1. Wird die Errichtung einer reinen Stromerzeugungsanlage eines Gewerbebetriebes oder die erhebliche Modernisierung einer solchen geplant, ist die geplante Anlage oder die wesentliche Modernisierung der Anlage mit einer gleichwertigen Anlage zu vergleichen, bei der dieselbe Menge an Strom erzeugt, jedoch Abwärme rückgeführt und Wärme mittels hocheffizienter KWK und/oder Fernwärme- und Fernkältenetze abgegeben wird.
2. Wird die Errichtung oder die erhebliche Modernisierung einer Industrieanlage geplant, bei der Abwärme mit einem nutzbaren Temperaturniveau entsteht, so sind die Kosten und der Nutzen der Verwendung der Abwärme zur Deckung eines wirtschaftlich vertretbaren Bedarfs, auch durch KWK, und der Anbindung dieser Anlage an ein Fernwärme- und Fernkältenetz zu bewerten.
3. Wird die Errichtung oder die erhebliche Modernisierung eines neuen Fernwärme- und Fernkältenetzes oder die Errichtung oder erhebliche Modernisierung einer neuen Energieerzeugungsanlage in einem bestehenden Fernwärme- oder Fernkältenetz geplant, so sind die Kosten und der Nutzen der Verwendung der Abwärme von nahe gelegenen Industrieanlagen zu bewerten.
4. Bei der Bewertung sind innerhalb festgelegter geografischer Grenzen die geplante Anlage bzw. das geplante Fernwärme- oder Fernkältenetz und etwaige geeignete bestehende oder potenzielle Wärmebedarfspunkte, die über die Anlage bzw. das Netz versorgt werden könnten, zu berücksichtigen, wobei den praktischen Möglichkeiten (zB technische Machbarkeit und Entfernung) Rechnung zu tragen ist.
5. Die Systemgrenze ist so festzulegen, dass sie die geplante Anlage und die Wärmelasten umfasst, beispielsweise Gebäude und Industrieprozesse. Innerhalb dieser Systemgrenze sind die Gesamtkosten für die Bereitstellung von Wärme und Strom für beide Fälle zu ermitteln und zu vergleichen.
6. Die Wärmelasten umfassen bestehende Wärmelasten wie Industrieanlagen oder vorhandene Fernwärmesysteme sowie – in städtischen Gebieten – die Wärmelasten, die bestehen würden, wenn eine Gebäudegruppe oder ein Stadtteil ein neues Fernwärmenetz erhielte und/oder an ein solches angeschlossen würde.
7. Die Kosten-Nutzen-Analyse stützt sich auf eine Beschreibung der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage(n); diese umfasst insbesondere die elektrische und thermische Kapazität, den Brennstofftyp, die geplante Verwendung und die geplante Anzahl der Betriebsstunden pro Jahr, den Standort und den Bedarf an Strom und Wärme.
8. Für die Zwecke des Vergleichs sind der Wärmeenergiebedarf und die Arten der Wärme- und Kälteversorgung, die von den nahegelegenen Wärmebedarfspunkten genutzt werden, zu berücksichtigen. In den Vergleich fließen die infrastrukturbezogenen Kosten der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage ein.
9. Die Kosten-Nutzen-Analyse hat neben der reinen Finanzanalyse auch eine volkswirtschaftliche Analyse zu beinhalten.
10. Die Finanzanalyse gibt Aufschluss über die zu erwartenden Cashflows der beiden Optionen, die sich einerseits aus den Investitionen und den laufenden Kosten des Betriebs einer reinen Stromerzeugungsanlage oder einer reinen Industrieanlage, und andererseits aus den Investitionen und laufenden Kosten des Betriebs einer hocheffizienten KWK-Anlage bzw. einer Anbindung an das Fernwärme- oder Fernkältenetz ergeben würden. Zur Ermittlung der erwarteten Erlöse aus der Vermarktung des erzeugten Stroms für die beiden Optionen sind entsprechende Preiserwartungen für die ersten fünf Jahre zu hinterlegen. Für die Option der hocheffizienten KWK-Anlage sind zusätzlich die erwarteten Erlöse aus der Wärmebereitstellung zu ermitteln. Die Finanzanalyse hat folgende Kriterien zu berücksichtigen:
10.1 Investitionskosten für die Errichtung der Anlage, die Auskopplung, sowie den Transport und die Einspeisung von Wärme,
10.2 Betriebskosten für die Anbindung von Anlage und Netz,
10.3 Finanzierungskosten unter Berücksichtigung eines Zeitraumes von 30 Jahren und einer angemessenen Rendite,
10.4 sonstige Kosten, insbesondere für die Betriebsführung und Ausfallsicherung,
10.5 Kosten-Nutzen-Vergleich.
11. Die volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse erweitert die Finanzanalyse um externe Effekte (externe Kosten und externen Nutzen), die der jeweiligen Option zuzurechnen sind. Die externen Effekte haben zumindest die relevanten negativen und positiven Externalitäten jeder Option (wie zB Umweltauswirkungen, Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, Primärenergie-einsparungen, etc.) zu umfassen. Bei der Bewertung der Externalitäten ist, sofern möglich und zumutbar, eine quantitative Bewertung heranzuziehen.
12. Der Finanzanalyse, wie auch der davon abgeleiteten volkswirtschaftlichen Analyse, ist eine Sensitivitäts- und Risikoanalyse beizulegen. Dabei sind zumindest unterschiedliche Verbrauchsentwicklungsszenarien und Preisszenarien, sowohl auf der Input-Seite als auch auf der Output-Seite darzustellen. Die beizulegenden Analysen entsprechen der gängigen Praxis der Investitionsbewertung.
13. Die Kosten-Nutzen-Analyse ist übersichtlich und transparent aufzustellen. Die entsprechenden Annahmen zur Entwicklung der relevanten Parameter sind zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit und Plausibilisierung darzustellen. Dies gilt auch für die Sensitivitäts- und Risikoanalyse. Sollte die Finanzanalyse ein negatives Ergebnis liefern, ist die Kosten-Nutzen-Analyse und die Sensitivitäts- und Risikoanalyse dennoch vorzulegen.
14. Die Kosten-Nutzen-Analyse hat im Übrigen unter sinngemäßer Anwendung der Anhänge I und II der delegierten Verordnung (EU) Nr. 244/2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/31/EU des über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter Berücksichtigung der Leitlinien zur delegierten Verordnung (EU) Nr. 244/2012 zu erfolgen, wobei als Betrachtungszeitraum sowie als Nutzungsdauer sämtlicher Investitionsbestandteile für die Stromerzeugungsanlage, die KWK-Anlage, die Energieerzeugungsanlage und das Fernwärme- bzw. Fernkältenetz, 30 Jahre anzunehmen sind.
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