Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage zwischen der Republik Österreich und dem Deutschen Reiche abgeschlossenen Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Steuersachen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende übereinstimmende Erklärung abgegeben, welche einen integrierenden Teil des Vertrages selbst bilden sollen:
1. Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, sofern sich das Bedürfnis dazu herausstellt, besondere Vereinbarungen über die Pfändung solcher Forderungen zu treffen, bei denen sich der Schuldner im Gebiete des einen Staates und der Drittschuldner im Gebiete des anderen Staates befindet.
2. Die vertragschließenden Teile werden, um die Prüfung der materiellen Gegenseitigkeit für die Gewährung der Rechtshilfe zu erleichtern, Aufstellungen über die Befugnisse der Finanzbehörden austauschen, für die Übereinstimmung in den Rechtsgrundsätzen des österreichischen und des deutschen Rechts bei Rechtshilfeersuchen angenommen werden darf. Die Aufstellungen sollen insbesondere Aufschluß geben
a) über die Auskünfte, Anzeigen, Gutachten und Beweismittel, die von den Steuerpflichtigen oder von dritten Personen verlangt werden können,
b) über die Zwangsmittel, Sicherungs- und Vollstreckungsmaßnahmen, die gegenüber den Steuerpflichtigen oder dritten Personen zulässig sind.
Solange die Aufstellungen nicht ausgetauscht und von beiden Seiten anerkannt sind, ist dem einzelnen Rechtshilfeersuchen eine Bescheinigung der Finanzlandesdirektion (des Landesfinanzamtes) beizufügen, die amtlich feststellt, daß einem entsprechenden Ersuchen nach dem Rechte des ersuchenden Staates genügt werden wird.
3. Ein Übersendung von Akten kann grundsätzlich nicht gefordert werden. Ausnahmen bedürfen des Einvernehmens der Finanzminister der beiden Staaten; das Ersuchen um Übermittlung von Akten soll indessen nur gestellt werden, wenn dringende Interessen des ersuchenden Staates es erheischen. Unberührt bleibt die Befugnis jedes Staates, seinen Ersuchen eigene Akten beizugeben, die der Durchführung der Ersuchen dienen sollen.
4. Sind die Voraussetzungen der Niederschlagung wegen Uneinbringlichkeit der Steuer nach den Vorschriften des ersuchten Staates gegeben, so leitet die ersuchte Behörde das Ersuchen unter Beifügung einer Bescheinigung über das Vorliegen der Voraussetzungen und der hierfür vorhandenen Belege an die ersuchende Behörde zurück.
5. Der Rechtsschutz und die Rechtshilfe, welche in diesem Vertrage vereinbart sind, sollen auch für Steuerfälle und im Hinblick auf Tatsachen gewährt werden, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Berlin, den 23. Mai 1922.
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