BEI UNTERZEICHNUNG des heute zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Finanz- und Ausgleichsvertrages besteht Einverständnis über folgende Punkte:
1 Zu Artikel 6:
a) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird dafür Sorge tragen, daß bei der Gewährung deutscher öffentlicher Fürsorge Leistungen aus dem Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz an österreichische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland ständigen Aufenthalt haben, nicht anders behandelt werden als Leistungen aus dem deutschen Lastenausgleich und demzufolge in gleichem Umfange wie diese außer Ansatz bleiben. Anderseits wird die Regierung der Republik Österreich dafür Sorge tragen, daß bei der Gewährung österreichischer öffentlicher Fürsorge Leistungen aus dem deutschen Lastenausgleich an deutsche Staatsangehörige, die in Österreich ständigen Aufenthalt haben, nicht anders behandelt werden als Leistungen aus dem österreichischen Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz und demzufolge bis zum Höchstbetrag der darin behandelten Härteregelung außer Ansatz bleiben.
Hinsichtlich der deutschen Unterhaltshilfe wird ein Betrag in Höhe der laufenden Leistungen, die aus dem Sonderfonds auf Grund Artikel 6 Abs. 2 gewährt werden, außer Ansatz bleiben.
b) Es besteht Einverständnis darüber, daß bei Zahlungen, die die Bundesrepublik Deutschland auf Grund Artikel 6 Abs. 2 aus dem dort angeführten Sonderfonds gewährt, die zuständige deutsche Stelle im Bedarfsfalle eine Bescheinigung darüber ausstellt, daß es sich um Zahlungen aus diesem Sonderfonds handelt. Auf Grund dieser Bescheinigungen werden die Zahlungen aus dem Sonderfonds bei der Gewährung der österreichischen Fürsorge außer Ansatz bleiben.
Dieses Verfahren gilt entsprechend für die Leistungen aus dem deutschen Lastenausgleich.
c) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird sich dafür einsetzen, daß bei der in § 3 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vorbehaltenen Regelung von Reparationsschäden österreichische Staatsangehörige hinsichtlich der Demontageschäden an ihren Vermögenswerten in der Bundesrepublik Deutschland den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt werden.
2. Zu Artikel 7:
a) Mit Beziehung auf Artikel 7 besteht Einverständnis, daß die Aufwendungen, welche sich aus einer Erweiterung des Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetzes auf Vertriebene und Umsiedler ergeben, getrennt von den sonstigen Aufwendungen des Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetzes bei einem neu zu errichtenden eigenen Ansatz des Kapitels 26 Titel 3 „Kriegs- und Verfolgungsschäden“ des Bundesrechnungsabschlusses in der für diese Entschädigungszahlungen vorgesehenen Postengliederung verrechnet und daß die deutschen Beitragsleistungen bei ebenfalls neu zu errichtenden Ansätzen im Bundesrechnungsabschluß nachgewiesen werden.
b) Ab 1962 werden diese Ausgaben- und Einnahmengebarungen, sofern die sachlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Erstellung des Bundesvoranschlages vorliegen, auch in die Bundesvoranschläge aufgenommen werden.
3. Zu Artikel 8 Abs. 2:
a) In Durchführung des Artikels 8 Abs. 2 wird die Republik Österreich sicherstellen, daß deutsche Staatsangehörige für Kriegssachschäden und Besatzungsschäden in Österreich die im Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz und im Besatzungsschädengesetz vorgesehenen Leistungen erhalten, wenn die Vermögenschaften (Artikel 9 Abs. 2 des Vermögensvertrages), an denen die Schäden eingetreten sind, nach den Bestimmungen des Teiles I des Vermögensvertrages übertragen wurden oder übertragen werden könnten und soweit die darin vorgesehene Wertgrenze durch die Gewährung dieser Leistungen nicht überschritten wird; letztere Beschränkung gilt nicht, falls eine Übertragung ohne Rücksicht auf den Wert der Vermögenschaften zulässig ist. Soweit eine Wertgrenze in Betracht kommt, sind die Bestimmungen des Teiles I 1. Abschnitt des Vermögensvertrages entsprechend anzuwenden.
b) Vorstehende Bestimmungen gelten entsprechend für Vermögenschaften, die nur deshalb im Sinne des Vermögensvertrages nicht übertragen werden können, weil sie wegen Zerstörung oder sonstigen Unterganges infolge der Bestimmung des Artikels 22 Staatsvertrag nicht auf die Republik Österreich übertragen wurden.
c) Die Republik Österreich sichert im Hinblick auf den Fristablauf für die Antragstellung aus dem Besatzungsschädengesetz und dem Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz zu, daß die Fristen für den unter Artikel 8 Abs. 2 fallenden Personenkreis wiedereröffnet werden. Es besteht Einverständnis darüber, daß Leistungen auf Grund der in Artikel 8 aufgeführten Gesetze nach deren Erweiterung auch dann gewährt werden, wenn nach alter Rechtslage Anträge im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit abgelehnt wurden.
4. Zu Artikel 9:
Es besteht Einverständnis darüber, daß zu den ausgewanderten Personen im Sinne der genannten Gesetze und Regelungen auch diejenigen Personen gehören, die aus dem Gebiet der Republik Österreich aus Verfolgungsgründen deportiert oder ausgewiesen worden sind sowie diejenigen, die im Zuge einer derartigen Auswanderung zu dem Staat gelangt sind, dessen Staatsangehörigkeit sie besaßen.
5. Zu Artikel 10:
Es besteht Einverständnis darüber, daß die in Abs. 1 vorgesehene Gleichstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen für den Entschädigungstatbestand einer Internierung durch eine der mit Deutschland im Kriege gestandenen Mächte (§ 14 Abs. 2 Buchstabe a der 12. Opferfürsorgegesetznovelle (BGBl. Nr. 101/1961)) nicht Platz greift und insoweit daher ein deutscher Beitrag auch nicht vorgesehen ist.
6. Zu Artikel 13:
Es besteht Einverständnis darüber, daß die Republik Österreich nach Zahlung des in Artikel 13 vorgesehenen Betrages die Bundesrepublik Deutschland von allen Ansprüchen freistellen wird, die von den Sammelstellen A und B nach dem Bundesrückerstattungsgesetz angemeldet worden sind.
7. Zu Artikel 14:
a) Es besteht Einverständnis darüber, daß in den in Artikel 9 erwähnten oder vorgesehenen österreichischen Gesetzen und Regelungen eine Anspruchsberechtigung für den Fall auszuschließen ist, daß wegen desselben Sachverhalts auch ein Anspruch nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Wiedergutmachungsgesetzen begründet ist oder begründet werden wird.
b) Es besteht Einverständnis darüber, daß es der Republik Österreich freisteht, eine Anspruchsberechtigung nach den erwähnten oder vorgesehenen österreichischen Gesetzen und Regelungen auch in den Fällen auszuschließen, in denen feststeht oder festgestellt wird, daß wegen desselben Sachverhaltes Ansprüche auf Grund der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Wiedergutmachungsgesetze von den deutschen Behörden oder Gerichten zuerkannt worden wären, jedoch wegen Versäumung der Anmeldefristen nicht mehr geltend gemacht werden können.
8. Zu Artikel 16:
Die Erklärung zu Artikel 7 gilt entsprechend.
9. Zu Artikel 19 bis 22:
a) Über die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, auf die sich der Artikel 19 bezieht, entscheiden ausschließlich die nach der Lastenausgleichsgesetzgebung zuständigen deutschen Finanzbehörden und Finanzgerichte, während für die Auslegung und Anwendung der Artikel 20 und 21 ausschließlich die österreichischen Finanzbehörden und Gerichte zuständig sind. Artikel 12 des Zehnten Teiles des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen in der Fassung des Protokolls vom 23. Oktober 1954 über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland findet keine Anwendung.
b) Zur Beseitigung von Zweifeln, die sich bei der Auslegung oder Anwendung der Artikel 19 bis 22 ergeben, sowie zur Beseitigung von Härten bei der Erhebung der einmaligen Abgaben vom Vermögen oder Vermögenszuwachs werden sich die obersten Finanzbehörden der beiden Vertragsstaaten unmittelbar ins Einvernehmen setzen.
10. Zu Artikel 23:
Es besteht Übereinstimmung darüber, daß die Frist von drei Jahren im Sinne der Abgabenordnung eine Ausschlußfrist ist, für deren Versäumnis keine Nachsicht gewährt werden kann.
11. Zu Artikel 24:
Es besteht Einverständnis darüber, daß auch die in Artikel 24 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Ansprüche keine zwischen den Vertragsstaaten noch zu regelnden Fragen darstellen.
12. Zu Artikel 25 Abs. 1:
Es besteht Übereinstimmung darüber, daß das vorgesehene Schiedsgericht keine Oberinstanz über andere Instanzen nach innerstaatlichem Recht darstellen soll. Dies schließt nicht aus, daß eine Entscheidung innerstaatlicher Instanzen in einem Einzelfall zum Anlaß eines Schiedsgerichtsverfahrens genommen werden kann.
13. Es besteht Einverständnis darüber, daß bei der Regelung des Vermögensfalles „Kuranstalt Hohe Tauern“ in Bad Hofgastein von jedem der Vertragsstaaten das Schiedsgericht des Vermögensvertrages zur Entscheidung darüber angerufen werden kann, ob Artikel 20 des Vermögensvertrages auf den genannten Vermögenswert unabhängig davon Anwendung findet, auf Grund welcher Regelung der Vermögenswert auf die Republik Österreich oder auf einen anderen österreichischen Rechtsträger übertragen worden ist.
GESCHEHEN zu Bonn am siebenundzwanzigsten November 1961 in zwei Urschriften.
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