Tierärztliche Physikatsprüfungsordnung
Voraussetzungen zur Zulassung zur Prüfung
§ 2Prüfungskommission
§ 3Zulassung zur Prüfung
§ 4Prüfungsgegenstände
§ 5Schriftlicher Prüfungsabschnitt
§ 6Mündlicher Prüfungsabschnitt
§ 7Beurteilung der Prüfungsergebnisse
§ 8Wiederholung der Prüfung
§ 9Prüfungszeugnis
§ 10Prüfungsniederschrift
§ 11Prüfungsgebühren
§ 12Außerkrafttreten der bisherigen Vorschriften
§ 13Übergangsbestimmungen
§ 1 Voraussetzungen zur Zulassung zur Prüfung
(1) Für die Zulassung zur Prüfung ist erforderlich:
1. das an der Tierärztlichen Hochschule in Wien erlangte oder von ihr nostrifizierte Diplom eines Tierarztes,
2. der Nachweis
a) einer mindest einjährigen tierärztlichen Praxis,
b) von weiteren zwei Jahren tierärztlicher Praxis oder sonstiger tierärztlicher Tätigkeit.
Die fachliche Betätigung nach lit. a und b muß in Österreich nach Erlangung des tierärztlichen Diploms ausgeübt worden sein.
3. Der Nachweis über den Besuch der Vorträge über die Grundzüge der österreichischen Verwaltung mit besonderer Berücksichtigung des öffentlichen Veterinärdienstes und der für das Veterinärwesen wichtigen Sanitätsvorschriften (§ 4 Abs. 1 Z 1).
(2) Dem Erfordernis des Abs. 1 Z 2 lit. b ist gleichzuhalten eine einjährige Verwendung
als Amtstierarzt,
als Assistent an einer der nachfolgenden Lehrkanzeln der Tierärztlichen Hochschule in Wien:
Lehrkanzel für interne Medizin,
Lehrkanzel der Buiatrik,
Lehrkanzel für allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie,
Lehrkanzel für Bakteriologie und Tierhygiene, Lehrkanzel für Fleischhygiene und tierärztliche Lebensmittelkunde oder
Lehrkanzel für Milchhygiene, Lebensmittel- und Futtermittelkunde
als Tierarzt an der Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung, an der Bundesanstalt für Virusseuchenbekämpfung der Haustiere oder an einer der Bundesanstalten für veterinärmedizinische Untersuchungen,
als Gestütstierarzt an einer Bundespferdezuchtanstalt oder als Militärtierarzt.
(3) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft an Stelle der im Abs. 1 Z 2 lit. a vorgeschriebenen tierärztlichen Praxis auch eine andere tierärztliche Tätigkeit anerkennen.
(4) Für die Ausstellung einer Bestätigung zwecks Nachweises der tierärztlichen Praxis oder Tätigkeit ist zuständig:
bei Amtstierärzten: der Landeshauptmann,
bei Hochschulassistenten: das Rektorat der Tierärztlichen Hochschule,
bei Verwendung an einer Bundesanstalt: die Anstaltsleitung, bei Militärtierärzten: die militärische Dienststelle und in den übrigen Fällen: die Bezirksverwaltungsbehörde.
(5) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach diesem Paragraphen kann auch Personen, die nicht im Bundesdienste stehen, sofern sie österreichische Staatsbürger sind, die Ablegung der tierärztlichen Physikatsprüfung bewilligt werden.
§ 2 Prüfungskommission
(1) Die Prüfungskommission wird beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eingesetzt.
(2) Sie besteht aus dem Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter und der erforderlichen Anzahl von Prüfungskommissären. Die Mitglieder der Prüfungskommission werden vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft für die Dauer von drei Jahren ernannt. Der Vorsitzende und dessen Stellvertreter müssen dem Stande der Veterinärbeamten des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft angehören. Die übrigen Mitglieder der Prüfungskommission müssen im öffentlichen Veterinärdienste oder im akademischen Lehramte stehende Tierärzte sein. Für jeden Prüfungskommissär ist auch ein Ersatzmann zu ernennen.
(3) Zum Schriftführer der Prüfungskommission und zu dessen Stellvertreter werden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft tierärztliche Beamte, die dem Personalstande dieses Bundesministeriums angehören, gleichfalls auf die Dauer von drei Jahren bestellt.
(4) Der Vorsitzende, dessen Stellvertreter oder Prüfungskommissäre haben sich ihres Amtes zu enthalten, wenn zwischen ihnen und einem Prüfungsbewerber Umstände vorliegen, die ihre Befangenheit im Sinne des § 7 AVG begründen.
(5) Die Prüfungskommissäre haben auf ihrem Prüfungsgebiete die Prüfungsfragen zu stellen, es bleibt ihnen aber anheimgestellt, auch aus anderen Prüfungsgegenständen Fragen zu stellen, soweit diese mit ihrem Prüfungsgegenstande in Beziehung gebracht werden. Der Vorsitzende hat das Recht, Fragen aus dem gesamten Prüfungsstoff zu stellen.
§ 3 Zulassung zur Prüfung
(1) Die Prüfungen finden alljährlich im Frühjahr und im Spätherbst, in der Regel im Mai und November, statt.
(2) Die Ansuchen, welchen außer den im § 1 Abs. 1 geforderten Belegen noch ein kurzer Lebenslauf beizufügen ist, in welchem der Studiengang und die fachliche Betätigung nach Erlangung des tierärztlichen Diploms anzuführen sind, müssen bis längstens Ende Jänner oder beim Herbsttermin bis Ende Juli dem nach dem Wohnort des Prüfungswerbers zuständigen Landeshauptmanne vorgelegt werden.
(3) Der Landeshauptmann hat die Ansuchen unter entsprechender Antragstellung bis längstens 1. März, beim Herbsttermin bis längstens 1. September dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vorzulegen. Das Bundesministerium entscheidet über die Zulassung oder die Abweisung und verständigt hievon den Prüfungswerber, und zwar im Falle der Zulassung unter Bekanntgabe des Prüfungstermines.
(4) Das Ansuchen kann zurückgezogen werden; es gilt als zurückgezogen, wenn der Prüfungsbewerber zu der für die Prüfung festgesetzten Stunde nicht oder derart verspätet erscheint, daß die Prüfung nicht mehr vorgenommen werden kann, oder wenn er während der Prüfung zurücktritt.
§ 4 Prüfungsgegenstände
(1) Prüfungsgegenstände sind:
1. Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Veterinärwesen und Tierschutz.
Grundzüge der Bundesverfassung, des Verwaltungsverfahrens, des Verwaltungsstrafverfahrens und des Verwaltungsrechtes mit besonderer Berücksichtigung des öffentlichen Veterinär- und Sanitätsdienstes; Tierseuchen-Gesetze und -Verordnungen, Rechtsvorschriften über den öffentlichen Veterinärdienst und andere tierärztliche Berufe, über die mit dem Veterinärwesen zusammenhängenden Gewerbe und Betätigungen, Desinfektionsgesetz; Tierseuchenübereinkommen mit anderen Ländern, tierärztliche Grenzkontrolle und Eisenbahnverkehrsordnung (Beförderung von Tieren und tierischen Rohstoffen usw.); Tierschutz-Gesetze und -Verordnungen.
2. Allgemeine und spezielle Seuchenlehre.
a) Bakteriologie und Veterinärhygiene.
Allgemeine Epidemiologie, Infektion und Immunität, Serodiagnose, Impfungen, Impfstoffe, Desinfektion. Anfertigung, mikroskopische Untersuchungen und Begutachtung eines bakteriologischen Präparates von praktischer Bedeutung. Boden, Luft, Klima, Wasserversorgung, Abwässer, Stallbau, Tierkliniken, Schädlingsbekämpfung, Tierkörperverwertung.
b) Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Durch Infektions- und parasitäre Krankheiten verursachte pathologische Veränderungen bei Haustieren und ihre Entstehung mit Berücksichtigung der differentialdiagnostisch wichtigen Krankheiten.
c) Klinische Seuchenlehre.
Entstehung, Vorkommen, Verbreitung, Erscheinung, Verlauf, Ermittlung, Vorbeuge und Bekämpfung der Infektions- und parasitären Krankheiten mit Berücksichtigung der differentialdiagnostisch wichtigen Krankheiten; Zucht- und Aufzuchtkrankheiten der landwirtschaftlichen Haustiere; künstliche Befruchtung der Haustiere.
3. Fleischhygiene, Lebensmittel tierischer Herkunft und Schlachthofkunde.
Untersuchung und Beurteilung von Fleisch und von
Lebensmitteln tierischer Herkunft unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften. Hygienische Anforderungen bei Schlachthöfen.
4. Milchhygiene, Lebensmittel nichttierischer Herkunft, Fütterungslehre und Futtermittelkunde.
Untersuchung und Beurteilung von Milch und Milcherzeugnissen vom tierärztlichen Standpunkte mit Berücksichtigung einschlägiger Einrichtungen und Apparate;
Beurteilung und Probeentnahme für die fachtechnische Untersuchung von Lebensmitteln nichttierischer Herkunft;
Fütterungslehre; Futtermittel und ihre hygienische Beurteilung, Maßnahmen bei Futtervergiftungen;
Rechtsvorschriften auf dem Gebiete der Lebensmittelkontrolle und des Ernährungswesens im Sinne des Art. 10 Z 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes.
5. Toxikologie, Pharmakognosie und Apothekenwesen. Begriffe der allgemeinen Pharmakologie und Toxikologie;
grobsinnliche Bestimmung wichtiger inländischer Heil- und Giftpflanzen und ihre pharmakologische und toxische Wirkung; Zusammensetzung, Wirkung und Anwendung häufiger Gifte und offizineller Drogen. Die häufigsten Schädigungen der Haustiere durch Gifte in klinischer und pathologisch-anatomischer Hinsicht. Apothekengesetz, Apothekenbetriebsordnung; Einrichtung und Führung von tierärztlichen Hausapotheken, Arzneibuch und Arzneitaxe. Vorschriften über Gifte und Suchtgifte.
Spezialitätenordnung.
6. Tierzucht und Tierhaltung.
Inländische Haustierrassen, Beurteilung von Nutz- und Zuchttieren, öffentliche Maßnahmen zur Förderung der Tierzucht (Herdbuchwesen, Milchleistungsprüfungen, Vatertierhaltung, Jungtieraufzucht, Tierschauen u. dgl.);
Vererbungslehre, Rassenverbesserung, Züchtungshygiene;
Haltung und Wartung der Haustiere, Huf- und Klauenpflege, Alm- und Weidewirtschaft; Tierzuchtförderungs-Gesetze und -Verordnungen.
7. Gerichtliche Veterinärmedizin.
Gewährleistung (§§ 922 – 933 ABGB), Schadenersatz (§§ 1293 ff. ABGB), Altersbestimmung von Tierkrankheiten und Tiermängeln, Bestimmungen des Zivil- und Strafrechtes hinsichtlich der Tiere und tierischen Erzeugnisse, tierärztliche Sachverständigentätigkeit im Zivil- und Strafprozeß.
(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsabschnitte. Zu letzterem haben Tierärzte unbeschränkt Zutritt.
§ 5 Schriftlicher Prüfungsabschnitt
(1) Die schriftliche Prüfung, für die sechs Stunden festgesetzt werden, findet unter Aufsicht von Amtstierärzten der Veterinär-Fachabteilung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft statt.
(2) Die Prüfung erstreckt sich auf die Bearbeitung von Fragen aus einem der im § 4 angeführten Prüfungsgegenstände, welche vom Vorsitzenden der Prüfungskommission ausgewählt werden. Sie sollen womöglich Aufgaben aus der Praxis sein oder in der Bearbeitung von Verwaltungsakten bestehen.
(3) Jeder Prüfling zieht seine Fragen.
(4) Die Einsichtnahme in Rechtsvorschriften ist gestattet, jedoch ist dies vom Prüfling auf der Arbeit zu vermerken und vom Aufsichtsbeamten zu überprüfen.
(5) Während der Dauer der schriftlichen Prüfungsarbeit ist das Verlassen des Prüfungsraumes auf längere Zeit nicht gestattet.
(6) Die Prüfungsarbeit ist vom Prüfling zu unterschreiben und vom Aufsichtsorgan unter Beifügen des Zeitpunktes der Abgabe zu übernehmen.
§ 6 Mündlicher Prüfungsabschnitt
(1) Die mündliche Prüfung umfaßt nachstehende Prüfungsgegenstände: Veterinärwesen und Tierschutz, allgemeine und spezielle Seuchenlehre sowie Toxikologie, Pharmakognosie und Apothekenwesen (§ 4 Abs.1 Punkt 1, 2 und 5), sowohl theoretisch als auch praktisch. In klinischer Seuchenlehre hat auch eine besondere Prüfung über Seuchen bei Klauentieren stattzufinden. Außerdem ist der Prüfling noch aus einem der Gegenstände: Fleischhygiene, Lebensmittel tierischer Herkunft und Schlachthofkunde oder Milchhygiene, Lebensmittel nichttierischer Herkunft, Fütterungslehre und Futtermittelkunde oder Tierzucht und Tierhaltung oder gerichtliche Veterinärmedizin (§ 4 Abs.1 Punkt 3, 4, 6 und 7), sowohl theoretisch als auch praktisch zu prüfen. Die Bestimmung dieses Prüfungsgegenstandes obliegt dem Vorsitzenden. Dieser bestimmt auch die Dauer dieser Teilprüfungen.
(2) Insbesondere hat jeder Prüfling die Obduktion einer Tierleiche und die klinische Untersuchung eines Tieres durchzuführen sowie ein dazugehöriges Gutachten zu verfassen.
(3) Für die Ausarbeitung der im mündlichen Prüfungsabschnitte vorgesehenen schriftlichen Arbeiten ist vom Vorsitzenden über Vorschlag des Prüfers ein entsprechender Zeitraum festzusetzen.
§ 7 Beurteilung der Prüfungsergebnisse
(1) Die Ergebnisse der Einzelprüfungen und das Gesamtergebnis sind „mit Auszeichnung bestanden“, „bestanden“ und „nicht bestanden“ zu beurteilen. Das Gesamtergebnis ist dann als „mit Auszeichnung bestanden“ zu beurteilen, wenn mehr als die Hälfte der Prüfungsgegenstände dieses Kalkül aufweisen; die Beurteilung lautet auf „nicht bestanden“, wenn der Prüfling dieses Kalkül entweder bei der schriftlichen Prüfungsarbeit oder auch nur in einem der Prüfungsgegenstände des mündlichen Prüfungsabschnittes erhalten hat.
(2) Erkrankt ein Prüfling während der Prüfung oder wird ihm die weitere Teilnahme durch zwingende Gründe unmöglich gemacht, so entscheidet der Vorsitzende, inwieweit die Prüfung als abgelegt anzusehen oder inwieweit sie nachzuholen ist.
§ 8 Wiederholung der Prüfung
(1) Wenn der Prüfling nur im schriftlichen Prüfungsabschnitte oder im mündlichen Prüfungsabschnitte in höchstens einem Gegenstand nicht entsprochen hat und die Prüfung im nächsten, spätestens im übernächsten Prüfungstermin wiederholt, so beschränkt sich die Wiederholung auf den schriftlichen Prüfungsabschnitt oder im mündlichen Prüfungsabschnitt auf den Gegenstand, in welchem nicht entsprochen wurde. Hat er aber bei der schriftlichen und in einem oder mehreren Gegenständen bei der mündlichen Prüfung oder in mehr als zwei Gegenständen bei der mündlichen Prüfung nicht entsprochen, so hat er die ganze Prüfung zu wiederholen.
(2) Eine zweite Wiederholung ist nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen – jedoch nicht vor Ablauf eines Zeitraumes von einem Jahr seit der letzten Prüfung – zu gestatten.
§ 9 Prüfungszeugnis
(1) Prüflinge, welche die Prüfung bestanden haben, erhalten ein vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterschriebenes, mit dem Siegel der Prüfungskommission versehenes vorschriftsmäßig gestempeltes Zeugnis, welches den Tag der Prüfung und das Prüfungsergebnis zu enthalten hat.
(2) Prüflinge, welche die Prüfung nicht bestanden haben, erhalten eine Verständigung über das Ergebnis der Prüfung.
§ 10 Prüfungsniederschrift
Über den gesamten Prüfungsakt ist eine Niederschrift aufzunehmen. Diese hat die Fragen aus den Prüfungsgegenständen der beiden Prüfungsabschnitte, die Beurteilung der Prüfungskommissäre für ihre Prüfungsgegenstände und das Gesamtergebnis der zwei Prüfungsabschnitte sowie etwaige besondere Vorkommnisse zu enthalten.
§ 11 Prüfungsgebühren
(1) Vor der Prüfung hat der Prüfungswerber eine Prüfungsgebühr in der Höhe von 150 S zu erlegen, wovon 135 S unter den Mitgliedern der Prüfungskommission zu gleichen Teilen zu verteilen sind. Aus dem Rest ist der Schriftführer zu entschädigen und sind die Kanzleiauslagen zu bestreiten.
(2) Bei Wiederholung der Prüfung im ganzen oder zum Teile ist die volle Prüfungsgebühr neuerlich zu entrichten.
§ 12 Außerkrafttreten der bisherigen Vorschriften
Mit dem Tage des Inkrafttretens dieser Kundmachung treten die bisher geltenden Vorschriften über die tierärztliche Physikatsprüfung, insbesondere die Verordnung vom 24. Jänner 1923, BGBl. Nr. 60, in der derzeit geltenden Fassung, außer Kraft.
§ 13 Übergangsbestimmungen
(Anm.: § 13 gegenstandslos)