Internationales landwirtschaftliches Institut in Rom
Vorwort
Art. 1 Artikel 1.
Es wird ein ständiges internationales landwirtschaftliches Institut errichtet, das seinen Sitz in Rom hat.
Art. 2 Artikel 2.
Das internationale landwirtschaftliche Institut soll eine staatliche Anstalt sein, in der jede der beteiligten Mächte durch die von ihr ernannten Delegierten vertreten ist.
Das Institut soll aus der Generalversammlung und dem ständigen Komitee bestehen, deren Zusammensetzung und Befugnisse in den nachfolgenden Artikel bestimmt sind.
Art. 3 Artikel 3.
Die Generalversammlung des Instituts besteht aus den Vertretungen der beteiligten Staaten. Die Zahl der Stimmen, die jeder einzelne Staat in der Generalversammlung hat, richtet sich, unabhängig von der Zahl der Delegierten danach, welcher der in Artikel 10 erwähnten Gruppen der Staat angehört.
Art. 4 Artikel 4.
Die Generalversammlung wählt für jede Session aus ihrer Mitte einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten.
Die Sitzungen werden von der vorhergehenden Generalversammlung anberaumt; das Programm der Verhandlungen wird von den beteiligten Regierungen auf Vorschlag des ständigen Komitees bestimmt.
Art. 5 Artikel 5.
Die Generalversammlung hat die Oberleitung des internationalen landwirtschaftlichen Instituts.
Sie hat die von dem ständigen Komitee vorbereiteten Vorschläge für die Einrichtung und den inneren Betrieb des Instituts zu genehmigen. Sie beschließt über den Gesamtbetrag der Ausgaben, prüft und genehmigt die Rechnungen.
Veränderungen jeder Art, die eine Vermehrung der Ausgaben oder eine Erweiterung der Ausgaben des Instituts nach sich ziehen, sind von ihr den beteiligten Regierungen zur Genehmigung vorzulegen. Sie bestimmt die Zeit, zu welcher die Sessionen abgehalten werden sollen. Sie arbeitet für sich eine Geschäftsordnung aus.
Zur Gültigkeit der Beratungen der Generalversammlung ist erforderlich, daß die anwesenden Delegierten zwei Drittel der Stimmen der Vertragsstaaten darstellen.
Art. 6 Artikel 6.
Mit der vollziehenden Gewalt wird das ständige Komitee betraut. Es führt die Beschlüsse der Generalversammlung unter deren Leitung und Aufsicht aus und bereitet die für die Generalversammlung bestimmten Vorlagen vor.
Art. 7 Artikel 7.
Das ständige Komitee besteht aus den von den Regierungen dazu bestimmten Mitgliedern. Jeder beteiligte Staat ist in dem ständigen Komitee durch ein Mitglied vertreten. Die Vertretung eines Staates kann dem Vertreter eines anderen Vertragsstaates übertragen werden, jedoch unter der Bedingung, daß die Zahl der Mitglieder nicht weniger als fünfzehn beträgt.
Das Stimmrecht in dem ständigen Komitee ist das gleiche wie nach Artikel 3 für die Generalversammlung.
Art. 8 Artikel 8.
Das ständige Komitee wählt aus seinen Mitgliedern einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten für den Zeitraum von drei Jahren. Wiederwahl ist gestattet. Das Komitee bestimmt selbst seine Geschäftsordnung; setzt den Ausgabenvorschlag des Instituts innerhalb der Grenzen des ihm von der Generalversammlung zur Verfügung gestellten Betrages fest; ernennt die Beamten und Angestellten seines Bureaus und entläßt sie.
Der Generalsekretär des ständigen Komitees ist zugleich Sekretär der Generalversammlung.
Art. 9 Artikel 9.
Das Institut wird seine Tätigkeit auf das internationale Gebiet beschränken. In diesem Rahmen soll es:
a) mit möglichster Schnelligkeit statistische, technische und wirtschaftliche Auskünfte über Anbauverhältnisse, die Produktion von Tieren und Pflanzen, den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und die Preise auf den verschiedenen Märkten sammeln, verarbeiten und veröffentlichen;
b) mit gleicher Schnelligkeit alle oberwähnten Auskünfte den Interessenten mitteilen;
c) über die Löhne der Landarbeiter berichten;
d) auf neue Pflanzenkrankheiten, die an irgendeinem Orte der Erde auftreten, unter Angabe der von der Krankheit ergriffenen Gebiete, des Verlaufes der Krankheit und womöglich der zu ihrer Bekämpfung geeigneten Mittel aufmerksam zu machen;
e) die Fragen des landwirtschaftlichen Genossenschafts-, Versicherungs- und Kreditwesens nach allen Richtungen studieren, Nachrichten darüber, welche für die Ausbildung von Einrichtungen auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen Genossenschafts-, Versicherungs- und Kreditwesens in den verschiedenen Ländern nützlich sein können, sammeln und veröffentlichen;
f) geeigneten Falles den Regierungen Maßnahmen zum Schutze der gemeinschaftlichen Interessen der Landwirte und zur Verbesserung ihrer Lage in Vorschlag bringen, nachdem es vorher alles zusammengestellt hat, was zur Aufklärung erforderlich ist, wie zum Beispiel Wünsche internationaler oder anderer landwirtschaftlicher und wissenschaftlicher Kongresse, soweit sich letztere auf landwirtschaftliche Interessen beziehen, ferner Wünsche der landwirtschaftlichen Gesellschaften, Schulen, gelehrten Körperschaften usw.
Alle Fragen, welche die wirtschaftlichen Interessen, die Gesetzgebung und die Verwaltung der einzelnen Staaten betreffen, sind von der Zuständigkeit des Instituts ausgeschlossen.
Art. 10 Artikel 10.
Die an dem Institute beteiligten Staaten werden in fünf Gruppen eingeteilt. Jeder Staat wählt selbst die Gruppe, zu welcher er gehören will.
Die Zahl der Stimmen, über die jeder Staat verfügt, und die Zahl der Beitragseinheiten werden durch die nachfolgende Aufstellung bestimmt:
Staatengruppe | Zahl der Stimmen | Beitragseinheiten |
I | 5 | 16 |
II | 4 | 8 |
III | 3 | 4 |
IV | 2 | 2 |
V | 1 | 1 |
Der Betrag der Beitragseinheit wird jedes Jahr auf folgende Weise festgesetzt: die Zahl der Beitragseinheiten wird mit der Zahl der Länder jeder Gruppe multipliziert; die Summe der Multiplikationsprodukte ergibt die Zahl der Einheiten, durch die Gesammtausgaben zu teilen sind, die von der Generalversammlung bewilligt und in der in Italien, dem Sitze des Institutes, geltenden Währung angesetzt werden, abzüglich anderer Einnahmen als der Beiträge der Staaten; der Quotient ergibt den Betrag der Beitragseinheit.
Auf keinen Fall kann die einer Beitragseinheit entsprechende Leistung je im Wert die Summe von höchstens 4000 Goldfranken übersteigen.
Die nach Abschluß des Rechnungsjahres beeinnahmten Beiträge kommen von den Auslagen des folgenden Rechnungsjahres in Abzug.
Die Kolonien können auf Antrag des Mutterlandes unter den gleichen Bedingungen wie die Selbständigen Staaten dem Institute beitreten.
Art. 11 Artikel 11.
Die gegenwärtige Übereinkunft soll ratifiziert werden und die Ratifikationsurkunden sollen durch Niederlegung bei der italienischen Regierung sobald als möglich ausgetauscht werden.
Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das gegenwärtige Übereinkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
Geschehen zu Rom, den 7. Juni 1905 in einer einzigen, beim italienischen Ministerium des Äußeren hinterlegten Ausfertigung, von der beglaubigte Abschriften den Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege zugehen werden.