01.01.1995
VEREINBARUNG ÜBER DIE ZAHLUNGSBILANZBESTIMMUNGEN DES ALLGEMEINEN
ZOLL- UND HANDELSABKOMMENS 1994
Die Mitglieder,
in der Erkenntnis der Bestimmungen der Artikel XII und XVIII Abschnitt B des GATT 1994 und der Erklärung betreffend Handelsmaßnahmen zum Schutz der Zahlungsbilanz, angenommen am 28. November 1979 (BISD 26S/205-209, im folgenden „Erklärung 1979'' genannt) und zwecks Klarstellung solcher Bestimmungen *1);
kommen wie folgt überein:
Anwendung von Maßnahmen
1. Die Mitglieder bekräftigen ihre Verpflichtung, Zeitpläne für die Beseitigung von Einfuhrbeschränkungen aus Zahlungsbilanzgründen sobald wie möglich öffentlich bekanntzumachen. Solche Zeitpläne können unter Berücksichtigung von Änderungen der Zahlungsbilanzlage gegebenenfalls geändert werden. Wenn ein Zeitplan von einem Mitglied nicht öffentlich bekanntgemacht wird, wird das Mitglied diesbezügliche Rechtfertigungsgründe darlegen.
2. Die Mitglieder bekräftigen ihre Verpflichtung, jenen Maßnahmen den Vorzug zu geben, die den Handel am wenigsten beeinträchtigen. Solche Maßnahmen (im folgenden „preisbezogene Maßnahmen'' genannt) umfassen: Einfuhr-Zusatzabgaben, Einfuhrdepot-Erfordernisse oder andere gleichwertige Handelsmaßnahmen mit Auswirkungen auf die Preise eingeführter Waren. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels II können preisbezogene Maßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen von einem Mitglied angewendet werden, welche die Höhe der in der Liste dieses Mitglieds gebundenen Zölle überschreiten. Überdies wird das Mitglied den Betrag, mit dem die preisbezogene Maßnahme den gebundenen Zoll überschreitet, eindeutig und gesondert im Rahmen des Notifikationsverfahrens dieser Vereinbarung ausweisen.
3. Jedes Mitglied ist bestrebt, die Anwendung von Einfuhrbeschränkungen aus Zahlungsbilanzgründen zu vermeiden, außer wenn wegen einer bedenklichen Zahlungsbilanzlage preisbezogene Maßnahmen eine starke Verschlechterung der Devisenbilanzlage nicht aufhalten können. In Fällen, in denen ein Mitglied Einfuhrbeschränkungen anwendet, sind Rechtfertigungsgründe darzulegen, warum preisbezogene Maßnahmen kein hinreichendes Instrument zur Verbesserung der Zahlungsbilanzlage sind. Ein Mitglied, welches Einfuhrbeschränkungen aufrechterhält, hat in nachfolgenden Konsultationen den erzielten Fortschritt bei der Verringerung der Belastung und der restriktiven Auswirkung solcher Maßnahmen anzugeben. Auf dieselbe Ware sollte höchstens nur eine Art von beschränkenden Einfuhrmaßnahmen, die aus Zahlungsbilanzgründen verfügt wurden, angewendet werden.
4. Die Mitglieder bekräftigen, daß Einfuhrbeschränkungen aus Zahlungsbilanzgründen nur zur Kontrolle der allgemeinen Höhe der Einfuhren angewendet werden dürfen; sie dürfen nicht das zur Stabilisierung ihrer Zahlungsbilanz notwendige Ausmaß überschreiten. Um die Nebenwirkungen bei Schutzmaßnahmen möglichst gering zu halten, wird jedes Mitglied die Beschränkungen transparent vollziehen. Die Behörden des einführenden Mitglieds werden für ausreichende Rechtfertigung bezüglich der angewendeten Kriterien zur Festlegung des von den Beschränkungen betroffenen Warenkreises sorgen. Wie in den Artikeln XII Absatz 3 und XVIII Absatz 10 vorgesehen, kann ein Mitglied bei bestimmten unentbehrlichen Waren die generelle Anwendung von Zusatzabgaben oder anderen Maßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen ausschließen oder beschränken. Der Begriff „unentbehrliche Waren'' bedeutet Waren, welche die Grundbedürfnisse befriedigen oder welche zu den Bemühungen der Mitglieder zur Verbesserung ihrer Zahlungsbilanzlage beitragen, wie Investitionsgüter oder Betriebsmittel, die für die Erzeugung benötigt werden. Bei der Vollziehung von mengenmäßigen Beschränkungen darf ein Mitglied ein nicht-automatisches Bewilligungsverfahren nur dann anwenden, wenn dies unvermeidlich ist und fortschreitend aufgehoben wird. Hinsichtlich der angewendeten Kriterien ist eine ausreichende Rechtfertigung zu erbringen, um die zulässigen Einfuhrmengen oder Einfuhrwerte zu bestimmen.
Verfahren für Zahlungsbilanzkonsultationen
5. Das Komitee für Zahlungsbilanzbeschränkungen (im folgenden „Komitee'' genannt) führt Konsultationen durch, um alle Einfuhrbeschränkungsmaßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen zu überprüfen. Die Mitgliedschaft im Komitee steht allen Mitgliedern offen, die ihren Wunsch bekanntgeben, ihm anzugehören. Das Komitee bedient sich des am 28. April 1970 genehmigten Verfahrens für Konsultationen über Zahlungsbilanzbeschränkungen (BISD 18S/48-53, im folgenden „volles Konsultationsverfahren'' genannt), vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen.
6. Ein Mitglied, welches neue Beschränkungen anwendet oder die allgemeine Höhe bestehender Beschränkungen durch eine wesentliche Verschärfung von Maßnahmen anhebt, tritt innerhalb von vier Monaten nach der Anwendung solcher Maßnahmen mit dem Komitee in Konsultationen ein. Das Mitglied, welches solche Maßnahmen trifft, kann beantragen, daß zweckdienliche Konsultationen nach Artikel XII Absatz 4 lit. a oder Artikel XVIII Absatz 12 lit. a abgehalten werden. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, richtet der Vorsitzende des Komitees an das Mitglied die Einladung, solche Konsultationen durchzuführen. Umstände, die in den Konsultationen geprüft werden können, würden unter anderem die Einführung neuer Arten von Beschränkungsmaßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen oder eine Steigerung der Höhe oder des Warenkreises der Beschränkungen einschließen.
7. Alle aus Zahlungsbilanzgründen angewendeten Beschränkungen unterliegen im Komitee einer regelmäßig wiederkehrenden Überprüfung gemäß Artikel XII Absatz 4 lit. b oder Artikel XVIII Absatz 12 lit. b, vorbehaltlich der Möglichkeit der Änderung der Zeiteinteilung für die Konsultationen im Einvernehmen mit dem konsultierenden Mitglied oder nach einem bestimmten Prüfungsverfahren, das vom Allgemeinen Rat empfohlen werden kann.
8. Die Konsultationen können bei am wenigsten entwickelten Mitgliedsländern oder bei Entwicklungsland-Mitgliedern, die Liberalisierungsbemühungen gemäß der dem Komitee in früheren Konsultationen vorgelegten Liste weiter fortsetzen, nach den am 19. Dezember 1972 genehmigten vereinfachten Verfahren (BISD 20S/47-49, im folgenden „vereinfachte Konsultationsverfahren'' genannt) durchgeführt werden. Vereinfachte Konsultationsverfahren können auch dann durchgeführt werden, wenn die handelspolitische Prüfung eines Entwicklungsland-Mitglieds für dasselbe Kalenderjahr anberaumt ist, wie das für die Konsultationen festgelegte Datum. In solchen Fällen wird die Entscheidung, ob volle Konsultationsverfahren durchgeführt werden sollen, auf Grund der im Absatz 8 der Erklärung 1979 aufgezählten Umstände getroffen. Ausgenommen bei am wenigsten entwickelten Mitgliedsländern, dürfen nicht mehr als zwei nacheinander folgende Konsultationen nach dem vereinfachten Konsultationsverfahren durchgeführt werden.
Notifikation und Dokumentation
9. Ein Mitglied notifiziert dem Allgemeinen Rat die Einführung oder Änderungen von beschränkenden Einfuhrmaßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen sowie auch Änderungen im Zeitplan für die Beseitigung solcher Maßnahmen, wie nach Absatz 1 vorgesehen. Bedeutsame Änderungen sind dem Allgemeinen Rat vor oder spätestens dreißig Tage nach ihrer Bekanntmachung zu notifizieren. Jedes Mitglied stellt dem Sekretariat jährlich eine konsolidierte Notifikation, einschließlich aller gesetzlichen Änderungen, Verordnungen, politischen Erklärungen oder öffentlichen Verlautbarungen, zur Prüfung durch die Mitglieder zur Verfügung. Die Notifikationen werden soweit wie möglich volle Informationen, einschließlich Zollunion, Art der angewendeten Maßnahmen, die Kriterien für ihre Vollziehung, betroffener Warenkreis und berührte Handelsströme, enthalten.
10. Auf Antrag eines Mitglieds können Notifikationen vom Komitee geprüft werden. Solche Prüfungen würden auf die Klärung von bestimmten Kernpunkten einer Notifikation oder Prüfung, ob eine Konsultation nach Artikel XII Absatz 4 lit. a oder Artikel XVIII Absatz 12 lit. a erforderlich ist, beschränkt sein. Ein Mitglied, das Grund zur Annahme hat, daß von einem anderen Mitglied aus Zahlungsbilanzgründen eine beschränkende Einfuhrmaßnahme getroffen wurde, kann die Angelegenheit dem Komitee zur Kenntnis bringen. Der Vorsitzende des Komitees hat um Informationen über die Maßnahme zu ersuchen und sie allen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet des Rechts jedes Komiteemitglieds geeignete Klarstellungen im Laufe der Konsultationen zu suchen, können schon im voraus dem konsultierenden Mitglied Fragen zur Prüfung gestellt werden.
11. Das konsultierende Mitglied bereitet ein Basisdokument für die Konsultationen vor, welches zusätzlich zu anderen relevanten Informationen folgendes enthält:
a) einen Überblick über die Zahlungsbilanzlage und Vorschau, einschließlich einer Prüfung der inneren und äußeren Faktoren, die für die Zahlungsbilanzlage von Bedeutung sind und die getroffenen heimischen Maßnahmen, um das Gleichgewicht auf einer gesunden und dauerhaften Grundlage wiederherzustellen;
b) eine ausführliche Beschreibung der aus Zahlungsbilanzgründen angewendeten Beschränkungen, ihre Rechtsgrundlage und unternommene Schritte zur Verringerung der Schutznebenwirkungen;
c) getroffene Maßnahmen seit der letzten Konsultation zur Liberalisierung der Einfuhrbeschränkungen im Lichte der Schlußfolgerungen des Komitees;
d) einen Plan für die Beseitigung und fortschreitende Lockerung von restlichen Beschränkungen. Sofern erheblich, können Hinweise auf Informationen in anderen Notifikationen oder Berichten an die WTO gegeben werden. Nach den vereinfachten Konsultationsverfahren hat das konsultierende Mitglied eine schriftliche Darstellung vorzulegen, die wichtige Informationen über die vom Basisdokument erfaßten Teile enthält.
12. Das Sekretariat bereitet zur Erleichterung der Konsultationen im Komitee ein tatsächliches Hintergrunddokument vor, welches sich mit den verschiedenen Aspekten des Konsultationsplans befaßt. Bei Entwicklungsland-Mitgliedern wird das Sekretariatsdokument angemessenes Hintergrund- und analytisches Material über den Einfluß der äußeren Handelsumwelt auf die Zahlungsbilanzlage und die Aussichten des konsultierenden Mitglieds enthalten. Auf Antrag eines Entwicklungsland-Mitglieds werden die technischen Hilfsdienste des Sekretariats bei der Vorbereitung der Dokumentation für die Konsultationen ihre Unterstützung gewähren.
Abschluß der Zahlungsbilanzkonsultationen
13. Das Komitee berichtet dem Allgemeinen Rat über seine Konsultationen. Wenn volle Konsultationsverfahren durchgeführt worden sind, soll der Bericht die Schlußfolgerungen über die verschiedenen Elemente des Konsultationsplans enthalten, wie auch die darauf beruhenden Tatsachen und Gründe. Das Komitee wird sich bemühen, Vorschläge für Empfehlungen in seine Schlußfolgerungen aufzunehmen, die darauf abzielen, die Bestimmungen der Artikel XII, XVIII Abschnitt B, die Erklärung 1979 und diese Vereinbarung zu erfüllen. In jenen Fällen, in denen ein Zeitplan für die Beseitigung von aus Zahlungsbilanzgründen getroffenen beschränkenden Maßnahmen vorgelegt worden ist, kann der Allgemeine Rat empfehlen, daß ein Mitglied seine Verpflichtungen nach dem GATT 1994 einhält, wenn es einen solchen Zeitplan befolgt. Wann auch immer der Allgemeine Rat bestimmte Empfehlungen ausgesprochen hat, sind die Rechte und Verpflichtungen von Mitgliedern im Lichte solcher Empfehlungen festzulegen. In Ermangelung von bestimmten Vorschlägen für Empfehlungen des Allgemeinen Rates sollen die Schlußfolgerungen des Komitees die verschiedenen im Komitee ausgedrückten Meinungen festhalten. Wenn vereinfachte Konsultationsverfahren durchgeführt worden sind, wird der Bericht eine Zusammenfassung der im Komitee erörterten Hauptpunkte enthalten und eine Entscheidung darüber, ob volle Konsultationsverfahren erforderlich sind.
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*1) Nichts in dieser Vereinbarung zielt darauf ab, die Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder nach Artikel XII oder XVIII Abschnitt B des GATT 1994 zu ändern. Die Bestimmungen der Artikel XXII und XXIII des GATT 1994, ergänzt durch die Vereinbarung über Streitbeilegung, können bezüglich aller Angelegenheiten, die sich bei der Anwendung von aus Zahlungsbilanzgründen getroffenen Einfuhrbeschränkungsmaßnahmen ergeben, angerufen werden.
Rückverweise
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