Om9/11 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates, Präsidentin des OGH Dr. iur. Hon. Prof. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Gabriele JAGETSBERGER, Hofrat des OGH Dr. Manfred VOGEL, Hofrat des OGH Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin M *****, USA, vertreten durch Dipl.-Ing. Walter Holzer, Dr. Elisabeth Schober, Patentanwälte, Brigittenauer Lände 50, 1200 Wien, wider die Antragsgegnerin P ***** G m b H , ***** vertreten durch Dipl.-Ing. Werner Barger, Dr. Eberhard Piso, Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter Israiloff, Patentanwälte, Mahlerstraße 9, 1015 Wien, wegen Löschung der Marke Nr 188 629, über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 17. Juni 2010, Zl Nm 47/2008-2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 1.633,14 EUR (darin 272,19 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e:
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke Nr 188 629, geschützt mit Priorität vom 3. Jänner 2000 für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 09, 16, 18, 21, 34, 35, 37, 41, 42 und mit Priorität vom 4. März 2002 für Dienstleistungen in der Klasse 35.
Die Antragstellerin begehrte die Löschung dieser Marke gemäß § 33 a MSchG wegen Nichtgebrauchs.
Die Nichtigkeitsabteilung verfügte die Zustellung des Antrags an die Antragsgegnerin unter ihrer im Markenregister ausgewiesenen Anschrift zusammen mit der Aufforderung, binnen zwei Monaten eine Gegenschrift zu erstatten, andernfalls die Löschung der Marke ohne weiteres Verfahren gemäß § 42 Abs 3 MSchG veranlasst werde. Das Schreiben kam mit dem Vermerk „retour, seit Jahren verzogen“ als unzustellbar zurück. Sodann verfügte die Nichtigkeitsabteilung die Zustellung an die im aktuellen Firmenbuchauszug ersichtliche Anschrift der Markeninhaberin. Dort hat die Antragsgegnerin das Schriftstück am 25. September 2008 übernommen, die Frist für die Erstattung der Gegenschrift bis 25. November 2008 jedoch ungenutzt verstreichen lassen.
Die Nichtigkeitsabteilung wies den Antrag zurück, soweit er sich auf die Dienstleistung „Arbeitsvermittlung“ der Klasse 35 bezieht und gab dem Antrag hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen statt und verfügte insoweit die Löschung der Marke mit Wirksamkeit vom 19. Mai 2005. Der Löschungsantrag sei der Antragsgegnerin am 25. September 2008 zugestellt worden, die zur Erstattung der Gegenschrift eingeräumte Frist sei ungenützt verstrichen, sodass ohne weiteres Verfahren antragsgemäß zu entscheiden gewesen sei (§ 42 Abs 3 MSchG). Betreffend die Dienstleistung „Arbeitsvermittlung“ lägen die Löschungsvoraussetzungen des § 33a Abs 1 MSchG nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Markeninhaberin mit dem Antrag, die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufzuheben und die Angelegenheit zur Behandlung und Beschlussfassung an die Nichtigkeitsabteilung zurückzuverweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Berufung „abzuweisen“.
Die Berufungswerberin macht geltend, die automatische Löschung einer Marke im Falle des §42 Abs 3 MSchG beruhe auf der Fiktion der Zustimmung des Markeninhabers, die aber im Anlassfall nicht vorliege. Die Antragsgegnerin sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, die Erstreckung der Frist für die Erstattung der Gegenschrift zu beantragen, um Unterlagen, die eine Benutzung der Marke dokumentierten, beizubringen. Sie habe deshalb zeitgleich einen Wiedereinsetzungsantrag eingebracht. Eine Zurückweisung an die Nichtigkeitsabteilung sei gerechtfertigt, da der Oberste Patent- und Markensenat keine Beweise aufnehmen könne. Fehlerhaft sei auch die Zustellung der angefochtenen Entscheidung direkt an die Antragsgegnerin, habe sie doch der Behörde schon am 2. Juni 2010 ihre rechtsfreundliche Vertretung bekannt gegeben. Die Zustellung am 17. Juni 2010 hätte daher an den ausgewiesenen Vertreter erfolgen müssen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Bringt der belangte Markeninhaber innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Gegenschrift ein, so hat die Nichtigkeitsabteilung ohne weiteres Verfahren antragsgemäß die gänzliche oder teilweise Löschung oder Übertragung der Marke zu verfügen oder die gänzliche oder teilweise Ungültigkeit der Marke nachträglich festzustellen (§ 42 Abs 3 erster Satz MSchG).
Wie der Oberste Patent- und Markensenat in ständiger Rechtsprechung vertritt, findet in einem solchen Säumnisfall – anders als bei einer Säumnisentscheidung nach § 396 ZPO, die lediglich auf Grund der für wahr zu haltenden Tatsachen-behauptungen der erschienenen Partei, aber ohne Bindung an deren rechtliche Wertung zu erfolgen hat – keine materiellrechtliche Prüfung statt, ob die Voraus-setzungen für die beantragte Löschung vorliegen. Mit der Berufung gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung kann die aufgrund der Nichterstattung einer Gegenschrift zu unterlassende materiellrechtliche Prüfung nicht begehrt werden; vielmehr kann der Berufungswerber nur die Überprüfung der Richtig-keit der Entscheidung erster Instanz erreichen, hier also der Voraussetzungen für eine Säumnisentscheidung nach § 42 Abs 3 MSchG (Om 4/05 = PBl 2006, 19 mwN; Kodek in Kucsko, marken.schutz 689).
Aus dem Gesetzestext (§ 42 Abs 3 MSchG: ohne weiteres Verfahren) ist die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung abzuleiten, dass der Markeninhaber auf sein Markenrecht verzichtet, falls er eine Gegenschrift zum Löschungsantrag nicht fristgerecht einbringt. Der Vorbehalt einer späteren Äußerung ist nicht zulässig; aus welchen Gründen eine Gegenschrift unterblieb, ist ohne Bedeutung.
Dass die formellen Voraussetzungen einer Säumnisentscheidung nach § 42 Abs 3 MSchG vorliegen, stellt die Berufungswerberin nicht in Abrede. Der geltend gemachte Zustellmangel liegt nicht vor: Nach dem Inhalt des Markenakts haben die Vertreter der Antragsgegnerin am 2. Juni 2010 die Umschreibung der betroffenen Marke auf die nunmehrige Markeninhaberin und die Eintragung der namhaft gemachten rechtsfreundlichen Vertreter ins Markenregister beantragt. Mit Beschluss vom 25. Juni 2010 hat die Rechtsabteilung die Umschreibung bewirkt und die Eintragung der Vertreter zur Kenntnis genommen; die Eintra-gung ins Markenregister erfolgte sodann am 14. Juli 2010. Bei diesem Zeitablauf hatte die Nichtigkeitsabteilung frühestens am 25. Juni 2010 Kenntnis von der Existenz eines Vertreters der Markeninhaberin; die Verfügung auf Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die Markeninhaberin erfolgte jedoch bereits am 17. Juni 2010.
Der unberechtigten Berufung war ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 Abs 1 PatG und §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt unter Bedachtnahme auf § 5 Z 14 AHK 36.000 EUR. Die Kosten einer Äußerung im Verfahren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.