A. Bei Unterzeichnung des Abkommens über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege stellen die Bevollmächtigten der beiden Vertragsparteien übereinstimmend folgendes fest:
1. Vergünstigungen aus diesem Abkommen sollen Personen nicht zugute kommen, die das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufsuchen, um diese Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Die Regelung im Artikel 10 des Abkommens bleibt unberührt.
2. Bei der Anwendung des Artikels 3 des Abkommens verfahren die Vertragsparteien wie folgt:
I. Die durch den Heimatstaat bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens erbrachten Fürsorgeleistungen (Artikel 3 des Abkommens) dürfen vom Aufenthaltsstaat keinesfalls im größeren Ausmaß als bisher angerechnet werden.
II. Die in Artikel 6 Absätze 1 und 2 des österreichisch-deutschen Finanz- und Ausgleichsvertrages vom 27. November 1961 zugesagte Anrechnungsfreiheit von Leistungen wird durch dieses Abkommen weder beseitigt noch beeinträchtigt. Diese Leistungen werden den in diesen Vorschriften bezeichneten Personen in vollem Umfang zugute kommen.
Die im Schlußprotokoll des genannten Finanz- und Ausgleichsvertrages zu Artikel 6 Buchstabe a getroffene Regelung wird durch dieses Abkommen gleichfalls weder beseitigt noch beeinträchtigt.
III. Rechnet der Aufenthaltsstaat nach Maßgabe des Artikels 3 eine vom Heimatstaat gewährte Fürsorgeleistung ganz oder teilweise an oder hält er mit Rücksicht auf diese Leistung die Gewährung von Fürsorge für ungerechtfertigt, so hat der Aufenthaltsstaat dies dem Heimatstaat unverzüglich mitzuteilen, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Fürsorgeleistung neu festzusetzen oder einzustellen.
3. Die innerstaatliche Regelung der Kostentragung wird durch Artikel 4 nicht berührt.
4. Die deutsche Seite wird jede Änderung des Lastenausgleichsgesetzes der österreichischen Seite mitteilen (Artikel 5 Absatz 3).
5. Die Vertragsparteien werden wohlwollend erwägen, dem Ehegatten und den minderjährigen Kindern, die einen gemäß Artikel 7 oder 8 Absatz 1 in seinen Heimatstaat zurückkehrenden Hilfsbedürftigen begleiten oder ihm folgen wollen, die Einreise und den Aufenthalt zu gestatten, auch wenn sie nicht die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen.
6. Gründe der Menschlichkeit, die einer Rückschaffung gemäß Artikel 8 Absatz 1 entgegenstehen, liegen insbesondere dann vor, wenn hiedurch enge Bindungen im Aufenthaltsstaat, vor allem eine Familiengemeinschaft, getrennt würden.
B. 1. Der deutsche Bevollmächtigte legte dar, daß die Leistungen des deutschen Lastenausgleichs eine Entschädigungszahlung an Personengruppen darstellen, die durch den Krieg und die Kriegsfolgen besonders hart betroffen sind. Die deutschen Träger der öffentlichen Fürsorge behandeln deshalb die im Rahmen des Lastenausgleichs gewährte Hauptentschädigung in besonders schonender Weise. Diese Leistungen machen nur einen geringen Prozentsatz des tatsächlichen Vermögensverlustes aus. Ihre Inanspruchnahme für den Kostenersatz und die Anrechnung auf laufende Fürsorgeleistungen würden deshalb in aller Regel eine besondere Härte darstellen. Der deutsche Bevollmächtigte bat deshalb darum, daß in den Fällen, in denen die Entschädigung an Unterstützte in Österreich ausgezahlt wird, die Träger der öffentlichen Fürsorge diesen Vermögensteil mit großem Verständnis für die Lage des Betroffenen in der gleichen Weise wie die deutschen Träger der öffentlichen Fürsorge behandeln.
Der österreichische Bevollmächtigte sagte dies zu; ihm wurde in Aussicht gestellt, daß die Träger der öffentlichen Fürsorge in Österreich auf Anfrage im Einzelfall von der bewilligenden Stelle Auskunft über die in der Bundesrepublik geltende Regelung für die Inanspruchnahme der Hauptentschädigung erhalten werden.
Der österreichische Bevollmächtigte bat um eine gleiche schonende Behandlung österreichischer Entschädigungsleistungen nach dem Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz vom 25. Juni 1958 (Bundesgesetzblatt Nr. 127/1958).
Der deutsche Bevollmächtigte sagte dies zu; ihm wurde in Aussicht gestellt, daß die Träger der öffentlichen Fürsorge in der Bundesrepublik auf Anfrage im Einzelfall von der bewilligenden Stelle Auskunft über die in Österreich geltende Regelung für die Inanspruchnahme der Entschädigungsleistungen erhalten werden.
2. Der deutsche Bevollmächtigte stellte fest, daß die Miet- und Lastenbeihilfen des deutschen Rechts nicht zur Fürsorge im Sinne dieses Abkommens gehören.
Der österreichische Bevollmächtigte nahm dies zur Kenntnis und bemerkte, daß von österreichischer Seite zum Begriff „Fürsorge“ im Sinne dieses Abkommens Klarstellungen nicht erforderlich sind.
GESCHEHEN zu Bonn, am 17. Jänner 1966, in zwei Urschriften.
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