Om6/10 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Wilfried KYSELKA, Dr. Gerhard PRÜCKNER und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder sowie den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dipl.-Ing. Ferdinand KOSKARTI als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma D *****, Italien, vertreten durch Haffner und Keschmann Patentanwälte OG, Schottengasse 3a, 1014 Wien, wider den Antragsgegner Herrn D *****, vertreten durch Harisch Partner Rechtsanwälte GmbH, Hofhaymerallee 42, 5020 Salzburg, wegen Löschung der Marke Nr 215 055, über die Berufung des Antragsgegners gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 17. November 2009, Zl Nm 55/2007-8, entschieden:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert , dass sie, einschließlich des nicht angefochtenen und daher in Rechtskraft erwachsenen Teils, wie folgt zu lauten hat:
Dem Löschungsantrag wird teilweise Folge gegeben.
Die Wortmarke Nr 215 055 „DIESEL ENERGY“ wird für die Waren der Klasse 32 mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Registrierung gelöscht.
Der Antrag, die Marke auch für die Waren der Klassen 5 und 30 zu löschen, wird abgewiesen .
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 2.541,64 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 423,61 EUR Umsatzsteuer) und die mit 300 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 150 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Marke IR 467 393 „Diesel“ (in Italien angemeldet am 12. Juli 1977, in Österreich am 16. Feber 1982) für die Waren der Klassen 18 und 25. Dabei handelt es sich nach dem unstrittigen Antragsvorbringen um Bekleidung und Schuhe. Unter anderen für diese Waren ist die Antragstellerin weiters Inhaberin der internationalen Wortmarke „Diesel“ IR 608 499, in Österreich am 4. Oktober 1993 registriert.
Der Antragsgegner ist Inhaber der österreichischen Wortmarke Nr 215 055 „DIESEL ENERGY“, die mit Priorität vom 2. Juli 2003 (Tag der Anmeldung) im österreichischen Markenregister für die nachfolgend genannten Waren eingetragen ist:
Kl. 5: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandsmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide;
Kl. 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis;
Kl. 32: Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
Die Antragstellerin stützte ihren Löschungsantrag zunächst auf § 32 und § 30 MSchG. Die Marke „Diesel“ sei vor über 20 Jahren geschaffen und mit viel Werbeaufwand zu einer bekannten, wenn nicht berühmten Marke entwickelt worden. Die (jüngere) Marke des Antragsgegners sei ihrer Marke ähnlich. Der Zusatz „Energy“ sei bloß beschreibend. Auf Grund ihres Firmenwortlauts und seiner markenmäßigen Verwendung sowie der gesteigerten Verkehrsgeltung bestehe ein branchenübergreifender Kennzeichenschutz. Verwechslungsgefahr (§ 32 MSchG) bestehe insbesondere deshalb, weil es im Sportbereich üblich sei, „Energy-Produkte“ und Sportbekleidung gemeinsam zu bewerben. Der Antragsgegner versuche den von der Antragstellerin aufgebauten Ruf hervorragender Qualität auf seine Produkte zu übertragen
(§ 30 Abs 2 MSchG).
Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2009 ergänzte die Antragstellerin ihren Löschungsantrag, indem sie ihn auch auf § 33 MSchG iVm § 4 Abs 1 Z 3, 4 und 8 MSchG stützte. Das Wort „Diesel“ sei als Bezeichnung für ein Mischgetränk, bestehend aus Bier und Cola, bekannt (zum Nachweis wurden ua Getränkekarten, Flaschenetiketten und Internetausdrucke vorgelegt). In einer Vielzahl von Lokalen in Österreich könne man einen „Diesel“ wie einen „Radler“ bestellen. Die Bezeichnung für die in der Klasse 32 angeführten Getränke sei daher beschreibend und täuschend, soweit es sich nicht um Mischgetränke handle. Der Bezeichnung fehle die Unterscheidungskraft. Für die Waren der Klassen 5 und 30 sei die Bezeichnung zur Täuschung geeignet.
Dass der Antragsgegner in der angefochtenen Marke seinen eigenen Familiennamen verwende, sei kein „rechtfertigender Grund“ im Sinne des § 30 Abs 2 MSchG. Der Namensträger müsse einen unterscheidungskräftigen Zusatz verwenden.
Der Antragsgegner beantragte, den Löschungsantrag abzuweisen.
Es liege keine Zeichenähnlichkeit vor. Die Bezeichnung „Diesel“ werde in erster Linie dem Kraftstoffbereich zugeordnet. Erst durch den Zusatz „Energy“ werde eine Assoziation zu Getränken hergestellt und zwar primär zu nicht alkoholischen Getränken. „Diesel“ sei ein schwaches Zeichen. Der gleichwertige zusätzliche Markenbestandteil „Energy“ beseitige eine Verwechslungsgefahr, die schon wegen der grundlegenden Warenverschiedenheit nicht bestehe. Nach der Rechtsprechung des EuGH genüge eine bloß „assoziative gedankliche Verbindung“ nicht. Die Warenverschiedenheit spreche auch gegen die behauptete Rufausbeutung. Von einer unlauteren Ausnutzung der Marke der Antragstellerin könne keine Rede sein. Die Marke des Antragsgegners beruhe auf dem Familiennamen der seit Generationen (ua in den Geschäftsbereichen Raumausstattung und Kinobetriebe) tätigen Familie Diesel, deren Namens- und Firmenrecht weitaus älter als das der Antragstellerin sei. Die Marke des Antragsgegners sei weder beschreibend noch eine Gattungsbezeichnung. Daran ändere ein allenfalls umgangssprachlich als „Diesel“ bezeichnetes Mischgetränk nichts, weil es für die Bejahung des Registrierungshindernisses eines beschreibenden Charakters der Marke auf den normalen, sich aus Wörterbüchern und ähnlichen Werken ergebenden Wortsinn ankomme.
Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Löschungsantrag teilweise statt und löschte die Marke des Antragsgegners in Ansehung der Waren der Klassen 30 und 32. Hinsichtlich der Waren der Klasse 5 wurde der Löschungsantrag abgewiesen.
Die Nichtigkeitsabteilung bejahte für die Waren der Klassen 32 (Getränke) den Löschungsgrund nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und für die Waren der Klassen 30 und 32 den Löschungsgrund nach § 32 MSchG und wies die auf § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (für die Klassen 5 und 30), auf Z 4 (für die Klassen 5, 30 und 32) und Z 8 (für die Klassen 5 und 30) gestützten Löschungsanträge sowie den auf § 32 MSchG (für die Klasse 5) und den auf § 30 Abs 2 MSchG gestützten Löschungsantrag ab (verneinte also mit überflüssiger Formulierung der Abweisung von Rechtsgründen) das Vorliegen von Löschungsgründen. Aus der Entscheidungsbegründung sind folgende Feststellungen und Erwägungen hervorzuheben:
Der Vater des Antragsgegners betrieb ab 1965 in Graz ein Unternehmen für Bodenverlegung (Dienstleistungen im Bereich der Raumausstattung) und ab 1972 eine „Geschenkboutique“ (Verkauf von ua Töpfen und Papierwaren). In den Jahren 1980 bis 1985 vertrieb das Unternehmen (die Firma Diesel) auch bäuerliche Produkte. Am 26. Mai 1982 wurde die Otto Diesel GmbH gegründet, deren Firmenwortlaut 1988 auf Diesel GmbH geändert wurde. Ab 1997 wurden Kinobetriebe geführt.
Der Antragsgegner meldete als Geschäftsführer der GmbH im Jahr 2003 die angefochtene Marke an. 2005 wurde der erste Energy Drink auf den Markt gebracht.
Die Antragstellerin gründete 1997 ein österreichisches Vertriebsunternehmen (die Diesel Austria GmbH) und benutzte dadurch und durch die Aufnahme der Geschäfte in Österreich seit 1998 die Marke und den Firmenwortlaut.
„Diesel“ ist ein in Österreich gängiger Name für ein Biermischgetränk, bestehend aus Bier und Cola. Die Bezeichnung hat bereits Eingang in im Handel befindliche Flaschenetiketten und Speisekarten gefunden.
In rechtlicher Hinsicht führte die Nichtigkeitsabteilung zum stattgebenden Teil seiner Entscheidung Folgendes (zusammengefasst) aus:
1. Zur Löschung der Marke für die Waren der Klasse 32 nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG: Die Wortmarke „Diesel Energy“ werde vom verständigen Durchschnittsverbraucher nicht als beschreibend aufgefasst. Das Zeichen habe aber keine Unterscheidungskraft (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG) für die Getränke der Klasse 32, weil unter „Diesel“ ein Biermischgetränk verstanden werde. Der Zusatz „Energy“ ändere daran nichts, weil die Verkehrskreise davon ausgingen, dass damit ein Hinweis auf Energie gebende Zusatzstoffe gegeben werde, der Zusatz also keinen neuen, völlig überraschenden oder über die additive Bedeutung hinausgehenden Sinngehalt ergebe. Mangels Bezugs zu „energie-spen-dendem“ Bier oder Biermischgetränk sei der Löschungsgrund für die Waren der Klassen 5 und 30 nicht gegeben; insoweit werde die Bezeichnung als Herkunftshinweis verstanden. Für diese Waren liege auch keine Täuschungsgefahr vor (§ 4 Abs 1 Z 8 MSchG).
2. Zur Löschung aus dem Grund des § 32 MSchG wegen Verwechslungsgefahr in Ansehung der Waren der Klassen 30 und 32: Die Antragstellerin könne sich auf ihren seit 1978 in Italien eingetragenen Firmennamen stützen. Der ausländische Handelsname genieße (nach den Art 2 und 8 PVÜ) in Österreich Schutz, wenn er hier in einer Weise gebraucht worden sei, die auf den Beginn einer dauernden wirtschaftlichen Betätigung im Inland schließen lasse. Dies sei nach den Feststellungen der Fall. Von einem kennzeichenmäßigen Gebrauch durch die Antragstellerin sei seit 1998 auszugehen. Dem stehe die Wortmarke des Antragsgegners mit der Priorität 2. Juli 2003 und die Firma der am 26. Mai 1982 gegründeten Otto Diesel GmbH gegenüber. Dem letzteren Datum gehe der bessere Zeitrang der schon mehr als 3 Monate zuvor (am 16. Feber 1982) in Österreich eingetragenen Marke der Antragstellerin vor. Zwar habe gemäß § 10 Abs 3 Z 1 MSchG jedermann das Recht, seinen bürgerlichen Namen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Daraus leite sich aber noch kein Recht auf eine eigene Marke ab, zumal die nicht protokollierte Einzelfirma auf dem Gebiet der Bodenverlegung tätig gewesen sei. Der EuGH habe in der Rechtssache C-404/02 erkannt, dass der Umstand, den Namen im geschäftlichen Verkehr benutzen zu dürfen, keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke habe. Die Eintragung einer Marke, die aus einem Nachnamen besteht, könne daher nicht verweigert werden, um zu verhindern, dass dem ersten Antragsteller ein Vorteil verschafft wird.
Es sei von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Marke der Antragstellerin auszugehen. Die beteiligten Verkehrskreise orientierten sich allein am Markenwort und Firmenschlagwort „Diesel“. Der Markenbestandteil „Energy“ sei als schwacher und keinesfalls als dominierender Bestandteil zu beurteilen. Verkehrsteilnehmer, die allein das Markenwort „Diesel“ in Erinnerung behalten, nähmen an, dass die nicht branchenfremden Waren zumindest der Klassen 30 und 32 aus dem Unternehmen der Antragstellerin stammten. Hochwertige Bekleidung und die Waren der Klassen 30 und 32 seien nicht völlig branchenfremd. Getränke und kleine Lebensmittel, wie Kekse oder Schokolade, eigneten sich als Werbemittel für andere Produkte (hier: Bekleidung). Wenn Mineralwasser oder auch kleine Backwaren mit der Bezeichnung „Diesel“ beispielsweise bei einer Modenschau angeboten werden, gingen die Besucher davon aus, dass dies ein Produkt der Jeans vorführenden Firma sei. Es sei daher die Verwechslungsgefahr für die Waren der Klassen 30 und 32 zu bejahen. Dies gelte nicht für die Waren der Klasse 5, die völlig branchenfremd zu Bekleidung seien.
1. Zum verneinten Löschungstatbestand nach § 30 Abs 2 MSchG:
Nach den in der Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen sei auf Grund der Werbeeinschaltungen und der Dauer der Benutzung von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Marke der Antragstellerin, nicht aber von ihrer Bekanntheit in Österreich auszugehen. Ein dafür erforderlicher Bekanntheitsgrad von 50 % sei nicht nachgewiesen worden.
Mit seiner Berufung beantragt der Antragsgegner, die Entscheidung dahin abzuändern, dass der Löschungsantrag zur Gänze abgewiesen werde. Die Antragstellerin, beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
1. Zum Löschungstatbestand des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG betreffend die Waren der Klasse 32 (Biere, Mineralwässer und andere Getränke): Der Berufungswerber wendet sich gegen die Feststellung, dass die beteiligten Verkehrskreise „Diesel“ (auch) als Bezeichnung eines Biermischgetränks verstehen. Dies treffe weder nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu noch ergebe es sich aus Wörterbüchern oder ähnlichen Werken.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
In der vom Berufungswerber zitierten Entscheidung 17 Ob 15/07s werden Wörterbücher zwar als Erkenntnisquelle für den Wortsinn einer Marke genannt, die Entscheidung geht aber keineswegs davon aus, dass nur auf der Grundlage von Wörterbüchern, Lexika und ähnlicher Werke Feststellungen getroffen und rechtliche Schlüsse gezogen werden dürften. Wenn aufgrund von zulässigen Beweismitteln festgestellt werden kann, dass sich für eine bestimmte Ware umgangssprachlich eine bestimmte Bezeichnung eingebürgert hat, dann hat eine Bezeichnung keine Unterscheidungskraft, weil die damit konfrontierten Verkehrskreise eine gedankliche Verbindung zur Ware (hier Alkoholmischgetränk) herstellen und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen auffassen. Nach den Feststellungen versteht ein relevanter Teil des Publikums den Begriff „Diesel“ im Zusammenhang mit Getränken im bekämpften Sinn, wobei dies notorischer Weise va für das jüngere Publikum gilt. Dem steht nicht entgegen, dass hier eine zusammengesetzte Marke zu beurteilen ist, weil der Zusatz „Energy“, wiederum in Verbindung zur Ware (zu den Getränken), nur als beschreibend in dem von der Nichtigkeitsabteilung zutreffend erkannten Sinn aufgefasst wird, wonach dem Getränk „Energie spendende“ Zusätze beigemengt sind (vergleiche die zahlreichen am Markt befindlichen „Energy Drinks“). Es ist also nicht eine - nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässige - isolierte Betrachtung (dazu Engin-Deniz , MSchG2, 69 mwN aus der Rechtsprechung) des Markenbestandteils „Diesel“, sondern eine Gesamtbetrachtung, die zum Ergebnis führt, dass der Wortkombination die Unterscheidungskraft fehlt.
Von einer lexikalischen Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (siehe EuGH C-383/99, ÖBl 2002, 43, Baby-Dry ) kann hier keine Rede sein.
Im Übrigen ist „Diesel“ als Bezeichnung für sämtliche in der Warenklasse 32 genannten Getränke, auch für die nicht alkoholischen, im Sinne des § 4 Abs 1 Z 8 MSchG zur Täuschung geeignet, sind doch Letztere kein Alkoholmischgetränk. Ein Alkoholmischgetränk wird aber von den ange-sprochenen Verkerhskreisen erwartet, weil, wie oben dargelegt, unter „Diesel“ ein Bier-Cola-Mischgetränk verstanden wird. Eine täuschungsfähige Angabe liegt nach dem auch im Markenrecht geltenden Grundsatz der ungünstigsten Auslegung bei Mehrdeutigkeit auch dann vor, wenn ein Teil des Publikums nicht in Irrtum geführt werden kann, etwa weil er – worauf der Berufungswerber hinweist – das Etikett einer Mineralwasserflasche genau studiert und erkennt, dass er ein alkoholfreies Getränk in Händen hält (vergleiche zum Grundsatz der Markenwahrheit Om 1/94 = PBl 1995, 18).
2. Zum Löschungstatbestand des § 32 MSchG betreffend die Waren der Klasse 30:
a. Gemäß § 12 MSchG darf niemand ohne Zustimmung des Berechtigten den Namen, die Firma oder die besondere Bezeichnung des Unternehmens eines anderen zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzen. Die ältere Unternehmensbezeichnung ist gegenüber der jüngeren Marke geschützt. Der Löschungsanspruch nach § 32 Abs 1 MSchG wegen Verwechslungsgefahr setzt aber voraus, dass schon vor dem Zeitpunkt der Registrierung der Marke die Unternehmensbezeichnung verwendet und in diese durch die Markenregistrierung eingegriffen wurde (Om 2/91 = PBl 1992, 187). Dies gilt auch für den Schutz ausländischer Unternehmensbezeichnungen in Österreich. Das ausländische Unternehmen hat einen kennzeichenmäßigen Gebrauch im Inland nachzuweisen, der auf den Beginn einer dauernden wirtschaftlichen Betätigung im Inland schließen lässt (Om 4/01 = PBl 2002, 9). Eine Verkehrsbekanntheit des Handelsnamens ist nach Artikel 8 PVÜ und zur Vermeidung von Diskriminierungen (Art 2 PVÜ) nicht erforderlich ( Engin-Deniz , MSchG2, 339 und 527 f auch zur offenbar gegenteiligen Ansicht in 4 Ob 35/93).
b. Der Berufungswerber wendet sich mit seiner Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie der Mängelrüge gegen die Feststellung der Nichtigkeitsabteilung über eine tatsächliche Aufnahme der Geschäfte in Österreich durch die Antragstellerin in der Zeit ab 1998. Die Feststellung hätte weder auf die vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen noch auf die vorgelegten Werbebeiträge in deutschen Magazinen gestützt werden dürfen.
Dem Berufungswerber ist einzuräumen, dass die Werbung in solchen Mode-magazinen noch keinen Gebrauch der Unternehmensbezeichnung der Antragstellerin in Österreich nachweist (Om 7/95 = PBl 1997, 216). Dem Berufungswerber kann ferner zugestimmt werden, dass das Vorbringen eines Parteienvertreters (selbstverständlich) noch keine Grundlage für Tatsachenfeststellungen bildet. Der für die Prioritätsfrage maßgebliche Beginn der Tätigkeit der Antragstellerin in Österreich kann aber hier auf sich beruhen, weil die Gefahr von Verwechslungen entgegen der Auffassung der Nichtigkeitsabteilung zu verneinen ist: Wohl ist Gleichheit oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kein Tatbestandsmerkmal des § 32 MSchG (Om 4/01 = PBl 2002, 9). Bei Ähnlichkeit der Waren läge im Kollisionsfall zwischen Unternehmenskennzeichen und Marke die Verwechslungsgefahr auf der Hand. Bei durchgreifender Warenverschiedenheit ist das aber nicht der Fall. Durchgreifende Warenverschiedenheit führt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zur Verneinung der Verwechslungsgefahr, weil ein Zusammenstoßen der vertriebenen Waren auf dem Absatzgebiet nicht zu besorgen ist ( Horak in Kucsko , marken.schutz 600 mwN). Anderes gilt bei Bekanntheit eines Zeichens, die aber nicht festgestellt wurde. Bei - wie hier - völliger Warenverschiedenheit müssten also schon besondere Gründe dafür sprechen, dass mit der Mar-kenverwendung der Eindruck entsteht, die in Klasse 30 genannten Waren stammten vom Bekleidungsunternehmen. Abgesehen davon, dass der von der Nichtigkeitsabteilung relevierte Sachverhalt (kleine Werbegeschenke) von der Antragstellerin im Einzelnen gar nicht behauptet und nachgewiesen wurde, ist auf das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dieser ordnet die etwa bei einer Modenschau gereichten Kekse nicht dem Bekleidungsunternehmen zu. Er kann daher in der Folge beim Kauf von Lebensmitteln der Klasse 30 unter der Marke des Antragsgegners auch nicht auf die Idee verfallen, diese Produkte stammten aus dem Bekleidungsunternehmen oder aus einem damit verbundenen Unternehmen.
In Anwendung der von der Rechtsprechung für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr entwickelten Grundsätze (einer umfassenden Prüfung nach den Umständen des Einzelfalls nach dem Bekanntheitsgrad, der gedanklichen Verbindung von Zeichen und Waren, dem Grad der Ähnlichkeit der Zeichen und der dadurch gekennzeichneten Waren sowie der Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers) ist somit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Der in der Berufungsbeantwortung als unzulässige Neuerung relevierte Umstand, dass die Antragstellerin „zwischenzeitlich“ mit einer Konzerngesellschaft unter der Marke „Diesel Farm“ auch auf den Lebensmittelsektor tätig geworden sei, kann schon deshalb nicht entscheidungswesentlich sein, weil es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den Kollisionszeitpunkt, also die Eintragung der bekämpften jüngeren Marke ankommt (siehe Engin-Deniz , MSchG2, 326; Guggenbichler in Kucsko , marken.schutz 297).
Der Berufung ist aus den dargelegten Gründen in Ansehung der Waren der Klasse 30 Folge zu geben und der Löschungsantrag (auch) insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 PatG sowie auf §§ 43 und 50 ZPO.
Der Antragsgegner obsiegte im Verfahren erster Instanz mit 2/3, im Berufungsverfahren mit 50 %. Die Antragstellerin hat daher dem Antragsgegner ein Drittel der Vertretungskosten im Verfahren erster Instanz zu ersetzen. Im Berufungsverfahren sind die Vertretungskosten gegeneinander aufzuheben. Der Antragsgegner hat Anspruch auf Ersatz von 50 % seiner Barauslagen im Berufungsverfahren, die Antragstellerin Anspruch auf Ersatz eines Drittels ihrer Barauslagen im Verfahren erster Instanz.