BundesrechtInternationale VerträgeZusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität (Polen)

Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität (Polen)

In Kraft seit 01. Dezember 2003
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Artikel 1

Art. 1

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts zur Zusammenarbeit zwischen den für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden im Bereich der Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität. Diese Zusammenarbeit erstreckt sich insbesondere auf folgende Straftaten:

1. Straftaten gegen Leben und Gesundheit (die körperliche Unversehrtheit),

2. Terrorismus,

3. illegale Migration, Schlepperei und Menschenhandel,

4. die Herstellung und Verbreitung von kinderpornographischem Material,

5. die illegale Produktion, den illegalen Handel und den Schmuggel von Waffen, Munition und Sprengstoffen,

6. den Diebstahl von Kunstgegenständen, Kraftfahrzeugen und sonstigen Gütern von erheblichem Wert und den illegalen Handel damit,

7. die Fälschung von Geld und anderen Zahlungsmitteln sowie von Wertpapieren und Dokumenten und deren Inverkehrbringung,

8. die Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche,

9. die illegale Erzeugung, die Einfuhr, die Ausfuhr, den illegalen Transport von und Verkehr mit Suchtgift, psychotropen Substanzen und Vorläufersubstanzen,

10. die Computerkriminalität.

(2) Die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien umfasst insbesondere jene Fälle, in denen Anzeichen dafür vorliegen, dass strafbare Handlungen oder Vorbereitungen hierzu Auswirkungen auf das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben können.

Artikel 2

Art. 2

Die Tätigkeiten im Rahmen der Zusammenarbeit nach diesem Abkommen erfolgen über Ersuchen einer zuständigen Behörde einer Vertragspartei, jedoch auch ohne Ersuchen, wenn ein Interesse der anderen Vertragspartei anzunehmen ist. Bei Erledigung des Ersuchens wird das Recht des ersuchten Staates angewendet.

Artikel 3

Art. 3

(1) Die für die Zusammenarbeit nach diesem Abkommen zuständigen Behörden bestimmen sich nach dem jeweiligen nationalen Recht.

(2) Die Vertragsparteien teilen einander die Behörden nach Absatz 1 und Änderungen der Zuständigkeit oder der Bezeichnung mit.

(3) Festgestellt wird, dass derzeit folgende Behörden zuständig sind:

1. auf polnischer Seite:

a) der für innere Angelegenheiten zuständige Minister;

b) der für Finanzeinrichtungen zuständige Minister;

c) der Leiter des Amtes für Staatsschutz;

d) der leitende Kommandant der Polizei;

e) der leitende Kommandant des Grenzschutzes;

f) der für öffentliche Finanzen zuständige Minister.

2. auf österreichischer Seite: der Bundesminister für Inneres.

Artikel 4

Art. 4

Die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien nach diesem Abkommen erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechtes und umfasst insbesondere:

1. Die gegenseitige Information über Umstände, deren Kenntnis zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität beitragen kann;

2. den Austausch von Erfahrungen über die Anwendung von Rechtsvorschriften über die Kriminalitätsvorbeugung und bekämpfung sowie über angewendete Methoden, Mittel und Techniken der Kriminalistik;

3. den Erfahrungsaustausch in bestimmten Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung und die Abhaltung von Expertentreffen;

4. die Durchführung von abgestimmten polizeilichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität einschließlich der Anwendung des Verfahrens der kontrollierten Lieferung;

5. die Gestattung der Anwesenheit von Bediensteten der zuständigen Behörde einer Vertragspartei bei der Durchführung von polizeilichen Ermittlungshandlungen einschließlich Befragungen und Observationen durch Organe der anderen Vertragspartei;

6. die Personenfahndung, Personenfeststellung und die Identifizierung von unbekannten Leichen.

Artikel 5

Art. 5

Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 1 Ziffer 2 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien insbesondere Informationen und Ermittlungsergebnisse über geplante und getätigte terroristische Akte, über Handlungsmethoden der Täter, über terroristische Vereinigungen, die Straftaten gegen gewichtige Staatsinteressen einer der Vertragsparteien planen bzw. begehen, austauschen sowie gemeinsam andere Maßnahmen treffen, die der Terrorismusverhütung oder bekämpfung dienen.

Artikel 6

Art. 6

Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 1 Ziffer 3 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien einander insbesondere Informationen über Methoden und Wege der organisierten illegalen Migration und Informationen, die die Kontrolle der Echtheit von Reisedokumenten und Sichtvermerken ermöglichen, mitteilen sowie Musterexemplare von Reisedokumenten und Sichtvermerken austauschen.

Artikel 7

Art. 7

Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 1 Ziffer 9 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien insbesondere

1. einander Informationen zukommen lassen über

a) Orte und Methoden der Herstellung und Aufbewahrung von Suchtgiften, psychotropen Substanzen und Vorläufersubstanzen sowie über eingesetzte Transportmittel;

b) Bestimmungsorte von befördertem Suchtgift, psychotropen Substanzen und Vorläufersubstanzen;

2. einander Probemuster von neuen Suchtgiften, psychotropen Substanzen und Vorläufersubstanzen zur Verfügung stellen;

3. den Informationsaustausch im Bereich der Aufsicht über den legalen Verkehr mit Suchtgift, psychotropen Substanzen und Vorläufersubstanzen erleichtern.

Artikel 8

Art. 8

Die Durchführung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien kann auch über Verbindungsbeamte erfolgen, deren Befugnisse von den zuständigen Behörden nach Maßgabe des nationalen Rechts festgelegt werden.

Artikel 9

Art. 9

Die zuständigen Organe der Vertragsparteien bedienen sich in Fragen, die mit der Durchführung von Bestimmungen des vorliegenden Abkommens verbunden sind, grundsätzlich ihrer Amtssprache.

Artikel 11

Art. 11

Die wechselseitige Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien erfolgt unter Beachtung der von der übermittelnden Behörde erteilten Auflagen und folgender Grundsätze:

1. Die übermittelten Daten dürfen ohne Zustimmung der übermittelnden Behörden zu keinen anderen als den der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecken verwendet werden.

2. Die übermittelten Daten sind zu löschen bzw. richtig zu stellen, sobald

a) sich die Unrichtigkeit der Daten ergibt, oder

b) die übermittelnde Behörde mitteilt, dass die Daten rechtswidrig ermittelt oder übermittelt worden sind, oder

c) die Daten nicht mehr zur Erfüllung der für die Übermittlung maßgeblichen Aufgabe benötigt werden, es sei denn, dass die übermittelnde Behörde die Zustimmung erteilt hat, die übermittelten Daten zu anderen Zwecken zu verwenden.

3. Auf Ersuchen der zuständigen übermittelnden Behörde erteilt die empfangende Behörde Auskunft über die Verwendung der empfangenen Daten.

4. Die zuständige übermittelnde Behörde stellt die Richtigkeit und Aktualität der übermittelten Daten sicher. Zeigt sich, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, oder dass rechtmäßig übermittelte Daten gemäß den Rechtsvorschriften des Staates der übermittelnden Behörde zu löschen sind, so wird die empfangende Behörde darüber unverzüglich informiert.

5. Hat die empfangende Behörde Grund zur Annahme, dass übermittelte Daten unrichtig sind oder zu löschen wären, so unterrichtet sie die übermittelnde Behörde hierüber.

6. Die empfangende Behörde ist verpflichtet, die erhaltenen Daten gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderungen und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.

7. Die übermittelnde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von Daten auf geeignete Weise aktenkundig zu machen.

8. Die betroffenen Personen haben in Übereinstimmung mit den einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften das Recht auf Zugang zu den im Rahmen dieses Abkommens übermittelten sie betreffenden Daten und auf die Überprüfung dieser Daten. Im Falle eines Ansuchens auf Ausübung dieses Rechtes, führt die Behörde, die über die Daten verfügt, eine Konsultierung mit der übermittelnden Behörde durch, bevor eine Entscheidung über das Ansuchen getroffen wird.

Artikel 12

Art. 12

Die im Artikel 3 des vorliegenden Abkommens genannten Behörden können bei Bedarf Konsultationen abhalten, um die Wirksamkeit der Zusammenarbeit zu gewährleisten, die den Gegenstand des vorliegenden Abkommens bildet.

Artikel 13

Art. 13

Wenn eine der Vertragsparteien der Ansicht ist, dass die Erledigung eines Ersuchens oder eine andere Art der Zusammenarbeit geeignet sind, die Souveränität ihres Staates zu beeinträchtigen, seine Sicherheit oder andere wesentlichen Interessen zu gefährden oder gegen Grundsätze seiner Rechtsordnung zu verstoßen, so kann sie die Zusammenarbeit ganz oder teilweise ablehnen oder sie von der Erfüllung von bestimmten Bedingungen abhängig machen.

Artikel 14

Art. 14

Die mit der Durchführung dieses Abkommens verbundenen Kosten, ausgenommen die Kosten im Zusammenhang mit dem Tätigwerden von Bediensteten der zuständigen Behörden einer Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei, werden durch jene Vertragspartei getragen, auf deren Hoheitsgebiet sie anfallen, es sei denn, die Vertragsparteien bestimmen es anderweitig.

Artikel 15

Art. 15

Die Bestimmungen dieses Abkommens berühren nicht die Verpflichtungen der Vertragsparteien, die sich aus anderen zweiseitigen und mehrseitigen internationalen Verträgen ergeben.

Artikel 16

Art. 16

(1) Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung des vorliegenden Abkommens werden im Weg von direkten Verhandlungen zwischen den im Artikel 3 genannten Behörden im Bereich ihrer Zuständigkeit entschieden.

(2) Sollte im Weg der Verhandlungen nach Absatz 1 eine Einigung nicht erzielt werden, wird die Angelegenheit auf diplomatischem Weg einer Entscheidung zugeführt.

Artikel 17

Art. 17

(1) Die Vertragsparteien teilen einander im Wege eines diplomatischen Notenwechsels mit, dass die jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten des Abkommens erfüllt sind. Dieses Abkommen tritt mit dem ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die spätere Note des Notenwechsels übermittelt wurde.

(2) Das vorliegende Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es bleibt in Kraft, solange es nicht von einer der beiden Vertragsparteien schriftlich auf diplomatischem Wege unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist gekündigt wird.

Geschehen zu Wien am 10. Juni 2002 in zwei Urschriften jeweils in deutscher und polnischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen verbindlich sind.