BundesrechtBundesgesetzeVorgenommene Eheschließungen vor einem Seelsorger einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft

Vorgenommene Eheschließungen vor einem Seelsorger einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft

In Kraft seit 09. Oktober 1959
Up-to-date

§ 1

(1) Haben Verlobte in der Zeit vom 29. Juni 1945 bis 30. April 1946 ohne Eheschließung in der gesetzlichen Form vor einem Seelsorger einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft in Österreich eine Trauung erwirkt, so hat das Gericht auf Antrag auszusprechen, daß zwischen ihnen eine Ehe als an dem Tage der Abgabe der konfessionellen Eheschließungserklärung zustandegekommen gilt.

(2) Haben solche Verlobte vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes die Eheschließung in der gesetzlichen Form nachgeholt, so hat das Gericht auf Antrag auszusprechen, daß die Ehe als an dem Tage der Abgabe der konfessionellen Eheschließungserklärung zustandegekommen gilt.

§ 2

Ein Antrag gemäß § 1 Abs. 1 ist vom Gericht abzuweisen, wenn

1. einer der Verlobten bei Lebzeiten des anderen mit einer dritten Person eine Ehe geschlossen hat;

2. hinsichtlich der vor dem Seelsorger erwirkten Trauung ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, mit dem das Nichtbestehen der Ehe zwischen den Parteien festgestellt oder die Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist; oder

3. einer der Verlobten bei Lebzeiten des anderen seinen Ehewillen nicht durch Verbleib in der Gemeinschaft oder sonst in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nach außenhin ernstlich und bestimmt aufrechterhalten hat.

(2) Ein Antrag gemäß § 1 Abs. 2 ist vom Gericht abzuweisen, wenn einer der im Abs. 1 angeführten Umstände vor der Nachholung der Eheschließung eingetreten ist.

§ 3

Entscheidungen nach § 1 wirken hinsichtich des Erbrechts und des ehelichen Güterrechts nur für die Zeit ab Antragstellung, hinsichtlich der Bezüge, auf die ein Ehegatte aus dem Bestand der Ehe mit dem anderen gegen Dritte Anspruck hat, auch für die der Antragstellung vorangegangenen drei Jahre.

§ 4

(1) Anträge nach § 1 können nur bis zum Ende des Jahres 1961 gestellt werden.

(2) Antragsberechtigt sind die Verlobten (Ehegatten) gemeinsam oder, falls einer von ihnen gestorben oder für tot erklärt oder sein Tod bewiesen worden ist, der Überlebende. Sind beide Verlobte (Ehegatten) gestorben oder für tot erklärt (ihr Tod bewiesen), so kann der Antrag von jedem gemeinschaftlichen Kinde gestellt werden.

§ 5

(1) Über Anträge nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Oberlandesgericht. Zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die konfessionelle Eheschließungserklärung abgegeben, im Falle des § 1 Abs. 2 die Eheschließung nachgeholt worden ist. Der Rechtszug gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes geht in zweiter Instanz an den Obersten Gerichtshof.

(2) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen mit folgenden Besonderheiten:

1. Beweisaufnahmen haben vor dem Senat des Oberlandesgerichtes in mündlicher Verhandlung stattzufinden; im übrigen sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über den Beweis sinngemäß anzuwenden.

2. Die Verweisung auf den Rechtsweg ist ausgeschlossen.

3. Das Rechtsmittel der Vorstellung ist unzulässig.

§ 6

(1) Das Oberlandesgericht hat eine Ausfertigung der rechtskräftigen Entscheidung nach § 1 dem Standesamt zu übersenden. Zuständig ist das Standesamt, in dessen Bezirk die konfessionelle Eheschließungserklärung abgegeben, im Falle des § 1 Abs. 2 bei dem die Eheschließung nachgeholt worden ist.

(2) Die Standesämter haben die ihnen nach Abs. 1 mitgeteilten Personenstandsfälle in die Personenstandsbücher einzutragen.

§ 7

Das Bundesgesetz vom 21. Mai 1947, BGBl. Nr. 117, über die Wirksamkeit von Eheschließungen vor Funktionären der Besatzungsmächte bleibt unberührt.

§ 8

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist das Bundesministerium für Justiz, hinsichtlich des § 6 Abs. 2 das Bundesministerium für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Justiz betraut.