatischem Wege schriftlich anzeigen, um diese Auswirkungen im Einklang mit dieser Gesetzgebung so weit wie möglich zu mindern.
Im Sinne dieses Artikels bedeutet eine “Erhöhung der steuerlichen Belastung des Projekts” die Auferlegung (Einführung) neuer Steuern und Abgaben und/oder ähnlicher Zahlungen und/oder eine Anhebung der Steuersätze und der Erhöhung von Abgaben und/oder ähnlichen Zahlungen.
Dieser Artikel gilt nur für die Besteuerung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Projekts.
Artikel 9
Art. 9
Die zum Vollzug dieses Abkommens ermächtigten Stellen sind:
für die russische Partei - das Energieministerium der Russischen Föderation;
für die österreichische Partei - das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend der Republik Österreich.
Im Falle einer Änderung der vollziehenden Stellen haben sich die Vertragsparteien diese Änderung gegenseitig unverzüglich auf diplomatischem Wege schriftlich bekanntzugeben.
Artikel 10
Art. 10
Sämtliche Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien in Bezug auf die Auslegung und/oder Anwendung dieses Abkommens werden zunächst durch Verhandlungen nach dem Prinzip von Treu und Glauben zwischen den vollziehenden Stellen der Vertragsparteien beigelegt. Streitigkeiten, die nicht in solchen Verhandlungen und Konsultationen zwischen den vollziehenden Stellen der Vertragsparteien beigelegt werden können, werden durch Verhandlungen nach dem Prinzip von Treu und Glauben und Konsultationen zwischen den Vertragsparteien beigelegt.
Wenn eine Streitigkeit nicht binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, an dem eine Vertragspartei schriftlich die Abhaltung solcher Verhandlungen und Konsultationen verlangt, in Verhandlungen und Konsultationen zwischen den Vertragsparteien beigelegt werden kann, hat jede Vertragspartei das Recht, die Streitigkeit einem Schiedsgericht zur Prüfung zu unterbreiten, sofern von den Vertragsparteien auf dem Weg zur Lösung der Streitigkeit nicht etwas anderes vereinbart wurde.
Das Schiedsgericht wird für jeden Einzelfall gebildet. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied des Schiedsgerichts. Diese beiden Mitglieder des Schiedsgerichts ernennen sodann gemeinsam einen Staatsangehörigen eines Drittstaates zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Die ersten beiden Mitglieder des Schiedsgerichts sind innerhalb von zwei Monaten, der Vorsitzende des Schiedsgerichts ist innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt zu ernennen, an dem eine Vertragspartei ihre Absicht angezeigt hat, die Streitigkeit einem Schiedsgericht zur Prüfung zu unterbreiten.
Sollten die in Absatz 3 dieses Artikels niedergelegten Bestimmungen nicht eingehalten werden, hat jede Vertragspartei das Recht, sich mit dem Ersuchen, die entsprechenden Ernennungen vorzunehmen, an den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs zu wenden, sofern nichts Anderweitiges vereinbart wurde.
Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. Diese Entscheidung ist auf Grundlage des Völkerrechts zu treffen, sie ist endgültig und für die Vertragsparteien verbindlich. Die Vertragsparteien tragen die Kosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Schiedsgerichts und des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu gleichen Teilen. Das Schiedsgericht gibt sich für alle anderen Fragen seine eigene Geschäftsordnung.
Dieser Artikel gilt nicht für Angelegenheiten der Besteuerung, welche unter die Bestimmungen des am 13. April 2000 unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen fallen.
Artikel 11
Art. 11
Dieses Abkommen berührt weder Rechte noch Pflichten aus anderen internationalen Verträgen.
Dieses Abkommen berührt keinerlei Pflichten der einzelnen Vertragsparteien, welche sich aus deren Mitgliedschaft in einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration ergeben. Die Berufung auf diese Bestimmung berührt nicht die Frage der Verantwortung für Schäden, die durch eine Handlung oder Unterlassung auf der Grundlage einer solchen Berufung verursacht wurden. Die Verantwortung für den Schaden ist begrenzt mit der Höhe der Direktinvestitionen in das Projekt, die noch nicht amortisiert sind.
Artikel 12
Art. 12
Die Vertragsparteien sind für die Verpflichtungen der Gesellschaft und der Gründer aus ihrer Beteiligung am Projekt nicht haftbar.
Artikel 13
Art. 13
Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des Monats nach Empfang der letzten schriftlichen Mitteilung auf diplomatischem Wege über den Abschluss der für das Inkrafttreten des Abkommens erforderlichen innerstaatlichen Verfahren in Kraft und hat eine Laufzeit von 30 Jahren.
Nach Ablauf der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Laufzeit verlängert sich das vorliegende Abkommen automatisch um jeweils weitere 5 Jahre, sofern nicht eine Vertragspartei der anderen ihre Absicht zur Kündigung des Abkommens mit einer Frist von mindestens 9 Monaten zum Ablauf der jeweiligen Laufzeit mitteilt. Diese schriftliche Mitteilung ist auf diplomatischem Wege zu übermitteln.
Die Rechte und Pflichten der Gründer, ihrer jeweiligen Rechtsnachfolger und der Gesellschaft, die in Verträgen vorgesehen sind, welche von ihnen während der Gültigkeit dieses Abkommens abgeschlossen wurden, bleiben von der Kündigung dieses Abkommens unberührt.
Dieses Abkommen kann durch schriftliches Einvernehmen der Vertragsparteien abgeändert werden.
Geschehen zu Wien am 24. April 2010 in zwei Urschriften, jede in deutscher, russischer, und englischer Sprache, wobei alle Texte gleichermaßen authentisch sind. Bei unterschiedlichen Auslegungen hat die englische Fassung Vorrang.