Vorwort
Artikel I
Art. 1
Die Vertragschließenden Parteien bestätigen, daß Völkermord, ob in Friedens- oder in Kriegszeiten begangen, ein Verbrechen nach Völkerrecht ist, zu dessen Verhütung und Bestrafung sie sich verpflichten.
Artikel II
Art. 2
In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
b) Zufügung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
c) vorsätzliche Unterwerfung der Gruppe unter Lebensbedingungen mit dem Ziel, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;
d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;
e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.
Artikel III
Art. 3
Die folgenden Handlungen werden bestraft:
a) Völkermord;
b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord;
c) unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord;
d) Versuch des Völkermordes;
e) Beteiligung am Völkermord.
Artikel IV
Art. 4
Personen, die Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen begehen, werden bestraft, gleichviel ob sie nach der Verfassung verantwortliche regierende Personen, öffentliche Beamte oder Privatpersonen sind.
Artikel V
Art. 5
Die Vertragschließenden Parteien verpflichten sich, in Übereinstimmung mit ihren Verfassungen die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung der Bestimmungen dieser Konvention sicherzustellen und insbesondere wirksame Strafen für Personen vorzusehen, die des Völkermordes oder einer der sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen schuldig sind.
Artikel VI
Art. 6
Personen, denen Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen zur Last gelegt wird, werden vor ein zuständiges Gericht des Staates, in dessen Gebiet die Handlung begangen worden ist, oder vor das internationale Strafgericht gestellt, das für jene Vertragschließenden Parteien zuständig ist, die seine Gerichtsbarkeit anerkannt haben.
Artikel VII
Art. 7
Völkermord und die sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen werden bei der Auslieferung nicht als politische Straftaten angesehen.
Die Vertragschließenden Parteien verpflichten sich, in derartigen Fällen die Auslieferung gemäß ihren geltenden Gesetzen und Verträgen zu bewilligen.
Artikel VIII
Art. 8
Jede Vertragschließende Partei kann die zuständigen Organe der Vereinten Nationen damit befassen, gemäß der Charta der Vereinten Nationen jene Maßnahmen zu ergreifen, die sie für die Verhütung und Bekämpfung von Völkermordhandlungen oder einer der sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen für geeignet erachten.
Artikel IX
Art. 9
Streitigkeiten zwischen den Vertragschließenden Parteien bezüglich der Auslegung, Anwendung oder Durchführung dieser Konvention, einschließlich derjenigen, die sich auf die Verantwortlichkeit eines Staates für Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III angeführten Handlungen beziehen, werden auf Antrag einer der an dem Streitfall beteiligten Parteien dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.
Artikel X
Art. 10
Diese Konvention, deren chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Text gleichermaßen authentisch ist, trägt das Datum des 9. Dezember 1948.
Artikel XI
Art. 11
Diese Konvention steht bis zum 31. Dezember 1949 jedem Mitglied der Vereinten Nationen und jedem Nicht-Mitgliedstaat, an den die Generalversammlung eine Einladung zur Unterzeichnung gerichtet hat, zur Unterzeichnung offen.
Diese Konvention bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.
Nach dem 1. Jänner 1950 kann jedes Mitglied der Vereinten Nationen und jeder Nicht-Mitgliedstaat, der, wie oben erwähnt, eine Einladung erhalten hat, der Konvention beitreten.
Die Beitrittsurkunden werden bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.
Artikel XII
Art. 12
Eine Vertragschließende Partei kann jederzeit durch Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen die Anwendung dieser Konvention auf alle oder eines der Gebiete erstrecken, für deren internationale Beziehungen diese Vertragschließende Partei verantwortlich ist.
Artikel XIII
Art. 13
An dem Tag, an dem die ersten zwanzig Ratifikations- oder Beitrittsurkunden hinterlegt sind, errichtet der Generalsekretär ein Protokoll und übermittelt jedem Mitglied der Vereinten Nationen und jedem der in Artikel XI erwähnten Nicht-Mitgliedstaaten eine Abschrift desselben.
Diese Konvention tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Ratifikationen oder Beitritte, die nach letzterem Zeitpunkt erfolgen, werden am neunzigsten Tag nach der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde wirksam.
Artikel XIV
Art. 14
Diese Konvention bleibt für die Dauer von zehn Jahren vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an in Kraft.
Danach bleibt sie für die Dauer von jeweils weiteren fünf Jahren für jene Vertragschließenden Parteien in Kraft, die sie nicht mindestens sechs Monate vor Ablauf des laufenden Zeitraumes gekündigt haben.
Die Kündigung erfolgt durch schriftliche Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Artikel XV
Art. 15
Wenn infolge von Kündigungen die Zahl der Parteien dieser Konvention auf weniger als sechzehn sinkt, tritt die Konvention mit dem Zeitpunkt außer Kraft, in dem die letzte dieser Kündigungen wirksam wird.
Artikel XVI
Art. 16
Ein Antrag auf Revision dieser Konvention kann jederzeit von einer Vertragschließenden Partei durch eine schriftliche Mitteilung an den Generalsekretär gestellt werden.
Die Generalversammlung entscheidet über die Schritte, die gegebenenfalls auf einen solchen Antrag hin zu unternehemen sind.
Artikel XVII
Art. 17
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen macht allen Mitgliedern der Vereinten Nationen und den in Artikel XI erwähnten Nicht-Mitgliedstaaten über die folgenden Angelegenheiten Mitteilung:
a) Unterzeichnungen, Ratifikationen und Beitritte, die gemäß Artikel XI eingegangen sind;
b) Mitteilungen, die gemäß Artikel XII eingegangen sind;
c) den Zeitpunkt, zu dem diese Konvention gemäß Artikel XIII in Kraft tritt;
d) Kündigungen, die gemäß Artikel XIV eingegangen sind;
e) Außerkrafttreten der Konvention gemäß Artikel XV;
f) Mitteilungen, die gemäß Artikel XVI eingegangen sind.
Artikel XVIII
Art. 18
Das Original dieser Konvention wird in den Archiven der Vereinten Nationen hinterlegt.
Eine beglaubigte Abschrift der Konvention wird jedem Mitglied der Vereinten Nationen und jedem der in Artikel XI erwähnten Nicht-Mitgliedstaaten übermittelt.
Artikel XIX
Art. 19
Diese Konvention wird am Tag ihres Inkrafttretens beim Generalsekretär der Vereinten Nationen registriert.