Om5/11 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Ljiljana PANTOVIC, Dr. Friedrich JENSIK und Dr. Elisabeth LOVREK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Johannes WERNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin U*****, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Thomas STENITZER, Mag. Kurt SCHICK, Rathausgasse 4, 2136 Laa a/d Thaya, gegen den Antragsgegner R*****, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Kurt GAAR, Weihburggasse 2, 1010 Wien, wegen Löschung der Marke Nr 238 866 über die Berufung des Antragsgegners gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 12. Oktober 2010, GZ Nm 143/2007-14 entschieden:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie zu lauten hat:
„Die Marke Nr 238 866 wird mit Ausnahme für folgende Waren ‚Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für fotografische, land- und forstwirtschaftliche Zwecke; Düngemittel; Feuerlöschmittel; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke’ mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt ihrer Registrierung gelöscht
Der Antragsgegner ist schuldig, der Anstragstellerin die Kosten des Verfahrens erster Instanz von 3.498,36 EUR (darin 508,06 EUR Umsatzsteuer und 450 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Der Antragsgegner ist weiters schuldig, der Antragstellerin die mit 2.721,90 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 453,65 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragstellerin ist Inhaberin folgender Wortmarken:
AT Nr 146 986 SLIDEX Priorität: 14. Dezember 1992
Kl 1: Chemische Erzeugnisse zur Reinigung und Antirutschbehandlung von Steingutböden, Fliesen und Badewannen;
Kl 3: Fettentfernungsmittel.
IR Nr 605 823 SLIDEX Priorität: 20. Juli 1993
Kl 1: Chemische Erzeugnisse zur Reinigung und Antirutschbehandlung von Steingutböden, Fliesen und Badewannen;
Kl 3: Fettentfernungsmittel.
Der Antragsgegner ist Inhaber der österreichischen Wortbildmarke
Nr 238 866 mit folgendem Markenbild:
Mit Priorität vom 30. November 2006 ist diese Wortbildmarke für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt:
Kl 1: Chemische Erzeugnisse zur Erhöhung der Rutschhemmung und Trittsicherheit von mineralischen Fußbodenoberflächen;
Kl 40: Materialbearbeitung, nämlich Imprägnierung und/oder Veredelung von Fußbodenoberflächen zur Erlangung der Trittsicherheit;
Kl 42: Messung des Friktionskoeffizienten von Oberflächen mit speziell entwickelten Messgeräten und –apparaturen.
Mit Priorität vom 5. März 2007 ist die Marke für folgende Waren und Dienstleistungen registriert:
Kl 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Düngemittel; Feuerlöschmittel; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Öl- und/oder Chemikalienbindemittel; chemische Erzeugnisse zur Verhinderung oder Bekämpfung von Eis- und Schneeglätte;
Kl 37: Instandhaltung von Fußböden und Gegenständen;
Kl 40: Materialbearbeitung, insbesondere Imprägnierung und/oder Veredelung von Oberflächen, Gegenständen und/oder Materialien;
Kl 42: Technische Projekt- und Konstruktionsplanung und -beratung; Erstellen von technischen Gutachten; Dienstleistungen eines Architekten und eines Ingenieurs; Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung.
Die Antragstellerin beantragte die Löschung der österreichischen Marke Nr 238 866 gemäß § 30 Abs 1 MSchG. Die einander gegenüberstehenden Marken seien verwechslungsfähig ähnlich, weil ihre älteren Marken zur Gänze in der jüngeren angefochtenen Marke enthalten seien. Aufgrund von Branchenidentität bestehe Verwechslungsgefahr. Der Zeichenbestandteil „Sicherheit auf Schritt und Tritt“ sei wegen beschreibenden Inhalts nicht schutzfähig. Die fehlende Berechtigung des Antragsgegners, den Markennamen SLIDEX zu verwenden, sei bereits gerichtlich festgestellt. Der Antragsgegner sei auch nicht Inhaber der Marken SLIDEX. Aus den Urteilsfeststellungen sei zu entnehmen, dass die Antragstellerin am 6. November 2005 dem Antragsgegner das Nutzungsrecht für die Marken SLIDEX entzogen habe. Dem habe der Antragsgegner nicht widersprochen.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Löschungsantrags und die Übertragung der beiden Klagsmarken auf ihn. Darüber hinaus beantragte er die Eintragung eines Pfandrechts sowie eine Streitanmerkung bei den Klagsmarken. Er sei Eigentümer mehrerer namentlich genannter Unternehmen; die Antragstellerin sei nicht mehr Inhaberin der Wortmarke SLIDEX. Diese sei bereits 1994 im Zuge eines Konkursverfahrens samt dem gesamten privaten und betrieblichen Vermögen übertragen worden. Das unterschriebene Original des Übernahmevertrags, dessen Existenz die Antragstellerin bereits vor Gericht bestätigt habe, gebe die Antragsstellerin vorsätzlich nicht heraus. Der Antragsgegner habe sämtliche Geschäfte abgewickelt. Er habe die Marke ausschließlich genutzt. Dies sei mit Wissen und ohne Widerspruch der Antragstellerin erfolgt, weil die Marke der Antragstellerin auf den Antragsgegner übertragen worden sei. Die Kunden der Antragstellerin seien die Vertragshändler des Antragsgegners gewesen. Eine allfällige Verkehrsgeltung der Klagsmarken habe im Lauf der letzten 15 Jahren ausschließlich der Antragsgegner oder seine Unternehmen erworben. Sollte eine Übertragung der Wortmarke SLIDEX nicht erfolgen können, sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin durch die Unterfertigung des Übertragungsvertrags ihren Willen kundgetan habe.
Der einzige Grund für sein Unterliegen im Gerichtsverfahren sei darin gelegen, dass er nicht als Inhaber der Klagsmarken im Markenregister eingetragen sei. Tatsächlich sei er jedoch im Besitz der Marken.
Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Antrag statt und löschte die Marke Nr 238 866 mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt ihrer Registrierung. Die Nichtigkeitsabteilung vermochte weder eine Inhaberschaft noch ein Benutzungsrecht des Antragsgegners an den Klagsmarken festzustellen und prüfte daher nur die verwechslungsfähige Ähnlichkeit nach § 30 Abs 1 MSchG. Die Bezeichnung SLIDEX sei im Zusammenhang mit den streitverfangenen Marken ein unterscheidungskräftiges und jedenfalls fantasiehaftes Zeichen. Diese Bezeichnung sei in die angefochtene Marke identisch übernommen worden. Die hinzugefügte Wortfolge „Sicherheit auf Schritt und Tritt“, beschreibe nur die Zielrichtung der Waren und Dienstleistungen näher; sie bilde somit eine reine Qualitätsangabe. Verwechslungsgefahr sei jedenfalls zu bejahen. Auch Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen seien gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung des Antragsgegners , mit der er die gänzliche Abweisung des Löschungsantrags anstrebt, ist teilweise berechtigt .
Die Antragstellerin stützt ihren Löschungsantrag nach dessen Inhalt und Begründung auf § 30 Abs 1 MSchG, wobei aus ihrem Vorbringen zu schließen ist, dass sie die Löschung der gegenständlichen Marke für alle eingetragenen Waren und Dienstleistungen begehrt.
Gemäß § 30 Abs 1 MSchG kann der Inhaber einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke begehren, sofern entweder
1. die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich sind, oder
2. die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, für den Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten und diese von Waren und Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Der Oberste Patent- und Markensenat vertritt in ständiger Rechtsprechung und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs folgende Grundsätze zur Verwechslungsgefahr von Marken:
Die Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft sowie Bekanntheitsgrad auf dem Markt und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen, Bedacht zu nehmen (Om 10/01 = PBl 2002, 102 - CHOCAPIC/CHOCOPIE; Om 9/03 = PBl 2004, 115 - Novapark/Innova Park Innsbruck). So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt. Abzustellen ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- und Dienstleistungsart. Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Waren/Dienstleistungsidentität oder einer hochgradigen Waren/Dienstleistungsähnlichkeit ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren/Dienstleistungsabstand (EuGH C-39/97, Canon , Slg 1998 I-5507).
Die Wechselbeziehung zwischen den genannten Faktoren macht es erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen, deren Beurteilung ihrerseits insbesondere vom Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen abhängt. Da außerdem die Verwechslungsgefahr um so größer ist, je höher die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist, genießen Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vergleiche EuGH, C-39/97, Canon , Randnummern 17 und 18). Es ist jedenfalls die Eignung der Antragsmarke zu prüfen, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie registriert worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von den anderer Unternehmen zu unterscheiden. Bei dieser Beurteilung sind sämtliche maßgebenden Faktoren und insbesondere die Eigenschaften zu berücksichtigen, die die Marke von Haus aus besitzt, einschließlich des Umstands, ob sie beschreibende Elemente in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen aufweist, für die sie registriert worden ist. Je größer die Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen und je höher die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist, umso größer ist die Verwechslungsgefahr (vergleiche EuGH, C-342/97, Lloyds/Loint's ).
Zeichenähnlichkeit ist schon dann anzunehmen, wenn Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (Om 4/02 = PBl 2003, 8 - Kathreiner). Ob einander gegenüberstehende Marken im Bild, Klang oder Bedeutung ähnlich sind, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den sie hervorrufen. Es ist keine zergliedernde Betrachtung vorzunehmen. Dabei sind jedoch die unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen. Entscheidend ist, wie die einzelne Marke auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- und Dienstleistungsart wirkt (EuGH, C-342/97, Lloyd/Loint´s). Dieser nimmt die Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf Einzelheiten. Zu berücksichtigen ist auch, dass die zu vergleichenden Marken in den meisten Fällen nicht gleichzeitig wahrgenommen werden (Om 10/01 = PBl 2002, 102 - CHOCAPIC / CHOCOPIE). Auch bei einer Gesamtbetrachtung können daher durchaus einzelne Zeichenelemente in den Vordergrund treten und von den Konsumenten bewusster wahrgenommen werden.
Verwechslungsgefahr ist jedenfalls regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein geschütztes Zeichen vollständig in ein anderes Zeichen aufgenommen wird, sofern nicht das ältere Zeichen innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spielt und im Vergleich zu den übrigen Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, ganz in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – JONES/JACK JONES; Om 10/93 = PBl 1994, 190 - Orient Express je mwN).
Einer Wortbildmarke, bei der weder die Wort- noch die Bildelemente in den Hintergrund treten, sind regelmäßig auch solche Zeichen ähnlich, die nur die Bildteile oder nur die Wortteile verwechselbar wiedergeben (Om 14/79 = PBl 1980, 159 - Logo/Lego). Bei einer Wortbildmarke ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der geschäftliche Verkehr an diesem orientiert und ihn im Gedächtnis behält (4 Ob 185/02p = ÖBl 2003, 186 - Rothmans).
Eine Wortbildmarke ist als reine Wortmarke zu behandeln, sofern die bildhafte Ausgestaltung der Marke nicht so charakteristisch ist, dass sie als das Wesentliche aufgefasst wird, hinter dem die Wortelemente vollkommen zurücktreten. Die bildliche Ausgestaltung eines Wortes macht eine Marke demnach nur dann zu einer Wortbildmarke, wenn sie so eigenartig ist, dass sie den Verkehrskreisen als besonders charakteristisch auffällt. Eine Marke, die neben Worten nur allgemein gebräuchliche figurale Beigaben (wie zB Umrahmungen, Unterstreichungen) enthält, ist als reine Wortmarke anzusehen.
Weiters ist zu beachten, dass in einem auf § 30 MSchG gestützten Löschungsverfahren in erster Linie auf den Registerstand abzustellen ist (Om 7/77 = PBl 1978, 106 - Südleiten/Sandleiten ua). Es sind daher die gegenüberstehenden Marken, so wie sie registriert sind, zu vergleichen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz (Tatsachenfrage der Bekanntheit einer Marke im Sinn des § 30 Abs 2 MSchG) wurde hier nicht geltend gemacht.
Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt in diesem Fall:
Unstrittig ist die bessere Priorität der Marken der Antragstellerin.
Einander gegenüberstehen zwei Wortmarken, bestehend aus dem Wort SLIDEX, einerseits und eine Wortbildmarke andererseits, welche aus einem Slogan mit der Wortfolge „Sicherheit auf Schritt und Tritt“ (in grau/schwarzen Blockbuchstaben), einem Bindestrich in derselben Farb- und Schriftgestaltung wie die Wortfolge, dem Wort SLIDEX (in grünen Großbuchstaben) und einem grafischen Element zusammengesetzt ist, welches aus drei seitlich übereinander gereihten Quadraten in den Farben Orange, Dunkel- und Hellblau besteht, wobei die Quadrate unterschiedlich große Wasserbläschen beinhalten.
Bei der Beurteilung der verwechslungsfähigen Ähnlichkeit ist ausschließlich vom aktuellen Registerstand auszugehen. Der Umstand, wie diese registrierten Marken in der Praxis des geschäftlichen Verkehrs tatsächlich verwendet werden, spielt demnach keine Rolle. So ist es ohne Bedeutung, ob die Antragstellerin ihre Marken mit grafischer Ausgestaltung (wie in den Beilagen ./A und B ersichtlich), verwendet oder in bloßer Alleinstellung. Bei der vergleichenden Betrachtung der streitverfangenen Marken sind die im Markenregister registrierten Zeichen zu berücksichtigen und einander gegenüberzustellen.
Die Marke der Antragstellerin besteht ausschließlich aus dem Wort SLIDEX. Bei der Marke des Antragsgegners wird der Gesamteindruck wesentlich vom Wortbestandteil SLIDEX geprägt. Die übrigen Wortbestandteile („Sicherheit auf Schritt und Tritt“) sind - aufgrund der Schriftgröße und des Sinngehalts als rein werbliche Angaben, welche die Beschaffenheit bzw Qualität der angepriesenen Waren und Dienstleistungen lediglich hervorheben - zu unscheinbar, um von den Konsumenten bewusst wahrgenommen zu werden. Die Wortfolge „Sicherheit auf Schritt und Tritt“ entbehrt darüber hinaus, wie die Vorinstanz richtig festgehalten hat, jedweder Unterscheidungskraft, zumal die beteiligten Verkehrskreise darin lediglich eine werbliche Anpreisung sehen werden, mit jedem Schritt und Tritt die notwendige Sicherheit zu haben. Auch die grafische Gestaltung durch die dreifärbigen Quadrate vermag an diesem Gesamteindruck nichts zu ändern. Die Verkehrskreise bzw die Durchschnittsverbraucher werden in jedem Fall das Wort SLIDEX als prägendes Merkmal, somit als unterscheidendes und dominierendes Element wahrnehmen und daher, wenn sie unter dieser Marke vertriebene Produkte oder Dienstleistungen benennen, bestellen oder kaufen, dies unter dieser Bezeichnung tun, richtet sich doch das Augenmerk der Konsumenten in solchen Fällen weitestgehend nach dem markantesten Wortbestandteil.
Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass der Antragsgegner das dominierende Wortelement SLIDEX aus den Marken der Berufungsgegnerin übernommen hat und dem Bestandteil SLIDEX in der angefochtenen Marke eine prägende und dominierende Rolle zukommt. Da die Marken somit in einem Wortbestandteil übereinstimmen, bestehen keine Unterschiede in der Aussprache. Im Hinblick auf den Wortklang besteht damit unmittelbare Verwechslungsgefahr.
Da - wie oben ausgeführt - es bereits genügt, wenn die Zeichen in einem der drei Kriterien - Wortklang, Wortbild und Wortsinn - verwechselbar ähnlich sind, bedarf es daher keiner weiteren eingehenden Prüfung der Wortbedeutung, zumal dem prägenden Wort SLIDEX in den zu vergleichenden Marken kein eindeutiger Sinngehalt zuzuordnen ist.
Der Antragsgegner beruft sich darauf, bei dem Wort SLIDEX handle es sich um ein kennzeichnungskräftiges und unterscheidungskräftiges Zeichen, und er verweist darauf, SLIDEX Marken seien auch vom Harmonisierungsamt als Gemeinschaftsmarke eingetragen worden. Bei einer Prüfung nach § 30 Abs 1 MSchG wird jedoch nicht die Frage beurteilt, ob ein Zeichen im Anmeldezeitpunkt als Marke registriert werden durfte, sondern ob die zu vergleichenden Marken in Hinblick auf die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen verwechslungsfähig ähnlich sind. Dem Antragsgegner ist darin beizupflichten, dass die Marken der Antragstellerin mit dem Wortbestandteil SLIDEX ausreichende Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft besitzen und daher auch geeignet sind, die Waren, für welche sie registriert worden sind, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denen anderer Unternehmen deutlich zu unterscheiden.
Ähnlichkeit zwischen Waren wird von Lehre und Rechtsprechung dann angenommen, wenn der regelmäßige Geschäftsverkehr die Waren als zusammengehörig betrachtet und daher der Meinung sein kann, dass diese aus demselben Geschäftsbetrieb kommen. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis der Waren zueinander kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Herstellungsart, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (vergleiche EuGH, C-39/97, Canon, Randnummer 23). Darüber hinaus kommen als Faktoren die Vertriebswege sowie die Vertriebsstätten in Betracht. Bei der Beurteilung ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen. Die Voraussetzungen müssen nur alternativ, nicht kumulativ vorliegen. Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist ein weiter Maßstab anzulegen. Im Zweifel ist eher zugunsten der Ähnlichkeit zu entscheiden (Om 3/90 = PBl 1991, 119). Sinngemäß gelten diese Ausführungen auch für Dienstleistungen.
Auch bei der Prüfung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren oder Dienstleistungen sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich.
Hinsichtlich der Waren der Klasse 1 „Chemische Erzeugnisse zur Reinigung und Antirutschbehandlung von Steingutböden, Fliesen und Badewannen“ und den Waren „Chemische Erzeugnisse zur Erhöhung der Rutschhemmung und Trittsicherheit von mineralischen Fußbodenoberflächen“ wird die Ähnlichkeit vom Antragsgegner selbst zugestanden. Aber auch in Ansehung der übrigen Waren der Klasse 1, nämlich „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, gartenwirtschaftliche Zwecke; Öl- und/oder Chemikalienbindemittel; chemische Erzeugnisse zur Verhinderung oder Bekämpfung von Eis- und Schneeglätte“ ist Ähnlichkeit gegeben. So sind chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke sowie jene für den Gartenbereich, also für gartenwirtschaftliche Zwecke, jenen chemischen Erzeugnissen, welche zur (allgemeinen) Reinigung und Antirutschbehandlung auch von Steingutböden (zB im Garten- und Terrassenbereich), Fliesen und Badewannen verwendet werden, ähnlich. Dasselbe gilt für chemische Erzeugnisse zur Verhinderung oder Bekämpfung von Eis- und Schneeglätte, zumal Steingutböden gerade im Außenbereich damit behandelt werden, um die Rutschgefahr zu beseitigen. Die Waren „Öl- und/oder Chemikalienbindemittel“ werden allgemein für chemische Erzeugnisse zur Reinigung und Antirutschbehandlung (Klasse 1), aber auch für Fettentfernungsmittel (Klasse 3) als Bindemittel eingesetzt, sodass auch diese Waren als ähnlich einzustufen sind.
Dem Antragsgegner ist jedoch darin recht zu geben, dass die übrigen Waren der Klasse 1, nämlich „ chemische Erzeugnisse für fotografische, land- und forstwirtschaftliche Zwecke; Düngemittel; Feuerlöschmittel; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke “ mit den in den Warenverzeichnissen der Marken der Antragstellerin enthaltenen Waren nicht verwechslungsfähig ähnlich sind, zumal diese einem anderen Verwendungszweck und einer anderen Nutzung dienen, als der Reinigung und Antirutschbehandlung von Steingutböden, Fliesen und Badewannen als auch üblicherweise nicht für die Fettentfernung verwendet werden. Das schließt es aus, dass die beteiligten Verkehrskreise glauben könnten, diese Waren würden im selben Unternehmen wie die im Warenverzeichnis der Marken der Antragstellerin enthaltenen Waren oder in wirtschaftlich damit verbundenen Unternehmen hergestellt.
Für die Dienstleistungen in den Klassen 37, 40 und 42 ist mit der Vorinstanz von einer verwechslungsfähigen Ähnlichkeit der gegenständlichen Dienstleistungen mit den Waren der Antragstellerin auszugehen. Gerade die Instandhaltung von Fußböden und Gegenständen (Klasse 37) sowie die Materialbearbeitung, nämlich die Imprägnierung und/oder Veredelung von Fußbodenoberflächen zur Erlangung der Trittsicherheit oder auch jene von Oberflächen, Gegenständen und/oder Materialien (Klasse 40) sind den Waren der Klassen 1 und 3 des Warenverzeichnisses der gegnerischen Marken hochgradig ähnlich, weil gerade im Zuge dieser Dienstleistungen jene Waren, wie sie in den Klassen 1 und 3 enthalten sind, angeboten werden oder Verwendung finden. Hier ist jedenfalls von denselben Herstellungs- und Vertriebsstätten auszugehen. Bei den Dienstleistungen der Klasse 42 stehen die Planungs- und Beratungstätigkeiten im Vordergrund. So dient die Messung des Friktionskoeffizienten der Beurteilung der Rutschfestigkeit oder Rutschhemmung von Böden und Gegenständen. Der Verwendungszweck (Beurteilung von Rutschhemmung oder Antirutschbehandlung) sowie die Art der Nutzung sind durchaus vergleichbar. Darüber hinaus werden sie von den gleichen Verkaufsstellen oder Dienstleistungsanbietern angeboten und vertrieben, sodass beim Konsumenten durchaus der Eindruck entstehen könnte, sie stammten aus demselben Geschäftsbetrieb. Die Dienstleistungen von Architekten und Ingenieuren sowie die Erstellung von Gutachten umfassen auch die Beratung über die Auswahl und die Art der Behandlung von Fußböden, Steingutböden und sonstigen Gegenständen, die zum Einbau in Immobilien dienen, wobei die „Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung“ (Klasse 42) als Hilfs- oder unterstützende Dienstleistung im Rahmen der übrigen in der Klasse 42 registrierten Dienstleistungen anzusehen ist.
Wenn zwischen einer Ware und einer Dienstleistung eine so enge Verknüpfung besteht, dass für die beteiligten Verkehrskreise der Schluss nahe liegt, die Dienste würden von demselben Unternehmen geleistet, das auch die Waren herstellt oder vertreibt, spricht man von „mittelbarer Warengleichartigkeit“. Dies trifft für die oben genannten Dienstleistungen der Klassen 37, 40 und 42 und die Waren der Klassen 1 und 3 zu. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Unternehmen, welches Fußböden und Gegenstände instandhält, diese imprägniert und veredelt (insbesondere zur Erlangung von Trittsicherheit), technische Projekt- und Konstruktionsplanungen und –beratungen anbietet und Gutachten auf diesem Gebiet erstellt, dann auch entsprechende Produkte wie jene in den Klassen 1 und 3 selbst vertreibt.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Berufung des Antragsgegners (nur) insofern berechtigt ist, als - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - der Löschungstatbestand des § 30 Abs 1 MSchG im Umfang der Waren „ chemische Erzeugnisse für fotografische, land- und forstwirtschaftliche Zwecke; Düngemittel; Feuerlöschmittel; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke “ der Klasse 1 nicht verwirklicht ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG sowie § 43 Abs 2 erster Fall und § 50 Abs 1 ZPO; der Antragsgegner war in seiner Rechtsverteidigung nur mit einem vergleichsweise geringfügigen Teil erfolgreich, dessen Geltendmachung auch keinen besonderen Verfahrensaufwand verursachte, weshalb er der größtenteils erfolgreichen Antragstellerin deren Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz zu ersetzen hat.