Übereinkommen betreffend die Staatsbürgerschaft
Vorwort
Art. 1 Artikel 1.
Die Arten des Gewerbes oder Verlustes der Staatsbürgerschaft werden durch die Gesetze eines jeden Staates geregelt.
Art. 2 Artikel 2.
Im Verhältnis zwischen den Hohen Vertragsteilen wird die Staatsbürgerschaft durch ein Zeugnis nachgewiesen werden, welches von der nach der Gesetzgebung eines jeden Staates hiezu zuständigen Behörde auszustellen und von der zuständigen Oberbehörde derselben zu vidieren sein wird. Das Zeugnis wird den gesetzlichen Erwerbsgrund der ausgewiesenen Staatsbürgerschaft angeben. Jeder der Hohen vertragschließenden Teile wird indessen in allen Fällen, in denen er es für notwendig erachtet, fordern können, daß der Inhalt des Zeugnisses durch die Zentralbehörde des Staates bestätigt wird.
Art. 3 Artikel 3.
Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, einander die Liste jener Behörden mitzuteilen, welche zur Ausstellung und Vidierung der im vorhergehenden Artikel erwähnten Zeugnisse kompetent sind.
Art. 4 Artikel 4.
Im Falle eines Streites zwischen den Hohen Vertragsteilen über die Staatsangehörigkeit, die nach den Bestimmungen der Verträge von Saint-Germain und von Trianon einem Angehörigen des ehemaligen Kaiserreiches Österreich oder einem Angehörigen des ehemaligen Königreiches Ungarn zuzuerkennen sei, wird eine Kommission den Streitfall entscheiden, sofern die Fristen für die Ausübung eines Wahl- oder Optionsrechtes bereits verstrichen sind. Die Kommission wird aus je einem Delegierten der am Streitfalle beteiligten Hohen vertragschließenden Teile und einem Präsidenten bestehen, welcher von den erwähnten Vertragszeiten einstimmig gewählt, im Falle aber eine einstimmige Wahl nicht zustande käme, von dem Präsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft ernannt wird. Er darf nicht Staatsangehöriger eines Signatarstaates des gegenwärtigen Vertrages sein. Falls die Delegierten sich über die Entscheidung des Streitfalles nicht einigen sollten, wird der Präsident die Entscheidung fällen.
Die getroffenen Entscheidungen werden in jedem Fall endgültig sein.
Die vorstehenden Bestimmungen berühren in keiner Weise die Bestimmungen und Regeln der Verträge von Saint-Germain und Trianon, insbesondere die Bestimmungen der Artikel 81 und 230 des Vertrages von Saint-Germain und der Artikel 65 und 213 des Vertrages von Trianon, noch auch die Bestimmungen der besonderen Übereinkommen, welche zwischen den beteiligten Staaten geschlossen wurden oder noch geschlossen werden, insbesondere jene des zu Brünn am 7. Juni 1920 zwischen Österreich und der Tschecho-Slowakei unterzeichneten Übereinkommens.
Art. 5 Artikel 5.
Das gegenwärtige Übereinkommen wird sobald als möglich ratifiziert werden.
Jeder Staat wird seine Ratifikation der italienischen Regierung übermitteln, welche alle übrigen Signatarstaaten hievon verständigen wird.
Die Ratifikationsurkunden werden im Archiv der italienischen Regierung hinterlegt bleiben.
Das gegenwärtige Übereinkommen wird für jeden Signatarstaat vom Zeitpunkte der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft treten und wird von diesem Zeitpunkt an gegenüber allen jenen Staaten gelten, welche bereits vorher ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben.
Urkund dessen haben die obgenannten Bevollmächtigten das gegenwärtige Übereinkommen unterfertigt.
Geschehen zu Rom den sechsten April Eintausendneunhundertzweiundzwanzig in französischer und italienischer Sprache, welche Texte gleich authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv der Regierung des Königreiches Italien verwahrt bleibt und von der beglaubigte Abschriften an jeden der Signatarstaaten werden verwendet werden.