(1) Die Vertragsparteien treffen die von ihnen für zweckmäßig erachteten Maßnahmen, um zu verhindern, daß in Tabelle I und Tabelle II aufgeführte Stoffe zur unerlaubten Herstellung von Suchtgiften oder psychotropen Stoffen abgezweigt werden, und arbeiten zu diesem Zweck zusammen.
(2) Liegen einer Vertragspartei oder dem Suchtgiftkontrollrat Angaben vor, die nach ihrer Auffassung die Aufnahme eines Stoffes in Tabelle I oder Tabelle II erforderlich machen, so notifizieren sie dies dem Generalsekretär und leiten ihm alle die Notifikation erhärtenden Angaben zu. Das in den Absätzen 2 bis 7 beschriebene Verfahren findet auch Anwendung, wenn einer Vertragspartei oder dem Suchtgiftkontrollrat Angaben vorliegen, welche die Streichung eines Stoffes aus Tabelle I oder Tabelle II oder die Übertragung eines Stoffes von der einen Tabelle in die andere rechtfertigen.
(3) Der Generalsekretär übermittelt die Notifikation und alle ihm erheblich erscheinenden Angaben den Vertragsparteien, der Kommission und, wenn die Notifikation von einer Vertragspartei ausging, dem Suchtgiftkontrollrat. Die Vertragsparteien leiten dem Generalsekretär ihre Stellungnahme zu der Notifikation sowie alle ergänzenden Angaben zu, die dem Suchtgiftkontrollrat für eine Bewertung und der Kommission für die Beschlußfassung dienlich sein können.
(4) Stellt der Suchtgiftkontrollrat bei der Prüfung des Umfangs, der Bedeutung und der Vielfalt der erlaubten Verwendung des Stoffes sowie der Möglichkeit der leichten Verwendung anderer Stoffe sowohl für erlaubte Zwecke als auch für die unerlaubte Herstellung von Suchtgiften oder psychotropen Stoffen fest,
a) daß der Stoff häufig bei der unerlaubten Herstellung eines Suchtgiftes oder eines psychotropen Stoffes verwendet wird,
b) daß Ausmaß und Umfang der unerlaubten Herstellung eines Suchtgiftes oder eines psychotropen Stoffes ernste volksgesundheitliche oder soziale Probleme aufwirft, die ein internationales Vorgehen rechtfertigen,
so leitet es der Kommission eine Bewertung des Stoffes zu, wobei es auf die zu erwartenden Auswirkungen der Aufnahme des Stoffes in Tabelle I oder Tabelle II sowohl für die erlaubte Verwendung als auch für die unerlaubte Herstellung hinweist, und gibt gegebenenfalls Empfehlungen zu Überwachungsmaßnahmen ab, die angesichts seiner Bewertung angebracht wären.
(5) Die Kommission kann unter Berücksichtigung der von den Vertragsparteien vorgelegten Stellungnahmen und der Empfehlungen des Suchtgiftkontrollrates, dessen Bewertung in wissenschaftlicher Hinsicht entscheidend ist, sowie unter gebührender Berücksichtigung aller anderen einschlägigen Umstände mit Zweidrittelmehrheit ihrer Mitglieder beschließen, einen Stoff in Tabelle I oder Tabelle II aufzunehmen.
(6) Jeden Beschluß der Kommission auf Grund dieses Artikels teilt der Generalsekretär allen Staaten und sonstigen Rechtsträgern, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind oder zu werden berechtigt sind, und dem Suchtgiftkontrollrat mit. Der Beschluß tritt für jede Vertragspartei 180 Tage nach dem Datum dieser Mitteilung uneingeschränkt in Kraft.
(7) a) Die von der Kommission auf Grund dieses Artikels gefaßten Beschlüsse unterliegen der Nachprüfung durch den Rat, wenn eine Vertragspartei dies innerhalb von 180 Tagen nach dem Datum der Notifikation des Beschlusses beantragt. Der Antrag auf Nachprüfung ist zusammen mit allen ihn begründenden erheblichen Angaben beim Generalsekretär zu stellen.
b) Der Generalsekretär leitet der Kommission, dem Suchtgiftkontrollrat und allen Vertragsparteien Abschriften des Nachprüfungsantrags und die diesbezüglichen Angaben mit der Aufforderung zu, binnen 90 Tagen hierzu Stellung zu nehmen. Alle eingehenden Stellungnahmen werden dem Rat zur Prüfung vorgelegt.
c) Der Rat kann den Beschluß der Kommission bestätigen oder aufheben. Der Beschluß des Rates wird allen Staaten und sonstigen Rechtsträgern, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind oder zu werden berechtigt sind, der Kommission und dem Suchtgiftkontrollrat notifiziert.
(8) a) Unbeschadet der Allgemeingültigkeit der Bestimmungen des Absatzes 1, der Konvention von 1961, der Konvention von 1961 in ihrer geänderten Fassung und des Übereinkommens von 1971 treffen die Vertragsparteien die von ihnen als angemessen erachteten Maßnahmen, um in ihrem Hoheitsgebiet die Herstellung und Verteilung der Stoffe in Tabelle I und Tabelle II zu überwachen.
b) Zu diesem Zweck können die Vertragsparteien
i) alle Personen und Unternehmen kontrollieren, die mit der Herstellung oder Verteilung dieser Stoffe befaßt sind;
ii) im Weg der Genehmigungspflicht die Betriebe und Räumlichkeiten kontrollieren, in denen die Herstellung oder Verteilung erfolgen kann;
iii) vorschreiben, daß die Inhaber einer Genehmigung eine Erlaubnis für die Durchführung der genannten Tätigkeiten erwirken;
iv) verhindern, daß sich im Besitz von Herstellern und Verteilern Mengen dieser Stoffe ansammeln, welche die für den normalen Geschäftsgang und die unter Berücksichtigung der herrschenden Marktlage benötigten Mengen übersteigen.
(9) Jede Vertragspartei trifft in bezug auf die in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffe folgende Maßnahmen:
a) Sie errichtet und unterhält ein System zur Überwachung des internationalen Handels mit den in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen, um die Aufdeckung verdächtiger Geschäfte zu erleichtern. Diese Überwachungssysteme werden in enger Zusammenarbeit mit Herstellern, Importeuren, Exporteuren, Großhändlern und Einzelhändlern angewandt, welche die zuständigen Behörden über verdächtige Aufträge und Geschäfte unterrichten;
b) sie sorgt für die Beschlagnahme jedes in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten Stoffes, wenn ausreichende Beweise vorliegen, daß der Stoff für die Verwendung bei der unerlaubten Herstellung eines Suchtgiftes oder eines psychotropen Stoffes bestimmt ist;
c) sie unterrichtet so schnell wie möglich die zuständigen Behörden und Ämter der betroffenen Vertragsparteien, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr eines in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten Stoffes für die unerlaubte Herstellung von Suchtgiften oder psychotropen Stoffen bestimmt ist, insbesondere indem sie Angaben über die Zahlungsweise und andere wesentliche Umstände macht, die zu dieser Annahme geführt haben;
d) sie schreibt vor, daß die Einfuhren und Ausfuhren ordnungsgemäß mit Aufschriften und Unterlagen versehen sind. In den Geschäftsunterlagen wie Rechnungen, Ladeverzeichnissen, Zollunterlagen, Frachtbriefen und sonstigen Versandpapieren müssen die in Tabelle I oder Tabelle II verwendeten Bezeichnungen der eingeführten oder ausgeführten Stoffe, die eingeführte oder ausgeführte Menge sowie der Name und die Anschrift des Exporteurs, des Importeurs und, soweit bekannt, des Empfängers enthalten sein;
e) sie stellt sicher, daß die unter Buchstabe d genannten Unterlagen mindestens zwei Jahre lang aufbewahrt und den zuständigen Behörden zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden können.
(10) a) Zusätzlich zu den Bestimmungen des Absatzes 9 und auf ein an den Generalsekretär gerichtetes Ersuchen der interessierten Vertragspartei stellt jede Vertragspartei, aus deren Hoheitsgebiet ein in Tabelle I aufgeführter Stoff ausgeführt werden soll, sicher, daß vor der Ausfuhr von ihren zuständigen Behörden folgende Angaben an die zuständigen Behörden des Einfuhrlands weitergegeben werden:
i) der Name und die Anschrift des Exporteurs und Importeurs und, soweit bekannt, des Empfängers;
ii) die Bezeichnung des in Tabelle I aufgeführten Stoffes;
iii) die Menge des auszuführenden Stoffes;
iv) der vermutliche Ort der Einfuhr und das voraussichtliche Versanddatum;
v) alle sonstigen Angaben, die von den Vertragsparteien untereinander vereinbart worden sind.
b) Eine Vertragspartei kann strengere oder schärfere als in diesem Absatz vorgesehene Kontrollmaßnahmen treffen, soweit dies nach ihrer Ansicht wünschenswert oder notwendig ist.
(11) Übermittelt eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei Angaben nach den Absätzen 9 und 10, so kann die Vertragspartei, welche die Angaben macht, von der Vertragspartei, die sie erhält, verlangen, daß sie alle Handels-, Geschäfts-, Wirtschafts- oder Berufsgeheimnisse oder Vertriebsverfahren vertraulich behandelt.
(12) Jede Vertragspartei reicht dem Suchtgiftkontrollrat jährlich in der von ihm vorgesehenen Form und Weise und auf den von ihm zur Verfügung gestellten Formblättern folgende Angaben ein:
a) die beschlagnahmte Menge der in Tabelle I und Tabelle II angeführten Stoffe und, soweit bekannt, ihren Ursprung;
b) jeden nicht in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten Stoff, von dem festgestellt wurde, daß er bei der unerlaubten Herstellung von Suchtgiften oder psychotropen Stoffen verwendet worden ist, und den die Vertragspartei für wichtig genug hält, um ihn dem Suchtgiftkontrollrat zur Kenntnis zu bringen;
c) Methoden der Abzweigung und der unerlaubten Herstellung.
(13) Der Suchtgiftkontrollrat berichtet der Kommission jährlich über die Durchführung dieses Artikels, und die Kommission überprüft regelmäßig, ob Tabelle I und Tabelle II ausreichend und angemessen sind.
(14) Dieser Artikel findet weder auf pharmazeutische noch auf andere Zubereitungen Anwendung, die in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführte Stoffe enthalten und so zusammengesetzt sind, daß diese Stoffe nicht ohne weiteres verwendet oder durch leicht anwendbare Mittel zurückgewonnen werden können.
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