Om11/11 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Elisabeth LOVREK und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Wolfram GÖRNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache des Antragstellers E*****, gegen die Antragsgegnerin S ***** B . V ., *****, Niederlande, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Dr. Lothar WILTSCHEK, Dr. Ernst TREMMEL, Dr. David PLASSER, Dr. Katharina MAJCHRZAK, Rotenturmstraße 16-18, 1010 Wien, wegen teilweiser Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr 602 068 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 18. März 2011, Nm 115/2007-23, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit 2.721,90 EUR (darin enthalten 453,65 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e:
Für die Antragsgegnerin war ursprünglich die IR-Marke 602 068 mit Schutzerstreckung auf Österreich ua in der Klasse 12 für folgende Waren eingetragen: "fauteuils roulants et véhicules; véhicules, scooters et fauteuils roulants électriques; parties et accessoires pour ces produits non compris dans d'autres classes."
Der Antragsteller beantragte zunächst mit Schriftsatz vom 3. August 2007, ergänzt mit Schriftsatz vom 6. August 2007 (ON 2), die teilweise Löschung der Marke für Waren der Klasse 12 im Umfang „véhicules“ gemäß § 33a MSchG für das Gebiet der Republik Österreich. Die Marke sei nur für Rollstühle, elektrisch betriebene Roller (scooters) zur Herstellung der Mobilität von Behinderten, Patienten und älteren Menschen, nicht aber für Kraftfahrzeuge, nämlich Automobile und deren Teile; Wasserfahrzeuge; Luftfahrzeuge und Fahrräder ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt worden.
In Entsprechung eines vom Patentamt erteilten Verbesserungsauftrags präzisierte der Antragsteller am 20. Oktober 2007 (ON 3) seinen Teillöschungsantrag wörtlich auf „die Waren in Nizza-Klasse 12: véhicules und scooters, ausgenommen elektrische scooter (Roller) zur Herstellung oder Sicherung der Mobilität von Behinderten, Patienten und älteren Menschen. (Alle vorgenannten Waren inklusive deren Teile und Zubehör.)“
Am 15. Feber 2008 (ON 4) reichte der Antragsteller das vom Patentamt geforderte Duplum zu ON 2 nach und verwies erneut darauf, dass sich sein Teillöschungsantrag auf die Waren „véhicules“ und „scooters“ beziehe.
Die Antragsgegnerin – die innerhalb der gesetzten Frist keine Gegenschrift einbrachte – gab am 28. April 2009 bekannt, der Aufforderung des Antragstellers durch Einschränkung des Warenverzeichnisses in der Klasse 12 nachgekommen zu sein. Das Warenverzeichnis in Klasse 12 ist nun auf "fauteuils roulants et véhicules; véhicules, scooters et fauteuils roulants électriques; tous les produits susmentionnés se sont adaptés à l'usage des personnes âgées, infirmés ou handicapés; parties et accessoires pour ces produits non compris dans d'autres classes" eingeschränkt.
Nach Aufhebung eines Beschlusses der Nichtigkeitsabteilung auf gänzliche Einstellung des Verfahrens (Beschluss des OPM vom 23. Juni 2010, Om 4/10-2) gab die Nichtigkeitsabteilung mit der nun angefochtenen Entscheidung dem Antrag teilweise statt und erklärte die Marke hinsichtlich der Waren der Klasse 12 "vehicles; vehicles, electric vehicles, all the above mentioned goods are adapted for use by elderly infirm or disabled persons; parts and accessories for these goods not included in other classes" (Fahrzeuge; Fahrzeuge, elektrische Fahrzeuge, alle genannten Waren adaptiert für die Benutzung durch ältere Personen, Personen mit eingeschränkter Mobilität oder behinderte Personen; Teile und Zubehör für diese Güter nicht enthalten in anderen Klassen) mit Wirksamkeit vom 3. August 2002 für das Gebiet der Republik Österreich für unwirksam.
Hinsichtlich der Waren "vehicles; vehicles, electric vehicles, scooters all above mentioned goods are not adapted for use by elderly infirm or disabled persons; parts and accessories for these goods not included in other classes" stellte die Nichtigkeitsabteilung das Verfahren ein.
Nur gegen die Unwirksamerklärung der Marke im Umfang von „parts and accessories for these goods not included in other classes“ wendet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
In seiner Berufungsbeantwortung beantragt der Antragsteller, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, der Antragsteller habe mit Schriftsatz vom 15. Feber 2008 seinen Antrag um „Teile und Zubehör für diese Waren“ eingeschränkt. Die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung verstoße daher gegen § 405 ZPO.
1. Der in der Berufung ausschließlich gerügte Verstoß gegen § 405 ZPO betrifft einen behaupteten Verfahrensmangel (RIS-Justiz RS0041089). Über die Berufung ist daher gemäß § 142 Abs 1 Z 7 PatG iVm § 42 Abs 1 MSchG in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden.
2. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat der OPM in der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung nicht auf die Maßgeblichkeit einer „letzten Fassung“ des Nichtigkeitsantrags vom 15. Feber 2008 verwiesen, sondern nur darauf, dass die Klarstellung des Antrags mit den Schreiben vom 20. Oktober 2007 und 15. Feber 2008 erfolgte. Zu einer nunmehr von der Berufungswerberin behaupteten Einschränkung des Antrags um die Waren „Teile und Zubehör für diese Waren nicht enthalten in anderen Klassen“ enthält der Beschluss des OPM keine Aussage.
3. Der in Entsprechung des Verbesserungsauftrags erstattete Schriftsatz vom 20. Oktober 2007 präzisierte den Inhalt des Teillöschungsantrags des Antragstellers eindeutig. Die Antragsgegnerin bezweifelt nicht, dass sich der Antrag ausdrücklich auch auf „Teile und deren Zubehör“ bezog. Der weitere Schriftsatz vom 15. Feber 2008 diente insbesondere der Nachreichung des von der Nichtigkeitsabteilung geforderten Duplums der Eingabe vom 6. August 2008. Der darin enthaltene Hinweis, dass der Teillöschungsantrag sowohl die Waren „véhicules“ als auch „scooters“ umfasse, lässt nicht den Schluss zu, dass der Antrag um „Teile und Zubehör …“ eingeschränkt wurde. Vielmehr beantwortet diese Eingabe erneut den von der Nichtigkeitsabteilung erteilten Auftrag zur Klarstellung, ob sich der Antrag nur auf „véhicules“ oder auf „véhicules und scooters“ (ON 3) bezieht. Zweifel, dass der Antrag auch „Teile und Zubehör …“ jener Waren umfasste, die vom Teillöschungsantrag betroffen sind, bestanden in keinem Zeitpunkt des Verfahrens. Vielmehr müssen die Schriftsätze vom 20. Oktober 2007 und 15. Fe-ber 2008 gemeinsam und in gedanklicher Verbindung betrachtet werden. Dass der Antragsteller in der Eingabe vom 15. Feber 2008 nur ausdrücken wollte, dass sich sein Antrag auch auf bestimmte scooter und nicht nur auf „véhicules“ bezieht, ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass die Eingabe auch die im Schriftsatz vom 20. Oktober 2007 enthaltene nähere Beschreibung, welche scooter vom Löschungsantrag ausgenommen sein sollen, nicht wiederholte.
Der gerügte Verstoß gegen § 405 ZPO ist daher nicht verwirklicht.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 Abs 1 PatG und §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.