Om2/11 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Gerhard PRÜCKNER und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Maximilian GÖRTLER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache des Antragstellers Herrn D *****, vertreten durch Herrn Patentanwalt Mag. Wolfgang Ellmeyer, Mariahilfer Straße 50, 1070 Wien, gegen die Antragsgegnerin Firma L ***** C o K G , ***** Deutschland, vertreten durch Sonn Partner Patentanwälte, Riemergasse 14, 1010 Wien, wegen Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr 608 826, über die Berufung des Antragstellers gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 5. Mai 2010, Nm 216/1998-33 entschieden:
Spruch
Der Berufung des Antragstellers wird zum Teil Folge gegeben. Dem Löschungsantrag wird dahin stattgegeben, dass die Eintragung der internationalen Marke Nr 608 826 für die Waren der Klasse 29 :
Viande, poisson, volaille et gibier, aussi surgelés; extraits de viande; conserves de viande, de saucisse, de poisson, de fruits et de légumes; fruits et légumes conservés, séchés et cuits; préparations pour bouillon, y compris extraits de bouillon et bouillon en cubes, bouillon granulé; potages cuisinés; extraits de légumes en suppléments pour aliments et viande; und für die Waren der Klasse 30 : Arômes pour potage; sauces (condiment); épices; pizza garnie avec légumes, champignons, viande, saucisse, poisson et/ou fromage unwirksam ist.
Im übrigen Umfang der in den Klassen 29 und 30 verzeichneten Waren (Fertiggerichte) wird die Abweisung des Löschungsantrages bestätigt. Die Vertretungskosten werden gegeneinander aufgehoben.
Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin 627,32 EUR an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 340 EUR an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der internationalen Wortbildmarke Nr 608 826 „Le Chef DE CUISINE“. Die deutsche Basismarke ist seit 8. Juli 1993 geschützt, die – auch für Österreich registrierte – internationale Marke seit 12. Oktober 1993. Die Marke ist für die Klassen 29 und 30 eingetragen. Die Veröffentlichung der Marke trägt den Vermerk „Date d’inscription selon la régle 17.1) du réglement d’exécution du 22 avril 1988: 2 décembre 1993.
Im Warenverzeichnis sind folgende Waren angeführt:
Klasse 29:
Viande, poisson, volaille et gibier, aussi surgelés; extraits de viande; conserves de viande, de saucisse, de poisson, de fruits et de légumes; fruits et légumes conservés, séchés et cuits; préparations pour bouillon, y compris extraits de bouillon et bouillon en cubes, bouillon granulé; potages cuisinés; extraits de légumes en supplements pour aliments et viande; plats cuisinés, essentiellement composés de viande, de poisson, de gibier et de légumes et comprenant du riz et des pâtes alimentaires.
Klasse 30:
Arômes pour potage; plats cuisinés, essentiellement composés de riz, de pâtes alimentaires et comprenant de la viande, du poisson, du gibier et des légumes, aussi en aliments surgelés; sauces (condiment); épices; pizza garnie avec légumes, champignons, viande, saucisse, poisson et/ou fromage.
Mit Antrag vom 13. Oktober 1998 begehrt der Antragsteller, die Marke gemäß § 33a MSchG wegen Nichtgebrauchs für das Gebiet der Republik Österreich zu löschen. Die Fünf-Jahres-Frist habe mit Schutzdauerbeginn am 12. Oktober 1993 zu laufen begonnen. Innerhalb dieser Frist habe die Antragsgegnerin die Marke in Österreich nicht benutzt.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Löschungsantrag abzuweisen. Fristbeginn sei der 2. Dezember 1993; die Fünf-Jahres-Frist habe daher erst am 2. Dezember 1998 geendet. Zu diesem Zeitpunkt habe sie mit der Marke versehene Produkte in ihrem ersten österreichischen Supermarkt angeboten. Schon 1994 sei an eine Expandierung nach Österreich gedacht worden. Die Eröffnung neuer Märkte habe sich durch „bürokratische Hindernisse“ verzögert.
Im ersten Rechtsgang erklärte die Nichtigkeitsabteilung mit ihrer Entscheidung vom 16. Juli 2003 die Marke für unwirksam. Aus Anlass der dagegen von der Antragsgegnerin erhobenen Berufung legte der Oberste Patent- und Markensenat (OPM) mit Beschluss vom 9. Feber 2005, AZ Om 20/04-2, dem Gerichtshof der Union (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung des Art 10 Abs 1 und Art 12 Abs 1 MarkenRL zur Vorabentscheidung vor. Nach Beantwortung der Fragen mit dem Urteil des EuGH vom 14. Juni 2007, C-246/05, hob der OPM mit Beschluss vom 26. September 2007 die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung zur Verfahrensergänzung auf. Der Senat ging dabei von folgendem, von ihm zusammengefassten Sachverhalt aus:
Die Antragsgegnerin betreibt eine Supermarktkette, die in Deutschland seit 1973 besteht. Die Antragsgegnerin hatte die Absicht, in Österreich bereits vor dem 13. Oktober 1998 Märkte zu eröffnen. Die Eröffnung verzögerte sich aus einer Vielzahl von Gründen:
1994 stand noch nicht fest, wann die Antragsgegnerin ihre ersten Märkte in Österreich eröffnen werde. Im Mai 1995 wurde ein Büro in Österreich eröffnet. Als Expansions- bzw. Immobilienleiter war Ing. Werner Nowotny für den
An- und Verkauf von Immobilien und den Abschluss von Mietverträgen sowie die Betreibung der Bewilligungen zuständig. Er bemühte sich, Grund-stücke zu finden, Kauf- oder Bestandverträge abzuschließen und die für den Betrieb von Märkten notwendigen Bewilligungen zu erhalten. Im Juni oder Juli 1995 wurde ein Expansionsbüro in St. Pölten eingerichtet, in weiterer Folge ein Expansionsbüro in Graz. Aufgabe dieser Büros war es, für Märkte geeignete Grundstücke zu finden.
Zu diesem Zeitpunkt waren 100 neue Standorte geplant, die entwickelt werden sollten. Am 21. Feber 1995 wurde beantragt, die Lidl Austria GmbH Niederlassung Salzburg (später LIDL Austria GmbH) ins Firmenbuch einzutragen. Im Juni 1995 suchte die Antragsgegnerin einen Verwaltungsleiter/eine Verwaltungsleiterin für den Aufbau ihrer Organisation in Österreich. Ende 1995 wurde bekannt, dass die Antragsgegnerin zwar keine Konsum-Filialen erwerben wolle, aber in Österreich Grundstücke kaufe und sich um die Betriebsgenehmigungen kümmere. Damals wurde auch angekündigt, dass 1996 mit der Eröffnung der ersten Lidl-Filialen in Österreich zu rechnen sei. In einem Bericht der „Presse“ wurden 1996 als Hauptfaktoren für den zum Teil doch eher zögernden Einstieg der ausländischen Mitbewerber neben der hohen Marktdichte in manchen Branchen die im Vergleich zu Deutschland schwächere Kaufkraft in Österreich sowie die enormen bürokratischen Hürden genannt. Gleichzeitig wurde berichtet, dass Lidl den Einstieg in Österreich bereits für 1995 geplant, dann aber auf 1996 verschoben habe. Nach einem Bericht eines Nachrichtenmagazins vom 14. September 1998 hätte der „expansionswütige Diskonter Lidl“ schon 1995 in Österreich starten sollen.
Es sei versucht worden, die 110 Standorte einer Autozubehörkette zu kaufen, die jedoch letztlich nicht verkauft wurde. Danach sei ganz Österreich nach geeigneten Flächen am Stadtrand „durchkämmt“ worden. Kaum fündig geworden, habe der Manager der Antragsgegnerin „seine ersten Erfahrungen mit den langsamen Mühlen der österreichischen Bürokratie“ gemacht. Baugenehmigungen hätten eingeholt werden müssen. Eine Verzögerung des Starts um drei Jahre sei solcherart nicht zu verhindern gewesen.
1996 erwarb Lidl ein Grundstück für ein Auslieferungslager in Lindach; zuvor war ein Grundstück in Seewalchen gekauft worden. Die Bauphasen wurden auf die Anzahl von Bewilligungen für Filialen abgestimmt, weil sich ein Logistikzentrum erst ab einer gewissen Anzahl von Filialen rechnet. Es war geplant, 20 Märkte auf einmal zu eröffnen, um das Logistikzentrum auszulasten. Mit einer geringeren Anzahl von Filialen wollte man deshalb nicht beginnen, weil die Antragsgegnerin von ihren Lieferanten Mindestmengen beziehen muss. Die Eröffnung von Filialen verzögerte sich, weil Bewilligungen nicht erteilt wurden.
Im August 1996 wurde vom Kauf eines Grundstücks durch die Antragsgegnerin in Eisenstadt berichtet. In einem Bericht vom März 1997 wurde erwähnt, dass sich der (damalige) Landesrat Hubert Gorbach hinter den Diskonter Lidl stelle, der am Autobahnzubringer Lustenauer Straße einen Markt mit 599 Quadratmeter Verkaufsfläche errichten wolle. Gorbach sehe (fast) keine rechtliche Möglichkeit, die Genehmigung zu versagen. In einem weiteren Bericht vom März 1997 wird der Landesrat mit der Äußerung zitiert, dass die Schließung der einzigen Grundstückszufahrt nicht möglich sei und die Gebrauchserlaubnis nicht verweigert werden könne, wenn die Zufahrt unter Einhaltung der im Verfahren festzulegenden Auflagen verkehrstechnisch möglich sei.
Lidl war zwar „voll auf Expansionskurs“ und übte auch „permanent Druck auf die Expansion“ aus, kam aber nicht auf die Anzahl von Filialen, die notwendig gewesen wäre, um alles effizient zu betreiben. Eine zu geringe Anzahl von Märkten hätte sich nicht gerechnet; es wäre daher auch nicht möglich gewesen, die ersten Filialen in Österreich zwei Monate früher zu eröffnen. Ziel der Antragsgegnerin war es, die Filialen zum frühest möglichen Zeitpunkt „ans Netz zu bringen“.
Im Mai 1997 wurde begonnen, das Sortiment vorzubereiten. Ab 14. September 1998 wurden die Waren an das Zentrallager geliefert. Die Märkte waren zwar fertig gestellt, mussten aber noch eingerichtet werden. Für die Filialen ist konzernintern eine einheitliche Mindestausstattung vorgeschrieben. Die ersten Supermärkte in Österreich – und zwar insgesamt neun - wurden am 5. November 1998 eröffnet. Vor diesem Zeitpunkt wurde für die mit der Marke „Le Chef DE CUISINE“ versehenen Fertiggerichte weder geworben noch wurden sie in Österreich vertrieben; sie wurden jedoch firmenintern und auch mit den Lieferanten vorbesprochen und abgestimmt. Die Antragsgegnerin vertreibt mit ihren Marken versehene Waren nur in ihren eigenen Geschäften.
In rechtlicher Hinsicht führte der OPM im Wesentlichen aus, dass nach der Fragebeantwortung des EuGH der maßgebliche „Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens“ nach den Verfahrensvorschriften des Mitgliedstaates zu bestimmen sei, sodass hier die Fünf-Jahres-Frist des § 33a Abs 1 MSchG für die in Österreich geschützte internationale Marke mit dem Beginn der Schutzdauer, also am 13. Oktober 1993, zu laufen begonnen habe.
Zu den Gründen der Nichtbenützung der Marke und zur Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens zu diesem Thema wurde im Aufhebungsbeschluss im Wesentlichen darauf verwiesen, dass zwischen dem Fehlen von Geschäften in Österreich und der Nichtbenutzung der Marke ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Es sei zu prüfen, ob es der Antragsgegnerin zumutbar gewesen wäre, ihre Unternehmensstrategie zu ändern, um die mit der Marke versehenen Waren vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist in Österreich vertreiben zu können. Hier liege es auf der Hand, dass Diskontläden nur dann wirtschaftlich betrieben werden können, wenn der Umsatz und damit die Nachfragemacht gegenüber dem Lieferanten einen gewissen Umfang erreicht. Es verstehe sich auch von selbst, dass Diskontmärkte attraktive Standorte benötigten, um den für die Erzielung von Gewinnen trotz niedriger Preise hohen Umsatz zu erreichen, und dass ein Logistikzentrum umso eher wirtschaftlich betrieben werden könne, je mehr Filialen beliefert werden. Zu prüfen bleibe aber, ob die Antragsgegnerin die bei der Umsetzung der Unternehmensstrategie auftretenden Hindernisse rascher hätte überwinden können und ob sie daher nicht von ihrem Willen unabhängig gewesen wären.
Nach dem festgestellten Sachverhalt habe die Antragsgegnerin 1995 mit ihrer Expansion nach Österreich begonnen. Sie habe Standorte gesucht und sich um die notwendigen Bewilligungen bemüht. Dabei hätten sich aber Verzögerungen ergeben. Der Grund hiefür stehe aber nicht fest. Insbesondere sei nicht geklärt, ob die Antragsgegnerin die Verfahren rechtzeitig und ordnungsgemäß eingeleitet und betrieben habe und worin die von ihr behaupteten „bürokratischen Hindernisse“ und „durch die Behörde verursachten Schwierigkeiten“ bestanden hätten.
Im zweiten Rechtsgang wies die Nichtigkeitsabteilung den Löschungsantrag ab. Vom festgestellten Sachverhalt ist Folgendes als wesentlich hervorzuheben:
Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahr 1995 habe das Interesse der Antragsgegnerin geweckt, in Österreich zu expandieren. Entsprechend der Unternehmensstrategie, den Markt in allen Bundesländern nur zu erschließen, wenn dies mit mehreren Filialen gleichzeitig möglich wäre, der Betrieb eines Logistikzentrums sich rechne und ein Zentrallager mit entsprechender Größe und Autobahnanschluss gefunden werde, habe die Antragsgegnerin im April 1995 Angebote über Grundstücke für ein Zentrallager in Seewalchen erhalten, sei in Kaufverhandlungen eingetreten und habe am 14. November 1995 einen Vorvertrag abgeschlossen. Wegen Anrainerprotesten und einer Bodenkontaminierung hätten sich die Bewilligungsverfahren verzögert. Wegen der unabsehbaren Schwierigkeiten habe sich die Antragsgegnerin bemüht, den Vorvertrag aufzulösen, was erst im Juli 1996 gelungen sei. Für ein Logistikzentrum in Lindach seien von Juni 1996 bis zur Übergabe des leeren Bauwerks am 2. Juni 1998 zahlreiche Schwierigkeiten (geotechnische Bodenuntersuchungen) zu überwinden gewesen. Für die Autobahnanschlussstelle habe eine Änderung des Flächenwidmungsplans herbeigeführt werden müssen. Bis zur Eröffnung von neun Filialen Anfang November 1998 und nach Fertigstellung des Zentrallagers sei infolge von Einwänden von Anrainern die Einholung von Gutachten erforderlich gewesen.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die Nichtigkeitsabteilung den Sachverhalt dahin, dass eine erfolgreich abgeschlossene Expansion Voraussetzung der Markenbenutzung in Österreich gewesen sei. Eine Änderung ihrer Unternehmensstrategie sei der Antragsgegnerin nicht zumutbar gewesen. Wesentlich sei, ob sie beim Expansionsvorhaben nicht bloß von voraussehbaren technischen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten behindert wurde oder ob diese Schwierigkeiten das übliche Ausmaß überstiegen und deshalb eine Ausnahmesituation vorlag. Letzteres sei zu bejahen. Es sei realistisch, dass die Umsetzung des Projekts innerhalb der Fünf-Jahres-Frist gelingen könnte. Beim gescheiterten Projekt Seewalchen habe sich die Antragsgegnerin auf die vorangegangenen Abklärungen mit der Baubehörde und der Zusage des für den Flächenwidmungsplan zuständigen Bürgermeisters verlassen können. Die Antragsgegnerin habe sich vom Vorvertrag erst lösen müssen und rechtzeitig um Alternativen umgesehen. Es sei zu erheblichen Verzögerungen durch eine Verkettung von Umständen gekommen, die außerhalb des Einflussbereichs eines umsichtigen und vorausschauenden Unternehmers lagen.
Mit seiner Berufung beantragt der Antragsteller die Abänderung dahin, dass dem Löschungsantrag stattgegeben werde.
Die seit 13. Oktober 1993 bestehende Benutzungsobliegenheit könnte nicht mit dem erst 1995 erfolgten EU-Beitritt Österreichs gerechtfertigt werden. Die festgestellten Projektverzögerungen seien für den Markeninhaber voraussehbar und kalkulierbar gewesen. Ein umsichtiger Unternehmer hätte für das Zentrallager zumindest zwei mögliche Standorte gleichzeitig gesucht. Die Gründe für die Nichtbenutzung der Marke seien nicht außerhalb der Einflusssphäre der Mareninhaberin gelegen. Die Nichtigkeitsabteilung habe übersehen, dass – wie im ersten Rechtsgang festgestellt – eine Markenbenutzung ab 5. November 1998 nur für drei Warengruppen erfolgt sei, nämlich für Linsen–Eintopf mit Würstchen, Ravioli mit Rindfleisch und Nasi-Goreng. In Ansehung der übrigen Waren sei keine schutzerhaltende Benutzung erfolgt und die Marke deshalb in diesem Umfang zu löschen. Zuletzt rügt die Berufungswerberin als unrichtig die Feststellungen zur Beendigung der Vertragsverhandlungen über das Grundstück Seewalchen sowie über den Zeitablauf beim Kaufanbot für die Grundstücke in Lindach.
Die Antragsgegnerin beantragt, der Berufung nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
1. Der Beginn des Fristenlaufs (§ 33a Abs 1 MSchG; Art 10 Abs 1 MarkenRL) wurde von der Nichtigkeitsabteilung im Einklang mit den Rechtsausführungen im Aufhebungsbeschluss des Senats vom 26. September 2007 zutreffend mit dem 13. Oktober 1993 bestimmt. Dies ist im Berufungsverfahren auch nicht mehr strittig. Die Markenbenutzung erst am 5. November 1998 erfolgte demnach außerhalb der Frist. Dass von dieser Benutzung nur die angeführten drei Fertiggerichte betroffen waren, wurde zwar nicht festgestellt, ist aber unstrittig (siehe dazu die Äußerung der Antragsgegnerin ON 3 zum Löschungsantrag). Da das Warenverzeichnis neben den Fertiggerichten detailliert verschiedene Produkte (Fleisch, Fisch, Konserven usw) auflistet ist für eine markenerhaltende Benutzung zu fordern, dass für jedes einzelne Produkt in der Frist Benutzungshandlungen gesetzt wurden. Der Löschungsantrag ist daher schon aus diesem Grund mit Ausnahme der erwähnten Fertiggerichte (plats cuisinés … = ready – cooked meals …) berechtigt.
2. Die Rüge unrichtiger Tatsachenfeststellungen ist nicht berechtigt. Zunächst zieht der Berufungswerber ohne nachvollziehbare Begründung die Feststellungen zum gescheiterten Projekt Seewalchen in Zweifel. Dass die Antragsgegnerin ein taugliches Anbot für das Zentrallager „aus Gründen, die in ihrer Sphäre lagen, letztlich nicht angenommen hat“ ist eine mit dem Beweisergebnissen nicht in Einklang zu bringende These. Auch mit der Rüge zum Thema „falscher zeitlicher Ablauf“ (dazu wird allein die Datierung der Auflösung des Vorvertrags Seewalchen bzw des Anbots Lindach releviert) kann der vom Berufungswerber gezogene Schluss, die Antragsgegnerin hätte zu lange zugewartet, um sich nach Alternativen umzusehen, nicht ausreichend plausibel begründet werden. Der Berufungswerber negiert auch hier die übrigen Verfahrensergebnisse. Der rechtlichen Beurteilung ist daher der festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen.
3. In Ansehung der Fertiggerichte ist die Bejahung rechtfertigender Gründe für die Nichtbenutzung der Marke innerhalb der Fünf-Jahres-Frist entgegen der Ansicht des Berufungswerbers nicht zu beanstanden:
a. Vorauszuschicken ist, dass die Bestimmung des § 33a MSchG nach dem Willen des Gesetzgebers nicht besonders rigoros im Sinne einer möglichst weitgehenden Löschung von nicht benutzten Marken anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0066797; 4 Ob 7/96 = SZ 69/38; zuletzt 4 Ob 119/06p).
b. Wohl trifft es zu, dass allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten oder persönliche Umstände eines Unternehmers die Nichtbenutzung der Marke regelmäßig nicht rechtfertigen können (Fezer Markenrecht4 § 26 MarkenG Rz 113f), behördliche Verfahren können aber unter Umständen das Unterlassen der Markenbenutzung rechtfertigen (Ströbele/Hacker, Markengesetz9 § 26 Rz 70). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur vergleichbaren Rechtslage (§ 26d MarkenG) kommt es auf Umstände an, „die dem Einfluss des Markeninhabers nicht zugänglich sind, wie insbesondere höhere Gewalt“ (Ingerl/Rohnke Markengesetz3 § 26 Rz 248 mwN). Der EuGH verlangt für die Rechtfertigung - neben einem ausreichend unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Hindernis und der Marke - „vom Willen des Markeninhabers unabhängige Umstände“ (Ingerl/Rohnke aaO Rz 249 mwN).
Die festgestellten Schwierigkeiten der Antragsgegnerin bei ihrer Expansion auf dem österreichischen Markt gehen nach zutreffender Ansicht der Nichtigkeitsabteilung über allgemeine und kalkulierbare bürokratische Schwierigkeiten hinaus, die in ihrer Gesamtheit (Verkettung von Umständen) doch einer vom Unternehmer nicht mehr einkalkulierbaren höheren Gewalt gleichgehalten werden können. Das betrifft insbesondere das Scheitern des geplanten und zunächst realistisch erscheinenden Projekts Seewalchen für die Errichtung eines Zentrallagers. Im Hinblick auf die dadurch bewirkte zumindest mehrmonatige Verzögerung sind die Überlegungen des Berufungswerbers zum Thema des EU-Beitritts Österreichs nicht recht verständlich. Wenn die Antragsgegnerin mit dem Aufbau ihrer Organisation innerhalb von beispielsweise drei Jahren realistisch rechnen durfte, das Projekt dann aber um wenige Wochen aufgrund außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmers liegenden Gründen verzögert wurde, ist die Unterlassung der Markenbenutzung gerechtfertigt, und es kann nicht dagegen damit argumentiert werden, der Unternehmer hätte einen längeren Projektzeitraum einplanen müssen, um so auch nicht vorhersehbaren massiven Schwierigkeiten begegnen und die Fünf-Jahres-Frist wahren zu können. Entscheidend ist nur die Frage, ob die für die Verzögerung maßgeblichen Umstände dem Einfluss des Markeninhabers unterlagen oder auch von seinem Willen unabhängig und unbeeinflussbar eintraten. Wenn die Nichtigkeitsabteilung hier letzteres bejahte, wurde damit jedenfalls nicht der zulässige Ermessensspielraum überschritten. Die Berufung ist daher in Ansehung der genannten Fertiggerichte nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 Abs 1 PatG und §§ 41, 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Für die Kostenentscheidung ist von einem gleichteiligen Prozesserfolg auszugehen. Mangels Bewertung der einzelnen Waren des Warenverzeichnisses der beiden Klassen kann nach Auffassung des Senats hier nicht bloß eine rein zahlenmäßige Gegenüberstellung erfolgen, weil die Fertiggerichte ihrerseits eine Vielzahl der im Übrigen auch einzeln angeführten Produkte enthalten und überdies die Wortbildmarke „Le Chef de cuisine“ samt Kochhaube für Fertiggerichte von anderer (höherer) Bedeutung ist als beispielsweise für tiefgefrorenen Fisch oder für Fleischkonserven. Daraus folgt, dass die Parteien in allen Instanzen einander jeweils die Hälfte der getragenen, in § 43 Abs 1 ZPO angeführten staatlichen Gebühren und Kosten zu ersetzen, die Vertretungskosten aber selbst zu tragen haben. Demnach hat der Antragsteller der Antragsgegnerin nur 50 % der verzeichneten und in erster Instanz zur Gänze zugesprochenen Barauslagen zu ersetzen. Die Antragsgegnerin hat nur die Hälfte der Berufungsgebühr, die allein vom Antragsteller als Barauslagenersatz verzeichnet wurde, zu ersetzen.