Vorwort
Artikel 1
Art. 1
Die Republik Österreich und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gewähren einander die unbedingte Behandlung des meistbegünstigten Staates auf dem Gebiete des Handels und der Schiffahrt zwischen den beiden Staaten.
Sie ergreifen im Rahmen ihrer einschlägigen Gesetzgebung alle geeigneten Maßnahmen, um den gegenseitigen Austausch von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern und zu fördern.
Artikel 2
Art. 2
Keiner der Vertragschließenden Teile wird in bezug auf die Einfuhr aus dem Gebiet des anderen Vertragschließenden Teiles oder in bezug auf die Ausfuhr nach dem Gebiet des letzteren irgendwelche Einschränkungen, Verbote oder Formalitäten anwenden, die nicht in dieser Beziehung gegenüber allen anderen Staaten gleichfalls angewendet werden.
Artikel 3
Art. 3
Die Vertragschließenden Teile gewähren einander die Behandlung des meistbegünstigten Staates in allem was Zölle, Import- und Exportgebühren und inländische Besteuerung der eingeführten Waren betrifft sowie auch hinsichtlich aller Vorschriften, die sich hierauf beziehen.
In Übereinstimmung damit werden die Boden- und Industrieerzeugnisse, die aus dem Gebiet eines der Vertragschließenden Teile stammen, sowohl bei ihrer Einfuhr als auch bei ihrer Ausfuhr nach dem Gebiete des anderen Vertragschließenden Teiles hinsichtlich ihrer Belastung mit Zöllen, Steuern und Gebühren in keinem Falle einer weniger günstigen Behandlung unterworfen werden als die gleichen Boden- und Industrieerzeugnisse, die aus dem Gebiet des meistbegünstigten Staates stammen.
Die Boden- und Industrieerzeugnisse, die aus dem Gebiet eines der Vertragschließenden Teile stammen, werden, nachdem sie im Transit durch das Gebiet eines oder mehrerer dritter Staaten transportiert worden sind, bei ihrer Einfuhr in das Gebiet des anderen Vertragschließenden Teiles mit keinen höheren Zöllen, Steuern und Gebühren belastet werden als jenen, mit denen sie belastet worden wären, wenn sie unmittelbar aus ihrem Ursprungslande eingeführt worden wären. Diese Bestimmung wird auch für Waren angewendet, die während ihres Transportes umgeladen, umgepackt oder eingelagert werden.
Die Vertragschließenden Teile gewähren einander die Behandlung des meistbegünstigten Staates in bezug auf die Form der Einhebung von Zollgebühren, die Tarifierung und Klassifizierung von Waren, die Auslegung des Zolltarifes, die Rückerstattung von Zöllen, den Reexport, die Umladung und die Lagerung von Waren.
Artikel 4
Art. 4
Die Boden- und Industrieerzeugnisse, die aus dem Gebiet des einen der Vertragschließenden Teile stammen, werden nach ihrer Einfuhr in das Gebiet des anderen Vertragschließenden Teiles keinerlei anderen oder höheren inländischen Steuern oder Gebühren unterworfen werden als jenen, die von gleichartigen Boden- und Industrieerzeugnissen, die aus dem Gebiete eines beliebigen dritten Staates stammen, eingehoben werden oder in Zukunft eingehoben werden könnten.
Artikel 5
Art. 5
Die Bestimmungen der Artikel 2, 3 und 4 dieses Vertrages werden auf folgende Fälle nicht angewendet werden:
a) auf Begünstigungen, die einer der beiden Vertragschließenden Teile den Nachbarstaaten gewährt hat oder in Zukunft gewähren wird, um die Grenzbeziehungen mit den Nachbarstaaten zu erleichtern;
b) auf Begünstigungen, die sich aus einer Zollunion ergeben, die zwischen einem der Vertragschließenden Teile und dritten Staaten abgeschlossen wurde oder in Zukunft abgeschlossen wird.
Artikel 6
Art. 6
Unter Beachtung der Bedingungen, die für eine zeitweilige Zulassung in die Gebiete der beiden Vertragschließenden Teile gelten, werden folgende Gegenstände von Zöllen und anderen Gebühren bei der Ein- und Ausfuhr befreit werden:
a) Warenmuster, die nicht als Gebrauchsgegenstände verwendet werden können;
b) Gegenstände, darunter Maschinen und Maschinenteile, die zur Durchführung von Proben, Experimenten und Reparaturen eingeführt werden;
c) Gekennzeichnete Umschließungen und Behältnisse, die üblicherweise im Handel verwendet werden und für den Warentransport vorgesehen sind;
d) Waren, die für Ausstellungen, Handelsmessen und Wettbewerbe bestimmt sind.
Artikel 7
Art. 7
Die Schiffe eines jeden der Vertragschließenden Teile und die Schiffsladungen werden bei der Einfahrt und Ausfahrt sowie während des Aufenthaltes in den Häfen des anderen Vertragschließenden Teiles in jeder Beziehung die Behandlung der Meistbegünstigung genießen.
Die Bestimmungen dieses Artikels erstrecken sich nicht:
a) auf die Durchführung von Hafendiensten, einschließlich des Lotsen- und Bugsierdienstes in den Häfen; die Durchführung dieser Dienste behält sich jeder Vertragschließende Teil vor;
b) auf die Kabotage, wobei es jedoch nicht als Kabotage angesehen wird, wenn die Schiffe eines jeden der Vertragschließenden Teile von einem Hafen zu einem anderen Hafen desselben Vertragschließenden Teiles fahren, um dort die aus dem Ausland mitgebrachte Ladung ganz oder zum Teil zu löschen oder eine für einen fremden Staat bestimmte Ladung zur Gänze oder zum Teil an Bord zu nehmen.
Artikel 8
Art. 8
Die Schiffsnationalität wird entsprechend den Gesetzen und Bestimmungen jedes der Vertragschließenden Teile gegenseitig anerkannt werden, auf Grund von Dokumenten und Patenten, die von den zuständigen Behörden des betreffenden Vertragschließenden Teiles ausgestellt wurden und sich an Bord des Schiffes befinden.
Dokumente, die die Konstruktion des Schiffes, seine Ausrüstung und die Schiffsbemannung betreffen, sowie Meßbriefe, Registerzeugnisse und andere ähnliche technische Schiffsdokumente, die durch einen der Vertragschließenden Teile ausgestellt wurden oder anerkannt sind und die sich an Bord des Schiffes befinden, werden auch von dem anderen Vertragschließenden Teil anerkannt werden.
Artikel 9
Art. 9
In Anbetracht der Tatsache, daß nach den Gesetzen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken der Außenhandel in der UdSSR ein Staatsmonopol ist, wird die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Republik Österreich ihre Handelsvertretung haben, deren Rechtsstellung durch die in der einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Beilage enthaltenen Bestimmungen geregelt ist.
Artikel 10
Art. 10
Juristische Personen und Handelsgesellschaften, die ihren Sitz auf dem Territorium des einen der Vertragschließenden Teile haben, werden in gleicher Weise auf dem Territorium des anderen Vertragschließenden Teiles anerkannt werden und ebenso wie physische Personen dieselbe Behandlung genießen, wie die juristischen Personen, Handelsgesellschaften und physischen Personen des meistbegünstigten Staates.
Die juristischen Personen, Handelsgesellschaften und physischen Personen eines der Vertragschließenden Teile werden das Recht haben, die Gerichte des anderen Vertragschließenden Teiles anzurufen, sowohl als Kläger als auch zur Verteidigung ihrer Rechte.
Artikel 11
Art. 11
Juristische Personen, Handelsgesellschaften, physische Personen der Republik Österreich und juristische Personen, Handelsgesellschaften, physische Personen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken können vereinbaren, daß die aus den abgeschlossenen kommerziellen Verträgen entstehenden Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Die Vereinbarung auf ein Schiedsgericht, das entweder ständig tätig sein oder besonders für den Streitfall gebildet werden wird, muß in dem Vertrage selbst oder in einer besonderen Vereinbarung vorgesehen sein, die in der für den Vertrag erforderlichen Form getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung schließt die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte der Vertragschließenden Teile aus.
Die Vertragschließenden Teile verpflichten sich, die Vollstreckung der auf Grund der im ersten Absatz dieses Artikels erwähnten Vereinbarungen ergangenen Schiedssprüche auf ihrem Gebiete zuzulassen.
Die Vollstreckung von Schiedssprüchen kann nur in folgenden Fällen abgelehnt werden:
a) wenn der Schiedsspruch auf Grund der Gesetze des Staates, in dem er gefällt wurde, nicht in Rechtskraft erwachsen ist;
b) wenn durch den Schiedsspruch die Partei zu einer Handlung verpflichtet wird, die nach den Gesetzen des Staates, in dem die Vollstreckung begehrt wird, unzulässig ist;
c) wenn der Schiedsspruch gegen die öffentliche Ordnung des Staates, in dem die Vollstreckung begehrt wird, verstößt.
Die Schiedssprüche werden in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Staates vollstreckt, in dem die Vollstreckung begehrt wird.
Artikel 12
Art. 12
Die Vertragschließenden Teile werden den Erfahrungsaustausch zwischen beiden Staaten auf dem Gebiete der Industrie, der Land- und Forstwirtschaft und des Transportwesens unter Wahrung des beiderseitigen Vorteiles fördern.
Artikel 13
Art. 13
Dieser Vertrag wird in möglichst kurzer Zeit ratifiziert werden und am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. Dieser Austausch wird zu Moskau stattfinden.
Der Vertrag wird für eine Frist von fünf Jahren geschlossen. Wenn keiner der Vertragschließenden Teile zwölf Monate vor Ablauf der angeführten fünfjährigen Frist eine schriftliche Erklärung über seinen Wunsch, den Vertrag zu kündigen, abgibt, wird dieser so lange in Kraft bleiben, bis einer der Vertragschließenden Teile ihn mit zwölfmonatiger Kündigungsfrist aufkündigt.
ZU URKUND dessen haben die Bevollmächtigten beider Vertragschließender Teile diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
GESCHEHEN zu Wien am 17. Oktober 1955 in zwei urschriftlichen Ausfertigungen, jede in deutscher und russischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise authentisch sind.
Anl. 1
Beilage |
zum Vertrag über Handel und Schiffahrt zwischen der Republik Österreich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 17. Oktober 1955 |
Die Rechtsstellung der Handelsvertretung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Republik Österreich
Artikel 1
Anl. 1
Die Handelsvertretung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Österreich hat zur Aufgabe:
a) zur Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der UdSSR beizutragen;
b) die Interessen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Österreich in allem, was den Außenhandel betrifft, zu vertreten;
c) den Handel zwischen der Republik Österreich und der UdSSR abzuwickeln.
Artikel 2
Anl. 1
Die Handelsvertretung stellt einen integrierenden Bestandteil der Botschaft der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Österreich dar und hat ihren Sitz in Wien. Die Handelsvertretung wird eine Abteilung in Linz haben.
Der Chef der Handelsvertretung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und seine drei Stellvertreter genießen alle Immunitäten und Privilegien, die den Mitgliedern von diplomatischen Vertretungen zustehen.
Außer den im vorhergehenden Absatz erwähnten Personen werden jene Angestellten der Handelsvertretung, die Staatsbürger der UdSSR sind, von österreichischen Steuern auf Einkünfte, die sie im Dienste der Regierung der UdSSR beziehen, befreit sein.
Die Räumlichkeiten, die von der Handelsvertretung benützt werden, genießen Exterritorialität.
Die Handelsvertretung hat das Recht, Chiffre zu verwenden.
Die Handelsvertretung unterliegt nicht den Vorschriften über das Handelsregister.
Artikel 3
Anl. 1
Die Handelsvertretung übt ihre Tätigkeit im Namen der Regierung der UdSSR aus. Die Regierung der UdSSR wird nur durch kommerzielle Kontrakte verpflichtet, die in Österreich im Namen der Handelsvertretung geschlossen oder garantiert und von den hiezu bevollmächtigten Personen unterzeichnet werden.
Die Handelsvertretung wird in dem offiziellen Organ der Republik Österreich die Namen der Personen veröffentlichen, die im Namen der Handelsvertretung zu Rechtshandlungen bevollmächtigt sind, sowie auch Angaben über den Umfang der Rechte jeder dieser Personen in bezug auf die Unterzeichnung der kommerziellen Verpflichtungen der Handelsvertretung. Jede Veränderung muß in demselben Organ veröffentlicht werden.
Die Haftung für kommerzielle Kontrakte, die ohne Garantie der Handelsvertretung durch eine beliebige sowjetische Organisation geschlossen worden sind, trifft nur diese Organisation und die Erfüllung dieser Kontrakte kann nur aus deren Vermögen begehrt werden.
Artikel 4
Anl. 1
Die der Handelsvertretung zugestandenen Immunitäten und Privilegien erstrecken sich auch auf ihre kommerzielle Tätigkeit, jedoch mit folgenden Ausnahmen:
a) Streitfälle aus kommerziellen Kontrakten, die auf österreichischem Territorium durch die Handelsvertretung abgeschlossen oder garantiert worden sind, unterliegen bei Fehlen einer Schiedsvereinbarung der Kompetenz österreichischer Gerichte und werden in Übereinstimmung mit der österreichischen Gesetzgebung entschieden werden, wenn es durch die Bestimmungen der einzelnen Kontrakte nicht anders vorgesehen ist. Hiebei wird jedoch keine einstweilige Verfügung oder Exekution zur Sicherstellung zur Wahrung von Ansprüchen gegen die Handelsvertretung zugelassen;
b) die Zwangsvollstreckung von endgültigen Entscheidungen, die gegen die Handelsvertretung in den im Punkte a) erwähnten Streitfällen ergangen sind, ist zulässig; sie kann sich indessen nur auf Waren und Forderungen der Handelsvertretung erstrecken.