JudikaturOPMS

OBm4/11 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
14. März 2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Ljiljana PANTOVIC, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenats Dr. Stefan HARASEK als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Anmelderin   M *****  G m b H ,  ***** vertreten durch die Herren Patentanwälte Dipl.-Ing. Werner Barger, Dr. Eberhard Piso, Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter Israiloff, Mahlerstraße 9, 1015 Wien, wegen Eintragung einer Warenerweiterung zur Wortmarke Nr 210 202 A „MOZART“, über die Beschwerde der Anmelderin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung vom 27. Juni 2011, Bm 34/2010 3, womit der Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken vom 24. Juni 2010, AM 94008/2002-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschluss der Rechtsabteilung wie folgt lautet:

„Es wird festgestellt, dass die am 1. Oktober 2007 angemeldete Warenerweiterung für die Marke ‚MOZART’, Nr 210 202 A, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar ist, soweit diese Warenerweiterung ‚Liköre’ betrifft.“

Text

G r ü n d e :

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der für folgende Waren registrierten Marke Nr 210 202 A „MOZART“:

Kl. 32 : Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Kl. 33 : Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere und Liköre.

Am 1. Oktober 2007 meldete sie zu dieser Marke folgende Warenerweiterung an:

Kl. 33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere.

Die Rechtsabteilung teilte der Anmelderin mit, dass die Marke bereits für die Waren „Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere und Liköre“ registriert sei und sich der „Antrag“ auf Erweiterung des Warenverzeichnisses daher nur auf Liköre beziehen könne. Weiters stellte die Rechtsabteilung die Abweisung der Anmeldung nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG in Aussicht, weil der Begriff „Mozart“ bei Likören als Hinweis auf den Geschmack verstanden werde (Schokolade, Nougat und Marzipan). Er habe daher beschreibenden Charakter.

Die Beschwerdeführerin brachte dazu vor, dass sie bereits seit dem 23. April 1970 Inhaberin der Marke Nr 67 602 „MOZART“ für „Spirituosen“ sei. Anlässlich des 200. Todestags von W.A. Mozart habe es 1991 einen Schwung weiterer Markenanmeldungen mit diesem Bestandteil gegeben. Das Patentamt habe alle Anmeldungen akzeptiert. Man könne daher von einer gefestigten Amtspraxis ausgehen, dass die Bezeichnung „Mozart“ für alkoholische Getränke markentauglich sei. Auch der Schutzbereich der hier strittigen Marke habe ursprünglich Liköre mit umfasst. Erst im Zuge einer Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Markeninhaber und der Beschwerdeführerin habe dieser auf den Schutz für Liköre verzichtet. In der Folge habe er die Marke aber auf die Beschwerdeführerin übertragen, die nun den ursprünglichen Schutzumfang wiederherstellen wolle. Erhebungen zu einer Änderung der Verkehrsauffassung, die ein Abgehen von der bisherigen Amtspraxis rechtfertigen könnten, habe das Amt nicht angestellt.

Die Rechtsabteilung hielt ihre Auffassung aufrecht und stellte nach § 20 Abs 3 MSchG mit Beschluss fest, dass das Zeichen MOZART „hinsichtlich der Waren der Warenerweiterung vom 1. Oktober 2007“ nur unter der Voraussetzung des § 4 Abs 2 MSchG registriert werden könne. Die Warenerweiterung beziehe sich nur auf Liköre und nicht auch auf andere alkoholische Getränke, da diese ohnehin schon vom ursprünglichen Schutzbereich der Marke erfasst seien. Bei Likören verstehe der Verkehr die Bezeichnung „Mozart“ als Hinweis auf den Geschmack (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG). Die Eintragung könne daher nur bei nachgewiesener Verkehrsgeltung erfolgen (§ 4 Abs 2 MSchG).

Die Rechtsmittelabteilung bestätigte diese Entscheidung. Die Bezeichnung „Mozart“ habe zwar ursprünglich keinen beschreibenden Charakter gehabt. Wohl aber habe sich die Bezeichnung „Mozartkugel“ bei Süßwaren zu einer Gattungsbezeichnung entwickelt. Der Verkehr verstehe darunter eine mit Schokolade überzogene Kugel, die mit zwei oder mehreren Schichten von Marzipan und Nougatcreme gefüllt sei. In weiterer Folge seien auch andere Süßwaren auf den Markt gekommen, die zwar nicht die Form der Mozartkugel übernommen hätten, wohl aber deren Zutaten. So gebe es etwa Mozarttorten, Mozartwürfel und Mozartknödel. Das habe dazu geführt, dass die beteiligten Kreise den Zeichenbestandteil „Mozart“ bei Back- und Schokoladewaren nicht (mehr) als phantasievolle Bezugnahme auf den Komponisten verstünden, sondern als beschreibenden Hinweis auf die Zutaten und den Geschmack. Liköre seien nach allgemeinem Sprachgebrauch stark alkoholhaltige, süße, meist dickflüssige Dessertgetränke. Sie würden nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Verfeinern von Süßspeisen und Desserts verwendet. Aufgrund dieses Zusammenhangs nähmen die beteiligten Kreise auch bei Likören an, dass „Mozart“ auf den Geschmack (die Rezeptur) hinweise. Diesbezügliche Erhebungen seien wegen Amtsbekanntheit nicht erforderlich gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist nicht berechtigt.

1. Auf die Erweiterung des Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses sind nach § 23 Abs 2 MSchG die Vorschriften über die Anmeldung von Marken sinngemäß anzuwenden. Die Erweiterung ist daher anzumelden, nicht zu „beantragen“. Das Patentamt hat die Anmeldung nach § 20 MSchG auf die Gesetzmäßigkeit zu prüfen. Nach § 20 Abs 3 MSchG hat es bei Bedenken gegen die Zulässigkeit der Registrierung nach § 4 Abs 1 Z 3, 4 oder 5 MSchG auf Antrag des Anmelders mit Beschluss festzustellen, dass das Zeichen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG, also bei Nachweis der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft, registrierbar sei. Dieser Beschluss kann mit Beschwerde an die Rechtsmittelabteilung bekämpft werden, deren Entscheidung mit Beschwerde an den Obersten Patent- und Markensenat (OBm 2/10 - Rohrendschutz).

2. Die Beschwerdeführerin hat ihre „Warenerweiterung“ wie folgt formuliert: „Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“. Davon sind, was die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, jedenfalls die zuvor ausgenommenen Liköre erfasst. Formal betrifft die Warenerweiterung aber auch alle anderen alkoholischen Getränke (ausgenommen Biere), die schon von der ursprünglichen Anmeldung erfasst waren. Damit entsteht ein Doppelschutz, dessen Wirkungen aber hier nicht weiter zu erörtern sind (vergleiche dazu Süß in Kucsko , marken.schutz [2006] 555). Aus den Begründungen der Vorinstanzen ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass Gegenstand ihrer Entscheidungen ausschließlich die Notwendigkeit des Verkehrsgeltungsnachweises für die Erweiterung des Warenverzeichnisses auf Liköre war. Auch die Beschwerde der Antragstellerin versteht die Entscheidungen in diesem Sinn. Die Überprüfung hat sich daher auf diese Frage zu beschränken.

3. In Bezug auf Liköre ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

3.1. Eine Marke ist beschreibend im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG, wenn sie eine für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur oder Beschaffenheit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen enthält (EuGH C-326/01, Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN), wenn sie die beteiligten Verkehrskreise also zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen als Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen verstehen können (RIS-Justiz RS0109431; RS0066456; zuletzt etwa 17 Ob 33/08i = ecolex 2009, 503 [ Horak ] = jusIT 2009, 135 [ Thiele ] – happykauf.at). Demgegenüber ist es unschädlich, wenn sich die Beziehung zwischen der Marke und den Waren oder Dienstleistungen nur durch besondere Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen lässt oder wenn die Marke bestimmte Eigenschaften nur andeutet (RIS-Justiz RS0066456). Bei Waren des täglichen Gebrauchs ist das Verständnis der Endverbraucher maßgebend (EuGH C-371/02, Bostongurka, Rz 24; OPM Om 4/04).

3.2. Im konkreten Fall verstehen die beteiligten Verkehrskreise den Zeichenbestandteil „Mozart“ wegen des Erfolgs der „Mozartkugel“ jedenfalls bei Konditor- und Konfiseriewaren ohne jeden Zweifel als Hinweis auf bestimmte Zutaten und damit auf einen bestimmten Geschmack. Mit dieser Begründung hat das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt die Marke „MOZART“ für „Feine Backwaren, Konditorwaren, Schokoladewaren, Zuckerwaren“ nicht als schutzfähig angesehen, das EuG hat diese Entscheidung bestätigt (T-304/06, Paul Reber GmbH Co KG/HABM).

3.3. Unter Likören versteht das Publikum – wie sich etwa aus Online-Lexika ergibt (www.wikipedia.at; vergleiche auch www.duden.de) – aromatische alkoholische Getränke mit relativ hohem Zuckergehalt. Wird ein solches Getränk mit „Mozart“ bezeichnet, werden die beteiligten Kreise zwanglos das bei Süßwaren bestehende Begriffsverständnis auf dieses Getränk übertragen. Entscheidend ist dabei, dass die beteiligten Kreise aufgrund ihrer allgemeinen Lebenserfahrung die Bezeichnung „Mozart“ mit einem süßlichen, nach Marzipan, Nougat und Schokolade schmeckenden Aroma verbinden. Genau diesen Geschmack werden sie auch bei einem Likör erwarten, der mit „Mozart“ bezeichnet ist. Damit ist der beschreibende Charakter auch insofern zu bejahen. Die unterschiedliche Konsistenz von Süßwaren und Likören, die die Anmelderin in der Beschwerde mehrfach hervorhebt, ist dabei ohne Bedeutung. Denn der für die Beurteilung maßgebende Geschmack ist, wie die Existenz von Schokoladen-, Kaffee- und Eierlikören beweist, nicht an eine bestimmte Darreichungsform gebunden.

3.4. Eine „Tatsachenerhebung“ (offenbar im Sinn einer demoskopischen Umfrage) war nicht erforderlich. Ob ein Zeichen nach dem Verständnis des Verkehrs die Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des OPM eine Rechtsfrage, wenn zu derer Beantwortung – wie hier - die allgemeine Lebenserfahrung ausreicht (RIS-Justiz RS0043658; OBm 1/10 – MARKANT). Das stimmt im Ergebnis mit der (früher maßgebenden) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs überein, der bei einer aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommenen Gerichtsbekanntheit eines bestimmten Verständnisses die Notwendigkeit von Erhebungen ebenfalls verneinte (GZ 99/04/0180 = PBl 2000, 172 – EURO). Besondere Umstände, weshalb das auf der Lebenserfahrung beruhende Begriffsverständnis der Vorinstanzen falsch sein sollte, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan.

3.5. Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf stützt, dass das HABM eine Gemeinschaftsmarke „MOZART“ für die gesamte Warenklasse 33 (alkoholische Getränke [ausgenommen Biere]) und damit (implizit) auch für Liköre registriert habe, übersieht sie, dass dies keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfaltet. Über die Rechtsbeständigkeit dieser Gemeinschaftsmarke auch für Liköre wird gegebenenfalls in zukünftigen Verfahren zu entscheiden sein.

4. Aus all dem folgt, dass die Marke „MOZART“ für Liköre nur registriert werden kann, wenn sie durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat (§ 4 Abs 2 MSchG). Der Beschwerde war daher nicht Folge zu geben. Allerdings war durch eine Maßgabebestätigung klarzustellen, dass dieses Erfordernis tatsächlich nur Liköre betrifft und nicht auch alle anderen alkoholischen Getränke (ausgenommen Biere), die formal ebenfalls von der Warenerweiterung erfasst sind. Dass die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Sinn zu verstehen sind, wurde bereits oben (Punkt 2.) dargelegt.

Rückverweise