01.01.1995
ANHANG ÜBER FERNMELDEWESEN
1. Zielsetzung:
In Anerkennung der Besonderheiten des Fernmeldedienstleistungssektors und insbesondere seiner Doppelrolle als Wirtschaftssektor einerseits und als Transmissionsmedium für wirtschaftliche Tätigkeiten andererseits haben sich die Mitglieder auf den folgenden Anhang mit dem Ziel geeinigt, die Bestimmungen des Abkommens in bezug auf Maßnahmen zu spezifizieren, die den Zugang zu und die Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten betreffen. Dementsprechend enthält dieser Anhang Anmerkungen und das Abkommen ergänzende Bestimmungen.
2. Geltungsbereich:
a) Dieser Anhang gilt für alle Maßnahmen eines Mitglieds, die den Zugang zu und die Benutzung von Fernmeldenetzen und -diensten betreffen *1).
b) Dieser Anhang gilt nicht für Maßnahmen, die die kabelgebundene oder drahtlose Übertragung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen betreffen.
c) Die Bestimmungen dieses Anhangs werden nicht so ausgelegt, daß sie:
(i) ein Mitglied verpflichten, einen Erbringer einer Dienstleistung eines anderen Mitglieds dazu zu ermächtigen, andere Fernmeldenetze oder -dienste als die in seiner Liste vorgesehenen zu errichten, zu schaffen, zu erwerben, anzumieten, zu betreiben oder bereitzuhalten;
(ii) ein Mitglied verpflichten (oder ein Mitglied
verpflichten, einen an seine Weisung gebundenen Erbringer von Dienstleistungen dazu zu verpflichten), öffentlich nicht allgemein zugängliche Fernmeldenetze oder -dienste zu errichten, zu schaffen, zu erwerben, anzumieten, zu betreiben oder bereitzuhalten.
3. Begriffsbestimmungen:
Für die Zwecke dieses Anhangs gilt folgendes:
a) Der Begriff „Fernmeldeverkehr'' bedeutet Übertragung und Empfang von Signalen auf elektromagnetischem Wege.
b) Der Begriff „öffentliche Fernmeldedienste'' bedeutet jede Art von Fernmeldedienst, der nach dem ausdrücklichen oder tatsächlichen Willen des Mitglieds der Öffentlichkeit allgemein angeboten werden muß. Solche Dienste können unter anderem den Telegramm-, Fernsprech- und Telexverkehr sowie die Datenübertragung umfassen, für die die Übertragung von vom Kunden stammenden Informationen auf Echtzeitbasis zwischen zwei oder mehreren Punkten charakteristisch ist, ohne daß auf dem Übertragungsweg inhaltliche oder förmliche Veränderungen der vom Kunden stammenden Informationen vorgenommen werden.
c) Der Begriff „öffentliche Fernmeldenetze'' bedeutet die öffentliche Fernmeldeinfrastruktur, die den Fernmeldeverkehr zwischen zwei oder mehreren definierten Netzendstellen ermöglicht.
d) Der Begriff „unternehmensinterner Fernmeldeverkehr'' bedeutet denjenigen Fernmeldeverkehr, durch den ein Unternehmen intern oder mit seinen Tochterunternehmen, Zweigstellen und, vorbehaltlich der jeweiligen Gesetze und Verordnungen des betreffenden Mitglieds, mit seinen Filialen kommuniziert. Zu diesem Zweck werden die Begriffe „Tochterunternehmen'', „Zweigstellen'' und gegebenenfalls „Filialen'' von jedem einzelnen Mitglied selbst definiert. „Unternehmensinterner Fernmeldeverkehr'' in der in diesem Anhang gebrauchten Begriffsbestimmung schließt solche kommerziellen oder nichtkommerziellen Dienste aus, die für Unternehmen erbracht werden, welche selber keine verbundenen Tochterunternehmen, Zweigstellen oder Filialen sind, oder welche Kunden oder potentiellen Abnehmern angeboten werden.
e) Etwaige Bezugnahmen auf einen Absatz oder auf eine lit. dieses Anhangs schließen alle Untergliederungen dieses Anhangs ein.
4. Transparenz:
Bei der Anwendung des Artikels III des Abkommens stellt jedes Mitglied sicher, daß einschlägige Informationen über Bedingungen, die den Zugang zu und die Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten betreffen, öffentlich verfügbar sind; dies schließt ein: Tarife und sonstige Bedingungen für die Nutzung des Dienstes, Spezifikationen von technischen Schnittstellen mit solchen Netzen und Diensten; Informationen über Organe, die für die Vorbereitung und Annahme von Normen zuständig sind, welche den Zugang zu und die Benutzung der Netze und Dienste betreffen; Bedingungen für den Anschluß von End- und anderem Gerät; und gegebenenfalls Notifizierungs-, Registrierungs- und Lizenzierungsbedingungen.
5. Zugang zu und Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten:
a) Jedes Mitglied stellt sicher, daß jedem Erbringer von Dienstleistungen eines anderen Mitglieds zu angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen das Recht auf Zugang zu und Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten für die Erbringung der in der Liste des betreffenden Mitglieds angeführten Dienstleistung eingeräumt wird. Diese Verpflichtung gilt unter anderem für die lit. b bis f *2).
b) Jedes Mitglied stellt sicher, daß Erbringern von Dienstleistungen eines anderen Mitglieds das Recht auf Zugang zu und auf die Benutzung von beliebigen öffentlichen Fernmeldenetzen oder -diensten, einschließlich privater Mietleitungen, eingeräumt wird, die innerhalb der Grenzen des Mitglieds oder grenzüberschreitend angeboten werden, und stellt zu diesem Zweck vorbehaltlich der lit. e und f sicher, daß die Bereitsteller solcher Dienste Genehmigung erhalten für:
(i) den Ankauf oder die Anmietung und für den Anschluß von
End- oder sonstigen Geräten, für die Schnittstellenverträglichkeit mit dem Netz gegeben ist und die der Erbringer der Dienstleistung zur Bereitstellung derselben benötigt;
(ii) den Anschluß von privaten Mietleitungen oder von im Privateigentum/-besitz befindlichen Leitungen an öffentliche Fernmeldenetze und -dienste oder an Mietleitungen oder im Eigentum/Besitz eines anderen Erbringers von Dienstleistungen befindliche Leitungen; und
(iii) die Verwendung von Betriebsprotokollen ihrer Wahl, die
sich von denjenigen unterscheiden, die zur Sicherung der Verfügbarkeit von öffentlich zugänglichen Fernmeldenetzen und -diensten erforderlich sind, wenn sie Dienstleistungen erbringen.
c) Jedes Mitglied stellt sicher, daß Erbringer von Dienstleistungen eines anderen Mitglieds die öffentlichen Fernmeldenetze und -dienste für die Übertragung von Informationen sowohl innerhalb der Grenzen als auch grenzüberschreitend unter anderem auch für unternehmensinterne Kommunikationszwecke solcher Erbringer von Dienstleistungen und für den Zugang zu in Datenbanken oder auf andere Weise in maschinenleserlicher Form gespeicherten Daten im Gebiet des betreffenden Mitglieds nutzen können. Jede neue oder geänderte Maßnahme eines Mitglieds, die eine wesentliche Nutzungsbeeinträchtigung bedeutet, unterliegt der Notifizierungs- und Konsultationspflicht gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Abkommens.
d) Unbeschadet der Bestimmungen des obigen Absatzes kann ein Mitglied solche Maßnahmen treffen, die für die Gewährleistung der Sicherheit und Vertraulichkeit von Informationen unter der Bedingung erforderlich sind, daß solche Maßnahmen nicht auf eine Weise angewendet werden, die ein Mittel willkürlicher oder nicht zu rechtfertigender Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels mit Dienstleistungen darstellt.
e) Jedes Mitglied stellt sicher, daß der Zugang zu und die Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten keinen Beschränkungen unterworfen wird, mit Ausnahme solcher Beschränkungen, die erforderlich sind, um:
(i) die Verantwortung des öffentlichen Dienstes als
Bereitsteller öffentlicher Fernmeldenetze und -dienste und insbesondere dessen Fähigkeit zu bewahren, seine Netze und Dienste der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen;
(ii) die technische Unversehrtheit von öffentlichen
Fernmeldenetzen und -diensten zu gewährleisten; oder
(iii) sicherzustellen, daß die Bereitsteller von
Dienstleistungen eines anderen Mitglieds keine Dienste erbringen, außer wenn diese Dienstleistungen nach den in der Liste des betreffenden Mitglieds angeführten Bindungen gestattet sind.
f) Unter der Voraussetzung, daß die Kriterien in lit. e erfüllt worden sind, können die Bedingungen für den Zugang zu und die Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen Bestimmungen enthalten über:
(i) Beschränkungen des Weiterverkaufs oder der Mitbenutzung
solcher Dienste;
(ii) eine Verpflichtung, nach der die Verwendung spezifischer
technischer Schnittstellen, einschließlich Schnittstellenprotokolle, für die Verbindung solcher Netze und Dienste erforderlich ist;
(iii) gegebenenfalls erforderliche Verpflichtungen über die
betriebliche Austauschbarkeit solcher Dienste und zur Erreichung der im Absatz 7 lit. a angeführten Ziele;
(iv) die Genehmigung von Prototypen von End- und sonstigem
Gerät, bei welchem Schnittstellenverträglichkeit mit dem Netz gegeben ist, und über technische Bedingungen für den Anschluß solchen Geräts an solche Netze;
(v) Beschränkungen der Verbindung von privaten Mietleitungen
oder von im Privateigentum/-besitz befindlichen Leitungen mit solchen Netzen oder Diensten oder mit Leitungen, die von einem anderen Erbringer von Diensten angemietet werden beziehungsweise in dessen Eigentum/Besitz stehen; oder
(vi) über Notifizierung, Registrierung und Lizenzierung.
g) Unbeschadet der obigen Absätze dieses Artikels kann ein Entwicklungsland-Mitglied gemäß seinem Entwicklungsstand angemessene Bedingungen für den Zugang zu und die Benutzung von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten festlegen, die erforderlich sind, um seine inländische Fernmeldeinfrastruktur und -kapazität zu stärken und seine Beteiligung am internationalen Handel mit Fernmeldedienstleistungen zu erweitern. Solche Bedingungen werden in der Liste des betreffenden Mitglieds einzeln angeführt.
6. Technische Zusammenarbeit:
a) Die Mitglieder anerkennen, daß eine leistungsfähige, fortschrittliche Fernmeldeinfrastruktur in den Ländern, insbesondere in den Entwicklungsländern, für die Ausweitung ihres Handels mit Dienstleistungen wesentlich ist. Zu diesem Zweck unterstützen und fördern die Mitglieder eine größtmögliche Beteiligung von entwickelten und Entwicklungsländern sowie von deren Bereitstellern von öffentlichen Fernmeldenetzen und -diensten sowie sonstigen Einrichtungen an den Entwicklungsprogrammen internationaler und regionaler Organisationen, einschließlich der Internationalen Fernmeldeunion, des UN-Entwicklungsprogramms und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.
b) Die Mitglieder fördern und unterstützen die Fernmeldezusammenarbeit unter den Entwicklungsländern auf internationaler, regionaler und subregionaler Ebene.
c) In Zusammenarbeit mit den einschlägigen internationalen Organisationen stellen die Mitglieder für Entwicklungsländer, soweit dies machbar ist, Informationen über Fernmeldedienste und über Entwicklungen in der Fernmelde- und Informationsverarbeitungstechnologie zur Verfügung, um sich an der Stärkung des Fernmeldedienstsektors dieser Länder zu beteiligen.
d) Die Mitglieder prüfen insbesondere Möglichkeiten für die am wenigsten entwickelten Länder, um ausländische Erbringer von Fernmeldediensten zu ermutigen, sich am Technologietransfer, an der Ausbildung und an sonstigen Aktivitäten zu beteiligen, die die Entwicklung der Fernmeldeinfrastruktur und Erweiterung des Handels dieser Länder mit Fernmeldedienstleistungen fördern.
7. Beziehungen zu internationalen Organisationen und Abkommen:
a) Die Mitglieder anerkennen die Bedeutung internationaler Normen für die weltweite Verträglichkeit und Austauschbarkeit von Fernmeldenetzen und -diensten und verpflichten sich, solche Normen durch die Förderung der Tätigkeiten einschlägiger internationaler Organe, einschließlich der Internationalen Fernmeldeunion und den internationalen Normenorganisationen, zu unterstützen.
b) Die Mitglieder anerkennen die Rolle, die zwischenstaatliche Organisationen, insbesondere die Internationale Fernmeldeunion, und nichtstaatliche Organisationen und Abkommen für das Ziel spielen, einen leistungsfähigen Betrieb nationaler und weltweiter Fernmeldedienste zu gewährleisten. Die Mitglieder treffen gegebenenfalls geeignete Vorkehrungen für Konsultationen mit solchen Organisationen in Angelegenheiten, die sich aus der Durchführung dieses Anhangs ergeben.
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*1) Dieser Absatz ist so zu verstehen, daß jedes Mitglied durch geeignete Maßnahmen sicherstellt, daß die Verpflichtungen dieses Anhangs in bezug auf Bereitsteller von öffentlichen Fernmeldenetzen und -dienstleistungen angewendet werden.
*2) Es gilt als vereinbart, daß sich der Begriff „nichtdiskriminierend'' auf Meistbegünstigung und Inländerbehandlung in der im Abkommen enthaltenen Begriffsbestimmung bezieht und in der für diesen Sektor üblichen Auslegungsform verwendet wird als „Bedingungen, die nicht weniger günstig sind als diejenigen, die einem anderen Benutzer von vergleichbaren öffentlichen Fernmeldenetzen oder -diensten unter vergleichbaren Umständen eingeräumt werden''.
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