OBp1/12 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Gabriele JAGETSBERGER und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und die Räte des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Stefan HARASEK und Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnische Mitglieder in der Patentrechtssache der Antragstellerin (Einsprecherin) I ***** G e s e l l s c h a f t m . b . H . , ***** vertreten durch Sonn Partner Patentanwälte, Riemergasse 14, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin S ***** A G ,***** vertreten durch Schwarz Partner Patentanwälte, Wipplingerstraße 30, 1010 Wien, wegen Erteilung des zu A 268/2003 angemeldeten Patents „Verfahren zum Entfernen von Verunreinigungen und/oder Verstopfungen aus einem Bündel von Kanälen“, über die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts vom 13. September 2011, Zl B 10/2010-5, mit welchem der Beschluss der Technischen Abteilung des Österreichischen Patentamts vom 18. Juni 2010, GZ 4B A 268/2003-5,8,9,11, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen , soweit sie sich gegen die Aufhebung der Entscheidung der Technischen Abteilung zu den Ansprüchen 7, 9 bis 11 und 14 bis 20 des angemeldeten Patents richtet.
Im Übrigen wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird zu den Ansprüchen 1 bis 6, 8 und 12 des angemeldeten Patents bestätigt . Zu Anspruch 13 wird die Entscheidung aufgehoben , und die Patentsache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Technische Abteilung des Patentamts zurückverwiesen .
Die Parteien haben die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Patent- und Markensenat selbst zu tragen.
Text
G r ü n d e :
Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin meldete am 21. Februar 2003 zu A 268/2003 das Patent „Verfahren zum Entfernen von Verunreinigungen und/oder Verstopfungen aus einem Bündel von Kanälen“ an. Die am 15. Juni 2004 bekannt gemachten Ansprüche lauten:
1. Verfahren zum Entfernen von Verunreinigungen (14) und/oder Verstopfungen (13) aus einem Bündel (11) von Kanälen (12), durch Behandeln mit einer Flüssigkeit (2), insbesondere aus miteinander fest verbundenen, zueinander parallelen Kanälen (12), dadurch gekennzeichnet, dass die Kanäle (12) wiederholt alternierend mit der Flüssigkeit (2) von ihren Enden her gefüllt werden und dass zumindest ein Teil der eingefüllten Flüssigkeit über dieselben Einfüllenden entleert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Bündel (11) von Kanälen (12) zwecks Befüllens und zwecks Entleerens in eine gegenüber der Horizontalen geneigte Stellung gebracht wird, die vorzugsweise geringer ist als 45°, weiters geringer als 20°, insbesondere geringer als 10°.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Befüllen der Kanäle (12) mit der Flüssigkeit (2) durch Tauchen erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Befüllen der Kanäle (12) durch Begießen erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Befüllen der Kanäle (12) durch Besprühen erfolgt.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Entleeren der Kanäle (12) mit Hilfe von Schwerkraft erfolgt.
7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Entleeren der Kanäle (12) durch Aufbringen von Druck erfolgt.
8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3 und 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Tauchen und Entleeren bzw nur das Entleeren der Kanäle (12) durch Verschwenken und/oder Drehen der Kanäle (12) um eine Achse (6), die sich quer zur Längsrichtung der Kanäle (12) erstreckt und sich vorzugsweise etwa im Bereich des Schwerpunkts des Bündels (11) der Kanäle (12) befindet, erfolgt.
9. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass Tauchen und Entleeren bzw nur das Entleeren der Kanäle (12) durch Verschwenken und Drehen der Kanäle (12) um eine Ach-se (6'), die sich in Längsrichtung der Kanäle (12) erstreckt und sich vorzugsweise etwa im Bereich des Schwerpunktes des Bündels (11) der Kanäle (12) befindet, erfolgt.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Verschwenken bei einem Stand des Niveaus (7) der Flüssigkeit (2) erfolgt, der in etwa der Höhe der Achse (6) zum Verschwenken und/oder Verdrehen liegt.
11. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Befüllen und Entleeren der Kanäle (12) mit einer Frequenz von 0,1 bis 2 Wiederholungen pro Minute durchgeführt wird.
12. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass zum Spülen Wasser mit Umgebungs- oder erhöhter Temperatur verwendet wird, vorzugsweise mit die Reinigungsleistung erhöhenden Zusätzen, wie zB oberflächenaktiven Substanzen.
13. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 12, gekennzeichnet durch einen mit Flüssigkeit (2) bis zu einem vorbestimmten und gegebenenfalls veränderbaren Niveau (7) gefüllten Behälter (1) und eine alternierend betätigbare Tragvorrichtung (5) zur Aufnahme eines Bündels (11) von Kanälen (12) zwecks Tauchens und Auftauchens derselben.
14. Vorrichtung nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Tragvorrichtung (5) von einem einen Flüssigkeitsdurchtritt ermöglichenden Spülbehälter gebildet ist.
15. Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass der Spülbehälter (5) an zwei einander gegenüberliegenden Seiten (8, 9) Spülöffnungen (10) zum Durchtritt der Flüssigkeit (2) zwecks Zutritts zu den Enden der Kanäle (12) aufweist.
16. Vorrichtung nach Anspruch 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet, dass der Spülbehälter (5) mit Haltevorrichtungen zum Festhalten eines Bündels (11) von Kanälen (12), insbesondere Klemmvorrichtungen, versehen ist.
17. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 14 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass der Spülbehälter (5) um eine Achse (6) mittels einer Antriebseinrichtung schwenkbar und/oder drehbar ist.
18. Vorrichtung nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Achse (6) etwa senkrecht zur Längserstreckung der Kanäle (12) erstreckt.
19. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 14 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass der Spülbehälter (5) um eine parallel zu den Kanälen (12) angeordnete Achse (61) mittels einer Antriebseinrichtung schwenkbar und drehbar ist.
20. Vorrichtung nach einem oder mehreren der Ansprüche 17 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass die Achse (6) des Spülbehälters (5) etwa im Bereich seines Schwerpunktes angeordnet ist, und zwar etwa mittig zwischen den Spülöffnungen (10).
Die Antragstellerin erhob Einspruch und beantragte die gänzliche Versagung des Patents. Die Anmelderin versuche, das bereits in der europäischen Patentschrift EP 1107824 B1 (im Folgenden: D1) skizzierte Verfahren einem Schutz zuzuführen. Zudem habe die Antragsstellerin schon vor der Patentanmeldung ein Reinigungsverfahren durchgeführt, bei dem ein zu reinigender Katalysator mit Hilfe eines Krans in einen mit einer Reinigungsflüssigkeit gefüllten Behälter getaucht, aus diesem wieder entnommen, hiebei geschwenkt und wieder eingetaucht worden sei. Diese Vorbenutzung sei Teil des für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit heranzuziehenden Standes der Technik. Sie nehme die Gegenstände der Ansprüche einerseits neuheitsschädlich vorweg und lege diese andererseits nahe, sodass insgesamt keine Erfindung im Sinne des § 1 PatG vorliege. Zum Beweis der Vorbenutzung führte die Antragstellerin drei Zeugen.
Nach Erhebung des Einspruchs übertrug die Anmelderin das Recht aus der Patentanmeldung auf die Antragsgegnerin. Das Patentamt nahm diese Übertragung mit Beschluss zur Kenntnis und führte das Verfahren mit der Antragsgegnerin weiter.
Die Antragsgegnerin erwiderte auf den Einspruch, es sei der kursorischen Beschreibung des Waschvorgangs in D1 lediglich zu entnehmen, dass die Reinigung gegebenenfalls in einem Flüssigkeitsbad unter Bewegung der Waschflotte stattfinde. In Bezug auf den Waschvorgang habe D1 daher nichts Wesentliches mit der strittigen Anmeldung gemeinsam. Die von der Antragstellerin als Vorbenutzung angesehenen Katalysatorreinigungen seien nicht so ausgeführt worden, wie die Antragstellerin sie im Schriftsatz darstelle. Selbst wenn dem aber so gewesen wäre, hätte die Vorbenutzung das angemeldete Verfahren nicht vorweggenommen. Überdies sei fraglich, ob die Behauptung der Vorbenutzung überhaupt ausreichend substantiiert sei. Auch die Antragsgegnerin führte zum Beweis ihres Vorbringens zur Vorbenutzung einen Zeugen.
Die Technische Abteilung gab dem Einspruch ohne Einvernahme der Zeugen statt und versagte das Patent zur Gänze.
Das in Anspruch 1 genannte Verfahren sei zwar neu, aber eine glatte Selbstverständlichkeit. Auch die Merkmalskombinationen der übrigen Ansprüche gehe nicht über das Naheliegende hinaus, sodass nichts Patentierbares zu erkennen sei. Die Zeugen müssten nicht einvernommen werden, weil sich die mangelnde Patentierbarkeit schon aus der Aktenlage ergebe.
In ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde an die Rechtsmittelabteilung strebt die Antragsgegnerin weiterhin die vollständige Erteilung des Patents an.
Die Antragstellerin führte in der Gegenschrift unter anderem aus, die angefochtene Entscheidung sei rechtskräftig geworden, weil die Übertragung der Patentanmeldung in analoger Anwendung von § 234 ZPO für das Verfahren irrelevant sei und die aus diesem Grund allein rechtsmittellegitimierte (ursprüngliche) Anmelderin keine Beschwerde erhoben habe.
Die Rechtsmittelabteilung gab der Beschwerde teilweise Folge. Sie bestätigte die Versagung des Patents zu den Ansprüchen 1 bis 6, 8, 12 und 13, hob die Entscheidung aber im Übrigen auf und verwies die Patentsache insofern an die Technische Abteilung zurück.
§ 234 ZPO sei im Verfahren vor dem Patentamt nicht analog anzuwenden (Op 4/05 = PBl 2007, 26). Die Antragsgegnerin habe aufgrund des Rechtsübergangs in das Verfahren eintreten können; ihre Beschwerde sei daher zulässig. Anspruch 1 sei nicht neu: In jedem chemischen Labor sei es erforderlich, Glasröhrchen zu reinigen. Üblicherweise würde dazu eine Mehrzahl davon – entsprechend dem in der Anmeldung genannten Bündel von Kanälen – ergriffen und in eine Waschflüssigkeit getaucht. Um die Röhrchen zu füllen, werde das Bündel verschwenkt, damit die Luft aus ihnen entweichen könne. Beim Entnehmen aus der Waschflüssigkeit werde das Bündel in entgegengesetzter Richtung verschwenkt, um die Flüssigkeit gänzlich abrinnen zu lassen. Zur Erzielung eines möglichst guten Wascherfolgs werde dieser Vorgang gegebenenfalls wiederholt. Damit seien alle Verfahrensschritte des Anspruchs 1 realisiert, sodass dieser Anspruch nicht als neu anzusehen sei. Durch den beschriebenen Vorgang seien weiters auch die abhängigen Verfahrensansprüche 2 bis 6, 8 und 12 vorweggenommen oder wenigstens der Durchschnittsfachperson – als solche sei konkret ein Verfahrenstechniker anzusehen – nahegelegt. Der Vorrichtungsanspruch 13 sei trotz der Zweckangabe „zur Durchführung eines Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1-12“ als unabhängiger Anspruch anzusehen. Die Zweckangabe sei lediglich insofern einschränkend, als die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens geeignet sein müsse. Die Beschreibung des Waschvorgangs in D1 führe zwingend zu einer Vorrichtung, mit der zumindest das Verfahren nach Anspruch 1 ausführbar sei. Der Vorrichtungsanspruch 13 sei daher gegenüber D1 nicht neu. Die übrigen Ansprüche seien zwar nach der Aktenlage neu und erfinderisch; das Vorbringen der Antragstellerin zur Vorbenutzung sei aber ausreichend substantiiert. Daher müsse hier der von beiden Seiten angebotene Zeugenbeweis aufgenommen werden. Insofern sei die Sache an die Technische Abteilung zurückzuverweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin . Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung „aufzuheben“ und ihrer Beschwerde gegen den Beschluss der Technischen Abteilung „im gesamten Umfang stattzugeben“ (dh im Ergebnis das Patent zu erteilen), weiters – offenbar hilfsweise – „die Angelegenheit zur Erteilung eines Patentes […] im Umfang sämtlicher bekannt gemachter Patentansprüche 1 bis 20 an die Technische Abteilung zurückzuverweisen.“
Die Antragstellerin wendet in der Beschwerdeerwiderung erneut die Unzulässigkeit des Parteiwechsels ein. Die Antragsgegnerin sei daher nicht rechtsmittellegitimiert.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist unzulässig , soweit sie sich gegen den aufhebenden Teil der angefochtenen Entscheidung richtet; im Übrigen ist sie zulässig , aber nur teilweise berechtigt .
1. Die Antragsgegnerin ist rechtmittellegitimiert.
1.1. Die Antragsgegnerin hat das Recht aus der Patentanmeldung während des Einspruchsverfahrens erworben. Ihre Rechtsmittellegitimation wäre zu verneinen, wenn das Verfahren trotz der Übertragung des Rechts mit der ursprünglichen Anmelderin weiterzuführen gewesen wäre. Die Antragstellerin leitet diese Rechtsfolge aus § 234 ZPO ab.
1.2. Richtig ist, dass § 234 ZPO von den Zivilgerichten dahin ausgelegt wird, dass die Veräußerung der streitverfangenen Sache – wozu auch Rechte gehören (RIS-Justiz RS0039291) – für das Verfahren irrelevant ist ( Rechberger / Klicka in Rechbgerger , ZPO3 § 234 Rz 4; Klicka in Fasching / Konecny 2 § 234 ZPO Rz 24 f; beide mwN). Soweit der Erwerber nicht mit Zustimmung des Prozessgegners in das Verfahren eintritt, ist das Verfahren mit den ursprünglichen Parteien weiterzuführen. Auf eine während des Verfahrens erfolgte Zession ist nicht Rücksicht zu nehmen, sondern es ist in der Sache so zu entscheiden, als ob die Zession nicht erfolgt wäre (RIS-Justiz RS0039242).
1.3. Die Regelungen des Patentgesetzes zum Einspruchsverfahren – hier wegen der Bekanntmachung des Patents vor dem 1. Juli 2005 jene in der Fassung vor der Patentrechtsnovelle 2004 (§ 174 Abs 1 iVm § 180 Abs 9 PatentG) - verweisen nicht auf § 234 ZPO. Diese Bestimmung ist daher jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar. Für das Löschungs- bzw Nichtigkeitsverfahren lehnte der Oberste Patent- und Markensenat auch eine analoge Anwendung ab (OM 4/03 = PBl 2004, 67; Op 4/05 = PBl 2007, 26). Zur Begründung verwies er in erster Linie auf die Problematik des rechtlichen Gehörs: Würde das Verfahren gegen den bisherigen Rechteinhaber fortgesetzt (§ 234 ZPO), führte eine stattgebende Entscheidung zum Erlöschen des Rechts, ohne dass sich der Erwerber dagegen wehren könnte. Um diesen Verstoß gegen Art 6 EMRK zu verhindern, müsse der Erwerber die Möglichkeit haben, anstatt des Veräußerers in das Verfahren einzutreten. Einer Zustimmung des Antragsgegners bedürfe es dazu – anders als nach § 234 ZPO – nicht.
1.4. Diese Überlegungen gelten auch für das Eintragungsverfahren. Erfolgt der Einspruch erst nach Erteilung des Patents (§§ 102 ff PatentG in der geltenden Fassung) und wird dieses dann auf einen Dritten übertragen, ist von vornherein kein Grund erkennbar, die Rechtslage anders zu beurteilen als bei einem Antrag, der erst nach Ablauf der Einspruchsfrist gestellt wird und daher zu einem Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung führt. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass der Erwerber bei einem Übergang des streitverfangenen Rechts nicht durch eine Entscheidung gebunden sein kann, ohne dass er sich am dazu führenden Verfahren beteiligen konnte. Ein tragfähiger Unterschied zur Rechtslage im Nichtigkeitsverfahren ist aber auch bei einem Einspruch vor Erteilung des Patents, wie er hier aufgrund der Übergangsvorschriften zur Patentrechtsnovelle 2004 zu beurteilen ist, nicht zu erkennen. Denn auch hier würde das rechtliche Gehör des Erwerbers verletzt, wenn man ihm nicht den Eintritt in das Verfahren ermöglichte.
1.5. Die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung des BGH, wonach § 265 dZPO (entspricht § 234 öZPO) im immaterialgüterrechtlichen Nichtigkeits- und Einspruchsverfahren heranzuziehen ist (X ZB 41/03 mwN), beruht im Kern auf § 99 Abs 1 dPatG. Danach ist die Zivilprozessordnung im Verfahren vor dem Patentgericht anwendbar, soweit das Patentgesetz keine Bestimmungen enthält und die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. Damit ist § 265 ZPO unmittelbar anwendbar; das rechtliche Gehör des Erwerbers kann nur über den Umweg einer Nebenintervention gewährleistet werden (vergleiche X ZB 41/03). Eine § 99 Abs 1 dPatG vergleichbare Bestimmung gibt es im österreichischen Recht allerdings nicht. Daher kann die Übereinstimmung von materieller Rechtslage und Beteiligung am Verfahren von vornherein durch ein Eintrittsrecht des Erwerbers gewährleistet werden. Nachteile für den Gegner sind damit nicht verbunden: Im unwahrscheinlichen Fall, dass der Erwerber nicht eintritt, wäre das Verfahren gegen den ursprünglich Berechtigten weiterzuführen. Eine stattgebende Entscheidung hätte nach allgemeinen Grundsätzen rechtsgestaltende Wirkung. Diese Wirkung müsste auch der Erwerber hinnehmen; sein rechtliches Gehör wäre dadurch nicht verletzt, weil er ohnehin in das Verfahren hätte eintreten können. Die von der Antragstellerin angenommene Gefahr eines durch Nichteintritt frustrierten Verfahrens besteht daher nicht.
1.6. Aus diesen Gründen ist daran festzuhalten, dass § 234 ZPO im Verfahren vor dem Patentamt und dem Obersten Patent- und Markensenat nicht analog anzuwenden ist. Der Erwerber eines streitverfangenen Rechts kann auch ohne Zustimmung des Gegners in das Verfahren eintreten. Das ist hier erfolgt. Die Antragsgegnerin ist daher Partei des Verfahrens und zur Erhebung der Beschwerde legitimiert.
2. Gegenstand der Beschwerde an den Obersten Patent- und Markensenat sind nach § 145a Abs 1 PatG nur Endentscheidungen der Rechtsmittelabteilung. Soweit die Rechtsmittelabteilung die Sache zur Ergänzung des Einspruchsverfahrens an die Technische Abteilung zurückverwiesen hat, liegt daher eine unanfechtbare Zwischenentscheidung vor. In diesem Umfang – also in Bezug auf die Ansprüche 7, 9 bis 11 und 14 bis 20 - ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
3. Zulässig ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Versagung der Ansprüche 1 bis 6, 8, 12 und 13 richtet. Insofern ist sie aber nur zu einem geringen Teil berechtigt.
3.1. Zu den Ansprüchen 1 bis 6, 8 und 12 ist die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.
(a) Das Vorbringen der Antragsgegnerin, die Gegenstände der Ansprüche seien nicht durch das Reinigen von Röhrchen in einem chemischen Labor vorweggenommen oder nahegelegt, überzeugt nicht. Zum einen betreffen die Verfahrensansprüche des Patents ganz allgemein das „Entfernen von Verunreinigungen und/oder Verstopfungen aus einem Bündel von Kanälen“; keineswegs sind sie auf das Reinigen von DeNOx- oder DeDioxin-Katalysatoren beschränkt. Auch die Beschreibung stellt die Reinigung von Katalysatoren lediglich als einen der möglichen Anwendungsbereiche für die zu schützenden Verfahren und Vorrichtungen dar (Seite 1, Absätze 1 bis 3; Seite 3, 3. vollständiger Absatz der ausgelegt gewesenen Beschreibung). Zum anderen sind entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin im chemischen Labor immer wieder Rohre oder Röhrchen zu reinigen, die an beiden Stirnseiten offen sind; etwa Kühler von Destillationsvorrichtungen. Einseitig offene Röhrchen wie Eprouvetten entsprächen einem verstopften Kanal. Dass zu reinigende Rohre oder Röhrchen der Schnelligkeit halber zu Bündeln gefasst und gemeinsam auf die von der Rechtsmittelabteilung dargestellte Art gereinigt werden, kann vernünftigerweise nicht in Zweifel gezogen werden.
(b) Die Rechtsmittelabteilung geht auch nicht vom vorliegenden schriftlichen Stand der Technik ab. Vielmehr führt sie die schon von der Technischen Abteilung entwickelte Begründung weiter, wonach das allgemeine Fachwissen der Durchschnittsfachperson dem Anspruchsgegenstand entgegensteht. In ihrer detaillierteren Betrachtung kommt die Rechtsmittelabteilung aber zum Schluss, dass der erhobene Stand der Technik und das erwähnte allgemeine Fachwissen nur geeignet sind, Teile des Schutzbegehrens nahezulegen oder vorwegzunehmen. Insgesamt ist die Begründung der Rechtsmittelabteilung in Bezug auf die mangelnde Patentierbarkeit der Verfahrensansprüche 1 bis 6, 8 und 12 ausführlich, nachvollziehbar und zutreffend (§ 145b Abs 5 Satz 2 PatentG). Insofern ist die Entscheidung daher zu bestätigen.
3.2. Anspruch 13 ist demgegenüber noch nicht spruchreif.
(a) Dem in der angefochtenen Entscheidung erwähnten Absatz 0017 von D1 sind lediglich die Merkmale des Vorhandenseins eines Flüssigkeitsbades – entsprechend dem in Anspruch 13 gekennzeichneten „bis zu einem vorbestimmten Niveau gefüllten Behälter“ – und gegebenenfalls einer Flüssigkeitsumlaufvorrichtung explizit zu entnehmen. Die Rechtsmittelabteilung nimmt darüber hinaus auch eine implizite Offenbarung des zweiten zwingenden Merkmals von Anspruch 13 an, nämlich der „alternierend betätigbaren Tragvorrichtung zur Aufnahme eines Bündels von Kanälen zwecks Tauchens und Auftauchens“. Das ist unbedenklich: Eine zum Stand der Technik gehörende Offenbarung ist für einen beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich, wenn der Gegenstand unmittelbar und eindeutig aus dieser Offenbarung hervorgeht. Dies schließt jene Merkmale ein, die darin zwar nicht ausdrücklich genannt, aber für die Durchschnittsfachperson unbedingt mit erfasst sind. Die Annahme der impliziten Offenbarung eines Merkmals ist somit zulässig, wenn dieses unmittelbar und eindeutig aus den ausdrücklich geoffenbarten Lehren hervorgeht. Dies trifft hier zu, weil aufgrund der Größe und des Gewichts der in D1 beschriebenen Katalysatoren ohne Zweifel eine mechanische Tragvorrichtung zum Einsatz kommen muss. Diese muss geeignet sein, den zu reinigenden Katalysator in das Flüssigkeitsbad zu tauchen und wieder aufzutauchen. Eine „alternierend betätigbare Tragvorrichtung zur Aufnahme eines Bündels von Kanälen zwecks Tauchens und Auftauchens“ ist daher implizit in D1 geoffenbart.
(b) Allerdings muss die Vorrichtung nach Anspruch 13 „zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1-12“ geeignet sein. Diese Verfahren haben das Merkmal gemein, „dass die Kanäle wiederholt alternierend mit der Flüssigkeit von ihren Enden her gefüllt werden“. Zur Realisierung dieses Merkmals müsste die in D1 geoffenbarte Vorrichtung ein Mittel zum Verschwenken oder Drehen des zu reinigenden Katalysators besitzen. Ein solches Merkmal ist aber D1 weder explizit noch implizit zu entnehmen. Die aus D1 zugängliche Vorrichtung ist daher nicht „zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1-12“ geeignet; D1 somit nicht neuheitsschädlich gegenüber Anspruch 13. Die Begründung der Rechtsmittelabteilung trägt daher die Versagung dieses Anspruchs nicht.
(c) Die Antragstellerin hat sich allerdings in erster Instanz auch darauf gestützt, dass sie selbst ein vergleichbares Verfahren durchgeführt habe. Dieses Vorbringen erfasst auch die Vorrichtung im Sinne von Anspruch 13. Insofern ist das Verfahren nicht spruchreif, weil die Technische Abteilung zur behaupteten Vorbenutzung keine Feststellungen getroffen hat. Die Entscheidung über Anspruch 13 ist daher aufzuheben, und die Sache ist auch insofern an die Technische Abteilung zurückzuverweisen (§ 145b Abs 4 PatG). Vor einer neuerlichen Entscheidung werden die von beiden Seiten geführten Zeugen zu hören sein.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Patent- und Markensenat gründet sich auf § 145b Abs 6 PatentG. Diese Bestimmung ist nach § 180 Abs 9 PatentG mit 1. Juli 2005 ohne Übergangsbestimmung in Kraft getreten. Sie ist daher auch dann anzuwenden, wenn im Einspruchsverfahren selbst noch Kostenersatzpflicht besteht (§ 174 Abs 1 PatentG iVm § 105 PatentG in der Fassung vor der Patentrechtsnovelle 2004).