(1) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu untersuchen, ob die betreffenden Regelungen
1. keine ungerechtfertigte direkte oder indirekte Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes darstellen und
2. durch Ziele des Allgemeininteresses gerechtfertigt und für die Verwirklichung dieser Ziele geeignet sind und nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinausgehen.
(2) Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind insbesondere die im Art. 4 Abs. 4, Art. 6 Abs. 2 und 3 sowie Art. 7 Abs. 2, 3 und 4 der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie vorgesehenen Gründe und Kriterien heranzuziehen, soweit diese in Bezug auf die betreffenden Regelungen von Belang sind.
(2a) Eine Beurteilung der Gründe und Kriterien im Sinne des Art. 7 der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie hat jedenfalls folgende Punkte zu umfassen:
1. die Risiken der Regelung,
2. die Frage, ob nicht bereits bestehende Regelungen zur Zielerreichung ausreichen,
3. die Eignung, Kohärenz und systematische Einordnung der Regelung,
4. die Auswirkungen der Regelung auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr, auf die Wahlfreiheit des Verbrauchers und auf die Qualität der Dienstleistungen,
5. das Vorhandensein eines gelinderen Mittels zur Zielerreichung und
6. die Wirkung der Regelung in Kombination mit anderen den Zugang zu oder die Ausübung von reglementierten Berufen beschränkenden Vorschriften.
(2b) Wenn dies für Art und Inhalt der Regelung relevant ist, hat eine Beurteilung der Gründe und Kriterien im Sinne des Art. 7 der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie folgende zusätzliche Kriterien und Gründe zu umfassen:
1. den Zusammenhang zwischen dem Umfang beruflicher Tätigkeiten und der erforderlichen Berufsqualifikation;
2. den Zusammenhang zwischen der Komplexität der Aufgaben und der erforderlichen Berufsqualifikation;
3. das Bestehen verschiedener Wege zum Erlangen der beruflichen Qualifikation;
4. die Frage, ob sich die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit denen anderer Berufe überschneiden;
5. der Grad der Autonomie bei der Ausübung eines reglementierten Berufs und die Wirksamkeit von Organisations- und Überwachungsmodalitäten zur Zielerreichung;
6. die Frage einer Aktualisierung der Zugangsanforderungen für reglementierte Berufe auf Grund wissenschaftlicher und technologischer Entwicklungen;
7. die Frage, ob eine Dienstleistung bloß vorübergehend bzw. gelegentlich erbracht wird;
8. das Ziel der Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus bei der Reglementierung von Gesundheitsberufen, wenn diese Auswirkungen auf die Patientensicherheit haben.
(3) Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist derart vorzunehmen, dass ihr Umfang im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der betreffenden Regelungen steht.
(4) Die Verhältnismäßigkeitsprüfung hat schriftlich auf rechtlich fachkundiger Grundlage zu erfolgen. Sie hat die wesentlichen Aspekte der vorgenommenen Prüfung und deren Ergebnis zu enthalten.
(5) Vorlagen und Entwürfen nach § 18d Abs. 1 müssen Erläuterungen beigegeben werden, die die für die beabsichtigte Berufsreglementierung maßgebenden Gründe so ausführlich darlegen, dass eine Beurteilung der Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermöglicht wird. Sie sind hinsichtlich der Gründe für die Rechtfertigung der Verhältnismäßigkeit qualitativ und, soweit dies möglich und relevant ist, auch quantitativ zu belegen. Das Fehlen derselben hat auf das gültige Zustandekommen der Rechtsvorschrift keinen Einfluss. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung und deren Ergebnis sind Teil dieser Erläuterungen.
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