(1) Die Vertragsparteien leisten einander in Übereinstimmung mit diesem Artikel soweit wie möglich Rechtshilfe bei Ermittlungen, Strafverfolgungen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz 1 umschriebenen Straftaten.
(2) Um die nach diesem Artikel zu leistende Rechtshilfe kann zu folgenden Zwecken ersucht werden:
a) Abnahme von Zeugenaussagen oder anderen Erklärungen;
b) Zustellung gerichtlicher Schriftstücke;
c) Durchsuchung und Beschlagnahme;
d) Untersuchung von Gegenständen und Inaugenscheinnahme von Örtlichkeiten;
e) Überlassung von Informationen und Beweismitteln;
f) Überlassung von Originalen oder beglaubigten Abschriften einschlägiger Schriftstücke und Akten, einschließlich Bank-, Finanz-, Firmen- und Geschäftsunterlagen;
g) Ermittlung oder Weiterverfolgung von Erträgen, Vermögensgegenständen, Tatwerkzeugen oder anderen Sachen zu Beweiszwecken.
(3) Die Vertragsparteien können einander jede andere nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei zulässige Form der Rechtshilfe gewähren.
(4) Auf Ersuchen erleichtern oder fördern die Vertragsparteien, soweit dies mit ihrem innerstaatlichen Recht und ihrer Praxis vereinbar ist, die Anwesenheit oder Verfügbarkeit von Personen, einschließlich Häftlingen, die bereit sind, bei Ermittlungen mitzuwirken oder an Verfahren teilzunehmen.
(5) Eine Vertragspartei darf die Rechtshilfe nach diesem Artikel nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern.
(6) Dieser Artikel berührt nicht die Verpflichtungen aus einem anderen zwei- oder mehrseitigen Vertrag, der die Rechtshilfe in Strafsachen ganz oder teilweise regelt oder regeln wird.
(7) Die Absätze 8 bis 19 gelten für Ersuchen, die auf Grund dieses Artikels gestellt werden, wenn die betreffenden Vertragsparteien nicht durch einen Vertrag über Rechtshilfe gebunden sind. Sind diese Vertragsparteien durch einen solchen Vertrag gebunden, so gelten die entsprechenden Bestimmungen des Vertrags, sofern die Vertragsparteien nicht vereinbaren, statt dessen die Absätze 8 bis 19 anzuwenden.
(8) Die Vertragsparteien bestimmen eine oder gegebenenfalls mehrere Behörden, die verantwortlich und befugt sind, Rechtshilfeersuchen zu erledigen oder den zuständigen Behörden zur Erledigung zu übermitteln. Die zu diesem Zweck bestimmten Behörden werden dem Generalsekretär notifiziert. Die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen und diesbezüglichen Mitteilungen erfolgt zwischen den von den Vertragsparteien bestimmten Behörden; diese Vorschrift läßt das Recht einer Vertragspartei unberührt, zu verlangen, daß solche Ersuchen und Mitteilungen auf diplomatischem Weg und in dringenden Fällen, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, soweit es möglich ist, über die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) an sie gerichtet werden.
(9) Ersuchen werden schriftlich in einer für die ersuchte Vertragspartei annehmbaren Sprache gefertigt. Die für jede Vertragspartei annehmbare Sprache oder annehmbaren Sprachen werden dem Generalsekretär notifiziert. In dringenden Fällen und wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, können Ersuchen mündlich gestellt werden; sie müssen jedoch umgehend schriftlich bestätigt werden.
(10) Ein Rechtshilfeersuchen enthält folgende Angaben:
a) die Bezeichnung der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht;
b) Gegenstand und Art der Ermittlung, der Strafverfolgung oder des Gerichtsverfahrens, auf die sich das Ersuchen bezieht, sowie Namen und Aufgaben der Behörde, welche die Ermittlung, die Strafverfolgung oder das Verfahren durchführt;
c) eine zusammenfassende Sachverhaltsdarstellung, außer bei Ersuchen um Zustellung gerichtlicher Schriftstücke,
d) eine Beschreibung der erbetenen Rechtshilfe und Einzelheiten über bestimmte Verfahren, die auf Wunsch der ersuchenden Vertragspartei angewendet werden sollen;
e) soweit möglich, Identität, Aufenthaltsort und Staatsangehörigkeit jeder betroffenen Person;
f) den Zweck, zu dem die Beweismittel, Informationen oder Maßnahmen erbeten werden.
(11) Die ersuchte Vertragspartei kann ergänzende Angaben anfordern, wenn dies für die Erledigung des Ersuchens nach ihrem innerstaatlichen Recht notwendig erscheint oder die Erledigung erleichtern kann.
(12) Ein Ersuchen wird nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei und, soweit dieses Recht dem nicht entgegensteht, nach Möglichkeit entsprechend den im Ersuchen bezeichneten Verfahren erledigt.
(13) Die ersuchende Vertragspartei übermittelt oder verwendet von der ersuchten Vertragspartei erhaltene Informationen oder Beweismittel nicht ohne vorherige Zustimmung der ersuchten Vertragspartei für andere als in dem Ersuchen bezeichnete Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren.
(14) Die ersuchende Vertragspartei kann verlangen, daß die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen und seinen Inhalt vertraulich behandelt, soweit die Erledigung des Ersuchens nichts anderes gebietet. Kann die ersuchte Vertragspartei der verlangten Vertraulichkeit nicht entsprechen, so setzt sie die ersuchende Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis.
(15) Die Rechtshilfe kann verweigert werden,
a) wenn das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit diesem Artikel gestellt wird;
b) wenn die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, daß die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, ihre Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen;
c) wenn es den Behörden der ersuchten Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht untersagt wäre, die Maßnahme, um die ersucht wurde, in bezug auf eine vergleichbare Straftat zu ergreifen, die Gegenstand von Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren unter ihrer eigenen Gerichtsbarkeit wäre;
d) wenn das Rechtshilferecht der ersuchten Vertragspartei es nicht zuließe, dem Ersuchen stattzugeben.
(16) Die Verweigerung der Rechtshilfe ist zu begründen.
(17) Die Rechtshilfe kann von der ersuchten Vertragspartei mit der Begründung aufgeschoben werden, daß sie laufende Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren beeinträchtigt. In diesem Fall konsultiert die ersuchte Vertragspartei die ersuchende Vertragspartei, um festzustellen, ob die Rechtshilfe unter den von der ersuchten Vertragspartei als notwendig erachteten Bedingungen noch geleistet werden kann.
(18) Ein Zeuge, ein Sachverständiger oder ein anderer, der bereit ist, im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei in einem Verfahren auszusagen oder bei Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren mitzuwirken, darf wegen Handlungen, Unterlassungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor seiner Abreise aus dem Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei weder verfolgt noch in Haft gehalten, bestraft oder einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden. Dieses freie Geleit endet, wenn der Zeuge, der Sachverständige oder der andere während fünfzehn aufeinanderfolgender Tage oder während einer anderen von den Vertragsparteien vereinbarten Zeitspanne, nachdem ihm amtlich mitgeteilt wurde, daß seine Anwesenheit von den Justizbehörden nicht länger verlangt wird, die Möglichkeit gehabt hat, das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei zu verlassen, und trotzdem freiwillig dort bleibt oder wenn er nach Verlassen dieses Gebietes freiwillig dorthin zurückgekehrt ist.
(19) Die ersuchte Vertragspartei trägt die gewöhnlichen Kosten der Erledigung eines Ersuchens, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren. Sind oder werden bei der Erledigung eines Ersuchens erhebliche oder außergewöhnliche Aufwendungen erforderlich, so konsultieren die Vertragsparteien einander, um festzustellen, unter welchen Bedingungen das Ersuchen erledigt werden kann und auf welche Weise die Kosten getragen werden.
(20) Die Vertragsparteien prüfen gegebenenfalls die Möglichkeit des Abschlusses zwei- oder mehrseitiger Abkommen oder sonstiger Vereinbarungen, die den Zwecken dieses Artikels dienen, ihn praktisch wirksam machen oder seine Bestimmungen verstärken.
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