(1) Der Antrag auf Verleihung der Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ bzw. „Ingenieur“ kann bei jeder Zertifizierungsstelle im Wohnsitzbundesland oder, sofern eine solche nicht eingerichtet ist, bei jeder Zertifizierungsstelle eingebracht werden und hat die entsprechende Fachrichtung zu beinhalten. Anzuschließen sind insbesondere Nachweise über die Identität der Bewerberin oder des Bewerbers, über die Ausbildung (insbesondere Zeugnisse) und über die Praxistätigkeit. Urkunden und Zeugnisse sind auf Verlangen der Zertifizierungsstelle im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen, fremdsprachige Dokumente über Verlangen der Zertifizierungsstelle überdies in Übersetzung durch eine gerichtlich beeidete Dolmetscherin oder einen gerichtlich beeideten Dolmetscher.
(2) Bei unselbstständig Beschäftigten ist der Nachweis über die absolvierte Praxistätigkeit durch eine aussagekräftige Tätigkeitsbeschreibung der Arbeitgeberinnen bzw. der Arbeitgeber zu erbringen. Weiters sind von der Antragstellerin bzw. vom Antragsteller Beschreibungen der ingenieurmäßig ausgeführten Tätigkeiten, insbesondere zu Referenzprojekten, an denen sie bzw. er federführend beteiligt war, vorzulegen. Bei selbstständiger Tätigkeit ist der Nachweis durch eigene aussagekräftige Tätigkeitsbeschreibungen unter Angabe von Referenzprojekten mit entsprechenden Projekterläuterungen, gegebenenfalls mit Bestätigungen von Auftraggeberinnen bzw. von Auftraggebern zu erbringen. Ausstellerinnen und Aussteller von Bestätigungen und Tätigkeitsbeschreibungen haften für deren Richtigkeit.
(3) Wenn die Zertifizierungsstelle aufgrund der vorliegenden Unterlagen das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 feststellt, ist die Antragstellerin oder der Antragsteller zum Fachgespräch einzuladen.
(4) Die Zertifizierungsstelle hat mit der Durchführung der Fachgespräche Zertifizierungskommissionen zu betrauen. Eine Zertifizierungskommission besteht aus zwei Mitgliedern, die Fachexpertinnen oder Fachexperten in der jeweiligen Fachrichtung sein müssen und von der zuständigen Zertifizierungsstelle für jeweils fünf Jahre ernannt werden. Diese Personen müssen selbst über die Standesbezeichnung oder die Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ oder „Ingenieur“ oder über einen tertiären Bildungsabschluss in einer technischen Fach- oder Studienrichtung verfügen. Sie müssen darüber hinaus geeignet sein, das Vorliegen der nachzuweisenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz, insbesondere anhand von Referenzprojekten, mit welchen die Antragstellerin bzw. der Antragssteller im Rahmen ihrer bzw. seiner Praxistätigkeit betraut war, zu beurteilen. Die Fachexpertinnen und Fachexperten müssen bei ihrer Bestellung eine aktive Berufstätigkeit ausüben, die mit dem Fachgebiet der von der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller absolvierten Fachrichtung oder einer verwandten Fachrichtung in Zusammenhang steht. Ein Mitglied der Zertifizierungskommission muss aus der Berufspraxis der jeweiligen Fachrichtung oder einer verwandten Fachrichtung, das zweite Mitglied der Zertifizierungskommission aus dem Kreis der Lehrkräfte an einer fachlich entsprechenden höheren Lehranstalt, einer Fachhochschule oder Universität kommen. Jede Zertifizierungsstelle hat eine Liste der bestellten Fachexpertinnen und Fachexperten zu führen und diese dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft halbjährlich zum 30. Juni und 31. Dezember jeden Jahres zur Information zu übermitteln.
(5) Das Fachgespräch dauert in der Regel bis zu 45 Minuten. Dabei sind die Vertiefung und die Erweiterung der durch Ablegen der Reife- und Diplomprüfung gemäß § 2 Z 1 lit. a oder Erlangen der vergleichbaren Qualifikationen gemäß § 2 Z 2 lit. a und Z 3 lit. a nachgewiesenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz im Rahmen der Praxistätigkeit gemäß § 2 Z 1 lit. b, Z 2 lit. b oder Z 3 lit. b (Handlungskompetenz) zu beurteilen. Das Fachgespräch ist in deutscher Sprache zu führen. Es ist erfolgreich absolviert, wenn beide Mitglieder der Zertifizierungskommission übereinstimmend die Feststellung des Vorliegens ausreichender ingenieurmäßiger Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz zur Ausführung der Tätigkeiten gemäß der aufgrund von § 3 Abs. 1 zu erlassenden Verordnung treffen. Über das Fachgespräch ist ein Protokoll zu führen, in das die Antragstellerin bzw. der Antragsteller auf Antrag Einsicht nehmen kann. Falls das Fachgespräch nicht erfolgreich absolviert wurde, sind die Gründe dafür im Protokoll festzuhalten. Das Fachgespräch kann innerhalb desselben Antragsverfahrens einmal wiederholt werden.
(6) Die mit einem Fachgespräch betrauten Fachexpertinnen und Fachexperten haben ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse unparteiisch auszuüben. Sie haben sich als befangen zu erklären, wenn sie in einem Naheverhältnis zur Antragstellerin bzw. zum Antragsteller, zB aufgrund eines Verwandtschaftsverhältnisses oder bei Beschäftigung im selben Unternehmen oder in einem unmittelbaren Konkurrenzunternehmen, stehen bzw. in den vergangenen zwei Jahren standen.
(7) Nach erfolgreich absolviertem Fachgespräch werden der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller ein Bescheid sowie eine Urkunde (Zertifikat) über die Verleihung der Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ bzw. „Ingenieur“ ausgestellt. Die Anführung der Fachrichtung in der Urkunde ist möglich. Die Ausstellung der Urkunde erfolgt durch die Leiterin bzw. den Leiter der Zertifizierungsstelle. Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat diesbezüglich ein österreichweit einheitliches Formular vorzugeben.
(8) Sind die Voraussetzungen zur Verleihung der Qualifikationsbezeichnung „Ingenieurin“ bzw. „Ingenieur“ nicht erfüllt, hat die Zertifizierungsstelle einen Bescheid darüber zu erlassen. Gegen Bescheide der Zertifizierungsstelle steht der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller das Recht auf Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu.
(9) Schriften und Amtshandlungen der Zertifizierungsstellen gemäß § 4 unterliegen nicht der Gebührenpflicht gemäß dem Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957, in der jeweils geltenden Fassung.
(10) Amtshandlungen der Zertifizierungsstellen gemäß § 4 sind von Bundesverwaltungsabgaben gemäß der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24/1983, in der jeweils geltenden Fassung, befreit.
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