BundesrechtInternationale VerträgeEuropäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen

Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen

In Kraft seit 13. April 2021
Up-to-date

ARTIKEL 1

Art. 1

(1) Dieses Übereinkommen ist auf die Berechnung von Fristen auf dem Gebiet des Zivil-, Handels- und Verwaltungsrechts einschließlich des diese Gebiete betreffenden Verfahrensrechts anzuwenden, soweit diese Fristen festgesetzt worden sind

a) durch Gesetz, von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde,

b) von einem Schiedsorgan, wenn dieses die Art der Fristenberechnung nicht bestimmt hat,

c) von den Parteien, wenn die Berechnungsart von ihnen nicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist und sich auch nicht aus anwendbaren Bräuchen oder aus Gepflogenheiten, die sich zwischen den Parteien gebildet haben, ergibt.

Das Übereinkommen ist jedoch nicht auf Fristen anzuwenden, die zurückberechnet werden.

(2) Jede Vertragspartei kann, abweichend von Absatz 1, bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation erklären, daß sie die Anwendung aller oder einzelner Bestimmungen des Übereinkommens auf alle oder einzelne Fristen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts ausschließt. Jede Vertragspartei kann die von ihr abgegebene Erklärung jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen; diese Notifikation wird am Tag ihres Eingangs wirksam.

ARTIKEL 2

Art. 2

Im Sinn dieses Übereinkommens bedeutet der Ausdruck „dies a quo“ den Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt, und der Ausdruck „dies ad quem“ den Tag, an dem die Frist abläuft.

ARTIKEL 3

Art. 3

(1) Fristen, die in Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren ausgedrückt sind, laufen von Mitternacht des dies a quo bis Mitternacht des dies ad quem.

(2) Absatz 1 schließt jedoch nicht aus, daß eine Handlung, die vor Ablauf einer Frist vorzunehmen ist, am dies ad quem nur während der gewöhnlichen Amts- oder Geschäftsstunden vorgenommen werden kann.

ARTIKEL 4

Art. 4

(1) Ist eine Frist in Wochen ausgedrückt, so ist der dies ad quem der Tag der letzten Woche, der dem dies a quo im Namen entspricht.

(2) Ist eine Frist in Monaten oder Jahren ausgedrückt, so ist der dies ad quem der Tag des letzten Monats oder des letzten Jahres, der nach seiner Zahl dem dies a quo entspricht, oder, wenn ein entsprechender Tag fehlt, der letzte Tag des letzten Monats.

(3) Ist eine Frist in Monaten und Tagen oder Bruchteilen von Monaten ausgedrückt, so sind zuerst die ganzen Monate und danach die Tage oder Bruchteile der Monate zu zählen; für die Berechnung von Bruchteilen von Monaten ist davon auszugehen, daß ein Monat aus 30 Tagen besteht.

ARTIKEL 5

Art. 5

Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage werden bei der Berechnung einer Frist mitgezählt. Fällt jedoch der dies ad quem einer Frist, vor deren Ablauf eine Handlung vorzunehmen ist, auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder einen Tag, der wie ein gesetzlicher Feiertag behandelt wird, so wird die Frist dahin verlängert, daß sie den nächstfolgenden Werktag einschließt.

ARTIKEL 6

Art. 6

Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.

ARTIKEL 7

Art. 7

Dieses Übereinkommen berührt nicht bereits geschlossene oder noch zu schließende zwei- oder mehrseitige Verträge, Übereinkommen oder Vereinbarungen oder die zu ihrer Anwendung erlassenen Vorschriften, die auf bestimmten Rechtsgebieten die in diesem Übereinkommen behandelten Fragen regeln.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

ARTIKEL 8

Art. 8

(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation oder der Annahme. Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

(2) Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der dritten Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft.

(3) Für jeden Unterzeichnerstaat, der das Übereinkommen später ratifiziert oder annimmt, tritt es drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft.

ARTIKEL 9

Art. 9

Jede Vertragspartei kann die Maßnahmen ergreifen, die sie bezüglich der Anwendung dieses Übereinkommens auf Fristen für geeignet hält, die zu dem Zeitpunkt laufen, in dem das Übereinkommen für diese Vertragspartei in Kraft tritt.

ARTIKEL 10

Art. 10

(1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Nichtmitgliedstaat einladen, dem Übereinkommen beizutreten.

(2) Der Beitritt geschieht durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats und wird drei Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.

ARTIKEL 11

Art. 11

Jede Vertragspartei hat bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation anzugeben, welche Tage in ihrem Hoheitsgebiet oder in einem Teil desselben gesetzliche Feiertage sind oder im Sinn des Artikels 5 wie solche behandelt werden. Jede Änderung bezüglich der in dieser Notifikation enthaltenen Angaben ist dem Generalsekretär des Europarats gleichfalls zu notifizieren.

ARTIKEL 12

Art. 12

(1) Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde das oder die Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist.

(2) Jede Vertragspartei kann bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung dieses Übereinkommen auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet ausdehnen, dessen internationale Beziehungen sie wahrnimmt oder für das sie Vereinbarungen treffen kann.

(3) Jede nach Absatz 2 abgegebene Erklärung kann für jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet nach dem in Artikel 13 festgelegten Verfahren zurückgenommen werden.

ARTIKEL 13

Art. 13

(1) Dieses Übereinkommen bleibt auf unbegrenzte Zeit in Kraft.

(2) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich kündigen.

(3) Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.

ARTIKEL 14

Art. 14

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist,

a) jede Unterzeichnung,

b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde,

c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach seinem Artikel 8,

d) jede nach Artikel 1 Absatz 2 eingegangene Notifikation,

e) jede nach Artikel 11 eingegangene Notifikation,

f) jede nach Artikel 12 Absätze 2 und 3 eingegangene Erklärung,

g) jede nach Artikel 13 eingegangene Notifikation und den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Basel am 16. Mai 1972 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen authentisch ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt jedem Unterzeichnerstaat und jedem beitretenden Staat eine beglaubigte Abschrift.