JudikaturOPMS

Om12/10 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2010

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Michael SACHS, Dr. Elisabeth LOVREK und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und der Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Susanna SLABY als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin *****, Deutschland, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG, Dr. Karl Lueger-Ring 12, 1010 Wien, gegen den Antragsgegner *****, vertreten durch Dr. Ulrike Kreiseder, Rechtsanwältin, Mühlbacherhofweg 4, 5020 Salzburg, wegen teilweiser Löschung der Marke Nr 243 464, über die Berufung des Antragsgegners gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 9. Feber 2010, Nm 80/2008-8, entschieden:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 2.721,90 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 453,65 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e:

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Gemeinschafts-Wortmarke Nr 1 051 515 "Zero" mit Priorität vom 22. Jänner 1999 ua für die Klassen 18 "Ledergürtel, Taschen, Beutel, Reisekoffer, Reisetaschen, Kreditkartenhüllen und Schlüsseletuis, Handtaschen, Geldbörsen, Brieftaschen, Lederhandschuhe" und 25 "Bekleidungsstücke einschließlich Lederbekleidung, Handschuhe (soweit sie nicht in Klasse 18 enthalten sind), Halstücher, Taschentücher, Gürtel (soweit sie nicht in Klasse 18 enthalten sind), Schuhwaren, Kopfbedeckungen".

Weiters ist sie Inhaberin der Gemeinschafts-Wort-Bildmarke Nr 7 484

mit Priorität vom 2. Oktober 1995 ua für die Klassen 18 "Taschen, ausgenommen Sporttaschen" und 25 "Oberbekleidungsstücke, einschließlich gewirkter und gestrickter Bekleidungsstücke; Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Gürtel (ausgenommen Gürtel aus unedlen und edlen Metallen sowie deren Imitationen), Handschuhe, Schals, Kopf- und Halstücher".

Der Antragsgegner ist Inhaber der Wort-Bild-Marke Nr 243 464,

die mit Priorität vom 14. Dezember 2007 ua für folgende Waren eingetragen wurde:

Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Reise- und Handkoffer, Taschen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Reisetaschen, Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke“ und Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Sportbekleidung“.

Die Antragstellerin begehrt die Löschung dieser Marke gemäß § 30 Abs 1 Z 2 MSchG für die Waren der Klasse 18 mit Ausnahme der Waren „Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke“ und für die Waren der Klasse 25 wegen Verwechslungsgefahr.

Der Antragsgegner wendet ein, dass die Unterschiede in Anfangsbuchstaben und Buchstabenanzahl, die mangelnde Dominanz des beschreibenden Zeichenbestandteils „Zero“ und der durch die konkrete Bildgestaltung vermittelte Gesamteindruck Verwechslungsgefahr ausschlössen. Auf dem Bekleidungssektor existierten zahlreiche andere registrierte Marken mit dem Markenbestandteil „Zero“.

Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Löschungsantrag statt. Es bestehe teilweise Warenidentität bzw teilweise hohe Warenähnlichkeit. Bei – im Anlassfall vorliegender – vollständiger Übernahme eines Zeichens sei die Verwechslungsgefahr zu bejahen, sofern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spiele und gegenüber Zeichenbestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund trete. Das treffe hier nicht zu, weil dem für die maßgeblichen Warenklassen kennzeichnungskräftigen Wort "Zero" das Wort "Peak" bloß vorangestellt sei, ohne dass der Bestandteil "Zero" seine Selbständigkeit verliere. Die Überlänge des Buchstabens "Z" bewirke eine klare optische Trennung der beiden Wortbestandteile. Das Wort "Zero" gehe nicht so in der angefochtenen Marke auf, dass es seine eigenständige Bedeutung verliere oder sein Bedeutungsinhalt in einen neuen eigenständigen Begriff übergehe.

Der Antragsgegner strebt mit seiner gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung eine Abweisung des Löschungsantrags an.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Der Berufungswerber vertritt zusammengefasst die Auffassung, dass „Zero“ eine gängige, auf eine Konfektionsgröße („size zero“) hinweisende Bezeichnung von Waren der Klassen 18 und 25 und somit ein schwaches Zeichen sei. Die farbliche und grafische Gestaltung der jüngeren Marke und die Assoziation des Zeichenbestandteils „Peak“ mit „Gipfel“ lasse den Wortbestandteil „Zero“ gänzlich in den Hintergrund treten.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Nach § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann der Inhaber einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke begehren, wenn die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Warenähnlichkeit bzw die teilweise Warenidentität liegt im Anlassfall unstrittig vor.

2. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden nationalen Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen.

2.1. Zu berücksichtigen sind die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Ein geringerer Grad der Zeichenähnlichkeit kann durch einen höheren Grad der Warenähnlichkeit ausgeglichen werden. Warenidentität erfordert einen wesentlich größeren Abstand der Zeichen selbst, um Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 154/06k = ÖBl 2007/30 [ Gamerith ] - amadeo by living dimension; 17 Ob 1/08h = ÖBl 2009/14 [ Gamerith ] – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t = ecolex 2009/236 [ Horak ] – Jukebox).

2.2. Entscheidend ist der Gesamteindruck, den ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher gewinnt. Es ist zu prüfen, welcher Einfluss den einzelnen Markenbestandteilen zukommt. Ein Durchschnittsverbraucher nimmt das Zeichen in der Regel als Ganzes wahr und achtet nicht auf Einzelheiten. Die beiden Zeichen werden regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen. Der Grad der Aufmerksamkeit hängt von der Art der Ware oder Dienstleistung ab (EuGH C-361/04p = ecolex 2006/371 [ Schumacher ] – Picaro/Picasso; 4 Ob 154/06k = ÖBl 2007/30 [ Gamerith ] - amadeo by living dimension; RIS-Justiz RS0117324).

2.3. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b = ÖBl 2004/24 [ Gamerith ] – gotv; 17 Ob 1/08h = ÖBl 2009/14 [ Gamerith ] – Feeling/Feel; RIS-Justiz RS0079033). Auch bei Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn es innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h = ÖBl 2009/14 [ Gamerith ] – Feeling/Feel).

2.4. Der EuGH hat diese Auffassung in seiner Entscheidung C-120/04 (ÖBl 2006/34 [ Hofinger ] – Thomson Life) im Kern bestätigt. Danach kommt es nicht darauf an, dass das übernommene Zeichen das Eingriffszeichen dominiert. Vielmehr kann bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr schon dann bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen registrierten Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält.

3. Die Nichtigkeitsabteilung hat diese Grundsätze zutreffend angewendet.

3.1. Ausschlaggebend ist der Umstand, dass in der Wort-Bild-Marke "PeakZero" die Gleichrangigkeit der Worte "Peak" und "Zero" dadurch zum Ausdruck kommt, dass nicht nur das „P“, sondern auch das „Z“ groß geschrieben wird, indem das „Z“ gegenüber den übrigen Buchstaben tiefer gesetzt ist. Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung tritt "Zero" somit gegenüber "Peak" nicht in den Hintergrund, sondern wird als eigenständiger Bestandteil wahrgenommen. Dieser Effekt wird durch die Anordnung der beiden Dreiecke unterstützt. Ein Dreieck in der Signalfarbe Orange ist oberhalb der Wortfolge "Peak" angebracht und lässt durch seine Wirkung als Blickfang "Peak" etwas zurücktreten, während das blau gehaltene Dreieck unterhalb "Zero" dieses Wort geradezu „unterstreicht“ und damit hervorhebt. “Zero“ bleibt damit auch einem flüchtigen Betrachter als eigenständiges Wort im Gedächtnis haften.

3.2. Es mag zutreffen, dass „Zero“ das Zeichen des Antragsgegners nicht dominiert. Darauf, ob der übernommene Bestandteil das jüngere Zeichen „prägt“, kommt es aber nach der Entscheidung des EuGH C-120/04 (siehe 2.4.) und der wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gerade nicht an (17 Ob 16/07p = ÖBl 2008/8 [ Rungg/Albiez ] – KitKat).

3.3. Entgegen der Behauptung des Berufungswerbers trifft es auch nicht zu, dass wegen des „ureigenen Bedeutungsgehalts“ des Bestandteils „Peak“ (= Gipfel) und der dadurch bewirkten Assoziation mit etwas „Herausragendem, Außergewöhnlichem“ der Bestandteil „Zero“ gänzlich in den Hintergrund träte, weil sich „Zero“ als beschreibender Begriff für die kleinste Konfektionsgröße etabliert haben soll.

3.3.1. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass der Berufungswerber mit diesem Vorbringen erkennbar nicht die Registrierungsfähigkeit der Marke der Antragstellerin im Sinne des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG bezweifelt (vergleiche zur Unzulässigkeit eines entsprechenden Einwands im Löschungsverfahren Om 2/90 = PBl 1991, 179 – Innviertler Landbier), sondern lediglich begründen will, warum „Zero“ als schwaches Zeichen gegenüber dem „starken“ Bestandteil „Peak“ ganz zurücktreten soll.

3.3.2. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass „Zero“ des Öfteren in Marken enthalten und seine Bedeutung im angloamerikanischen Raum den Verkehrsteilnehmern bekannt ist, wäre dieser Umstand – abgesehen davon, dass Konfektionsgrößen für einige der relevanten Warenbereiche (vergleiche etwa Reise- und Handkoffer, Taschen etc) keine Bedeutung haben – nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Denn nach dem von der angegriffenen Marke erweckten Gesamteindruck wird „Zero“ nicht als Hinweis auf eine bestimmte Warenart, wie etwa eine bestimmte Konfektionsgröße, wahrgenommen. „Peak“ und „Zero“ werden in „PeakZero“ als aufeinander bezogenes Gegensatzpaar verstanden, in dem jeder Bestandteil selbständig kennzeichnend wirkt. Berücksichtigt man überdies die hohe Warenähnlichkeit (bzw überhaupt Identität), ist davon auszugehen, dass der beim Kauf derartiger Waren nicht besonders aufmerksame Verbraucher das Zeichen des Antragsgegners mit der Marke der Antragstellerin in Verbindung bringen und annehmen wird, die so bezeichnete Ware stamme aus dem Unternehmen der Antragstellerin oder aus einem mit ihr wirtschaftlich verbundenen (EuG T-32/03 = wbl 2005/145 – Jello Schuhpark) Unternehmen.

4. Aus diesen Gründen war der Berufung des Antragsgegners nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG 1970 sowie §§ 41, 50.

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