Luftschadstoffbelastungen entlang von Hochleistungsstraßen zeigen einen sehr starken Gradienten im Konzentrationsverlauf, der in Windrichtung mit der Entfernung von der Straße stark abnimmt. Eine alleinige Steuerung einer Maßnahme, basierend auf einer lokalen Messung, berücksichtigt dieses Faktum nicht. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Maßnahme einer Geschwindigkeitsreduktion auch beim zu schützenden Gut (meist die nächstgelegenen Anrainer/innen) effizient und wirkungsvoll ist. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Informationen über Verkehrsstärke, Luftgütesituation und Ausbreitungsverhalten miteinander zu verbinden. Daher wurde ein Expertensystem entwickelt, das in der Lage ist, aus diesen genannten Informationen und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten die Maßnahme einer Geschwindigkeitsbegrenzung effizient einzusetzen.
Das Expertensystem besteht aus folgenden Elementen:
1. Bestimmung der Verkehrsstärke und damit der Emissionsmengen des Verkehrs.
2. Bestimmung der Ausbreitungsbedingungen, charakterisiert durch Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Stabilität der Atmosphäre.
3. Bestimmung der verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastung an vorgegebenen Orten.
4. Entscheidungskriterium, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung aktiviert werden soll.
Das Konzept basiert auf der Nutzung von Berechnungsergebnissen, kombiniert mit aktuellen Messdaten (Meteorologie und Verkehr). Der messtechnische Aufwand zum Betrieb des Systems und damit auch die Erhaltungskosten werden mit dieser Methode optimiert. Zudem kann durch die vorab durchgeführten Berechnungen der verkehrsbezogenen Immissionsbelastungen sichergestellt werden, dass die Maßnahme (Geschwindigkeitsbeschränkung) verursacherbezogen aktiviert wird.
Da zur gemessenen Schadstoffbelastung, vor allem für den Schadstoff PM 10 , nicht nur die Verkehrsemissionen, sondern auch andere Quellen beitragen (Abbildung 1), sind zur Bestimmung des Hintergrunds (Vorbelastung durch andere Quellen) und zur Überprüfung der Einhaltung der Grenzwerte unbedingt Luftgütemessungen notwendig. Auf Grund der großräumig homogenen PM 10 Belastung müssen diese Messstellen nicht direkt an den Autobahnabschnitten situiert sein.
Abbildung 1: Typischer Verlauf der jahresdurchschnittlichen PM 10 Belastung quer zur Autobahn
Die Anforderungen der Verordnung werden deshalb in zwei Modulen umgesetzt. Das erste Modul überprüft, ob eine Überschreitung des Kurzzeitgrenzwertes auftritt oder in unmittelbarer Zukunft zu erwarten ist. Das zweite Modul ermittelt den aktuellen Immissionsbeitrag von NO x der PKW ähnlichen Fahrzeuge, damit die Aktivierung der Geschwindigkeitsbegrenzung ausschließlich zu Zeiten mit hoher Maßnahmenwirksamkeit erfolgt. Beide Module werden konservativ gekoppelt, d. h., jedes Modul kann unabhängig vom anderen das Tempolimit aktivieren.
Auf Basis von gemessenen Luftgütedaten, Verkehrsdaten und meteorologischen Daten wird entschieden, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung aktiviert wird. Um Verzögerungen des gesamten Systems auszugleichen, müssen für alle Eingangsdaten kurzfristige Prognosen erstellt werden (Kap. 1.2.3.), so dass sich diese Daten auf den zukünftigen Schaltzeitraum beziehen. Zuerst werden die PM 10 Messdaten eingelesen und überprüft. Zur Beurteilung der Luftgüte wird der gleitende Dreistundenmittelwert und nicht der Tagesmittelwert herangezogen, da durch den kürzeren Mittelungszeitraum rascher auf geänderte äußere Bedingungen reagiert werden kann. Erreicht oder überschreitet der Prognosewert den Schwellenwert von 49 µg/m³, führt dies zu einer Aktivierung der Geschwindigkeitsbeschränkung. Wird dieser Schwellenwert nicht überschritten oder werden keine gültigen Prognosewerte übermittelt, wird das zweite Modul gestartet. Zuerst wird die aktuelle Verkehrsbelastung durch PKW ähnliche Kraftfahrzeuge auf dem relevanten Zählquerschnitt eingelesen und dann der kurzfristige Trend anhand von statischen oder dynamischen Ganglinien berücksichtigt. Auf Basis dieser prognostizierten Verkehrszahlen werden dann die Emissionen der PKW ähnlichen Kraftfahrzeuge berechnet.
Die meteorologischen Prognosedaten für bestimmte Aufpunkte werden von der Austro Control ermittelt und für den Algorithmus zur Verfügung gestellt. Das ermöglicht die Bestimmung der Ausbreitungssituation und damit die Berechnung des Immissionsbeitrages von NO x der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge. Erreicht oder überschreitet dieser einen vorher definierten Schwellenwert (Kap. 1.3.), so führt dies zu einer Aktivierung der Geschwindigkeitsbeschränkung.
Zur Steuerung der flexiblen VBA mit dem vorher beschriebenen Konzept werden folgende aktuelle Eingangsdaten für jeden getrennt geschalteten Teilkorridor zur Verfügung gestellt:
• Aktuelle PM 10 Konzentrationen;
• Prognosedaten an relevanten Aufpunkten: mittlere Windgeschwindigkeit, mittlere Windrichtung und thermische Stabilität (bzw. Ausbreitungsklasse) aus Messungen oder Modellberechnungen;
• Zählung aller vom Tempolimit betroffenen Fahrzeugkategorien (PKW, Krad, Lfw);
• Statische oder dynamische Ganglinien.
Abbildung 2: Definition der Schnittstellen für die VBA-Verordnung
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Eingangsdaten von den Verantwortlichen (Land Steiermark, Austro Control und ASFiNAG) einem Plausibilitätscheck unterzogen werden. Innerhalb des Algorithmus erfolgt folgende Datenkontrolle:
1. Die Aktualität der Daten wird überprüft.
2. Es wird überprüft, ob die Messdaten in einem definierten Intervall liegen.
Bei einem Ausfall der Daten wird folgendermaßen vorgegangen:
Grundsätzlich sind zur Bildung der Dreistundenmittelwerte (MW3) 4 gültige Halbstundenmittelwerte notwendig. Die Berechnung der Dreistundenmittelwerte erfolgt halbstündlich (gleitend) jeweils für die letzten drei Stunden. Der Algorithmus überprüft, ob der letzte gültige MW3 mehr als eine Stunde zurückliegt (bzw. der letzte Messwert zwei Stunden zurückliegt). Ist das der Fall, werden die Messdaten der Ersatzmessstation (§ 2 Z. 3) herangezogen. Ein kurzzeitiger Ausfall der Messdaten kann dadurch anhand der Prognosedaten kompensiert werden. Die Messdaten der Ersatzstation werden analog überprüft. Liegt auch dieser gültige MW3 mehr als eine Stunde zurück, dann wird Modul 2 gestartet und der Immissionsbeitrag der Pkws mit dem Schwellenwert 2 (errechneter NO x -Immissionsbeitrag aus dem PKW-Verkehr) verglichen.
Da für die installierten Verkehrserfassungssysteme laut ASFiNAG von einer sehr geringen Ausfallswahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, wird bei einem Datenausfall auf keine Ersatzzählung zurückgegriffen. Sind die aktuellen Verkehrsdaten älter als drei Stunden, wird ebenfalls der Algorithmus abgebrochen und kein Tempolimit angezeigt.
Die Aktualität dieser Ganglinie wird täglich geprüft, ansonsten wird zur Berechnung der Verkehrsprognose auf statische Ganglinien zurückgegriffen.
Da die meteorologischen Prognosedaten mit einem Modell der Austro Control erstellt werden, das auf verschiedenen lokalen Messungen beruht, wird davon ausgegangen, dass der Ausfall einer Messstation innerhalb des meteorologischen Modells kompensiert wird. Sollten für den relevanten Aufpunkt dennoch keine Prognosedaten für den zu schaltenden Zeitraum vorliegen, dann wird der Algorithmus abgebrochen und kein Tempolimit angezeigt.
Da das Tempolimit immer für das folgende Schaltintervall angezeigt wird, die Messdaten sich aber auf das vorherige Messintervall beziehen, wird diese Verzögerung mit einer kurzfristigen Prognose der Eingangsdaten ausgeglichen. Eventuell kann auch eine Verzögerung auf Grund der Übertragung der Messdaten auftreten. Dies wird dadurch berücksichtigt, dass anhand der Prognose vorausschauend der Immissionsbeitrag der PKW im zukünftigen Schaltintervall berechnet wird. Dadurch kann z. B. während des raschen Verkehrsanstiegs in der Früh (Morgenspitze) ein verursachergerechtes Schalten des Tempolimits gewährleistet werden. Der Prognosezeitraum ergibt sich aus der Zeitdifferenz zwischen den aktuellsten Messwerten und dem Schaltintervall.
Eine Prognose einer Grenzwertüberschreitung für den Tagesmittelwert an PM 10 ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Definitionsgemäß wird ein Tagesmittelwert von 00:00 bis 24:00 Uhr eines Kalendertages ermittelt. In der Früh ist die Prognose, ob an diesem Tag der Grenzwert überschritten wird, wesentlich unsicherer als am Abend. Weiters spiegeln sich kurzfristige Änderungen in der PM 10 Belastung – z. B. in Folge eines Luftmassenwechsels bei einem Frontdurchgang erst nach vielen Stunden im Messwert, der auf einen Tag bezogen ist, wider. Daher wird als Kriterium zur Bewertung der kurzfristigen Belastungssituation nicht der Tagesmittelwert, sondern der gleitende Dreistundenmittelwert (MW3) herangezogen. Dieser ist kurzfristig gut prognostizierbar. Damit wird weiters der aktuellen Belastungssituation rascher Rechnung getragen als bei Anwendung eines Tagesmittelwertes oder eines gleitenden 24 Stundenmittelwertes. Bei der Berechnung der Prognose wird der Verlauf der Konzentration der letzten Stunde berücksichtigt. Im Algorithmus wird zuerst überprüft, über welchen Zeitraum eine Prognose zu erstellen ist. Dann wird die Steigung über den gleichen zurückliegenden Zeitraum ermittelt und zum letzten gemessenen Dreistundenmittelwert addiert. Insgesamt ergibt sich für den prognostizierten Dreistundenmittelwert folgende Gleichung 1:
Gleichung 1:
Erläuterung der Gleichung 1:
MW3 prog | prognostizierter MW3 (µg/m³) für PM 10 |
MW3 mess | gemessener MW3 (µg/m³) für PM 10 |
ΔMW3 mess | Gemessene Steigung des MW3 für das betrachtete Zeitintervall |
HMW i | PM 10 -Halbstundenmittelwert (µg/m3) zum Zeitpunkt i |
n O | Letzter gemessener PM 10 -Halbstundenmittelwert |
n M | Anzahl der gemessenen PM 10 -Halbstundenmittelwerte der letzten drei Stunden |
n N | Anzahl der gemessenen PM 10 -Halbstundenmittelwerte der letzten drei Stunden - Δn |
Δ n | Prognosezeitraum, Anzahl der Halbstunden |
Für die kurzfristige Prognose der Verkehrsdaten der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge werden dynamische oder statische Ganglinien verwendet. Aus der Ganglinie wird die Veränderung der Verkehrsbelastung vom Zeitpunkt der Messung bis zum Zeitpunkt des Schaltintervalls ermittelt. Die letzte gemessene Verkehrsbelastung wird dann mit diesem Faktor multipliziert. Dabei ist zu beachten, dass die Verkehrszähldaten nur stündlich zur Verfügung stehen, die Prognosedaten sich aber auf eine Halbstunde beziehen. Der Messwert stellt also einen Mittelwert zwischen 2 Halbstunden dar:
Gleichung 2:
Erläuterung der Gleichung 2:
q prog | Prognostizierte Verkehrsbelastung [Kfz/h] |
q mess | Letzte gezählte Verkehrsbelastung [Kfz/h] |
W mess1 | Wert in der Ganglinie am Beginn der letzten Zählung [Kfz/h] |
W mess2 | Wert in der Ganglinie in der Mitte der letzten Zählung (+ 0:30) [Kfz/h] |
W prog | In der Ganglinie zum Zeitpunkt der Schaltung (Prognosewert) [Kfz/h] |
Für den Zeitraum der Schaltung ist eine Prognose der meteorologischen Parameter mittlere Windgeschwindigkeit, mittlere Windrichtung und Ausbreitungsklasse nach ÖNorm M 9440 zu erstellen. Diese Parameter werden von der Austro Control zur Verfügung gestellt. Der Mittelungszeitraum dieser Daten beträgt ebenfalls 30 Minuten und der Prognosehorizont drei Stunden. Innerhalb des beschriebenen Algorithmus werden nur die aktuellen Daten eingelesen, Datum und Uhrzeit überprüft und die Parameter herangezogen, welche sich auf den Zeitraum des Schaltintervalls beziehen. Im Rahmen der Evaluierung des Algorithmus wird auch die Prognosegüte der meteorologischen Eingangsdaten überprüft.
Die Emissionen des Kfz Verkehrs werden grundsätzlich nach dem Ansatz
Emission = Emissionsfaktor x Verkehrsleistung berechnet.
Auf Basis der prognostizierten Verkehrsmengen für die PKW-ähnlichen Fahrzeuge werden die Auspuffemissionen an Stickstoffoxiden für zwei Kategorien getrennt berechnet. Dazu wurden die Emissionsfaktoren für eine Autobahn mit Tempolimit 130 km/h aus der aktuellen Version des Handbuchs für Emissionsfaktoren (HBEFA 3.1) verwendet [1].
Für die betrachteten Fahrzeugkategorien ergeben sich bei einem Tempolimit von 130 km/h auf der Autobahn folgende Emissionsfaktoren (Bezugsjahr 2012):
EF Pkw (Personenkraftwagen): 0,478 g/km
EF Lfw (leichte Nutzfahrzeuge): 1,404 g/km
Die Emissionen der Motorräder können gegenüber den Emissionen der Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeuge vernachlässigt werden.
Gleichung 3:
Erläuterung der Gleichung 3:
E gesamt | Summe der berechneten NO x -Emissionen [g/h/km] |
E i | Emissionen der einzelnen Fahrzeugkategorien (i = PKW, Lfw) [g/h/km] |
q i, prog | prognostizierte Verkehrsbelastung [Kfz/h] |
EF i | Emissionsfaktoren der Fahrzeugkategorien (i = PKW, Lfw) [g/h/km] |
Zur Berechnung des Immissionsbeitrages wurde die Verdünnung des Schadstoffes NO x in Abhängigkeit von verschiedenen Ausbreitungssituationen untersucht. Dazu wurden Luv Lee Messungen neben der Südautobahn (A 2) analysiert und mit den Ergebnissen von Ausbreitungsmodellierungen mit dem Modell GRAL [4] verglichen. Für verschiedene Entfernungen von der Straße wurde die Verdünnung in Windrichtung in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit und der Ausbreitungsklasse nach Önorm M 9440 [3] untersucht. Für den Algorithmus wurde eine Entfernung von 50 m gewählt. Anhand folgender Formeln kann die Verdünnung eines Luftschadstoffes senkrecht zu einer Linienquelle (Straße) gut beschrieben werden:
Gleichung 4:
Gleichung 5:
Erläuterung der Gleichungen 4 und 5:
I | Berechneter Immissionsbeitrag während der Schaltung in µg/m 3 |
E gesamt | Emission aller Fahrzeugkategorien in g/h/km |
τ | Faktor für Verdünnung in (µg/m 3 )*(g/h/km) |
WIGE prog | Mittlere prognostizierte Windgeschwindigkeit in m/s |
AKLA prog | prognostizierte Ausbreitungsklasse nach ÖNorm M9440 |
Parameter zur Berechnung der Verdünnung: | |
a | 10 |
b | 70 |
c | 20 |
d | 0,08 |
e | 25,3 |
In Abbildung 3 wird der verwendete Ansatz mit den Messdaten und den Ergebnissen verschiedener Ausbreitungsrechnungen mit dem Modell GRAL verglichen.
Abbildung 3: Vergleich des verwendeten Ansatzes mit Messungen und Modellergebnissen
Zusammengefasst ergibt sich eine Aktivierung des Tempolimits, wenn eine der beiden nachstehenden Bedingungen für den (zukünftigen) Zeitraum des Schaltintervalls erfüllt ist:
• Der prognostizierte gleitende Dreistundenmittelwert (MW3) an PM 10 der betrachteten Luftgütemessstation ist größer oder gleich 49 µg/m³ oder
• der berechnete Immissionsbeitrag der NO x -Emissionen der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge in 50 m Entfernung neben der Autobahn (unabhängig von der Windrichtung) ist größer oder gleich dem festgesetzten Schwellenwert 2.
Auf Grund der ersten Bedingung wird zu jenen Situationen geschaltet, an denen die Gesamtbelastung sehr hoch ist. Das betrifft hauptsächlich das Winterhalbjahr. Je nach verwendeter Luftgütemessstation und Bezugsjahr beträgt die jahresdurchschnittliche Schalthäufigkeit zwischen 5 und 20 % (20-75 Überschreitungstage pro Jahr). Im Winterhalbjahr sind allerdings wesentlich höhere Schalthäufigkeiten zu erwarten, diese werden zudem länger anhalten.
Die zweite Bedingung überprüft, ob die durch PKWs und PKW-ähnliche Fahrzeuge verursachte Immissionsbelastung durch den PKW Verkehr überdurchschnittlich hoch ist. Dafür wird NO x verwendet, also jener Schadstoff der hauptsächlich durch den Verkehr freigesetzt wird. Auf Grund dieses Kriteriums werden auch Halbstunden in den Sommermonaten betroffen sein. Vor allem wird aber in Situationen mit viel Verkehr und schlechten Ausbreitungsbedingungen das reduzierte Tempolimit aktiviert (Morgenspitze und Abendspitze). Nach ersten Auswertungen wird die jahresdurchschnittliche Schalthäufigkeit auf Grund von Modul 2 weniger als 40 % betragen.
Bei der Berechnung der Schwellenwerte 2 für Modul 2 sind die Schaltzeiten von Modul 1 zu berücksichtigen, da sich sonst die Schalthäufigkeit unnötig erhöht. Häufig werden aber beide Kriterien erfüllt sein, da die berechnete NO x -Belastung und die gemessene PM 10 -Gesamtbelastung miteinander korrelieren. Insgesamt ist eine jahresdurchschnittliche Schalthäufigkeit von 35 % zu erwarten.
Die Dauer eines Schaltintervalls beträgt 30 Minuten. Für jede einzelne Halbstunde gibt der Algorithmus einen Schaltbefehl aus. Für die Eingangsparameter wird genau für den Zeitraum des Schaltintervalls eine Prognose erstellt.
Beispiel:
• Um 6:15 Uhr wird der Schaltbefehl für das Schaltintervall 6:30-7:00 Uhr ermittelt (Start des Programms).
• Die aktuellsten Eingangsdaten beziehen sich beispielsweise auf die Halbstunde 5:00-5:30 Uhr.
• Für die Eingangsdaten wird eine 1,5 Stunden Prognose erstellt (für 6:30-7:00 Uhr).
• Um 6:45 Uhr wird der Schaltbefehl für das Schaltintervall 7:00-7:30 Uhr ermittelt.
• usw. (Programm wird halbstündlich gestartet).
Die Bestimmung der Relevanzschwelle(n) erfolgt auf Basis von flächenhaften Simulationsrechnungen. Dazu werden zuerst die Strömungsfelder mit dem Modell GRAMM [5] und anschließend die verkehrsbedingten Konzentrationsfelder mit dem Modell GRAL [4] modelliert. An ausgewählten Aufpunkten können so die immissionsseitigen Beiträge der Auspuffemissionen der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge für alle einzelnen Halbstunden eines Jahres ermittelt werden. Diese Einzelsituationen werden nun nach ihrer Wirksamkeit für die Belastung im „relevanten“ Gebiet gereiht. Dadurch ist es möglich, einen Schwellenwert festzulegen, bei dessen Überschreitung das Tempolimit aktiviert werden soll. Die Summe der immissionsseitigen Beiträge dieser Halbstunden muss größer als 75% des gesamten jahresdurchschnittlichen Beitrags der Emissionen der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge sein.
Für die Ausbreitung der Schadstoffe NO x und PM 10 in der Atmosphäre kann prinzipiell das gleiche Verhalten angenommen werden, da dieses durch die gleichen Transportvorgänge bestimmt wird. Sehr häufig werden Senken wie z. B. Deposition bei Ausbreitungsrechnungen vernachlässigt, damit ergibt sich für die Schadstoffe das gleiche Verhältnis zwischen Immission und Emission. Aufgrund dieser Proportionalität ergibt sich für die Schadstoffe NO x und PM 10 die gleiche relative Maßnahmenwirksamkeit bezogen auf ein jahresdurchgängiges Tempolimit oder ein Tempolimit während des Winterhalbjahres.
Für den Schadstoff NO 2 ergibt sich zusätzlich die Abhängigkeit von der Umwandlung von NO zu NO 2 . Grundsätzlich ergibt sich dadurch eine Verschiebung zu Schaltzeiten mit einer höheren Umwandlungsrate. Diese ist jedoch von der Verweilzeit in der Atmosphäre und damit von der Entfernung von der Autobahn abhängig. Da letztendlich eine Reduktion der NO x -Immission mit einer Reduktion der NO 2 -Immissionen einhergeht, empfiehlt sich eine Schaltung in Abhängigkeit des NO x -Immissionsbeitrages. Außerdem wird die Auswertung der Maßnahmenwirksamkeit dadurch unabhängig vom Standort und den Umwandlungsbedingungen [2].
Es sei an dieser Stelle Folgendes angemerkt:
Die Definition der Anzahl und der Lage der relevanten Aufpunkte wirkt sich unmittelbar auf die notwendige Schalthäufigkeit aus. Sind nur auf einer Straßenseite Anrainer/innen zu berücksichtigen, dann müssen nur Windrichtungen berücksichtigt werden, welche an diesen Aufpunkten zu höheren Belastungen führen. Befinden sich dagegen in mehreren Richtungen Anrainer/innen, dann sind auch dementsprechend mehr Windrichtungen bei der Berechnung der Maßnahmenwirksamkeit zu berücksichtigen. Bei sehr großen Gebieten, welche gemeinsam geschaltet werden sollen, erhöht sich dadurch die notwendige Schalthäufigkeit. Wird die Schaltung auf Basis einer einzelnen Luftgütemessung durchgeführt, dann kann dieses Faktum nicht berücksichtigt werden. Da für die VBA Steiermark sehr große Teilkorridore abgestimmt wurden, welche gemeinsam geschaltet werden sollen, ergibt sich eine große Anzahl an zu betrachtenden Anrainern und Anrainerinnen. Deshalb wird der Immissionsbeitrag in Abhängigkeit von der Ausbreitungssituation (Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse), aber unabhängig von der Windrichtung bestimmt. Zusätzlich wird eine Entfernung definiert, in welcher die nächsten Anrainer/innen neben der Autobahn zu erwarten sind. Diese Entfernung wird für alle vier Teilkorridore auf 50 m festgelegt. Dadurch werden die geforderten 75 % Maßnahmenwirksamkeit praktisch flächendeckend und nicht nur bei ausgewählten Aufpunkten erreicht.
Die berechneten Schwellenwerte für die vier Teilkorridore der VBA Umwelt Steiermark können folgender Tabelle entnommen werden [2]:
Tabelle [2]:
„VBA Umwelt Steiermark Teilkorridor | Schwellenwert (Modul 2) |
Ost | 49,0 µg/m 3 |
West | 38,0 µg/m 3 |
Süd | 31,0 µg/m³ |
Nord | 33,0 µg/m³ |
Modul I | ||||
Luftgütemessung HMW i MW3 mess MW3 prog ΔMW3 mess n 0 n M n N Δ n | gemessener Halbstundenmittelwert an PM 10 gemessener gleitender Dreistundenmittelwert prognostizierter gleitender Dreistundenmittelwert gemessene Steigung des Dreistundenmittelwertes letzter gemessener Halbstundenmittelwert Anzahl der gemessenen Halbstunden der letzten 3 Stunden Anzahl der gemessenen Halbstunden der letzten 3 Stunden – Δn Prognosezeitraum, Anzahl der Halbstunden | µg/m³ µg/m³ µg/m³ µg/m³/h – – – – | ||
SW1 | Schwellenwert für Modul 1 | 49 µg/m³ | ||
Modul II | ||||
Verkehrszählung | ||||
qPKW_1 mess qLNF_1 mess qPKW_2 mess qLNF_2 mess qPKW_1 prog qLNF_1 prog qPKW_2 prog qLNF_2 prog W mess1 W mess2 W prog | gemessene Verkehrsbelastung der PKW in Fahrtrichtung 1 gemessene Verkehrsbelastung der leichten Nutzfahrzeuge in Fahrtrichtung 1 gemessene Verkehrsbelastung der PKW in Fahrtrichtung 2 gemessene Verkehrsbelastung der leichten Nutzfahrzeuge in Fahrtrichtung 2 prognostizierte Verkehrsbelastung der PKW in Fahrtrichtung 1 prognostizierte Verkehrsbelastung der leichten Nutzfahrzeuge in Fahrtrichtung 1 prognostizierte Verkehrsbelastung der PKW in Fahrtrichtung 2 prognostizierte Verkehrsbelastung der leichten Nutzfahrzeuge in Fahrtrichtung 2 Wert in der Ganglinie am Beginn der letzten Zählung Wert in der Ganglinie in der Mitte der letzten Zählung (+ 0:30) Wert in der Ganglinie am Beginn des Schaltintervalls (Prognosewert) | Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h Kfz/h | ||
Emissions-berechnung E gesamt E PKW E LNF EF PKW EF LNF | Summe der berechneten NOx-Emissionen Berechnete NOx-Emissionen der PKWs Berechnete NOx-Emissionen der leichten Nutzfahrzeuge NOx-Emissionsfaktor der PKWs NOx-Emissionsfaktor der leichten Nutzfahrzeuge | g/km/h g/km/h g/km/h 0,478 g/km 1,404 g/km | ||
Immissions-berechnung WIGE prog AKLA prog Τ I a b c d e | prognostizierte mittlere Windgeschwindigkeit für den Zeitraum der Schaltung prognostizierte Ausbreitungsklasse für den Zeitraum der Schaltung Verdünnungsfaktor (Immission/Emission) berechneter Immissionsbeitrag Parameter zur Berechnung der Verdünnung Parameter zur Berechnung der Verdünnung Parameter zur Berechnung der Verdünnung Parameter zur Berechnung der Verdünnung Parameter zur Berechnung der Verdünnung | m/s - (µg/m³)/(g/km/h) µg/m³ 10 70 20 0,08 25,30 | ||
SW2 O SW2 S SW2 W SW2 N | Schwellenwert für Modul 2 für den Korridor Ost Schwellenwert für Modul 2 für den Korridor West Schwellenwert für Modul 2 für den Korridor Süd Schwellenwert für Modul 2 für den Korridor Nord | 49,0 µg/m 3 38,0 µg/m 3 31,0 µg/m 3 33,0 µg/m 3 | ||
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 72/2019, LGBl. Nr. 36/2022
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