01.01.1995
VEREINBARUNG ÜBER DIE AUSLEGUNG DES ARTIKELS XXIV DES ALLGEMEINEN
ZOLL- UND HANDELSABKOMMENS 1994
Die Mitglieder,
unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Artikels XXIV des GATT 1994;
in der Erkenntnis, daß Zollunionen und Freihandelszonen in der Anzahl und Bedeutung seit der Gründung des GATT 1947 wesentlich zugenommen haben und gegenwärtig einen hervorragenden Anteil am Welthandel umfassen;
in Anerkennung des Beitrages zur Ausweitung des Welthandels, der durch engeren Zusammenschluß zwischen den Wirtschaften der Vertragsparteien zu solchen Abkommen bewirkt wird;
in weiterer Anerkennung, daß ein solcher Beitrag erhöht wird, wenn zwischen den teilnehmenden Gebieten die Beseitigung der Zölle und anderen restriktiven Handelsvorschriften auf den gesamten Handel ausgedehnt wird und sich verringert, wenn ein größerer Handelssektor ausgeschlossen ist;
in der neuerlichen Bekräftigung, daß der Zweck solcher Abkommen darin bestehen soll, den Handel zwischen den teilnehmenden Gebieten zu erleichtern, nicht aber dem Handel anderer Mitglieder mit diesen Gebieten Schranken zu setzen; weiters, daß bei ihrer Bildung oder Erweiterung deren Vertragsparteien im größtmöglichen Ausmaß schädliche Auswirkungen auf den Handel anderer Mitglieder vermeiden sollen;
in der Überzeugung, auch von der Notwendigkeit die Wirksamkeit der Rolle des Rates für den Handel mit Waren bei der Überprüfung der nach Artikel XXIV notifizierten Abkommen durch Klärung der Kriterien und Verfahren zur Beurteilung von neuen oder erweiterten Abkommen und durch Verbesserung der Transparenz aller Abkommen nach Artikel XXIV zu stärken;
in der Erkenntnis der Notwendigkeit einer gemeinsamen Vereinbarung der Verpflichtungen der Mitglieder nach Artikel XXIV Absatz 12;
kommen wie folgt überein:
1. Zollunionen, Freihandelszonen und vorläufige Vereinbarungen mit dem Ziel der Bildung einer Zollunion oder Freihandelszone, müssen hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit Artikel XXIV unter anderem die Bestimmungen der Absätze 5, 6, 7 und 8 dieses Artikels erfüllen.
Artikel XXIV Absatz 5
2. Die Beurteilung nach Artikel XXIV Absatz 5 lit. a der allgemeinen Belastung durch Zölle oder andere Handelsvorschriften vor und nach der Bildung einer Zollunion stützt sich hinsichtlich der Zölle und Abgaben auf die Gesamtbewertung der gewogenen Zollsätze und eingehobenen Zölle. Diese Bewertung gründet sich auf Einfuhrstatistiken, für einen vorangegangenen repräsentativen Zeitraum betreffend die Zollunion, und zwar auf Grundlage von Zollunion mit Werten und Mengen, aufgegliedert nach Ursprung aus WTO-Ländern. Das Sekretariat errechnet das gewogene Mittel der Zollsätze und der erhobenen Zölle in Übereinstimmung mit der bei der Bewertung der Zollangebote bei den Multilateralen Handelsverhandlungen im Rahmen der Uruguay-Runde verwendeten Methode. Für diesen Zweck werden bei den in Betracht kommenden Zöllen und Abgaben die Anwendungszölle herangezogen. Es wird anerkannt, daß für die Zwecke der Gesamtbewertung der Belastung durch andere Handelsvorschriften, für die eine Quantifizierung und Aggregierung schwierig ist, die Prüfung individueller Maßnahmen, Vorschriften, in Betracht kommender Waren und betroffener Handelsströme erforderlich sein kann.
3. Die im Artikel XXIV Absatz 5 lit. c erwähnte „angemessene Zeitspanne'' soll nur in Ausnahmefällen 10 Jahre überschreiten. In Fällen, in denen Mitglieder, die Parteien einer vorläufigen Vereinbarung sind, der Auffassung sind, daß 10 Jahre nicht ausreichend sind, übermitteln sie dem Rat für den Handel mit Waren eine ausführliche Erläuterung über die Notwendigkeit einer längeren Zeitspanne.
Artikel XXIV Absatz 6
4. Artikel XXIV Absatz 6 sieht das zu beachtende Verfahren vor, wenn ein eine Zollunion bildendes Mitglied die Erhöhung eines gebundenen Zollsatzes vorschlägt. In dieser Hinsicht bekräftigen die Mitglieder erneut, daß das im Artikel XXVIII vorgesehene Verfahren, wie es in den am 10. November 1980 angenommenen Richtlinien (BISD 27S/26-28) und in der Vereinbarung über die Auslegung des Artikels XXVIII des GATT 1994 ausgearbeitet wurde, eingeleitet werden muß, bevor Zollzugeständnisse anläßlich der Bildung einer Zollunion oder einer vorläufigen Vereinbarung mit dem Ziel der Bildung einer Zollunion geändert oder zurückgenommen werden.
5. Diese Verhandlungen werden im guten Glauben eingeleitet, um eine gegenseitig zufriedenstellende ausgleichende Regelung zu erreichen. In solchen Verhandlungen werden, wie nach Artikel XXIV Absatz 6 erforderlich, Zollsenkungen auf die gleiche Zollinie durch andere Teilnehmer der sich bildenden Zollunion gebührend in Rechnung gestellt. Sollten solche Senkungen für die ausgleichende Regelung nicht ausreichen, hätte die Zollunion Ausgleichszugeständnisse anzubieten, welche die Möglichkeit von Zollsenkungen bei anderen Zollinien bilden können. Solch ein Angebot wird von Mitgliedern in Betracht gezogen, die Verhandlungsrechte bei Bindungen haben, die geändert oder zurückgenommen werden. Sollte die ausgleichende Regelung unannehmbar bleiben, sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Kann trotz solcher Bemühungen eine Einigung in den Verhandlungen über eine ausgleichende Regelung nach Artikel XXVIII, ergänzt durch die Vereinbarung über die Auslegung des Artikels XXVIII des GATT 1994, innerhalb einer angemessenen Frist ab Beginn der Verhandlungen nicht erzielt werden, ist die Zollunion nichtsdestoweniger frei, die Zugeständnisse zu ändern oder zurückzunehmen; sodann steht es betroffenen Mitgliedern frei, im wesentlichen gleichwertige Zugeständnisse in Übereinstimmung mit Artikel XXVIII zurückzunehmen.
6. Das GATT 1994 verpflichtet nicht die Mitglieder, die als Folge der Bildung einer Zollunion oder vorläufigen Vereinbarung mit dem Ziel der Bildung einer Zollunion Nutzen ziehen, ausgleichende Regelungen deren Teilnehmern zuzugestehen.
Prüfung von Zollunionen und Freihandelszonen
7. Alle gemäß Artikel XXIV Absatz 7 lit. a ergangenen Notifikationen werden von einer Arbeitsgruppe im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des GATT 1994 und des Absatzes 1 dieser Vereinbarung geprüft. Die Arbeitsgruppe berichtet dem Rat für den Handel mit Waren über ihre diesbezüglichen Ergebnisse. Der Rat für den Handel mit Waren kann die ihm geeignet erscheinenden Empfehlungen an die Mitglieder richten.
8. In bezug auf vorläufige Vereinbarungen kann die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht geeignete Empfehlungen über den vorgeschlagenen Zeitrahmen und über erforderliche Maßnahmen zur Vollendung der Zollunion oder Freihandelszone aussprechen. Falls erforderlich, kann sie für eine weitere Prüfung der Vereinbarung Vorsorge treffen.
9. Mitglieder, die Parteien einer vorläufigen Vereinbarung sind, notifizieren wesentliche Änderungen des Planes und Programms dieser Vereinbarung an den Rat für den Handel mit Waren; der Rat prüft die Änderungen, wenn dies beantragt wird.
10. Sollte eine nach Artikel XXIV Absatz 7 lit. a notifizierte vorläufige Vereinbarung entgegen dem Artikel XXIV Absatz 5 lit. c keinen Plan und kein Programm enthalten, wird die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht die Erstellung eines solchen Planes und Programmes empfehlen. Die Parteien werden eine solche Vereinbarung, je nach Lage des Falles, weder aufrechterhalten noch in Kraft setzen, wenn sie nicht bereit sind, Änderungen gemäß diesen Empfehlungen vorzunehmen. Für eine nachträgliche Überprüfung der Erfüllung der Empfehlungen ist Vorsorge zu treffen.
11. Zollunionen und Teilnehmer an Freihandelszonen berichten in regelmäßigen Zeitabständen über die Durchführung der einschlägigen Vereinbarung dem Rat für den Handel mit Waren, wie dies von den VERTRAGSPARTEIEN des GATT 1947 in ihrer Weisung an den Rat des GATT 1947 betreffend Berichte über regionale Vereinbarungen (BISD 18S/38) vorgesehen ist. Alle bedeutenden Änderungen und/oder Entwicklungen der Vereinbarungen sollen berichtet werden, sobald sie sich ereignen.
Streitbeilegung
12. Die Bestimmungen der Artikel XXII und XXIII des GATT 1994, ergänzt durch die Vereinbarung über Streitbeilegung, können in Angelegenheiten, die sich aus der Anwendung jener Bestimmungen des Artikels XXIV ergeben, die sich auf Zollunionen, Freihandelszonen oder vorläufige Vereinbarungen mit dem Ziel der Bildung einer Zollunion oder Freihandelszone beziehen, angerufen werden.
Artikel XXIV Absatz 12
13. Jedes Mitglied ist nach dem GATT 1994 für die Einhaltung aller Bestimmungen des GATT 1994 voll verantwortlich und trifft solche angemessene verfügbaren Maßnahmen, um eine solche Einhaltung durch regionale und lokale staatliche Stellen und Behörden innerhalb seines Gebietes sicherzustellen.
14. Die Bestimmungen der Artikel XXII und XXIII des GATT 1994, ergänzt durch die Vereinbarung über Streitbeilegung, können bei Maßnahmen, die deren Einhaltung durch regionale oder lokale staatliche Stellen oder Behörden innerhalb des Gebietes eines Mitglieds beeinträchtigen, angerufen werden. Wenn das Streitbeilegungsorgan entschieden hat, daß eine Bestimmung des GATT 1994 nicht eingehalten worden ist, trifft das verantwortliche Mitglied solche angemessene verfügbare Maßnahmen, um ihre Einhaltung sicherzustellen. Die Bestimmungen bezüglich Ausgleich und Aussetzung von Zugeständnissen oder anderer Verpflichtungen finden in Fällen Anwendung, in denen es nicht möglich gewesen ist, eine derartige Einhaltung sicherzustellen.
15. Jedes Mitglied verpflichtet sich, Vorbringen anderer Mitglieder betreffend Maßnahmen, die auf seinem Territorium getroffen wurden und die das Funktionieren des GATT 1994 beeinträchtigen, wohlwollend zu prüfen und hinreichend Gelegenheit für Konsultationen zu bieten.
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