JudikaturOPMS

Om10/11 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
30. November 2011

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Brigitte SCHENK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Hofrat Mag. Wilfried KYSELKA und Hofrat des OGH Dr. Manfred VOGEL und Hofrat des OGH Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und Dr. Wolfram GÖRNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   I *****, Dänemark, vertreten durch Sonn Partner Patentanwälte, Riemergasse 14, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin Firma   A*****  G m b H ,  ***** Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas OKONEK, c/o Redeker Sellner Dahs Widmaier Rechtsanwälte, Mozartstraße 4-10, 53115 Bonn, Deutschland, wegen teilweiser Unwirksamerklärung der Marke Nr 995 988 für das Gebiet der Republik Österreich, über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 2. Dezember 2010, Nm 124/2009-7, entschieden:

Spruch

I. Die Replik der Antragstellerin auf die Berufungsbeantwortung wird zurückgewiesen.

II. Der Berufung der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 2.721,90 EUR (darin 453,65 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin ist Inhaberin folgender Gemeinschaftsmarken:

a) Nr 1 366 426, ISS (Wortmarke) mit Priorität vom 1. November 1999, registriert für folgende Dienstleistungen:

Kl 35: Arbeitsvermittlungsbüros, Büroarbeiten, telefonischer Antwortdienst; Verwaltung von Kinderkrippen und Kindergärten.

Kl 36: Immobilienverwaltung.

Kl 37: Wartung und Reparatur von Start- und Landebahnen; Wartung von Heizungs- und Klimaanlagen, von Fahrstühlen und Rolltreppen; Innen- und Außenreinigung von Flugzeugen; Reinigung von Rampen und Start- und Landebahnen; Reinigung von Gebäuden und Höfen, Anlagen, Grundstücke, Straßen, öffentliche Flächen, Gärten, Räumlichkeiten und Fahrzeuge einschließlich Spezialreinigung; Reinigung im Bereich der Lebensmittelindustrie und desinfizierende Reinigung; Reinigung von Industriegebäuden und -flächen; Reinigung und Säuberung von Telefonen und Computern; Vertilgung von schädlichen Tieren (ausgenommen in der Landwirtschaft); Schneeräumung; Hausmeisterarbeiten in Form von Wartung, Steuerung der Energieversorgung und Reparaturen; Aufräum-, Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten nach Feuer- und Wasserschäden.

Kl 39: Transportwesen, Transport von Gepäck, Gepäckträgerarbeiten; Entsorgung von verschmutztem Wasser; Parkplätze; Bürobotendienste; Verpflegung und Warenlieferung.

Kl 42: Überwachung der Hygieneverhältnisse und Beratung in Umweltfragen für die Lebensmittelindustrie einschließlich bakteriologische Proben; Beratung in Bezug auf Umweltschutz; Hotels; Schädlingsbekämpfung (in der Landwirtschaft), Beratung in Sicherheitsfragen; Wach- und Schließdienste; Sicherheitskontrolle von Personen und Gepäck in Flughäfen; Zugangskontrolle in Verbindung mit dem Einchecken; Verpflegung; Catering; Gärtner- und Gartenarbeiten; Anlage und Pflege von Parks und Grünanlagen; Verwaltung und Betrieb von Altenheimen, Pflegeheimen, Krankenhäusern und Kliniken einschließlich ärztliche Kliniken; Gesundheitsfürsorge; Kinderkrippen und Kindergärten.

b) Nr 1 920 396, iss (Bildmarke mit nachfolgendem Aussehen) mit Priorität vom 20. Oktober 2000:

registriert für folgende Dienstleistungen:

Kl 35: Arbeitsvermittlungsbüros, Büroarbeiten, telefonischer Antwortdienst; Verwaltung von Kinderkrippen und Kindergärten; geschäftliche Unterstützung im Betrieb von Kiosken, Kioske zum Verkauf von Produkten; Datenverarbeitung und Datenbankverwaltung einschließlich Zusammenstellung und Eintragung von Informationen in Computerdatenbanken, Sortieren und Bearbeiten von Informationen in Computerdatenbanken sowie Systematisieren von Informationen in Computerdatenbanken, Vervielfältigung von Dokumenten; Verwaltung von Altenheimen, Pflegeheimen, Krankenhäusern und Kliniken einschließlich ärztliche Kliniken.

Kl 36: Vermögensverwaltung; Computerinformationsdienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen.

Kl 37: Wartung und Reparatur von Start- und Landebahnen; Wartung von Heizungs- und Klimaanlagen, von Fahrstühlen und Rolltreppen; Innen- und Außenreinigung von Flugzeugen; Reinigung von Rampen und Start- und Landebahnen; Reinigung von Gebäuden und Höfen, Anlagen, Grundstücke, Straßen, öffentliche Flächen, Gärten, Räumlichkeiten und Fahrzeuge einschließlich Spezialreinigung; Reinigung im Bereich der Lebensmittelindustrie und desinfizierende Reinigung; Reinigung von Industriegebäuden und -flächen; Reinigung und Säuberung von Telefonen und Computern; Vertilgung von schädlichen Tieren (ausgenommen in der Landwirtschaft); Schneeräumung; Hausmeisterarbeiten in Form von Wartung, Steuerung der Energieversorgung und Reparaturen; Aufräum-, Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten nach Feuer- und Wasserschäden; Dienstleistungen eines Bauunternehmers einschließlich Bau und Einrichtung von Küchen; Installation, Instandhaltung und Reparatur von Computerhardware einschließlich Server.

Kl 39: Transportwesen, Gepäckbeförderung, Auslieferung von Essen und anderen Waren; Gepäckträgerdienste; Entsorgung von verschmutztem Wasser; Parkplatzdienste; Bürobotendienste.

Kl 41: Erziehung und Ausbildung einschließlich Veranstaltung von Kursen, Dienstleistungen einer Kinderkrippe.

Kl 42: Überwachung der Hygieneverhältnisse und Beratung in Umweltfragen für die Lebensmittelindustrie einschließlich bakteriologische Proben; Beratung in Bezug auf Umweltschutz; Hotels; Schädlingsbekämpfung (in der Landwirtschaft), Beratung in Sicherheitsfragen; Wach- und Schließdienste; Sicherheitskontrolle von Personen und Gepäck in Flughäfen; Zugangskontrolle in Verbindung mit dem Einchecken; Verpflegung; Catering; Gärtner- und Gartenarbeiten; Anlage und Pflege von Parks und Grünanlagen; Betrieb von Altenheimen, Pflegeheimen, Krankenhäusern und Kliniken einschließlich ärztliche Kliniken; Gesundheitsfürsorge; Kinderkrippen, Kindergärten; Computersystemanalysen und -beratung; Beratung auf dem Gebiet der Computer-Hardware und -Software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklungsdienste, Design, Aktenführung und Pflege von Computersoftware; Wiederherstellung und Abfrage von Computerdaten; Beratung in Bezug auf und Gestaltung von Infrastruktur für Inter-, Intra- und Extranet; Vermietung von Computern und Computerprogrammen; Zusammenstellung von Datenverarbeitungsprogrammen; Dienstleistungen eines Ingenieurs im Zusammenhang mit Computersoftware; Planung, Verwaltung und Überwachung von Computersystemen; Leasing von Zugangszeiten zu Computern und Computerdatenbanken; Abwicklung und Verwaltung von Anwendungen; Verwaltung von Computersystemen für Unternehmen.

c) Nr 1 876 321, ISS FACILITY SERVICES (Wortmarke) mit Priorität vom 10. Juni 2004, registriert für folgende Dienstleistungen:

Kl 35: Arbeitsvermittlungsbüros, Büroarbeiten, Verwaltung von Möbeln für Unternehmen; Telefonantwortdienste; Betrieb von Telefonzentralen und Rezeptionen, Bereitstellung von Personal für Callcenter und Helpdesks; Unterstützung in Bezug auf Sekretariatsarbeiten; Verwaltung von Büroräumen; Vermietung von Verkaufsautomaten; geschäftliche Unterstützung beim Betrieb von Kiosken, Kioske für den Verkauf von Produkten, Vervielfältigung von Dokumenten.

Kl 36: Immobilienverwaltung.

Kl 37: Wartung von Heizungs- und Klimaanlagen, von Fahrstühlen und Rolltreppen; Reinigungsarbeiten, Reinigung von Gebäuden und Höfen, Anlagen, Grundstücke, Straßen, öffentliche Flächen, Gärten, Räumlichkeiten und Fahrzeuge einschließlich Spezialreinigung; Reinigung im Bereich der Lebensmittelindustrie und desinfizierende Reinigung; desinfizierende Reinigung von Nassräumen, Waschräumen und Toiletten; Reinigung sowie Nach- und Auffüllen verschiedener Sanitärprodukte zur Verwendung in Nassräumen, Waschräumen und Toiletten; Installation verschiedener Sanitärprodukte in Nassräumen, Waschräumen und Toiletten; Reinigung von Industriegebäuden und -flächen; Reinigung von Gardinen, Teppichen, Matten und Polstermaterial; Fensterreinigung, Reinigung und Säuberung von Telefonen, Kopiergeräten und Computern; Vertilgung von schädlichen Tieren (ausgenommen in der Landwirtschaft); Schneeräumung; Instandhaltung, Inspektion und kleinere Reparaturen von Gebäuden; Hausmeisterarbeiten in Form von Wartung, Reparatur und Verwaltung und Steuerung der Energieversorgung in Gebäuden; Wartung und Reparatur von elektrischen und sanitären Anlagen; Aufräum-, Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten nach Feuer- und Wasserschäden; Dienstleistungen eines Bauunternehmers einschließlich Bau und Einrichtung von Küchen;

Kl 39: Transportwesen, Gepäckbeförderung, Auslieferung von Essen und anderen Waren; Auslieferung von Paketen, Gepäckträgerdienste; Entsorgung von verschmutztem Wasser; Parkplatzdienste; Bürobotendienste; Umzugsdienstleistungen im Zusammenhang mit Büros; Ausbringen von Matten und Teppichen.

Kl 42: Überwachung der Hygiene; Qualitätsprüfung; Beratung in Bezug auf Hygiene- und Umweltaspekte im Bereich der Lebensmittelindustrie einschließlich bakteriologische Untersuchungen; Beratung in Bezug auf Umweltschutz;

Kl 43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Catering; Kantinenbetrieb; Beherbergung von Gästen; Betrieb von Cafeterias, Hotels; Betrieb von Selbstbedienungsgaststätten, Restaurants, Betrieb von Verkaufsautomaten für Speisen und Getränke; Verleih von Matten und Teppichen.

Kl 44: Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft, Baumschneidearbeiten, Gärtner- und Gartenbauarbeiten; Anlage, Gestaltung und Pflege von Grünanlagen, einschließlich Rasenflächen, Parks und Golfplätze; Anlage, Gestaltung und Pflege von Innenbegrünungen; Vermietung von mobilen Sanitäreinrichtungen; Ungeziefer- und Schädlingsvernichtung für landwirtschaftliche Zwecke.

Kl 45: Sicherungsdienstleistungen für den Schutz von Eigentum; Sicherheit (Beratung auf dem Gebiet der -); Wach- und Schließdienste; Sicherheitskontrolle von Personen und Gepäck; Zugangskontrolle.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der internationalen Marke Nr 995 988 mit Priorität vom 12. März 2008 und nachfolgendem Aussehen:

Die Marke ist ua registriert für folgende Dienstleistungen:

Kl 35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten.

Kl 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Kl 43: Dienstleistungen von Tankstellen, Servicearealen und Gastronomie, zB Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

Die Antragstellerin beantragte - gestützt auf ihre Gemeinschaftsmarken - die teilweise Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr 995 988 im Umfang der Dienstleistungen der Kl 35, 41 und 43 aus den Gründen der §§ 30, 32 MSchG. Prägendes Element aller streitverfangenen Marken sei “ISS“; dies sei auch das Firmenschlagwort der Antragstellerin. Die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken sei evident; die betreffenden Dienstleistungen seien identisch oder zumindest ähnlich.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags auf teilweise Unwirksamerklärung. Die Antragstellerin reduziere die angefochtene Marke unzutreffend auf den Bestandteil „ISS“; zu berücksichtigen seien jedoch auch die weiteren Wort- und Bildbestandteile. Bei gebotener einheitlicher Betrachtung der Marken fehle es an der von der Antragstellerin behaupteten Identität. Auch bei den betroffenen Dienstleistungen gäbe es (abgesehen von einigen geringfügigen Ausnahmen) keinerlei Überschneidungen.

Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Antrag mit der angefochtenen Entscheidung statt und erklärte die internationale Marke Nr 995 988 im Umfang der Dienstleistungen der Kl 35, 41 und 43 mit Wirksamkeit zum Zeitpunkt ihrer Registrierung für unwirksam. Alle im Löschungsstreit verfangenen Marken seien durch den kurzen und prägnanten gemeinsamen Bestandteil „ISS“ geprägt, der leicht zu erfassen sei, leicht im Gedächtnis bleibe und leicht wiedererkannt werden könne. Dieser prägnante Begriff in den älteren Marken der Antragstellerin sei vollständig in die jüngere angefochtene Marke aufgenommen worden und behalte dort seine selbständig kennzeichnende Stelle. Auch die Ähnlichkeit bei den jeweiligen Dienstleistungen sei zu bejahen. Damit liege Verwechslungsgefahr vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin kostenpflichtig abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragte, die Berufung abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Die Berufungswerberin machte geltend, in der angefochtenen Marke besitze der Wortbestandteil „ISS“, der als Imperativ des Verbs „essen“ verstanden werde, nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Dem gegenüber komme dem Bestanteil „FIT“ in ihrer Marke (vor allem in der Kombination mit dem Bestandteil „ISS“) erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Beide Wortbestandteile bildeten eine Einheit, eine Trennung scheide aus. Die Marke der Antragsgegnerin kollidiere daher nicht mit den Marken der Antragstellerin. Bei den betroffenen Dienstleistungen gäbe es bis auf „Büroarbeiten“ keinerlei Überschneidungen, auch an Ähnlichkeiten fehle es. „Die Marke“ der Antragstellerin genieße keinen Schutz in den Klassen 41 und 43. Im Hinblick auf die geringe Kennzeichnungskraft „der Marke“ der Antragstellerin und die geringen Ähnlichkeiten der kollidierenden Zeichen liege keine Verwechslungsgefahr vor.

1. Gemäß § 30 Abs 1 MSchG kann der Inhaber einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke begehren, sofern entweder die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich sind, oder die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

2. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden Rechtsprechung der nationalen Gerichte folgende Grundsätze maßgeblich:

2.1. Die Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft sowie Bekanntheitsgrad auf dem Markt und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen, Bedacht zu nehmen ist. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (RIS-Justiz RS0121482; weitere Nachweise bei Schumacher in Kucsko, marken.schutz 210 Fn 77). Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Warenidentität oder einer hochgradigen Warenähnlichkeit ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Warenabstand (RIS-Justiz RS0116294).

2.2. Ob das verwendete Zeichen der Marke des Konkurrenten in Bild, Klang oder Bedeutung ähnlich ist, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Entscheidend ist die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (vergleiche RIS-Justiz RS0117324; OPM Om 6/11 – evolution/revoelution).

2.3. Wird eine Marke vollständig in ein anderes Zeichen aufgenommen, so ist jedenfalls regelmäßig - und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind - Ähnlichkeit und damit bei Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (RIS-Justiz RS0079033; 4 Ob 138/03b; Om 4/11 – Leo/Leo Löwenzahn). Bei Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; OPM Om 12/10 - zero/peakzero; OPM Om 6/11 – evolution/revoelution; vergleiche auch EuGH C-120/04 – Thomson life).

2.4. Faktoren bei Prüfung der Warenähnlichkeit sind insbesondere Art, Verwendungszweck, Nutzung und Eigenart der miteinander konkurrierenden oder einander ergänzenden Waren oder Dienstleistungen (EuGH C 39/97 – Canon Rz 23). Ähnlichkeit zwischen Dienstleistungen liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die Dienstleistungen als zusammengehörig betrachten, weil sie der Meinung sein können, sie würden vom selben Unternehmen erbracht. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die Dienstleistungen nicht völlig gegensätzlicher Natur sind und sich in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Verrichtung eng berühren (vergleiche EuGH C-39/97 – Canon). Gehören mit ähnlichen Zeichen gekennzeichnete Dienstleistungen zu einem gemeinsamen Geschäftsbereich, besteht eine enge Verbindung beim Verwendungszweck, und die fraglichen Dienstleistungen haben ergänzenden Charakter. Daraus ist zu schließen, dass sie ähnlich sind (Nachweise zur Rechtsprechung des EuG bei Schumacher in Kucsko, marken.schutz 220). Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsgleichartigkeit ist kein strenger Maßstab anzulegen; im Zweifel ist die Ähnlichkeit zu bejahen (OPM Om 9/87 = ÖBl 1989, 99 = PBl 1989, 145 – Sefra/Setta).

3. Auf dieser Grundlage hat die Nichtigkeitsabteilung die Verwechslungsgefahr zutreffend bejaht.

3.1. Die Wortmarke der Antragstellerin „ISS“ ist zugleich prägender Zeichenbestandteil ihrer Bildmarke und der Wortmarke „ISS FACILITY SERVICES“ sowie ihr Firmenschlagwort. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen ist die Kennzeichnungskraft des Zeichens (bzw Zeichenbestandteils) zumindest normal. Die Antragsgegnerin hat dieses Zeichen unverändert in ihre jüngere Marke übernommen; deren weiterer Bestandteil „FIT“ hat auf Grund seiner häufigen Verwendung als werbliche Anpreisung geringe Kennzeichnungskraft und verleiht der Wortverbindung keinen eigenen Sinngehalt. Damit behält der Bestandteil „ISS“ auch in der Marke der Antragsgegnerin eine selbständige  kennzeichnende Stellung. Auf dieser Grundlage ist eine hohe Zeichenähnlichkeit anzunehmen.

3.2. Zur Dienstleistungsähnlichkeit verkennt die Berufungswerberin grundlegend, dass diese nicht allein im Vergleich zur Wortmarke „ISS“, sondern zu sämtlichen Marken der Antragstellerin zu prüfen ist. Identität besteht bei Büroarbeiten (Kl 35), Erziehung und Ausbildung (Kl 41) sowie den Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen (Kl 43). Die Marken der Antragstellerin sind in den Klassen 35, 36 und 42 ua für eine Anzahl von Verwaltungstätigkeiten geschützt, die man leicht unter dem Oberbegriff „Unternehmensverwaltung“ subsumieren kann (zB Verwaltung von Kindergärten, Verwaltung und Betrieb von Alten- und Pflegeheimen, Immobilienverwaltung etc); der Betrieb solcher Einrichtungen lässt sich auch als „Geschäftsführung“ (so ein Schutzbereich der angegriffenen Marke) zusammenfassen. Durch die damit verbundenen ähnlichen Strukturen sind die von der Marke der Antragsgegnerin umfassten Dienstleistungen nicht völlig gegensätzlicher Natur und berühren sich mit jenen der Marke der Antragstellerin insbesondere in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Verrichtung so weit, dass die Verkehrskreise zur Auffassung gelangen, diese Dienstleistungen würden von demselben Unternehmen erbracht werden.

3.3. Die Marken der Antragstellerin umfassen in Kl 35 die Dienstleistungen eines Arbeitsvermittlungsbüros. Solche oder diesen gleichartige Dienstleistungen (wie zB die Arbeitnehmerüberlassung) sind den Dienstleistungen Werbung, Geschäftsführung oder Unternehmensverwaltung ähnlich (vergleiche Bundespatentgericht 06, 30 W (pat) 267/04 und 07, 33 W (pat) 84/05, zitiert in Richter/Stoppel , Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen15 337).

3.4. Die Gemeinschaftsmarke Nr 1 876 321 der Antragstellerin umfasst ebenso wie die angefochtene Marke in Kl 43 die Dienstleistungen Verpflegung und Beherbergung von Gästen. Diese Dienstleistungen sind den Bereichen Unterhaltung sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten als ergänzende Dienstleistungen ähnlich, werden doch in vielen Verpflegungs- und Beherbergungsbetrieben für die Gäste sowohl Unterhaltungsprogramme als auch ein Sport- oder Kulturprogramm angeboten, somit an dem selben Ort und von dem selben Anbieter (vergleiche Bundespatentgericht 01, 32 W (pat) 335/99; 03 25 W (pat) 74/01; 03, 27 W (pat) 113/05 und 07, 32 W (pat) 199/02, zitiert in Richter/Stoppel aaO 370).

3.5. Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen von Tankstellen und Servicearealen (Kl 43) bei der angefochtenen Marke und der Dienstleistung der Fahrzeugreinigung in allen Marken der Antragstellerin ist gegeben, weil Tankstellen neben der eigentlichen Hauptdienstleistung des Betankens von Fahrzeugen regelmäßig auch damit zusammenhängende und ergänzende Dienstleistungen (wie zB Autowäsche) anbieten. Diese Dienstleistungen werden an dem selben Ort und von dem selben Anbieter erbracht, sodass die Ähnlichkeit von den Verkehrskreisen unmittelbar erkannt werden kann.

4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der gebotenen Gesamtbeurteilung der Grad der Ähnlichkeit der unter den Marken der Streitteile vertriebenen Dienstleistungen derart eng ist, dass unter Berücksichtigung der Wechselbeziehung zur nicht geringen Zeichenähnlichkeit die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist. Der Berufung kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.

5. Im Rechtsmittelverfahren steht jeder Partei nur eine Rechtsmittelschrift zu (vergleiche RIS Justiz RS0041666). Der am 19. Oktober 2011 eingebrachte Schriftsatz der Antragstellerin, in dem sie zur Berufungsbeantwortung Stellung nimmt, war daher zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG sowie § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

Rückverweise